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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations-Preis 22 j Silbergr. Tdlr.) vierteljährlich, Z Thlr. für da» gan;e Jahr, vhne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin sür die Pränumerationen werden vou jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Camp., Jagerüraße Nr. 2Ü), so wie von allen König!. Poft - Aenilern, angenommen. Vit crat ur dcs Auölaudcö. 136. Berlin, Dienstag den Ist. Dezember 1843. Frankreich. Die Schreibmaterialien in früheren Zeiten.") Es giebt fast nichts Mannigfaltigeres, als die Materialien, die bei den verschiedenen Völkern und zu verschiedenen Zeiten zum Schreiben benutzt wor den find. Alle drei Reiche der Natur hat man in Contribution gesetzt. Die Inschriften auf Stein, welche geschichtliche Begebenheiten aus die Nachwelt dringen sollen, waren immer und überall so gewöhnlich, daß wir sie billig übergehen können. Die Babylonier haben nach Plinius länger als sieben Jahrhunderte ihre astronomischen Beobachtungen auf Ziegeln verzeich net, von denen die meisten europäischen Museen Eremplar« besitzen. Bei den Griechen war der Gebrauch, auf Scherben zu schreiben, sehr verbreitet, und auch in manchen Gegenden Aegyptens haben sich viele solcher beschriebenen Scherben gefunden, deren Ursprung aber nur bis in die ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung hinaufreichen mag- Der Bronze bediente man sich nicht allein zu Dokumenten, die sich lange unversehrt erhalten sollten, sondern auch zu Empfehlungsbriefen, zu einfachen amtlichen Anzeigen u. dgl. Es scheint sogar, daß die Römer Bucher aus Bronze gehabt haben. Solcher Art waren die Bücher, Vie in den Archiven der Kaiser niedergelegt waren und die nach Hygenius Nachweise über die Privilegien der Kolonieen enthielten. Nicht weniger alt und verbreitet war der Gebrauch des Bleies. „Wer wird mir gestatten — ruft Hiob aus — meine Worte anfzuzcich- nen! Warum kann ich sie nicht auf Blcitafeln schreiben mit einem Griffel von Eisen, oder in Stein graben mit einem Meißel?" „Die Böotier — sagt Pausanias (lib. IX) — zeigten mir eine Blcirolle, auf der Hesiod's Gedicht über die Werke und Tage abgeschriebcn war; nur hatten die Buchstaben durch die Zeit schon viel gelitten." Die Alten verstanden es, wie wir, dies Metall zu sehr dünnen Platten zu verarbeiten, und cS ist anzunehmen, daß, bevor der Gebrauch des Papyrus in Italien bekannt war, die römischen Behörden sich des Bleies zu ihren Anzeigen bedienten. Die Senats-Beschlüsse, welche die Kaiser betrafen, wurden lange Zeil auf Elfen, dein gegraben. Man schrieb indcß auch mit schwarzer Dinte aus diesen Stoff, was besonders Leute mit schwachen Augen thaten. Die Benutzung gegerbter Häute als Schreibmaterial findet fich im höchsten Alterthum und war bei den Asiaten, Griechen, Selten und Römern sehr in Aufnahme. In der Brüsseler Bibliothek wird eine Abschrift des Pentateuchs auf siebenundsunfzig zusammengenähten Häuten gezeigt, dir eine Rolle von fast fünfzig Ellen bilden. — Pelrarka hatte einen ledernen Ucberwurs, auf den er beim Spazierengehen Gedichte schrieb, wenn ihm Papier oder Perga. ment fehlte. Dieses Kleidungsstück wurde noch im Jahre 1L27 von dem Kar dinal Sadolet als eine kostbare Reliquie aufbewahrt. °°) Die Darmhäute der Thiere wurden ebenfalls zuweilen angewcndet. Zo nares erzählt in seinen Annalen, daß die Bibliothek in Konstantinopel, die unter dem Kaiser BasiliSkuS in Feuer aufging, die Jliadc und Odyssee, mit Goldbuchstabe» auf einen Schlangendarm von 120 Fuß Länge geschrieben, de- festen habe. Die ambroflanische Bibliothek in Mailand bewahrt ein Diplom auf Fischhaut. Nach der Meinung der Autoren wurde das Pergament im zweiten Jahr, hundert vor Ehr. erfunden. °°°) ES hat seinen Namen von der Stadt Per- gamus, wo eS wahrscheinlich nicht gerade zuerst fabrizirt, aber vervoll- kommnet wurde. Außer weißem und gelbem Pergament hatten die Alten auch purpurfarbenes, blaues und violettes. Auf das bunte schrieb man mit Gold- und Silber. Buchstaben; in der königlichen Bibliothek von Paris zeigt man einige Proben davon. Die ältesten Manuskripte, die man kennt, sind auf Pergament geschrieben. Dokumente aus diesem Stoffe hat man erst seit dem Ende des siebenten Jahr hunderts. Sie sind zuweilen von außerordentlicher Grüße; so hat die Anklage. Akte gegen die Templer, die im Archiv zu Paris aufbewahrt wird, eine Länge ') Nach Ludovic Lalanne. Bgl. Nr. I« dcs Magazins. ") Die Sitte, ans die Kleider zn schreiben, war vielleicht im Mittelalter ziemlich all gemein, denn es wird von einem Abt erzählt, der feinen Mönchen befahl, wenn sie ein Werk vom heiligen Anastasius sine,.» und kein Papier bei der Hand haben würden, cS aus ihre Kleider zu schreiben. —) DaS