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Anzeiger »» Elbeblatt Riesa, Strehla and deren Umgegend. Wochenschrift zur Belehrung u*d Unterhaltung. —. >—- 1V. Freitag, tzck l. Februar 185V. Nachtrag zu dem, in der vorigen Nr. d. Bl. befindlichen Aufsätze, die christliche Zeitrechnung betreffend. In der Beilage zu Nr. 23 des Leipz. Tage« blatteS befindet fich ein Aufsatz, welcher den al» Archäologen hochgeachteten Herrn Prof. Seyffarth rum Verfasser hat und ein wissenschaftlich begrün dete» Gutachten über den fraglichen Gegenstand enthält, au» welchem hervorgeht, daß wir die Jahre nach Christi Geburt vom 1. Jan. 0 rechnen, vom 1. Jan. 1 an aber zählen müssen und daß feit vielen Jahrhunderten die 100jährigen Jubiläen nicht am 1. Jan. 1801, 1701, 1601 rc. sondern allemal ein Jahr früher, von der christlichen Kirche gefeiert worden sind. Hieraus folgt, daß von den beiden in meinem Aufsatze aufgestellten Zählungs arten, diejenige die richtige ist, nach welcher die zweite Hälfte des IS. Jahrhunderts mit dem 1. Jan. 1850 angefangeu hat. Am Schlüsse seines Aufsatzes sagt Herr Prof. Seyffarth. „Sollte der Eine oder der Andere „diese unser« Zeitrechnung für unlogisch halten „und die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts lie ber mit dem 1. Jan. 1851 anfangen wollen, so „steht dies natürlich Jedermann frei; nur darf „derselbe nicht behaupten, er zähle die Jahre nach „Christi Geburt in der Weise de» Dionysius, der „Astronomen, der alten Kirchenväter und der al- „ten Römer." dl. Tagesbericht. Dresden, 27. Jan. ES ist vielfach davon die Rede gewesen, daß die hiesigen Ausschüsse für di« deutsche Fragt in Folge der Berliner KrifiS ihre Thätigkeit eingestellt hätten. Dies ist — in dieser schroffen Welse ausgedrückt — unwahr. Der von dem Ausschüsse der ersten Kammer (der zwei- ten liegt zur Atit noch Nicht» vor) bestellte Re ferent, Vicepräsident Schenk, arbeitet vielmehr ru hig fort, und nur so viel ist richtig, daß die Ber liner Vorfälle auf die anfänglich beabsichtigte Be schleunigung, wie ganz natürlich, einen lähmenden Einfluß gehabt haben. Nicht wenig trägt aber auch dazu die große MeinnngSverschiedenbeit bei, welche unter den ÄuSschnßmitgtiedern selbst herrscht. Fast jede» derselben hat eine andre Ansicht, so daß de, Ausschuß ein Bild der deutschen Einheit im Kleinen giebt. Nur darüber sind Alle einig, daß das Verfahren der Regierung in mehrfacher Beziehung Tadel,verdiene. Für die Aufnahme der Sache in den Kammern wird die Lösung der Berliner Krisis entscheidend sein. Leipzig, 23. Jan. Im F. I. finden wir einen Vorgang erwähnt, der in unsrer Stadt al lerdings sehr großes Aussehen erregt: Noch find zwar die Oesterreicher in Sachsen nicht eingerückt, aber auf andere Weise macht sich der österreichische Einfluß bereits geltend. Als Beleg möge folgende Thatsache dienen: Ein Professor Arnold aus Prag ließ hier im vorigen Jahre eine Flugschrift in cze- chischer Sprache drucken, die auch nach Oesterrelch verbreitet wurde. Professor Arnold war hier — wenn wir nicht irren im Monat September — verhaftet, auf Requisition der österreichischen Re gierung an dieselbe ausgeliefert, in Prag ins Ge- sangniß gesetzt und sofort zur Untersuchung gezo gen. In Folge dieser Untersuchung erschienen hirr in verflossener Woche zwei richterliche Beamte aus Prag, auf deren Requisition hin der hiesige Ver« lagSvuchhändler E. Keil (welcher jene Schrift für den Verf. versandt haben soll) am letzte» Freitag ein sieb en stündig es Verhör, und zwar-al» Zeuge, auf dem hiesigen Criminalamte zu bestehen hatte. Die beiden richterlichen Beamten aus Prag wohnten diesem Verhör bei, und einer derselbe» mischt» fich in dasselbe ein. Tag» darauf ist auch ein hiesiger Bierwirth in dersklben Angelegenheit verhört worden. '