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Sächsische Mit Beiblatt: „Der Clbbote." Vtk«nr>»orUichtr Ntdacttttr u. Verleger. Ludwig Ponath in -chanda». .^'.51. Freitag, 1>cn 21. Peclw. 185^ John Law und das Papiergeld. Die jetzige durch die Ausweisung des fremden Papiergel- les entstandene Gcldkrisis hat zu den wunderbarsten Gedanken i nd fragen Veranlassung gegeben. So haben Viele sich gc- u'tdert und gefragt: Haben wir denn zu viel Papiergeld? Sogleich aber auch hinzugcsetzt: Wir verspüren in unseren laschen keinen Uebcrfluß, vielmehr sind solche ziemlich leer und das Bettclngehcn liegt näher, als sonst Etwas. Und yoch ist es Wahrheit, daß cs zu viel Papiergeld giebt, wenn auch nicht wahr auf die Taschen des Einzelnen. Papiergeld giebt ts dann zu viel, wenn nicht die gehörige Deckung dafür geschasst werden kann. In Deutschland circulirt eine Summe von 284,502,931 Thlr. Papiergeld zu viel, weil dafür keine Deckung vorhanden ist. — Zahlen sprechen für oder wider die Sache. D»ß das System dcö Papiergeldes, obwohl tadellos und ceilsam in Zeiten unabwendbarer Noth, doch im Ganzen nicht cilbringenv für Staaten und Völker ist, beweist die Geschichte Frankreichs schon klar und deutlich. Nach Ludwigs des XIV. Tode, welcher zur Unterhaltung seiner stehenden Heere große Summen bedurfte, viele der Na tion zum Unglück unternommene Kriege führte und außerdem mit seinem Hofstaat viel verschwendete, ^war die Finanznoth in Frankreich aufs Höchste gestiegen. Wie dieser abhclfen, dies war die Bekümmcrmß der denkenden Köpfe. Viele Vor schläge wurden gemacht, aber auch wieder verworfen. Wie dies gewöhnlich die Noth mit sich bringt. Endlich entschloß man sich zu dem von dem Schottländir John Law vorgeschla genen Mittel, durch eine allgemeine Bank die Staatsschuld zu tilgen und dem Mangel der circulircnden Geldmasse mittelst Vanknoten abzuhelfen. Das Mittel selbst war von der Art, daß cs, wenn cS mit Mäßigung, Redlichkeit und Weisheit verfolgt worden wäre, gute Früchte bringen konnte. Durch die Einlagen der Neichen hätte die Bank, und hinter ihr die Negierung große Geldsummen in die Hand erhalten, und da bei die Staatsschulden mit Banknoten bezahlen können. Es würden auch solche Noten im Privatverkehr gerne angcnom- men worden sein — wenn und so lange der Credit der Bank aufrecht gestanden wäre. Viele der reichsten Privatleute nah men auch wirklich die Vankpapiere an Zahlungsßatt, nachdem sie durch Einlegung ihrer Gelder in die Bank bei derselben sich selbst bcthciligt hatten. Der Credit der Bank wurde da durch auch wirklich gehoben. Alles rannte nach Aktien. Lie Aktien stiegen bis zu ihrem zehnfachen Wcrthe und wer baa- res Geld hatte, trug solches in die Bank. Die Noten, deren Aus tausch die Bank nach einer unveränderlichen Währung zusag!- wurden lieber genommen als baares Geld. Durch den Han- del mit Actien eroberten Viele einen enormen Neichthum. Die ses Beispiel lockte viele Andere zu einem so verführerischen und verwerflichen Glücksspiel.. Gar zu bald war daöZusam- menbrechcn dieses Papierhaufes unvermeidlich durch das Miß- verhältniß zum reellen Werth und durch unkluge Manipula tionen der Regierung. Der Herzog Regent vereinigte im Jahre 1719 die Bank mit der König!. Schatzkammer und erließ neue Banknoten, worinnen die Zahlung in unveränderlicher Wäh rung nicht mehr zugesichert war. Die Verständigeren sahen bald ein, daß bei der ungehörigen Masse Papiergeldes Deck ung nicht mehr möglich sei. Es begann ein Zudrängen zur Bank. Durch das hierauf erfolgte Herabsetzcn der Noten uw die Hälfte Seiten der Negierung wurde der Credit der Bank vollends zerstört. Die Bank fiel und — hunderttausend Fa milien gcricthen an den Bettelstab. Durch ganz Frankreich war ein Schrei des Entsetzens, des Jammers und der Noth. John Law floh aus Frankreich, arm, wie er eingewandert war. Zur Linderung der allgemeinen Noth wurde eine Art 4i- quidationsverfahrcn angeordnet. DaS Ergcbniß desselben war die Uebernahme von 1631 Millionen neuer Staatsschulden aus die Schultern der Nation. Das System des Papiergeldes, sagt ein neuer Geschichte schrcibcr, hat nicht allein alle Garantie der politischen Frttheit den Schwächer« und Creditloscn geraubt, sondern auch in das Herz der Staaten eine krebsartige Krankheit gelegt, eine neue — in Papier und Zahlen bestehende — Art des ReichthumS an die Seite des Grundvermögens und der Jndustriecapitale gesetzt, oder vielmehr auf Unkosten der beiden letzten gegrün det, die Allgewalt des Geldes vermehrt, die Ungleichheiten des Privatvermögcns furchtbar gesteigert und den Werth von al lem Gut und von aller persönlichen Erwerbsthätigkeit einem beständigem Schwanken preisgcgeben. — Ob der Mann Recht hat, wollen wir dem Urthoil deS Lesers selbst überlassen. — Soviel steht fest, daß wir unserer Negierung für die ergriffene Maßregel der Ausweisung (nicht der Menschen aus der menschlichen Gesellschaft, so»«