Wort Belin bedeutet ursprünglich ebenfalls P-dmenl aut Kalbsfell und kommt von dem romanischen- s,«l»»s«»u. von dreißig Ellen. — Das Pergament wurde sehr selten in der Zeit vor und nach den Elnfällen der Barbaren. Dadurch kam man darauf, schon beschrie benes zu benutzen, indem man durch verschiedene Mittel die ursprüngliche Schrift vernichtete. Durch diesen unsinnigen Gebrauch, der besonders in Rom geübt wurde und bis zur Erfindung dcs Lumpenpapiers bestand, gingen sehr viele literarische Schätze zu Grunde. Man nennt die Manuskripte dieser Art Palimpsesten. ES ist inbeß gelungen, aus einigen Palimpsesten die ur sprügliche Schrift wieder hervorzurufen. So fand man Fragmente des Livius, Cicero'S Abhandlung über die Republik, die Institutionen des GajuS u. s. w. Plinius meint, der erste Stoff, auf den man geschrieben habe, seyen Baumblätter gewesen. Man machte Rollen aus Palmen, und Malven- blättcrn; die Syrakusancr schrieben bei öffentlichen Abstimmungen ihre Urtheile auf Olivcnblätter, woher die Prozedur, die man in Athen „Ostrazismus" nannte, in SyrakuS (von Trk'rcr^o^) „PctalismuS" hieß; aus den Malediven benutzt man die Blätter des Makarckau, die an drei Fuß lang und einen Fuß breit find, zum Schreiben. Bis gegen Ende des sechsten Jahrhunderts bediente man sich auch der äußeren und inneren Rinde verschiedener Bäume und machte daraus sogar Bücher. Daher kommt eS auch, daß das Wort liker (Bast) bei den Römern ein Buch bedeutet. Die ältesten schriftlichen Denkmäler, die wir besitzen, sind aus Holz gc. schrieben. Eine Inschrift auf Sykomorenholz, die zum Grabmal des ägypti schen Königs Myccrinus gehörte, I8!i7 in der dritten Pyramide von Memphis gefunden wurde und fich gegenwärtig in England befindet, wird von ihrem Entdecker für fünftausend neunhundert Jahre alt gehalten. Die Chinesen schrie, den vor Erfindung ihres Papiers, also vor 2000 Jahren, ebenfalls auf Holz, platte« und Vamdustafeln und bewahren noch heute einige derselben als werth. volle Denkmäler des AlterthumS auf. In Griechenland und Italien herrschte die Sitte, Dokumente von Wichtig, keit in Holz einzugraben. So sollen im ersten christlichen Jahrhundert im Prytaneum in Athen noch einige Uebcrrestc der Holztafeln (ä'§o^«§) vorhan. den gewesen seyn, aus welche vierhundert Jahre früher Solon seine Gesetze geschrieben hatte. Auch die Gesetztafeln Drako'ö scheinen aus Holz bestanden zu haben, wie aus folgenden Worten eines komischen Dichters hervorgehl, den Plutarch zitirt: „Ich rufe die Gesetze Solon'ü und Drako'S zu Zeugen an, mit denen sich das Volk setzt sein Gemüse kocht." — In Rom grub man die Gesetze, ehe die Säulen und Bronzetafeln aufkamen, auf Eichenplatten, die aus dem Forum ausgestellt wurden. Die Annalen der Priester, welche die politischen Ereignisse verzeichneten, waren wahrscheinlich mit schwarzer Dinte auf eine durch Bleiweiß gebleichte Holztafel geschrieben, die man slbum nannte. Diese Tafel stand vor dem Hause des Oberpricsters, und strenge Strafen waren denen angebroht, die es wagten, sie wcgzunehmen, oder an dem Terte zu ändern. Die Annalen wurden nur bis zum Jahre 120 v. Chr. geführt; aber der Gebrauch des Album erhielt sich länger, und noch unter dem Kaiser Theodosius wurden Gesetze auf Holztafeln veröffentlicht, die mit Bleiwciß über zogen waren. Auch Privatleute bedienten sich bei Abfassung von Dokumenten des Holzes, und eine Stelle im DigcstuS beweist, baß dir Testamente zuweilen auf diesen Stoff geschrieben waren. Man findet in den Särgen der Mumien Stücke Leinwand, die mit Schriftzeichen bedeckt sind. Es scheint, daß man fich dieses Materials für religiöse Dokumente bediente. So erzählt Livius, daß die Samniter die feierlichen Ceremonien, mit denen sie ihren Feldzug gegen die Römer cinleite- ten, nach einem alten Rituale anorbneten, da» auf Leinwand geschrieben war. Die sibyllinischen Bücher bestanden aus gleichem Stoffe. Später wurde die Leinwand auch zu profanen Büchern verwendet- So ließ der Kaiser Aurelian seine Thaten auf Leinwand verzeichnen, und sowohl die Steuerregister in den römischen Archiven, als auch die Gesetze mehrerer Kaiser waren auf diesen Stoff geschrieben. Ein Brief des SymmachuS beweist, daß man statt der Leinwand auch Seide gebrauchte, und daß diese Sitte von den Persern stammte. Der Papyrus °) ist eine Art Schilf, dessen Schaft von einer häutigen Hülle umgeben wird, aus welcher man mehrere Arten von Papier verfertigte. Die erste Qualität nannte man anfangs hieratisches oder heiliges Papier, weil man die heiligen Bücher darauf abschrieb. Aus Schmeichelei gegen ') Diese Pflanze, die von den Griechen AMox gcnännt wurde, wuchs jur Zeit des Plinius in den Sümpfen Aegyptens, in Syrien und der Umgegend von Babylon; jetzt findet man sie wild in Cicilien,