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WM"UMMWK MlUmi'M WA UM K-Ä M!»' A-1 f.'^ ^Ä W W W Ws^ W W M! W W «8 W ^8^ Ä W « DD W DD « W WW M W W M WM LL kW s^ W W MW W W W W W WM DW WW AM / M MM/ UUMM MM M, K M/ M, M/ M MMAUU-UMM s Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spie! und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag m Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. jfür die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 123. Mittwoch, den 14. Oktober 1903. 2. Jahrgang. OerMches und Sächsisches. Gttendors-Dkrilla, ,3. Dktober 1903. — Jetzt wird es Zeit, die Dächer zu prüfen. Schon eine kleine Öffnung oder Spalte laßt Schnee und Regen i» reichlichem Maße eindringen und befördert die Fäulnis und Nässe in den 'Räumen. Eine rechtzeitige Ausbesserung erspart einen größeren Schaden, da die Fäulnis immer weiter frißt. Auch die Gesimse sind einer Untersuchung zu unterziehen, da sich kleine Risse durch den Frost vergrößern und dann ganze Stücke herabfallen. — Interessant ist die in der heutigen Nummer unserer Zeitung sich befindende Glücks- Anzeige von Samuel Heckscher senr. in Ham burg. Dieses Haus hat sich durch seine prompte und verschwiegene Auszahlung der hier und in der Umgegend gewonnenen Beträge einen der maßen guten Ruf erworben, daß wir jeden auf dessen heutiges Inserat schon an dieser Stelle aufmerksam machen. Dresden. Dem Gerüstzusammensturz des Dr. Güntzschen Bades am Elbberg ist noch ein viertes Leben zum Opfer gefallen. Sonntag früh 8 Uhr erlag der Zimmermann Lebel im Johannstädter Krankenhause seinen Verletzungen. — Bei dem am Sonntag stattfindenden Radwettfahren der berühmten drei Berufsfahrer Robl, Görnemann und Dangla stürzte Görne mann in der 139. Runde beim Passieren der nach der Stadt zu gelegenen Kurve und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Der Sturz wurde durch das Mantelausspringen des vorderen Motorfahrrades verursacht, Görnemann stürzte, überschlug sich einigemale und blieb bewußtlos liegen: er mußte von der Bahn getragen und nach dem Johannstädter Krankenhaus übergeführt werden. Hier ist er abends '/«8 Uhr gestorben. — Die Leiche des am Sonntag abend in folge eines Sturzes im Johannstädter Kranken Hause verstorbenen Radfahrers Herrn Alfred Görnemann aus Berlin wird heule abend 7 Uhr nach Berlin übergeführt. Der Vater des Dauerfahrers weilte gestern in Dresden. —- Auf der Strecke Leuben-Laubegast wurde Sonntag abend im Straßenbahnwagen eine Frauensperson von einem Mädchen entbunden. Die von der Geburt überraschte Frau wurde vorläufig im Restaurant zum Forsthaus unter gebracht. — Auf der Marienstraße wurde gestern nachmittag von einem radfahrenden Depeschen boten ein ungefähr 14 jähriger Knabe umge- rissen. Er kam bei dem Falle unter einen eben vorüberführenden Straßenbahnwagen zu liegen. Der Führer des Wagens konnte noch rechtzeitig bremsen, sodaß dem Knaben weiter keine Verletzungen zugefügt wurden. Er konnte, wenn auch höchst erschrocken und an allen Gliedern zitternd, selbst unter dem Vorderperron des betreffenden Wagens hervorklettern. — Der Minister der russischen Eisenbahnen und Wege, Se. Durchlaucht Fürst Chilkoff, hat aus Paris gestern der Firma Karl Stoll hier die Besichtigung der hiesigen Hcidebahn tele graphisch angczcigt, um das System „Stoll" der gleislosen Bahnen, für welches im russischen Verkehrsministcrium ganz hervorragcndesJnterefse vorhanden ist, kennen zu lernen. In dieser Angelegenheit ist vom russischen Verkehrs- Ministerium mit der Firma Stoll seit mehr als 14/, Jahren zur Errichtung größerer derartiger Anlagen (zum Beispiel für Südrußland ist eme Strecke von 150 Kilometer geplant) unterhandelt worden. Der Herr Minister trifft morgen vormittag hier ein. — Die Gattin des bekannten Romanschrift stellers Frhrn. Georg v. Ompteda hat, wie ge meldet wird, aus