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Dresdner Journal : 27.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189608277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960827
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960827
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-27
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 27.08.1896
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vez»A«»ret«. FLr Dretdro virrteliahrlich 2 Marl SO Pf, bei den Kaiser lich deuijchen Postanstalten vierteljährlich»Mark; außer halb de« Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschtaa. Einzelne Nummern: lt) Pf Grschetnen: lLglich mit Autnahme der Eonn und Feiertage abend«. Fernspr-Anschluß: Nr 18VL. Älesdner M Äomnal Aiiküudi,u»«Sgtbühren: Für den Rauni einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile 50 Ps Bei Tabellen- und Zifsernsatz entspiechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal- Dresden, Zwingerstr 2V. Fernspr -Anschluß: Nr1L95. 1896. ^1SS. Donnerstag, den 27. August, abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben den zum Vize- konsul bei dem Generalkonsulat von Peru zu Dresden ernannten Staatsangehörigen der Bereinigten Staaten von Nord-Amerika, Kaufmann Andreas Hermann Walter Weis daselbst, in dieser Eigenschaft anzuer kennen geruht. «rKeaKKKge«, Versetzungen rc. tm öffentliche» Dienste. reparte»,ent »es »nltn« und »ffentltcheu Unterricht«. Erledigt wird durch Emeritierung zum l. Oktober die katho lische Kirchschulstelle zu Brunau b, Ostritz Kollaior: das L Ministerium de- Kultus und öffentlichen Unterrichts. Das kalastermäßige Einkommen der Stelle beträgt außer der sreien Amtswohnung und den etwaigen Alterszulagen l00v M sür den Schuldienst und 783 M. cs Pf. sür den Kirchendienst, wovon jedoch in kürzester Zeit durch Abtrennung des Slöckner- und Itüfterdlenstc- 50 - 00 M. Wegfällen werden Außerdem aber kommen dazu: 72 M sür Fortbildungsschulunterricht, 80 M Holzgcld und ev bv M. sür den Unterricht in weib lichen Handarbeiten, wenn ihn die Frau des Gewählten über nimmt. Gesuche mit den gesetzlichen Beilagen, unter denen das musikalische Zeugnis nicht fehlen dais, sind bis zum 4 September an den K. Bez.rksschulinspektor Schulrat Pros. Michael zu Zittau einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Aus Konstantinopel liegen heute eine Anzahl beunruhigender Meld ungen vor. Eine Anzahl armenischer Revolu tionäre hat sich, wir offiziell mitgeteilt wird, gestern nachmittag H2 Uhr des Gebäudes der Ottomanbank bemächtigt, nachdem sie die dort zur Bewachung auf gestellten Gendarmen getötet hatte Als Polizei heranrückte, um sich des Gebäudes wieder zu bemäch tigen, feuerten die Armenier vom Dache und aus den Fenstern des Hauses. Spät abends brachen gleich zeitig in anderen Stadtteilen Unruhen aus, welche die ganze Nacht hindurch währten. In Pera, nahe beim Wachthaufe von Galata, explodierte eine Bombe. Mehrere Soldaten wurden hierdurch getötet und verwundet. Während nach einer offiziellen Meldung gestern abend bereits wieder Ruhe geherrscht haben sollte, sieht es nach einer der „Rassischen Zeitung" vom gestrigen Tage zugegangenen Meldung in Konstantinopel sehr böse aus. Das Blatt läßt sich telegraphierend Seit 2 Uhr herrscht Revolution in Galata. Die Qtomanbank wurde von Armeniern mit Bomben be worfen; es ist eine allgemeine Schießerei undSchlächterci. In Pjamotia liegen viele hundert Tote. Am Brückenkopf von Stambul ist ebenfalls Metzelei. Der türkische Pöbel, mit Messern und Prügeln bewaffnet, greift die armenischen Häuser