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Nr. SO — Lv. Jahrgang Freitag den 8k 1. April 1V11 IWscheKoltrsMimg Erscheint «Sglich «ach«, mit «uSnahme der Sonn- und Festtage. E>»*S«be L mit .Die gei» tn Wort und Bild» vtertetsShrltch R' 4" Dresden durch Boten ».4« 4k. In -ans Deutschland Tret Hau» «.8» 4,-. in O-sleneich 4.4« U. El»^»»e « ohne tllultrterte «eilaae vterteljübrltch 1.80 4». K.Dresden durch Boten »,I0> 4, In ganz Deutschland frei Hau» ».SS 4k; in Oesterreich 4,«V L — Linzel-Nr. 10 4. srote »ock nie ctsgevesener «c»Nov - I'euei-UNL kostet unser be liebter, vorrüxliclisr k^amilien-^afkee nur ISO k»k. das k>kund. kerliox L ltockslrod, vrescleii. btiecterlsgen in allen Stadtteilen. Unabhängiges Tageblatt füv Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die »gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit Is'" ReNamen mit 8« ^ die geile berechnet, bet Wiederholungen entsprechenden Rabatt «nchdruckeret, Redaktion und SiefchäftSst .. —. - - - — Fernspreche Dresden, PiUnitzer Strohe 4». ellr, er I»«« JürRSckgab. unverlangt. Schriststüike keine V-rbiudlt«r«it Redaktions-Sprechstunde: 11 dtS 1» Uhr. Die Festlegung des Osterfestes. Die vielbesprochene Kalenderreform und die Fest legung des Osterfestes sind der Verwirklichung näher ge kommen, da der Schweizer Bundesrat an die europäischen Mächte mit durchführbaren Vorschlägen herangetreten ist. Belgien, England und Holland haben sich bereits im von- gen Jahre für die Festlegung des Osterfestes ausgesprochen. Auch in Deutschland wünschen weite Kreise die Fest legung des Osterfestes, und man ist bereits an den Reichs tag herangetreten. Der Petitionskommission des Deut-, scheu Reichstages sind verschiedene Bittschriften betreffend Festlegung des Osterfestes zugekommen. Sie faßte kürzlich folgende Entschließung: „Der Reichskanzler wird ersucht, durch geeignete Maß nahmen dahin zu wirken, daß entsprechend den Beschlüßen des Handwerker- und Gewerbetages und deutschen Handels- tages die großen zeitlichen Schwankungen des Osterfestes beseitigt und das Osterfest auf einen bestimmten Sonntag festgelegt werde." In den Verhandlungen wurde bemerkt, daß auch der Ausschuß der deutschen evangelischen Landeskirche sich zu stimmend geäußert habe. Es wurde auch die Notwendig keit betont, behufs einheitlicher Regelung der Frage mit Rußland eine Verständigung zu suchen. Hoffentlich tritt auch Oesterreich bald in die Bewegung ein. Die katholische Kirche ist für die Festlegung Osterns. Der Papst hat bereits seine Zustimmung gegeben. Man möchte sogar wünschen, daß die Kirche dem Beispiele Gre gors VIII. folgend, in der Kalenderangelegenheit die Füh rung übernähme. Von den vielen Vorschlägen, die bereits gemacht wur den, sind die meisten kauni der Erwägung wert. Nun will die Schweiz an alle Staaten wegen einer neuen Kalender ordnung und wegen Festlegung des Osterfestes herantretcn. Sie empfiehlt den Entwurf des Professors Grosclaude in Genf, der folgenden Plan ausgearbeitet hat: 1. Das Jahr zählt 364 Tage und wird in genau 52 Wochen eingeteilt. 2. Der Neujahrstag ist immer ein Sonntag und steht außerhalb der Datierung. 3. Die vier- genau gleichen Vierteljahre sind eingeteilt in je drei Monate von 30, 30 und 31 Tagen. 4. Der 3l. Tag der Monate März, Juni, September und Dezember fällt immer auf einen Sonntag, so daß die vier Monate mit 31 Tagen einen Sonntag mehr zählen als die anderen drei Monate. 6. Der Schalttag steht außer Zählung und Datierung und wird alle vier Jahre zwischen dem 31. Juni und 1. Juli ein geschoben. 