Liebe zu einem Rittmeister ihren Gemahl verlassen und ist mit ihrem Ge liebten verschwunden. Inzwischen ist angeblich die Ehescheidungsklage eingereicht worden. Die Flüchtige, eine geborene Motard, ist sehr reich. Sie hat sich nach der Schweiz gewandt. Ihr Mann, der außerordentlich fleißig schriftstellert und wenig ausgeht, soll ihr nicht genug Lebe ¬ mann gewesen sein. Sie hinterläßt hier zwei Knaben im Alter von 6 und 10 Jahren. Großenhain. Wegen vorsätzlicher Ge fährdung eines Eisenbahnzuges, durch die der Tod von Menschen herb igeführt worden war, hatte sich soeben der Holzarbeiter Friedrich Jaegel vor dem Schwurgericht zu Cottbus zu verantworten. Der Angeklagte hatte am 29. Mai dieses Jahres bei Drebkau (Linie Großen hain-Cottbus) eine Schwelle auf die Schienen gelegt und dadurch die Entgleisung eines Zuges verursacht, wodurch eine Person getötet und mehrere andere schwer verletzt worden waren. Der Angeklagte wurde zu 14 Jahren Zucht haus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Staatsanwalt hatte lebenslängliche Zucht hausstrafe beantragt. Mutzschen. Im nahen Böhlitz wurde ein Kalb mit zwei Köpfen geboren. Die Kuh mußte getötet werden- Leipzig. Gestern morgen in der vierten Stunde feuerte der 26jähnge, aus Marktwerben gebürtige Markthelfer Paul Otto Hübner auf >ine Geliebte, die 23 jährige Falzerin Selma Schach, aus einem Revolver einen Schuß ab. Dann schoß er sich in den Kopf. Beide wurden schwerverletzt in das städtische Krankenhaus St. Jakob gebracht. Leipzig. „Das Krystallpalast - Theater brennt!" Dieser Ruf verbreitete sich am Sonn abend abend in der neunten Stunde mit Windeseile in unserer Stadt und lockte ein zahlreiches Publikum hin zu dieser großen Ver gnügungsstätte. Hier war im Luftschacht der Bühne des im Parterre belegenen VariätS- Saales kurz vor Beginn der mit so vieler Spannung erwarteten „Otoro" - Vorstellung Feuer ausgebrochen, das einen großen Umfang anzunehmen drohte; oenn es schlugen alsbald sie Flammen zum Dache heraus, ebenso fielen Funken und brennende Holzkelle in den Vor raum, der die Bühne vom Zuschauerraume icenn.. Das Thaler war fast bis auf den letzten Platz mit Zuschauern besetzt, da Mlle. Otßro mit ihrem Ensemble nur die eine Vor stellung hier gab. Bei Ausbruch des Feuers hatte die erste Szene des Stückes „Le Ouadrille" bereiis begonnen; etwa 10 Minuten nach 8 Uhr mußte zunächst die Vorstellung unterbrochen werden, als jedoch der Brand immer weiter um sich griff, ließ man den eisernen Vorhang, der die Bühne vom Zuschauerraum trennt, herab. Diese Sicherheitsvorrichtung funktionierte ganz ausgezeichnet, sodaß das Publikum, besten sich anfangs ein nicht geringer Schrecken bemächtigt hatte, in größter Ruhe den Saal verließ, ja zum Teil erst energisch aufgefordert werden mußte, den Ausgang zu suchen. Es ist keine Person verletzt worden oder zu Schaden ge kommen. Auf der Bühne war unter den Schau spielern eine Panik ausgebrochen; alle konnten indessen das Freie gewinnen, sodaß auch hier niemand zu Schaden kam. Selbst die überaus kostbaren Garderoben und Requisiten der Mlle. Oloro, die einen Wert von über 2 Millionen Franks repräsentieren, waren samt und sonders geborgen worden. In erster Linie ist dieser glückliche Ausgang der Katastrophe unserer städtischen Feuerwehr zu danken, die das Feuer bald löschte und schon nach einstündiger Tätig keit wieder in ihre Depots einrücken konnte. Der Gebäude-Schaden ist sehr beträchtlich. Naunhof. Beim Ausschachten des Jahn- schen Grundstückes wurde an der Giebelmauer, ungefähr Meter unter dem Grunde, eine Kiste mit einem menschlichen Skelett gefunden. Dasselbe mag 21 bis 22 Jahre gelegen haben. Nachdem die Polizei benachrichtigt worden war, wurde die Kiste mit dem Skelett dem Bürger meisteramte übergeben. Vermutlich liegt ein Verbrechen vor. Die Staatsanwaltschaft in Leipzig ist gleichfalls