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Anzciq. in dies. Blatte, das jetzt in 10,000 Exemplare» erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Monnement: Vierteljährlich 20 bei unentgcldlicherÄ»^ sernng in'ö Hau»., Durch die Köaigl. Posit vierteljährlich 22 Ngr, Einzelne Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthnm der Herausgeber: L'iepsch K Neichlirdt. - Verantwortlicher Redacteuc: Julius Neichar-t. Dresden, den 4. November. — "Sc. Majestät der König hat dem ersten Cassen-Assi- stenten bei der Brandversicherungs-Caffe, Calculator Carl Friedlich Meister auf Anlaß seines 50jährigen Dienstjubiläums da- lLhrcnkrruz vom Verdienstorden verliehen. — Ihre Majestät die Königin Marie hat gestern Vor mittag ihre Weinbergs-Villa bei Wachwitz verlassen und das königliche Palais auf der Augustusstraße bezogen. I. k. k. Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin von Toscana und I. K. H. die Prinzessin Amalie sind gleichzeitig von dort im hiesigen Königlichen Nesidenzschlosse eingetroffen. — Se. K. Hoheit der Prinz Gustav von Wasa ist vor gestern Mittag jjl Uhr nach Wien abgcreist. — Bezüglich des vorgestrigen Festmahls zu Ehren des Herrn Geheimen Nath i r. Carus sei noch der Tafelreden erwähnt, welche in diesem Kreise, größtentheils auf der Zinne der Wissenschaft hoch und ehrenvoll stehender Männer, selbst verständlich des Geistreichen in reichlichem Maße bot. Den Saal der Harmonie hatte man zu beiden Seiten mit üppiger Pflanzen- und Baumdecoration geschmückt, worin zunächst dem Jubilar und ihm vis ü vis die Büsten der vier säch sischen Könige ausgestellt waren, denen er als Leibarzt seine Dienste widmete. Zu erwähnen ist noch, daß dem gefeier ten Manne auch von auswärtigen Regenten vielfache Aus zeichnung zu Theil wurde, von Seiten Oesterreichs der Leo poldorden, von Hannover das Comthurkreuz des Guelphen- Ordens, von Rußland der St. Annen-Orden. Die Reihe der Trinksprüche eröffnet« Herr Hofrath Reichenbach durch einen herzlichen und ehrfurchtsvollen Toast auf Se. Majestät den König Johann. Hierauf erhob sich Herr Staatsminister von Neust, in kurzen charakteristischen Zügen die edle und segens reiche Wirksamkeit des Jubilars bezeichnend. Man habe sich vereinigt, diesem Manne den Tribut der Anerkennung und Verehrung darzubringen. Es sei eine große Freude, den grei sen ehrenvollen Mann noch in frischer Geistesthätigkeit zu sehen, der den Willen fort und fort bethätigc, segensreich fort zuarbeiten. Man müsse Carus Bewunderung zollen, seine Erschei nung zeige das Abbild jener großen Gestalt, welche aus dem vori gen Jahrhundert glänzend in das unserige herüberrage. Bei seinem Schaffen kenne er nicht Erschlaffen, bei nie rastender Schöpfung keine Erschöpfung. Möchten Viele von ihm lernen die tiefe For schung, möge er aber selbst noch viele Jahre fortfahren ein glänzender Stern und leuchtendes Vorbild zu sein. — Herr Präsident Geh. Rath vr. von Langenn gedachte des vielseitigen Strebens des Jubilars nicht nur in der Sphäre der Philo sophie, Physiologie, sondern auch da, wo die Kunst walte, während hierauf Herr Hofrath vr. Pabst sein Wort der kaiserl. Lcopold.-Carolinischen Akademie widmete und des hohen Amtes gedachte, welches der Präsident derselben zu ver walten habe, der berufen sei, dem Reiche der Geister vorzu stehen, deren Forschungen, Wirken, Kämpfen und Triumph sich nicht an Länder und Welttheile binde. Nach diesen rhe torischen Ovationen dankte der hochverehrte Jubilar tiefgefühlt Sr. Maj. dem König, den Herren Staatsministern und Allen, die sich versammelt, um dem Tag mit die ehrenvolle Weihe zu geben. Sein Hoch am Schluß seiner Rede galt der Stadt Dresden, die ihn vor fünfzig Jahren als jungen mittellosen Professor so freundlich