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Rr. LS — L«. Jahrgang Dienstag den L7. Januar 1S1L SWscheMksMng Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. An»aabe ^ mit »Die Zeit in Wort und Bild' vierteljitbrlich »,I0 ^ In Dresden durch Boten »,4» In ganz Deutschland stet Haus »,S» in Oesterreich -1,4» K. Un-gabe » ohne illustrierte Beilage vierteljtibrlich l.tsv Dresden durch Boten »,10 ^ In ganz Deutschland srei HauS »,»» in Oesterreich 4,0? X- — Linzel-Nr. 10 p Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die llgespaltene Petitzeilc oder deren Raum mit IL 4, ReNamcn mit KO ^ die Zeile berechnet, bei Wiederholungen cnlsprcchetiden Rabatt, Buchdrnikeret, Redaktion und Geschäftsstelle! Dresden, Pillnitzer Strasse 4». Fernsprecher 1t»0« Für Rückgabe unverlangt. Schriftstücke keine Verbindlichkeit Rcdaktions'Sprechstunbc: 11 bis 1» Uhr, Zur Werlzuwachssteuer. Ueber die Wirkungen der Wertzuwachssteuer bestehen in weiten Kreisen ganz falsche Vorstellungen, so daß die Agitation der Interessenten leicht einsetzen kann. Der Entwurf ist gewiß etwas schwer zu verstehen und die Konmtissionsbeschlüsse nicht minder; darum seien hier ge mäß den letzteren einige Beispiele gegeben, welclie die Steuer illustrieren sollen. 1. Ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück von 600 Ar Fläche ist für 40000 Mark er worben und wird nach 20 Jahren, nachdem für 18 000 Mark Meliorationen aufgewendet sind, für 90 000 Mark ver äußert, wobei der Veräußerer nachweislich 1000 Mark Ver- mittlergebühr gezahlt hat. Erwerbspreis 40 000 Mark Erwerbskosten (8 10 Ziffer 1) 4 Prozent von 40 000 Mark 1 600 ., Meliorationen (8 10 Ziffer 4) 18 000 „ Zuzüglich 5 Prozent 900 „ Nach 8 20 Absatz 3 2Fb Prozent von 58 900 Mark für 20 Jahre 29 450 ., 89 950 Mark 90 000 Mark 1 000 89 000 Mark 89 950 .. Fingierter Erwerbspreis Vcräußerungspreis Abzüglich der Vermittlerprovision von Vcräußerungspreis noch Fingierter Erwerbspreis Zuwachs — Keine Steuer trotz 50 000 Mark Mehrwert. 2 Ein unbebautes und ungenutztes Grundstück von 200 Ar Fläche ist für 50 000 Mark er- worben und wird nach 20 Jahren für 97 500 Mark ver äußert, wobei dem Veräußerer 1000 Mark Vermittler- gcbllhr erwachsen sind. Erwerbspreis Erwerbskosten (8 10 Ziffer 1) 4 Prozent von 60 000 Mark Nach § 20 Absatz 3 2sF» Prozen-t von (200 lnal 100 Mark) 20 000 Mark für 20 Jahre 50 000 Mark 2 000 10 000 Prozent von (50 000 weniger 20 000 Mark) Jahre 1 000 22 500 ., 2? 500 Mark 74 000 Mark 74 000 .. 30 000 Mark für 20 Jahre 12 000 .. Fingierter Erwerbspreis 74 000 Mark Deräußerungspreis 97 500 Mark Nachgewiesene Vermittlergebühr des Ver äußerers 3 Prozent von 50 000 Mark auf 16 (8 15 Ziffer 2) Zusammen Veräußerungspreis Erlverbspreis Zuwachs — Keine Steuer trotz 47 500 Mark Mehrwert. 3. Eine Baustelle von 40 Ar Fläche ist für 50 000 Mark erworben und auf ihr alsbald ein Zinshaus für 160 000 Mark errichtet worden. Nach 20jähriger Be- sihzeit wird das Grundstück für 254000 Mark veräußert, wobei der Veräußerer 2000 Mark Verkaufsprovision gezahlt hat. Erwerbspreis 50 000 Mark Erwerbskosten (8 10 Ziffer 1) 4 Prozent von 50 000 Mark 2 000 ., Neubau (8 10 Ziffer 4) 150 000 .. Zuzüglich 6 Prozent 7 500 Nach 8 20 Absatz 3 2s^ Prozent von (40 inal 100 Mark) 4000 Mark auf 20 Jahre 2 000 1 Prozent von (207 500 Mark weniger 4000 Mark) 203 500 Mark auf 20 Jahre 40 700 ^ Fingierter Erwerbspreis 252 200 Mark Vcräußerungspreis 254 000 Mark Vom Verkäufer gezahlte Verkaufsprovision 2 000 Vcräußerungspreis 262 000 Mark Erwerbspreis 262 000 Zuwachs — Keine Steuer trotz 54 000 Mark Mehrwert und obwohl in 25 Jahren recht erhebliche Mietseinnahmen fällig wurden. 