in Kenntnis gesetzt worden. Glauchau. Zu dem im nächsten Jahre hier stattstndenden Verbandstage der sächsischen Gastwirte sind die Vorbereitungen bereits im Gange. Eine kürzlich abgehaltene Versamm ¬ lung von Interessenten beschloß, den Monat Juni als den geeignetsten für den mit einer Ausstellung verbundenen Verbandstag zu be- 'timmen. Es wurden auch die Tage festgesetzt, an denen die Verhandlungen usw. statlfinden ollen, jedoch bedarf es hierzu noch der Zu stimmung des Zentra!Vorstandes in Leipzig. Mit der Leitung und dem Arrangement der Ausstellung wurde Herr Apotheker Brox in Glauchau beauftragt. Auch ist eine Kollektiv- Ausstellung aus Gegenständen des Gewerbe museums geplant- Die Platzfrage für die Ausstellung ist noch nicht erledigt. Werdau. Bei der auf dem Marklplatze im benachbarten Teichwolframsdorf gastierenden Artisten-Truppe Kolter ereignete sich am Donners tag abend gegen Schluß der ersten Vorstellung ein bedauerlicher Unglücksfall. Der Seilkünstler stürzte von dem 10 Pieter hohen Turmseil ab und wurde bewußtlos vim Platze getragen. Burgstädt. Von den in Wiederau unter dem Verdachte der Unterschlagung von Spar kaffengeldern verhafteten beiden Beamten ist Kassierer Steinert bereits wieder entlassen worden. Chemnitz. Ein lukratives Geschäft, das nichts weniger bezweckt, als den Vertrieb „heiliger Erde" aus Jerusalem, hat sich in unserer Stadt anfgetan. Der findige Kopf läßt sich Erde aus Jerusalem kommen, die er sich vorsichtigerweise als aus Jerusalem stammend vom deutschen Konsul daselbst bescheinigen läßt, und bringt sie dann hauptsächlich in katholischen Ländern in kleinen Säckchen als Reliquien in den Handel. Falkenstein. Von den wegen Verdachts der Brandstiftung verhafteten und im Laufe voriger Woche dem Landgerichtsgefängnissi Plauen zugeführten vier Personen von hier sind zwei, Mutter und Sohn der Familie Gläsel, wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Stollberg. Großfeuer wütete am Freitag abend in der 8. Stunde in unserer Stadt. Durch Explosion einer Lampe war im Stall gebäude des Wirtschaftsbesitzers Ernst Hermann Espig Feuer entstanden, das sich bei dem hef tigen Winde außerordentlich rasch verbreitete und in kurzer Zeit nicht allein die mit Ernte vorräten vollgestopfte Scheune und das Wohn- und Wirtschaftsgebäude völlig niederbrannte, sondern auch das nebenstehende Wohnhaus des Maurers Heinrich Hermann Fritzsche in kurzer Zeit ebenfalls einäscherte. Durch das Brand unglück sind acht Familien obdachlos geworden, und wenn auch das Mobiliar der meisten zum Teil gerettet werden konnte, so erleiden doch alle Kalamitosen, zumal die nicht versichert hatten, schweren Schaden. Aus der Woche. Es scheint ja nun, als ob sich der maze donische Aufstand endlich ausgetobt, obgleich es in der Berichtswoche noch an mehr als einem Orte mehr als blutige Köpfe gegeben hat. Österreich und Rußland werden die Sache schon bestens besorgen. Sie sind ja „einig", wenigstens in dem Punkte, daß keine von den drei christlichen Nationalitäten, der Serben, Bul garen und Griechen, ein Übergewicht über die andere erlangen darf. Dazu werden die beiden „einigen" Großmächte noch eine Kontroll kommission einsetzen, die die prompte Ausführung der dem Sultan abgepreßten und von diesem zugesagten Reformen für Mazedonien über wachen soll. Ganz glatt geht die Sache aber doch nicht- England und Jtal en sind nicht danut zufrieden, daß Österreich und Rußland allein kontrollieren wollen; Italien nicht, weil es als Erbe der alten Republik Venedig An sprüche auf das adriatische Küstenland Albanien erhebt, das jahrhundertelang Venedig gehörte; England nicht, weil ihm Rußland im Mittel meer sowieso zu dicht aus den Leib rückt und ihm eine Verstärkung des russischen Einflusses auf den „kranken Mann" am Goldnen Horn äußerst unbequem ist. Am ärgerlichsten ist natürlich der