ausgenommen. Der Herr vr. Drechs ler gedachte hierauf der anwesenden Damen, während Herr Professor Or. Geinitz im Namen aller Wesen der Vorwelt auf den Schützer dieser Wesen, den Jubilar, hindeutete. Herr Advokat Judeich brachte dem Förderer der Kunst und Wissen schaft, Herrn Staatsministcr v. Veust, ein Hoch, was hierauf auch zu Ehren der Familie des Jubilars von Seiten des Herrn Geh. Nathes Neckarath aus Bonn geschah. In Be zug auf das von Herrn Advokat Judeich ausgebrachte Hoch entgegnete der Herr Staatsminister v. Neust, daß der ihm gewidmete Toast und die wohlwollende Theilnahme, die ihm von allen Seiten zu Theil geworden, ihn auf das Tiefste ge rührt habe und er solche gleichsam als eine Genugtuung für die wechselnden Erfahrungen hinnehmc, die er in letzterer Zeit gemacht habe. Besonders erfreulich sei es ihm, daß diese Ansprache von einem Manne komme, der dem Rechte diene. Auch Er habe auf dem Schauplatz, wo der Redner ihn auf gesucht, keinen andern Leitstern gehabt, als das Recht, darum bringe er dem Rechte, dem endlich doch der Sieg werden wird, dem deutschen Rechte ein Hoch. Nachdem die lange Reihe der Toaste noch durch eine lateinische Ansprache an den Jubilar durch den Herrn Appellationsgerichts-Direktor Stieber aus Bautzen vermehrt worden war, wobei der Spreck ier dem Jubilar ein von ihm verfaßtes Merkchen über die LZpecial- bewegung der Planeten um die Sonne überreichte, z.edachte Herr Professor Hübner noch der Kunst in unserem s, > weise und wohlverwalteten Staate. So endete das wahrhaft: schöne von geistigem Leben durchwehte Fest in der würdigsten: Weise. — Nach neuerlichen Ankündigungen sehen wir in den nächsten Tagen wieder einem Patti-Concert entgegen, und wohl Mancher, der das letzte Concert dieser Sängerin be suchte, wird von einem Schauer überrieselt, wenn er sich zu rückerinnert, wie er damals aus dem Saale gekommen, rcsp. herausgebracht worden ist. Auch Schreiber dieser Zeilen ge hört zu Denjenigen, die jener Presserei ausgesetzt waren, und möchte nicht sowohl in seinem eigenen, als im Interesse des Publikums, das die noch folgenden Patti-Concerte im Hotel de Saxe besuchen will, den guten Nath nicht zurückhalten, daß sich das Publikum dazu mit ein wenig Geduld versehen möchte, damit nicht, wie dies auf dem Lincke'schcn Bade und seither in allen stark besuchten Concertcn der Fall war, mit dem letzten Tone Alle zugleich aufbrechcn und nach den Aus gängen drängen, um womöglich die Ersten in der Garderobe und auf der Straße zu sein. Ein wenig mehr Geduld, und Alles wird auch ohne Drängen und für Einige mit höchstens einer Viertelstunde Verspätigung gut ablaufcn. — — Im deutschen Zollvereine ist vom 1. April 1868 bis 30. März 1864 allein an Zucker-Steuer die Summe von 11,753,504 Thlrn. gezahlt worden Davon kommen auf 2525 Ctr. indischen Hut-, Brod- und CandiSzuckcr 18,522 Thlr., auf 564 Ctr. Farin- und Rohzucker 3,386 Thlr., auf 374,380 Ctr. Rohzucker zum Raffiniren 1,500,063 Thlr., auf 80,476 Ctr. Sirop 223,601 Thlr., auf 30,667,007 Ctr. Rüben zum Zuckersiedcn 0,016,000 Thlr. — Die Boni- fication für Exportzucker betrug 420,405 Thlr. — Oettinger's vielbesprochener Roman „Gräfin Kiel mannsegge und Kaiser Napoleon Buonaparte >." ist jetzt vollständig erschienen in 4 Bänden. Wir sind überzeugt, daß dieses Werk, was soeben an die Buchhandlungen verschickt Wurde, Aufsehen machen wird. — Im Atelier des Herrn Hold Wigand auf der Ma rienstraße ist ein von ihm gefertigter großer silberner Tafel aufsatz ausgestellt, welcher dem Fürsten von Schwarzburg- Rudolstadt bei seinem am 6. d. M. zu feiernden 50jährigen Jubiläum von seinem Lande gewidmet wird. Die Zeichnung zu diesem Prachtwerke ist von den Herren Giesc und Schrei ber, die 9 großen Figuren