6. Der Ostersonntag würde — unbeweglich — ivahrscheinlich auf den 7. April, den dritten Sonntag nach der Tag- und Nachtgleiche, fallen. An der Festlegung des Ostersonntags soll mit Rücksicht ans die christlichen Neli- gionsgenossenschaften festgehalten werden. Am besten wäre es, den Vorschlag GroSclaude anzunehmen, der das Oster fest auf den 7. April festlegt. Auf diesen Tag fällt der Ostersonntag im Jahre 1912 ohnehin. Dieses Jahr sollte man deshalb zum Ausgangspunkte der Neuerung nehmen. Wenn wir nun in folgendem die Vorteile erwägen, die die Festlegung des Osterfestes dem bürgerlichen Leben bringt, so muß diese Reform wärmstens befürwortet werden. Die gewerblichen, Handels- und Jndustriekreise drän gen auf baldigste Festlegung des Osterfestes. Denn Ostern ist nicht nur ein religiöses Fest, sondern es ist auch ein wichtiger Zeitpunkt im Geschäftsleben geworden. Das Hauptgeschäft wickelt sich zu Weihnachten und Ostern ab. Weihnachten ist festgelegt, Ostern kann aber nach Umstän den weniger als drei Monate oder mehr als vier Monate später als Weihnachten fallen. Die mit den Artikeln be schäftigten Betriebe spannen ihre Tätigkeit für den Weih- nachts-, teilweise auch für den Ncnjahrsmarkt an-, fällt nun das Osterfest auf den 22. März, so steht nach Neujahr bei weitem nicht hinreichend Zeit zu Gebote, um sich für den Ostermarkt vorzubereiten, besonders in solchen Betrieben, wo die Bestellungen erst durch Handlnngsreisendc erfolgen, die ebenfalls geraume Zeit für ihre Reisetourcn brauchen. Kommt dazu nasses Ostcrwetter, Schneegestöber und Wind, was im März nicht selten ist. dann geht das erwartete Osterfest zum großen Teile verloren, die Waren müssen verschleudert werden. Fabrikanten und Geschäftsleute er leiden Millionenverluste, weil dann die Frllhjahrsartikel liegen bleiben und die Leute gleich auf die Sommerwaren warten. Darum hat namentlich! die Handelswelt ernste Versuche gemacht, den Schwankungen deS Osterfestes, so wie auch der geschäftlich störenden Ungleichheit der Monats dauer ein Ende zu bereiten. Bereits im Jahre 1842 trat die Frankfurter Handelskammer mit diesbezüglichen Wün schen hervor. Die Handelskammern Sachsens >1891), dann der deutsche Handelstag, die Eisenbahnerkonserenz im Jahre 1900, die Kaufmannschaft Berlins (1906), der Prager Kon greß der Kaufleute (1906), der Verband der deutschen Kauf leute und Gewerbetreibenden auf der Hauptversammlung in Kassel (1907), die Wiener Handels- und Gewerbekammer (1909), der internationale Handelskammertag in London 1910) und viele ähnliche Körperschaften und Tagungen ver langten die in Rede stehende Aenderung. Nicht bloß die Industrie und das Gewerbe, auch die Zentralstelle der deutschen Landwirtschaft befand sich unter den Antragstellern. Der diesbezügliche Antrag war u. a. mit dem Hinweise darauf begründet, daß es bei einer Rege lung des Osterfestes möglich sein werde, die mit dem ersten Vierteljahre abschließenden Arbeiten mit dem Feste zu be endigen und auch einen etwaigen Wechsel der Wohnung oder des Personals vor dem Feste zu vollziehen. Auch wür den die der Schule Entlassenen auf jeden Fall am 1. April ihre Stellung antreten können. Auch die Schule hat ein großes Interesse an einer Fest legung des Osterfestes, ganz besonders in Deutschland, wo zu Ostern das Schuljahr geschlossen wird. Deshalb hat sich auch der vom 29. bis 31. März v. I. in Magdeburg tagende Verbandstag des Vereinsverbandes akademisch gebildeter Lehrer Deutschlands mit der Frage beschäftigt, und nach eingehender Erörterung die folgende Entschließung gefaßt: „Der Verbandstag erklärt es für ein dringendes Be dürfnis der höheren Schulen, daß durch die Festlegung des Osterdatums, soweit eine solche angängig ist, die Möglich keit geschaffen werde, die ungleiche Dauer der Semester bezw. Tertiale) zu beseitigen." Endlich würde für den Gottesdienst eine bedeutende Erleichterung eintreten. Die alljährliche Herausgabe eines neuen Kirchenkalenders bliebe erspart. Meßbuch und Bre vier könnten so eingerichtet werden, daß der Priester an dem betreffenden Tage alles beisammen finden würde. Auch die Gläubigen könnten in den verdeutschten Meß büchern leichter die Gebete des Priesters am Altäre auffin den und mitbeten. Die von Nom getrennte Christenheit, die Russen und die Griechen, die unseren jetzigen gregorianischen Kalender nicht angenommen hat, rechnet noch heute nach dem