an und stürzt die Abgeschlachteten zum Fenster hinaus. Polizei und Militär steht thatenlos in den Straßen, die voll Karren mit Leichen sind. — Soeben, um 4 Uhr, werden französische Matrosen zum Schutze der Botschaft ausgeschifft. Es scheint also durch den türkischen Pöbel ein all gemeines Blutbad unter den Armeniern inszeniert worden zu sein, welche ihrerseits allerdings den An laß zu den Unruhen gegeben zu haben scheinen Bis zum Eintreffen näherer Nachrichten kann man sich natür lich noch kein deutliches Bild von den Vorgängen machen. Tas eine steht fest, daß nunmehr die türkische Haupt stadt selbst zum Schauplatze eines greulichen Blut badcS geworden ist, dessen Opfer offenbar die von der Pforte systematisch verfolgten Armenier gewesen sind. Daß es sich nicht uni einen Aufruhr handelt, wie er nachgerade in Konstantinopel zur alltäglichen Gewohn heit geworbt n ist, dafür dürfte der Umstand sprechen, daß sämtliche augenblicklich abwesenden StationS- schiffe der Großmächte unverzüglich nach Kon stantinopel zurückgekehrt sind. Möglich ist es natürlich, daß sich trotzdem die gestrigen Vor gänge als politisch von keiner erheblichen Bedeutung Herausstellen. Aber bei den verwickelten und gespann ten Verhältnissen, wie sie sich dort unten entwickelt haben, kann auch ein anscheinend bedeutungsloser Vor fall zu sehr ernsten Konsequenzen führen. Die Berschwäruuft aus den Philippine» hat noch gefehlt, um das Maß der Schwierigkeiten voll zu machen, mit welchen die Madrider Regurung es jetzt zu thun hat. In der That steht es jetzt in hohem Grade bedenklich um Spanien, das einst so glücklich gepriesene Reich der nicht untergehenden Sonne! Noch vor Beginn des jetzt noch mit unge schwächten Mitteln fortgeführten cubanischen Auf standes hatte Spanien krampfhafte Anstrengungen machen müssen, um den seinen Finanzen drohenden Bankerott hintanzuhalten. Die Schilderhebung der Cubaner, die nun schon volle zwei Jahre dauert und Spanien nicht nur die Kosten eines großen Krieges aufgehatst, sondern auch die Staatseinnahmen aus der „Perle der Antillen" fast auf Null heruntergebracht hat, stellt an und für sich schon die staatliche Lebens kraft des spanischen Königreiches auf eine harte Probe. Dieser schweren Prüfung gesellten sich seit Jahresfrist weitere innere Gefahren. Denn Carlisten, Anarchisten und Republikaner nehmen in den ver schiedenen Teilen des Königreiches eine drohende Haltung an und holen — allerdings getrennt mar schierend und je nach ihrer Eigenart verschieden operierend — zu kräftigen Anschlägen gegen die Staati- gewalt aus. Und nun erscheint die Verschwörung auf deu Philippinen, die in der letzten Sitzung der spanischen Kortes vom Ministertische aus zum ersten Male zur Sprache gebracht worden ist, auf der politischen Bild fläche als ein neuer Schrecken. Was die Ursachen der Verschwörung anlangt, so ist die Behauptung des spanischen Ministerpräsidenten, daß man es mit dem Werke cubanischer Flibustier und ihrer nordamerikanischen Gönner zu thuu habe, unter den obwaltenden Umstünden durchaus glaubwürdig. Der Gedanke liegt für die Cubaner nur zu nahe, durch die künstliche Erzeugung einer aufrührerischen Bewegung auf den Philippinen einen Teil der gegen Cuba auf- gebotenen spanischen Militärmacht abzulenken und die Regierung in Madrid durch neue Schwierigkeiten zum Ausgeben ihres Planes zu zwingen, den Aufstand der Cubaner um jeden Preis militärisch zu bewältigen Das Unternehmen Ler Leiter und Schürer des cubanischen Aufstandes könnte, geschickt und äußerlich wirkungsvoll inszeniert, thatsächlich leicht zu dem ge