sind von Hrn. Prof. Hähnel, die übrigen vom Hrn. v. König modellirt. Alles ist, ebenso wie die Ausführung in Silber, vortrefflich gelungen. Wie wir hören, wiegt der Aufsatz über 1 Ctr. und soll in seinem Gesammtwerthe 6000 Thlr. übersteigen. — Ueber das Benehmen cinquartirter sächsischer Jäger in Holstein hatten wir früher eine, der „Zeitung Norddcutsch- land" entlehnte Notiz gebracht, welche eine kriegsrechtlichc Un tersuchung seitens der betreffenden Militärbehörden veranlaßte. Diese hat jetzt damit ihre Endschaft erreicht, daß die aus der Mannschaft herausgefundcnen Uebelthäter zu Gefängniß- und Geldstrafen sind vcrurtheilt worden. Wenn damals der Schles wig-Holsteinische Verein zu Hohenwehstedt in voreiligster Weise sich gemüssigt fand, eine Erklärung dahin zu Erlassen, das; wohl dem betreffenden Ouartiergeber die Schuld jener Mis Helligkeiten beizumessen sei, so wird dieser Annahme durch die Akten widersprochen. Aus diesen ergiebt sich nämlich, nach Auslassungen des Commandanten, daß der Ouartiergeber seinen Verpflichtungen bezüglich Einquartierung und Verpflegung der betreffenden Truppen vollständig nachgekommen ist. — Der Arbeitervereinstag, der in Leipzig getagt, war von 80 Theilnehmern, in Vertretung von 43 Vereinen, besucht. Am zweiten Sitzungstage ^Sonntag) waren von den Mit gliedern nur noch 30 anwesend; 50 waren bereits abgcreist. Von den übrig gebliebenen dreißig werden in Betreff der Ar beiterinvalidenkassen folgende Anträge mit 27 gegen 3 Stimmen angenommen: 1) Der Vcreinstag beschließt die Errichtung einer allgemeinen Altcrversicherungscasse für deutsche Arbeiter (vorläufig?) am Sitze des Ausschusses: 2) Es ist Zweck der Anstalt, vermittels kleiner periodischer Beiträge dem Arbeiter im höheren Lebensalter ein Kapital zu verschaffen, um ihn vor Noth jund Elend zu bewahren 3) Es ist eine mora lische Pflicht der Arbeitgeber, die Arbeiter in dem Bestreben, dieser Casse beizutreten, durch Uebernahme eines Theils der Leistungen zu unterstützen. 4) Es wird ein provisorischer Ausschuß von neun Mitgliedern ernannt, welcher die Ausar- b itung der Statuten zu übernehmen, mit den Versicherungs gesellschaften wegen etwaiger Rückversicherung zu verhandeln und die Anstalt definitiv in's Leben zu rufen beauftragt ist. 5) Der nächste Vcreinstag hat über die Statuten endgiltig zu beschließen und die definiüve Verwaltung der Kasse einzu setzen Sollte, schloß der Referent seinen Vortrag, der Arbci- tertag dem Anträge seine völlige Zustimmung erthcilen, so könnte sofort mit der Agitation durch Belehrung in den Ver einen vorgegangen werden unF die neue Anstalt ihre segens reiche Thätigkeit sofort beginnen, unbeschadet der in >>»8 5 festgesetzten Bestimmung, das der nächste Vereinstag die defi nitive Verwaltung der Kasse eiinuieken babc" k".n folgender auf Abkürzung der Arbeitszeit gerichteter Antrag zur Annahme: „In Erwägung, daß eine Abkürzung der Arbeits zeit sowohl im Interesse der Arbeiter als der Arbeitgeber dringend nothwendig ist, möge der neue Ausschuß sich ernstlich mit dieser Frage beschäftigen und dem nächsten Vereinstag schriftlichen Bericht vorlegen." — Concert. Mittwoch, den 2. November gaben die Herrn Rollfuß, Seelmann nnd Schlick im Saale des Hütel de Saxe ihre erste diesjährige Trio-Soiroe. Zwei Trios, ein lie benswürdiges vonJ. Haydn, in k-ckul und ein anderes, weniger ansprechendes von Bargiel (b-ckmj kamen zu Gehör, dazu noch die Sonate Ij-ckm für Clavier und Cello Op. 45 von Men delssohn. Das Zusammcnspiel der genannten Herren fand wie auch im vorigen Jahre sehr ehrende Anerkennung. Besonders thaten sich diesmal Herr Nollfuß (Clavier) und Herr Seelmann (Violine) durch geschmackvollen Vortrag auf ihren Instrumenten hervor.. k. — Es wird uns abermals