4. Ein 1885 für 90 000 Mark erworbenes unbe bautes Grundstück wird 1910 für 200000 Mark veräußert: k) unter der Voraussetzung, daß der Erwerbspreis über 100 Mark pro Ar beträgt. Erwerbspreis 90 000 Mark Erwerbskosten (4 Prozent) .3 600 Zurechnung (8 10a 2 Prozent mal 25 Jahre) 45 000 „ ^ Zusammen 138 600 Mark Veräußerungspreis 800 000 Abzug nach 8 16 Absatz 2 (3 Prozent von 90 000 Mark auf 15 Jahre) 40 500 Bleiben ' 169 600 Mark Erwerbspreis 138 600 ., Zuwachs (16 Prozent) 20 900 Mark Steuersatz (11 Prozent) 2 299 „ Abzug nach 8 2 Absatz 2 574 „ Fällige Steuer 1 726 Mack Bei 110 000 Mark Gewinn nur 1726 Mark Steuer, 5. t>) unter der Voraussetzung, daß der Erwerbspreis weniger wie 100 Mark pro Ar beträgt. Erwerbspreis 90 000 Mark Erwerbskosten (4 Prozent) 3 600 „ Zurechnung (8 10a 2i/> Prozent auf 15Jahre) 56 250 „ Zusammen 149 850 Mark Veräußerungspreis 200 000 Mark Abzug nach 8 10 Absatz 2 (3 Prozent auf 16 Jahre) 40 500 „ Bleiben 159 500 Mark Erwerbspreis 149 850 „ Zuwachs (unter 10 Prozent des Erwerbs- Preises) 9 660 Mack Steuersatz (10 Prozent) 965 Abzug nach 8 20 Absatz 2 241 „ Fällige Steuer 724 Mark Bei 110 000 Mark Gewinn nur 724 Mark Steuer. Diese Berechnungen entsprechen in allen Teilen der Kommissionsvorlage. Nun steht schon fest, daß das Plenum noch einige Erleichterungen durchsetzen wird, namentlich für den langjährigen Besitz in einer Hand und dann kann man vollends nicht von einer „Expropriation" usw. reden. Gerade das Zentrum war in den letzten Tagen eifrig be müht, die Härten zu beseitigen und es rechnet auf vollen Erfolg. Handwerk und Arbeiterschaft. Man macht gar häufig die Erfahrung, daß zwischen Handwerk und Arbeiterschaft vielfach kein allzu günstiges Verhältnis besteht. Ganz abgesehen von Lohnstreitigkeiten, die ja naturgemäß die Gemüter der Beteiligten erregen, er gibt sich auch sonst noch eine Reihe von Differenzen und Schwierigkeiten, die sogar öfter eine solche Form annehmen, daß das Zusammenarbeiten auf anderen Gebieten in den gemeinsamen Organisationen erschwert wird. Ohne er messen zu wollen, auf wessen Seite die Schuld oder der größere Teil der Schuld liegt, sollen hier nur einige allge meine Gedanken über das Verhältnis zwischen Handwerk und Arbeiterschaft zum Ausdruck gebracht werden. Es braucht nicht betont zu werden, daß hier nur die nicht- sozialdemokratische, speziell die christlich organi sierte Arbeiterschaft ins Auge gefaßt ist. Tenn mit den sozialdemokratisch Organisierten läßt sich von vornherein über solche Fragen nicht diskutieren. An sich sind Handweck und Arbeiterschaft in mancher Richtung hin natürliche Bundesgenossen. Beide sind gleichmäßig daran interessiert, daß das Großkapital nicht die Alleinherrschaft auf dem Gebiete der Produktion erhält. Handwerk und Arbeiterschaft sind keineswegs grund sätzliche Gegner des Großkapitals, aber sie haben doch ge meinsame Interessen gegenüber demselben insofern, als der handwerksmäßige' Betrieb sich neben dem fabrikmäßigen Betriebe einen Platz zu sichern bestrebt ist und die Arbeiter schaft dem Großkapital gegenüber seine Stellung zu stärk m sich bemüht. Es kann für die Arbeiterschaft nur von Vor teil sein, wenn sich zwischen sic und das Großkapital eine leistungsfähige Mittelschicht schiebt. Anderseits bietet diese Mittelschicht, der Handwerkerstand, auch der Arbeiter schaft die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs, das