wünschten Ziele führen, denn es fehlt auf den Phi lippinen durchaus nicht au dem erforderlichen Materiale zur Erzeugung einer tiefgehenden Unzufriedenheit der Insulaner mit der spanischen Herrschaft. Die Philippinen stellen sich tar als ein über tausend Inseln zählender Archipel. Ans diesem Insel schwärm, der an Flächeninhalt zusammen über 300000 gkm um faßt, also räumlich fast so groß ist wie Frankreich, leben 51 verschiedene Volksstämme, die zusammen eine Be völkerung von über 7 Millionen ausmachen. Unter diesen 7 Millionen giebt es zur Zeit außer den Be satzungstruppen nicht mehr als LOK» Europäer, zu meist spauischer Nationalität, die größtenteils im Dienste der Kolonialverwaltung stehen und ans der bedentendsten Insel Luz<m, in der Hafenstadt Manilla leben. Das VerwaltungSsystem auf den Philippinen ist durchaus — spanisch. Die Insulaner werden viel leicht noch gründlicher ausgebeutet als die Cubaner. Aber auch die auf diese Weise sowie auch noch durch die hohen Zölle auf auswärtige Einfuhr, die nicht weniger als 50 Proz. vom Warenwerte betragen, gewonnenen Einnahmen reichen nicht aus, um die „Verwaltungskosten", deren größere Hälfte sich als Ausgaben fürs Militär erweist, zu decken. Der spanische Staatsschatz muß jäbrlich noch über zwanzig Millionen Pesetas zu diesen Kosten beisteuern.'. Die Ungeheuerlichkeit dieses spanischen Verwaltungs gebärens wird noch offenkundiger, wenn man bedenkt, daß die Philippinen an Fruchtbarkeit der Perle der Antillen gleichkommen und die eingeborene Bevölkerung dieser Inseln die Cubaner an Fleiß und Anspruchs losigkeit weit überragt. Die Ausfuhr aus den Philippinen betrügt durchschnittlich jährlich über 150 Millionen Francs, ihr Ertrag wandert jedoch größten teils in die Kassen der amerikanischen und englischen Handelsschiffgesellschasten, die fast den ganzen Außen handel besorgen. Das spanische Mutterland spielt dabei nur die wenig beneidenswerte Rolle des Hüters der öffentlichen Ordnung, wofür sie von der Be völkerung sich eben teueres Geld zahlen lüßt. Die Gefahr einer weitousgreifendeu Schilderhebung auf den Philippinen wird höchstens dadurch gemindert, daß die Eingeborenen zu kriegerischen Unternehm ungen wenig Neigung haben und, in viele Völker schaften geteilt, auch nicht leicht zu einem mit Nach druck geführten Aufstande organisiert werden können. Aber an einzelnen Orten in dieser Unmasse von Inseln werden die cubanischen Flibustier doch un schwer „Erhebungen" ins Werk setzen können, die von Spanien nicht außer acht gelassen werden können und es zu Maßregeln zwingen müssen, die zum mindesten wieder Geld kosten. Solches aber besitzt man be kanntlich in Spanien nur noch in bescheidenem Um fange. Tages geschützte. Dresden, 27. August. In Nr. 39 der „Neuen Wurzener Zeitung" vom 28. Mürz d. Js. ist unter der Spitzmarke „ein Bries aus dem Jrreuhause" auszugsweise ein Schriftstück veröffentlicht worden, welches Klagen über Anstaltsbehandlung und Ver düchtigungen von Anstalts-Ärzten, -Beamten und Wartcpersonal enthält. Der zu Grunde liegende, von der Redaktion auf Erfordern vorqelegte Brief rührt von einer im Juli 1895 iu der Landesanstalt Hubertusburg verstorbenen Geisteskranken her, die vorher in dem Jrrensiecheu- hause zu Dresden wegen halluzinatorischer Verrückt heit und Verfolgungswahn untergebracht gewesen ist. Die angestellten Erörterungen über die auf beide vorgenannte Anstalten sich beziehenden Beschwerden haben ergeben, daß die in dem Briefe erhobenen Anschuldigungen bezüglich beider Anstalten völlig unbegründet sind. Die Klagen der Kranken, die zufolge des