Sultan selber über die ihm zu gedachte Kontrolle, denn wenn das Sprüchwort „Versprechen und Halten ist zweierlei" noch nicht existierte, könnte es getrost mit bezug auf die Türkenherrschaft erfunden werden. Das Blaue vom Himmel herunter verspricht der Großherr aller Gläubigen, wenn ihm wie jetzt das Messer an der Kehle sitzt. Aber sowie man die Finger lockert und er wieder etwas Luft holen kann, läßt ihn sein Gedächtnis im Stich und alles bleibt wie es gewesen ist. So erklärt es sich auch, daß die Reformen in Mazedonien, die schon vor — sage und schreibe: siebzig Jahren versprochen wurden, heute noch nicht zur Durchführung gelangt sind. Die mazedonischen Komitatschis, denen doch nach gerade die Puste ausgeht, haben zu erkennen gegeben, daß sie ihren Kampf bis zum Früh jahr einstellen werden, um abzuwarten, ob die Pforte unter Aufsicht der Großmächte die ver sprochenen Besserungen durchführen wird. Aller dings Fürst Ferdinand muß seine Königöwünsche und seinen Traum von einem Großbulgarien fahren lassen. Sein Nachbar und Kollege Peter ist besser daran; er hat eine, wenn auch stark verbogene Königskrone geerbt und er ist, wie er in seiner Thronrede betonte, „glücklich, fest stellen zu können, daß im Osfizierkorps des Landes Einigkeit herrsche". Das ist ungefähr so die Sprache, wie sie die offiziösen Be- schwichtungöräte Alexanders führten, bis sich plötzlich wie ein Blitz aus heiterem Himmel sie Belgrader Mordszenen abspielten. — Die ungarische Krise befindet sich noch immer auf demselben Fleck wie vor vier Wacher; man si.-ht noch keine Möglichkeit ihrer Lösung, nach dem auch Herr v. Szell die Kabinetsbildung abgelehnt hat. Die Zurückbehaltung des Truppen- Jahrganges, der am 1. Oktober hätte zur Ent- chstung kommen sollen, hat natürlich von neuem böses Blut gemacht und in Szcgedin sind da durch schon bedauerliche Ausschreitungen vor gekommen; neue Rekruten können nicht einge stellt werden, da das arbeitsunfähige Parlament dies Kontingent noch nicht gesetzlich festgestellt hat und ein Diktatur-Paragraph wie in Öster reich für Ungarn nicht existiert. Auch Steuern dürfen einstweilen nicht erhoben werden, während die Staatsausgaben weiterlaufen. Das sind Zustände, wie wir sie uns kaum vorstellen können und noch dazu bei einem Volke, das bei aller geheuchelten Treue gegen die Monarchie doch das Andenken an Ludwig Koffuth sehr lebendig erhalten hat. — In England ist Joe Chamberlain, der Nichtmehr-Minister, der Held des TageS; er hatte recht, als er behauptete, in freier, nicht mehr verantwortlicher Stellung werde er für seine Schutzzollplänc bester wirken können wie früher, als er noch durch das Portefeuille belästigt wurde. England, das klassische Land des Freihandels, die Stätte des Cobden-Clubs, wird durch Joe zum Schutzzoll bekehrt, wie man heute schon behaupten darf. Es wird sich dadurch mit seinen Kolonien enger verbinden und seine WeltmachtS- und meer- beherrschende Stellung bedeutend verstärken. Gemüt hat Joe sicher nicht, aber einen Hellen Kopf; er ist einer der größten Revolutionäre, denn er revolutioniert die Geister seines Volkes. Wenn er nur etwas Glück hat — das gehört nämlich auch dazu — dann wird man ihn der einst mit Palmerston, Pitt, Disraeli und Glad stone in einem Atem nennen. — Im übrigen war in der verflossenen Woche nicht viel los. Marokko hat mal wieder etwas von sich hören lasten, für welches sich langsam das französische Protektorat vorbereitet, Castro hat sich wieder einmal durch eine unglaubliche Frechheit in Erinnerung gebracht, zwei Irrsinnige haben Roosevelt an den Körper gewollt; in Darm stadt hat eine Fürstenarbeit stattgefunden, an der Kaiser Wilhelm nicht teilgenommen hat; in Sachsen warben die Landtagswahlcn vollzogen und trotz der Zensur ist es einem Sozial demokraten geglückt, gewählt zu werden; so schnurrte sich die politische Woche ab.