Mitthcilung davon gemacht, daß eine unbekannte Frauensperson in diesen Tagen ein klei nes Schulmädchen in ein Haus auf einer der hiesigen Stra ßen gelockt und demselben, unter dem unwahren Vorgeben, daß seine Ohrringelchen aufgegangen seien, die letzteren aus gehängt und gestohlen hat. Es dürfte wohl am Platze sein, daß Eltern ihre Töchterchen hiervon in Kenntniß setzten und dazu ermahnen wollten, derartigen Anlockungen nicht Folge zu geben? — — Gestern Abend j auf 6 Uhr hörte man aus der Dachwohnung des Eckhauses der Wiener- und Pragersiraße dm ängstlichen Hilferuf eines Mädchens. In der dasigen Dome- stckenstube waren die nahe dem Ofen hängenden Kleider und Sachen in Brand gerathen, das Feuer hatte weiter gegriffen und bedrohte den Dachstuhl. Durch herbeigeeilte Leute des Böhmischen Bahnhofes wurde das Feuer mit reichlicher Was serzufuhr bald gelöscht. — Freche Diebe sind in vorvcrgangener Nacht durch's Fen ster in das Coniptoir des Grundstückes „Kammerdieners" auf der Königsbrückerstraße eingcstiegen und haben daselbst vergebliche Versuche gemacht, den circa 30,000 Thlr. bergen den eisernen Kassaschrank zu erbrechen. Etwas weiteres soll nicht demolirt worden sein, doch fand man früh die Uhr stillstehend. -- Vorgestern Abend brach an einem Düngerwagm, der dieNeitbahngasse entlang fuhr, dieAchse. Das darauf befindliche Faß war gefüllt uad sein Inhalt entleerte sich auf der Straße. Wir wollen des Odeurs, der sich hierdurch weithin verbreitete, nicht weiter gedenken, dabei aber wenigstens her vorheben, daß ein solcher Vorfall, der sich in der letzten Zeit in hiesiger Stadt wiederholt ereignet, nicht passiren kann, wenn die Besitzer der betreffenden Geschirre, auf dieselben mehr Aufmerksamkeit verwenden, als dies leider bisher oft der Fall gewesen ist. — — Der aus dem Postplatze sich producirendc Höllen fürst Pluto hält, was er verspricht, da ist kein Deuteln möglich; über den Zweck seiner Reisen ist Jedermann klar, er ist für größte Ocffentlichkeit und allgemeines Stimmrecht, seine Vorlagen machen zwar den Nasen, denen er sie vorhält, etwas warm, er zieht sic aber zurück; wenn er die verschie denen bei ihm versammelten Stände entläßt, sind alle befrie digt. Seine Zähne sind manchem Diplomaten zu wünschen, um harte Nüsse aufzuknacken; wenn er mit der heißen Scharre an Armen und Füßen herunter fährt, will er gewiß sagen, wem's juckt, der kratze sich; an dem heißen Eisen, welches seine Zunge beleckt hat, zündet der Zuschauer seine Friedens cigarre an; wenn er mit einem solchen Eisen seine Haare be arbeitet, wird ihm vielleicht nicht so warm, wie manchem Di plomaten unter der Perrücke, und wenn er auf die glühende Platte tritt, brennt ihm der Boden nicht io unter den Füßen, wie manchem Diplomaten bei einer sich in die Länge ziehenden Conferenz. — -f Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 3. November. Earl Friedrich Ernst Schütze nennt sich der heu tige Angeklagte, der des ausgezeichneten Diebstahls beschuldigt ist. Fünf Zeugen nehmen ihren Platz ein, am Vertheidiger- tischchen sitzt Herr Advocat Kuntzsch. Der Angeklagte ist 30 Jahre alt, geboren zu Reichenberg, wo sein Vater Haus- schlächtcr war. Zuletzt wohnte er in Dresden, betrieb die Fleischerei und fungirtc als Wortführer bei seinem Bruder. Am 5. Juli 1864 wurde dem Gutsbesitzer Johann Heinrich Kotte zu Langebrück mittelst Einbruchs die Summe von mehr als 60 Thlrn. gestohlen und zwar gerade zu einer Zeit, als Niemand im Grundstück war, ja zu einer Zeit, als Schütze das ganze Langebrück durchstrich, uni nach Gewohnheit seiner Profession „Kälber zum Kauf" zu suchen Schütze, heute im Anfang befragt, erklärt sich für unschuldig „bei Gott im Himmel!" Er dreht sich zum Verletzten herum, dem das Ver-