Erörtcrungsergebuisses ihrerseits sich un verträglich und zeitweilig sogar gewaltthätig gezeigt hat, sind nach dem übereinstimmenden Gutachten der Aerzte, welche sie behandelt haben, lediglich als ein Ausfluß der Verleumdungs- und Schmähsucht, in der ihr geistiger Zustand sich besonders geäußert hat, an- zusehen. Der Brief in seinem vollen Wortlaute läßt un schwer die Überzeugung erlangen, daß es sich darin um Äußerungen einer unzurechnungsfähigen, geistes ¬ kranken Person handle, und es ist deshalb nur zu bedauern, daß es nicht vorgezogen worden ist, den Brief sofort der zuständigen Stelle zur Einsichtnahme und weitere» Entschließung vorzulegen, anstatt ihn so, wie eS geschehen ist, mit für die Beurteilung erheb lichen Weglassungen zu veröffentlichen. Deutsche- Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser hörten gestern vormittag die Vortrüge des Chefs des Zivilkabinetts und des Staatssekretärs des Auswärtigen, arbeiteten mit dem Minister der öffentlichen Arbeiten und nahmen hierauf den Vortrag des Präsidenten des Evangelischen Ober- kirchenrats entgegen Am Nachmittage fuhren Se Majestät nach Berlin und wohnten dem Abschiedsessen sür den ehe maligen Kommandeur des Gardefüsilierregiments, v Krosigk, im Kreise des Osfiziercorps bei. — Äus Görlitz kommt die Meldung, daß sämtliche Dispositionen, die für den Empfang der deutschen und russischen Majestäten am Montag, den 7. September ausgegeben worden sind, geändert wurden Ter in Görlitz vorgesehene feierliche Empfang ist angeblich gänzlich abbestellt worden und die Dauer der Parade über das 5. Armeecorps ist auf höchstens zwei Stunden beschränkt worden — Der Kolonialrat, welcher im vorigen Jahre am 28. Oktober erst zu seiner Herbslsession einbeiufen wurde, wird wahrscheinlich dieses Mal schon aus den September einberusen werden, da der Reichstag fast einen vollen Monat früher als 1895 zusammentritt; die Etats sür die Schutzgebiete pflegen dem Kolonialrate bekanntlich stets vor ihrer Übermittelung an den Bundesrat zur Be gutachtung vorgelegt zu werden Für die sämtlichen west afrikanischen Schutzgebiete steht, den „Berl Neuest. Nachr" zufolge, eine Erhöhung der bis herigen Reichszuschüsse in Aussicht Der Etat für Südwestafrika wird selbstverständlich eine sehr starke Erhöhung ausweisen, nachdem eine Verstärkung der Schutztruppe dahin gesandt worden ist, die einer Ver doppelung des bisherigen Bestandes nahekommt Hatte man den ersten Bedarf dafür in einem Nachtrags etat verlangt, so werden die weiteren lausenden Aus gaben nun in den Etat eingestellt. Togoland steht vor einer Gebietsvergrößerung, die durch den Abschluß von Schutzverträgen mit vielen Völkerschaften im Norden und Osten 1895 eingeleitet worden ist; ein internationaler Abschluß der neuen Interessensphäre wird nicht allzulange mehl ausbleiben. Inzwischen ist schon manches geschehen, um uns in den betreffenden Landstrichen sestzusetzcn und unsere alten Rechte zu erneuern und zu befestigen An Stelle einer einzigen Station (Bismarckdurg), die wir fast zehn Jahre dort unterhielten, sind drei neue getreten, nämlich Mösahöhe, Kete-Kratschi am Volta und Sansanne- Mangu, nördlich vom bisherigen Togogebiete; dazu werden in dem am meisten bedrohten Gebiete nach Borg« hin noch neue kommen Bei der Ausdehnung unserer 2tr- waltung aus neue Landstriche reicht unsere dortige Schutz- truppe, die noch den Charakter einer Polizeitruppe hat, nicht aus und bedarf dringend einer Vermehrung. Ein weiteres Bedürfnis ist die Herstellung einer Landungs brücke an der Togoküste Die Franzosen haben an der Tahomehküste schon zwei solcher Brücken angelegt und machen gute Geschäfte damit. Wenn wir den Handel an unserer Küste nicht schädigen oder gar ablenken wollen, darf der Bau einer solchen Brücke nicht hinausgeschoben werden Auch für Kamerun wird von berufener Seite die Aufwendung größerer Mittel als notwendig bezeichnet Ter Handel jenes Schutzgebietes zeigt nämlich einen Rück gang; selbstverständlich müßte möglichst rasch eingeschritten werden, um diesen Rückgang auszuhalten und den Verkehr neu zu beleben — Die „Nat.