Eintreten in eine höhere Schicht, was ausgeschlossen ist, wenn sich Großkapital und Arbeiterschaft direkt ohne Bindeglieder gegenüberstehen. Tie Erhaltung eines selbständigen Mittel standes ist mit einer Reihe von Vorteilen verknüpft. Nach der wirtsck>aftlichen Seite ist es der Konkurrcnzgedanke. Tie Vereinigung der gesamten Gütererzeugung und Güter verteilung in den Händen einzelner Großkapitalisten hätte die vollständige Abhängigkeit der Konsumenten zur Folge, denen die Preise glatt diktiert werden könnten. Die wirt schaftliche Selbständigkeit sichert die Strebsamkeit und den technischen Fortschritt; fördert die Entfaltung der Persön lichkeit. stärkt den bürgerlichen Freiheitssinn und die An hänglichkeit an das Gemeinwesen und schützt vor Empfäng lichkeit für radikale und revolutionäre Bestrebungen auf religiösem, staatlichem und kulturellem Gebiete. Umge kehrt ist das Handwerk an der wirtschaftlichen und kultu rellen Hebung der Arbeiterschaft sehr interessiert. Ter Schwerpunkt des Handwerkes liegt in der Qualitätsarbeit, der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse. Mit der Besse rung ihrer Einkommensverhältnisse wird es der Arbeiter schaft in wachsendem Maße möglich sein, bei der Deckung ihres Bedarfs an Kleidern, Haushaltungsgegenständen usw. mehr die Qualitätsarbeit zu berücksichtigen, z. B. statt im Konfektionsgeschäft beim Maßschneider, statt im Ab zahlungsgeschäft beim Möbelschreiner zu kaufen. Von dem allergrößten Nutzen für beide Teile ist auch die Pflege der G e w e r b c s o l i d a r i t ä t. Gerade in de» Kreise» der konfessionellen und christlichen Gewerk schaften gibt man diesem Gedanken in steigendem Maße Raum. An der Hebung des Handwerks sind Handwerker und die Gesellen als Mitglieder der Gewerkschaften gleich mäßig interessiert. Eine gute wirtschaftliche Lage des Handwerks ermöglicht auch die Zahlung guter Löhne. Deshalb steht der vernünftige Teil der Arbeiterschaft den Reformmaßnahmen zur Hebung des Handwerks durchaus ! sympathisch gegenüber. In den gesetzgebenden Körper schaften sind auch die Vertreter der christlicl>-nationalen Ar beiterbewegung durchweg für die berechtigten Forderungen des Handwerks eingctreten. Ein vorzügliches Mittel zur Pflege dieser Solidarität ist z. B. die Veranstajtlung ge meinsamer Vortragsabende. Freilich ergeben sich aus ver Betonung der Gewerbesolidarität gewisse Pflichten für die Gesellen, die vor allem auf dem Gebiete der Ausbildung liegen. Aber sie bietet die Brücke, auf die Handwerk und Arbeiterschaft treten können, um das gegenseitige Verhält nis zu bessern. Sodann ergeben sich aus der Beschäftigung im Handwerksbetriebe für den Gesellen auch manche Vor teile. Es besteht zunächst noch ein mehr persönliches Ver hältnis. Allerdings ist dieses nicht mehr in dem alten patriarchalischen Sinn einer weitgehenden Bevormundung des Gesellen auch nach seiner persönlichen Seite aufzufassen. Aber immerhin kommt Geselle und Meister in persön liche Berührung. Der Geselle wird im Handwerk viel mehr als Mensch bewertet als im Großbetriebe, wo der einzelne untergeht. Dazu ist die Beschäftigung im Handwerk an regender, abwechslungsreicher als die Arbeit im Groß betriebe. Die weit durchgcführte Arbeitsteilung im Groß betriebe weist dem Arbeiter nur einen relativ kleinen Antekl an dem Produktionsprozeß zu. Rein mechanisch erledigt der Arbeiter vielfach die ihm zugewiesene Arbeit. Im Handwerk ist die Arbeitsteilung nicht so weit durchgeführt. Dem einzelnen Gesellen ist ein größerer Anteil des Pro