juliani- schen Kalender, dessen Zeitrechnung um 13 Tage hinter der unseren nachhinkt. Wenn nun der neue Kalender einge führt würde, so darf man sich der Hoffnung hingeben, daß er auch in der russischen und griechischen Kirche eine gün stige Aufnahme findet. Selbst auf Mohammedaner und Heiden dürfte der Normal talender, der bei allen Christen in Geltung wäre, mehr Eindruck machen, als der gegenwär tige Zwiespalt. Die Christenheit stünde wenigstens in die sem einen wichtigen Punkte geeinigt vor ihnen da. Hoffen wir, daß die Idee baldigst durch einen inter nationalen Kongreß der Verwirklichung nahe geführt wird. Wie lange kann der Reichstag lagen? Linksliberale Blätter halten sich darüber ans, daß man von einer Tagung des der-eitigen Reichstages bis in den Januar 1912 spricht; sie erklären rundweg, daß spätestens am 13. Dezember 1911 die Lebensdauer dieses Reichstages zu Ende sei und jede längere Tagung einen Bruch der Ver fassung darstelle. Diese Ansicht ist ganz unhaltbar. Die Verfassung bestimmt, daß die Legislaturperiode des Reichstages fünf Jahre dauert (Artikel 24), sie fordert weiter, daß die Berufung des Reichstages alljährlich statt zufinden hat (Artikel 13), daß der Kaiser das Recht hat, den Reichstag zu schließen und zu eröffnen (Artikel 12). Die Verfassung sagt aber nichts über den Wahltermin, son der» bestimmt nur für den Fall der Auflösung eines Reichs tages, daß die Wahl innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen stattzufinden habe und daß der Reichstag innerhalb 90 Tagen versammelt sein müsse (Artikel 25). Wenn aber ein Reichstag seine verfassungsmäßige Lebensdauer er schöpft hat, dann ist nicht ausdrücklich bestimmt, wann die allgemeine» Neuwahlen stattzufindeu haben. Immerhin kann man aus der Verfassung selbst herauslesen, wann der äußerste Wahltermin ist. Der Reichstag geht (Artikel 20) aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Ab stimmung hervor und dieser Reichstag dauert fünf Jahre (Artikel 25). Die Verbindung beider Artikel läßt den Schluß zu, daß der Tag der Hauptwahl der Beginn der Legislaturperiode ist (25. Januar 1907). Wenn inan tm parlamentarischen Leben von der Legislaturperiode spricht, nimmt man allerdings die Eröffnung des Reichstages, in diesem Falle also den 19. Februar 1907. Die Praxis der bisherigen Wahltermine sagt, daß in der Regel der Tag der Hauptwahl der Anfang der gesetzlichen Legislatur periode war; denn es wurde gewählt am 10. Januar 1874, 30. Juli 1878 (Auflösung), 27. Oktober 1881 (die einzige Ausnahme von der Regel), 28. Oktober 1884, 21. Februar 1890, 15. Juni 1893 (Auflösung), 16. Juni 1898, 16. Juni 1903, 25. Januar 1907. Wenn man von der einen Aus- „ahme 1881 absieht und sich vorhält, daß am 25. Januar 1907 die allgemeine Wahl stattfand, dann gibt cs nur drei Wahltermine: 24. Januar, 25. Januar oder 26. Januar 1912. Folgt man der einen Ausnahme von 1881, so könnte ein späterer Termin nicht außerhalb des Bereiches liegen, aber wünschenswert ist es nicht, weil sonst eine gewisse Zeit- spanne ohne einen Reichstag entstehen würde. Diese paar Hinweise und Zahlen sagen schon deutlich genug, daß der 13. Dezember 1911 für den Wahltermin gar nicht in Betrackst kommt, es sei denn, man schreite zur Auflösung des Reichstages, wofür kein Bedürfnis vorliegt. Der Tag der Auflösung des alten Reichstages hat für den derzeitigen keine weitere verfassungsrechtliche Bedeutung, als daß er den Wahltermin gebunden hat an die Frist von 60 Tagen. Die Lebensdauer des heutigen Reichstages be- ginnt jedoch unter keinen Umständen mit dem 13. Dezem ber 1907. Es gibt nun allerdings Stimmen, die der Ansicht! zuneigen, daß das natürliche Ende einer Legislaturperiode nicht gleichzeitig der Wahltermin für den kommenden Reichstag sein müsse. Der Reichskanzler könne den Wahl« termin nach Analogie der Bestimmungen über den aufge lösten Reichstag um 60 Tage hinansschieban, ohne daß er mit der Reichsverfassung in Konflikt gerate. Aber die Verfassung