-Ztg" schreibt: Lieutenant Schlabach hat sich am 24. d. Mts in Neapel eingeschifft, um in Ostasrika die von dem Komitee der Ostafrikanischen Zentralbahn begonnenen Vorarbeiten zu ergänzen. Dahin gehören insbesondere die Vollendung der Terrainstudien zwischen der Küste und dem Kinganifluß sowie die Unter suchungen über dessen Schiffbarkeit, ferner die Ermittelungen über die Beschaffung der erforderlichen Baumaterialien, Luust und Wissenschaft. K. Hostheater. — Altstadt — Am 26. d Mt«: „Margarethe". Oper in vier Akten. Nach dem Fran zösischen des JuleS Barbier und Michel Carre. Musik von CH Gounod. In der gestrigen Aufführung von Gounods Meister werk hat Hr. Carlen, bisher in Amerika al» Konzert sänger thätig, seinen ersten Versuch auf der Bühne unter nommen Seine Stimme besitzt echten lyrischen Timbre, Wohllaut und natürliche Klangwärme; sie spricht in der Höhe leicht und kräftiaan, während sie in den anderen Lagen infolge ungünstiger Tonbildung an Kraft und Klarheit verliert und in der Tiefe rasch begrenzt ist. Musikalisch leistete Hr. Carlön nicht soviel, wie man von einem geübten Konzertsänger in einer sehr sangbar geschriebenen Lpernpartie erwarten darf; seine Phrasierung war nicht durchweg korrekt und plastisch, sein Vortrag ent wickelte wenig Leben, wenig Mannigfaltigkeit des Aus drucks in wechselnden Tonsärbungen und Accenten. E» ist ihm offenbar noch nicht gelungen, sich in innerliche Bezieh ungen zu seiner Rolle zu bringen oder wenigstens nicht, eine solche Beteiligung dem Hörer deutlich zu machen. Daß ihm dieses in darstellerischer Hinsicht ebenfalls nicht möglich ist, nimmt dagegen bei seiner vollständigen An- fängerschaft kein Wunder Wo freilich einige Spiel- begabung vorhanden ist, pflegt man auch bei dem ersten Versuche schon etwas mehr BewegungSsähigkeit zu finden, als dieser Neuling auf der Bühne davon gestern gezeigt hat Unsere Hofbühne wiederholt vielleicht ihr freund liche« Entgegenkommen gegenüber Hrn. Carlen und giebt ihm und der Kritik Gelegenheit zu einer zweiten Prüfung, da bei der ersten sowohl der Sänger wie der Beurteiler leicht Versehen anheimfallen . . Hr Carlen erscheint unter der Flagge eine» „unent- decktcn" Tenoristen, sein geschäftlicher Vertreter empfiehlt ihn al« „gottbegnadeten" Heldentenor, dessen Stimme an die von Tichatscheck und Vogl erinnere Von solchen Agenten ist man natürlich auf Riesenfanfarcn vorbereitet, die sie um so unbefangener ertönen lasten, je größer ihre Sachunkenntnis ist. Bedauern erweckt cs nur, daß manche Zeitungen diesen thörichten Reklamen Naum geben und dadurch den Sänger, der nach unserer Ansicht kein Helden tenor ist und nicht im mindesten an Vogl gemahnt, insofern schädigen, als sie die Erwartungen des Publikums über mäßig anspannen und zugleich nach einer ganz falschen Richtung hinleiten Als Mephistopheles gab Hr. Greder seine dritte Gast rolle und damit wiederum eine geschickte und fleißiae, doch keine selbständige und interessante Leistung Überdies störte gestern das vielfache Lffensingen, wodurch nur bei unmusikalischen Hörern der Eindruck eines