duktionsprozesses übertragen. Es werden an seine geistige Leistungsfähigkeit höhere Anforderungen gestellt. Der Fabrikbetrieb kann nicht Leute heranbilden, die die ganze Herstellung eines Produktes übernehmen können. Der Arbeiter lernt stets nur einen Ausschnitt. Dagegen bietet das Handwerk eine generelle Erziehung, es macht den Ge sellen mit der Herstellung eines Ganzen vertraut. Von der größten Wichtigkeit siird die Beziehungen des Handwerks zur Gewerkschaft, speziell zur Tarifbewegung. Es lohnt sich, diese eigens zu behandeln. Politische Rundschau. Dresden, den 16. Januar ISN. Der Reichstag setzte am Sonnabend die Beratung der Novelle zum Strafgesetzbuch fort. Der Antrag Gröber bctr. Freisprechung, wenn jemand in unverschuldeter Not lage bettele, gab zu einer langen Debatte Anlaß und bei der Abstimmung über diesen Antrag mußte die Beschluß unfähigkeit des Hauses festgestellt werden. In erneuter Sitzung fand jedoch der Antrag Gröber Annahme. Ebenso wurde ein Kommissionsantrag angenommen, der bis 300 Geldstrafe oder drei Monate Gefängnis für denjenigen fest setzt, der aus Not geringwertige Gegenstände sich ver schafft. Das prcnsnsche Abgeordnetenhaus konnte am Sonabend die Wahl des Präsidiums nicht vornehmen, da es nicht beschlußfähig war. In erneuter Sitzung wurde alsdann die erste Lesung des Etats begonnen. Die drei Redner: von den Konservativen v. Pappenheim, vom Zen- trum Graf Praschma und von den Nationalliberalen Dr. Friedberg, brachten in ihren Ausführungen ihre Zufrieden heit mit dem aufgestellten Etat zum Ausdruck. Der Zen- trumsrediier wünschte mehr Berücksichtigung der Katholiken bei der Besetzung von Staatsstellen; wenn er auch keine Zentrumsministcr fordere, so sei ersteres doch geboten. Der; Nationalliberale Friedberg konnte nicht umhin, an denk Minister eine ängstliche Anfrage betr. den Modernisteneid zu richten. Ter Kultusminister v. Trott zu Solz beant wortete seine diesbezügliche Anfrage und Minister des Innern v. Dallwitz gab Antwort auf die an ihn gerichteten. Fragen betr. Wahlreform, Feuerbestattung und Wasser straßengesetz. — Feuerbestattung i« Preußen. Im preußischen Ab geordnetenhause machte der Minister des Innern am Sonn abend die Mitteilung, daß ein Gesetzentwurf über die fakul tative Feuerbestattung die Zustimmung der beteiligten Ministerien gefunden habe. — Die Nachricht der „Frankfurter Zeitung", daß da» Zentrum im 2. hessischen (toll beißen .nassauisckien" D. R) Wahlkreis durch den Parteisekretär hat erklären lassen.es werde für den konservativen Kandidaten Regierungspräsidenten v. Meister stimmen, ist Schwindel von Anfang bis zu Ende. DaS Zentrum wird einen eigenen Kandidaten aussicllen und hat keinerlei Erklärung über die konservativ? Kandidatur ab gegeben. Wir würden übrigens der „Franks. Zeitung* raten, sich Korrespondenten zu wählen, die sich in der Geographie einigermaßen auskennen und „hessisch" und „nassauisch" von einander zu unterscheiden wissen. Die Preisgabe des Arbeitskamincrgesetzes durch die Regierung beginnt auch in den Kreisen der Angestellten böses Blut zu machen. Charakteristisch für diese Stimmung ist, was die „Deutsche Jndustriebeamtenztg.", das Organ des Bundes der technischen, industriellen Beamten, zu diesek! Meldung schreibt: „Daß die Vorlage scheitern würde, wart ja nach dem „Unannehmbar", das die Regierung den fork, schrittlichen Beschlüssen der zweiten Lesung entgegensetzte, wahrscheinlich. Protestieren muß man aber auf das enb- schiedenstc gegen die Art der Begründung, die die Vergüt' W N