selbst sagt hierüber nichts. Die verschiedeneck, oft recht künstlichen Interpretationen lassen es wünschens wert erscheinen, bei einer Aenderung der Reichsverfassung auch an diese Frage heranzugehen und darüber klare Be stimmungen zn erlassen, wann der späteste Wahltermin ist, falls die Legislaturperiode ihre fünf Jahre hinter sich hat. M. Erzberger, M. d. R. Politische Rundschau. Dresden, den 20. April ISI t — Die LaudeSvers««mluug der Deutschkonservativen Partei Bayerns in Nürnberg brachte eine scharfe Kampf ansage gegen die Liberalen und Sozialdemokraten. — In der Tagung des Rheinischen Handwerkerbunde-, die Ostern in Köln stattfand und der eine Anzahl Land- und Reichstagsabgeordneter verschiedener Parteirichtungen beiwohnte, wurde beschlossen, mit den christlichen Gewerk schaften in engere Verbindung zu treten. Des weiteren wurde eine Resolution angenommen, in welcher der Bund eine staatsbürgerliche Erziehung ohne Einfluß der Religion für verfehlt erklärt und aus diesem Grunde die Einführung des Religionsunterrichts als obligatorischen Unterricht für die Fortbildungsschulen verlangt. — Bestimmungen über Ballonausstiege in Frstnngs- städteu. In Festungsstädten müssen alle Ballonaufstiege ohne Ausnahme der Militärbehörde angezeigt werden. Flugapparate dürfen bei Festungen nicht höher als 20 Meter steigen. Durchweg wird den Freiballons der Aufstieg ge- stattet, wenn eS sich bei den Insassen um vaterländisch gesinnte Personen handelt, und wenn der Luftschiffverein die Gewähr für den Mitsahrenden übernimmt. Passagter- sahrten sind nicht erlaubt. — Zu der Mandelschen Wahlkrei-eiuteilung für Elsaß- Lothringen schreibt die Lothringer Volksstimme: „Nach der Mandelschen WahlkreiSeintcilung würden von den 20 Mandaten in Lothringen 3 auf das Zentrum fallen, obschon 40,7 Proz. der bei den letzten Reichstags wahlen abgegebenen Stimmen dem Zentrum gehörten. Daß man jetzt in Berlin ohne die Regierung von Ltraß- burg eine gerechtere Wahlkreiseinteilung ansstellt, ist eine Blamage für Herrn Staatssekretär v. Bulach und Herrn Mandel, wie sie nicht größer sein kann. Sie haben sie verdient und wir gönnen ihnen dieselbe." Und dabei hatten liberale Blätter noch die Stirne, zu behaupten, die Mandelsche Wahlkreiseinteilm g entspreche genau der Stärke der politischen Parteien im Lande, be sonders auch der des Zentrums! — Der Verband für handwerksmäßige und fachgewerb- lichc Ausbildung der Frau hielt am Mittwoch und Don nerstag in Berlin seine erste Generalversammlung ab. Die Verhandlungen, die in dem größten Saale des Handwerks- kaininerhauses stattfanden, wurden mit einer Begrüßungs ansprache des stellvertretenden Vorsitzenden Fortbildungs- schuldirektors Krüger-Berlin eröffnet. Dieser warf einen Rückblick auf die Entwickelung des Verbandes, dessen Auf gabe es ist, die Frauen heranszuheben aus der Masse der ungelernten Arbeiter.' Als Ehrengäste waren erschienen Negiernngsrat Dr. Thaler als Vertreter des Staatssekre tärs des Innern und der Rektor der Berliner Handelshoch schule Professor Dr. Binz. Zu dem ersten VcrhandlungS- thcina „Neuzeitliche Lehrlingsausbildung" sprach als erster Referent Fortbildungsschuldircktor Schars-Magdeburg. Der zweite Referent, Ingenieur Stolzenberg, Leiter der Fach schule der Aktiengesellschaft Loewe u. Co-Berlin. behandelte die Lehrlingsausbildung im Betriebe (Werkstattlehre und Werkstattschule). Am Nachmittag wandte sich die Be ratung der Frage des Lehrstellennachweises für gewerb liche Lehrlinge zu. Der Referent Rektor Kagel-Verlin for derte im Hinblick auf die große Bedeutung einer zeitge mäßen Erziehung unseres jugendlichen Nachwuchses durch gediegene Berufsbildung, die Einrichtung von neutralen Zentralstellcnnachweisen durch die Gemeinden. Es ge langte folgende Resolution zur Annahme: Die große Be deutung der richtigen beruflichen Ausbildung si,r das In dividuum wie für die gesamte Kultur und Menschheitsent wickelung fordert die Einrichtung und zeitgemäße Ausge-