großen Ton« erweckt wird, und eine unvorteilhafte Überladung des Spiels in Mimik und Gesten Vor Mißbrauch der offe nen Tongebung sei auch Hr. Schmedes gewarnt, der als neues Mitglied der Hosbühne zum ersten Riale den Valentin sang und sein Lied sonst nicht ohne herzliche Empfindung vortrug. . H. P. Was soll und kann ein Regisseur? «Fortsetzung.» Nachdem so die Thätigkeit, der weitverzweigte Wirk ungskreis eines Regisseurs — wie er sein soll — in mög lichst knapper Form gekennzeichnet worden, kommen wir zu der Beantwortung der Fragen: „Kann der Regisseur auch immer seiner verantwortlichen Stellung gerecht wer den? Werden ihm die zur Ausübung seiner Thätigkeit nötigen Mittel und Machtvollkommenheiten auch jederzeit zur Verfügung gestellt?" In Bezug auf die Ausstattung und Ausschmückung des szenischen Bildes haben e» die Regisseure der ersten, großen Theater sehr leicht, denn hier werden bei Neu- inscenierungen meisten« alle Bestandteile de« vorgeschriebenen szenischen Bilde« neu angefertigt, und e« erübrigt dem Regisseur nur dafür Sorge zu tragen, daß alle Neu anschaffungen dem Geiste, der Stimmung der zu illu strierenden Dichtung angepaßt werden Aber die finan ziellen Verhältnisse vieler Theater setzen den künstlerischen Ansprüchen des Regisseurs eine Grenze Hier muß er um jedes neuanzuschaffende Stück mit dem Theaterunternehmer feilschen, und oft muß er ein „neuzuinszeniercndes" Stück ganz aus den bereits vorhandenen, oft sehr abgenutzten Mitteln bestreiten, da müssen diese und jene, ursprünglich für ganz andere Zwecke bestimmte Dekorationen und Ko stüme dem vorliegenden Werke angepaßt, so manches Stimmungswidrige muß in den Kauf genommen werden; und so manche künstlerische Intention, so manches beab sichtigte künstlerische Arrangement muß der Regisseur unter dem Drucke finanzieller Rücksichten aufgeben Wenden wir uns nun zu dem wichtigeren Teile der AmtSthätigkeit des Regisseurs, zu seiner Beeinflussung des textlichen Teiles einer Aufführung Diese Einflußnahme kann nur auf den Proben stattfinden Tie Frage: „Wie viele Proben sind zur Erzielung eines völlig abgerundeten Ensembles nötig?" wird leider an verschiedenen Bühnen sehr verschiedenartig gelöst. An manchen Theatern, namcnt- jich in Berlin, wo die Zugkraft eines neueinstndierten Stücke» durch Wochen, oft durch Monate anhält, kann wohl, infolge des wenig abwechselnden Repertoires, einem neuen Stücke die notwendige Anzahl der Proben ein geräumt werden Aber in der Provinz, wo oft wöchentlich eine Novität zur Aufführung gelangt, wo noch außerdem „so nebenbei" Wiederholungen älterer Stücke vorbereitet werden müssen, da zeigt sich ein anderes, oft sehr trau riges Bild. Adolf LÄrronge sagt treffend („Deutsches Theater und deutsche Schauspielkunst"): „Wenn ein Regisseur hier zur Inszenierung eines Stückes mehr als die üblichen spärlichen Proben, oder gar zur Einstudierung eines ernsten großen Dramas entsprechende Zeit und vielleicht — um mich bescheiden zu fasten — 6 bis 8 Bühnenproben ver langen würde, nun, ich glaube, man würde ihn zunächst für etwas geistesgestört halten und ihm, wenn er auf feinem Verlangen bestände, sofort die Entlassung geben " Also 6 bi« 8 Bühnenproben ist nach dem Fachmann L'Arronge eine bescheidene Ansorderung de» Regisseur»! Und doch muß er die meisten Stücke — um mich recht unbescheiden zu fasten — mit 3 bis 4 Proben hcraus- bringen, wie es in der Theatersprache heißt. Dieses „Herausbringen" ist der leitende Gedanke der meisten Theaterleiter, denen, im Interesse der Kassa, ja nur darum zu thun ist, so viele Abwechslung als möglich zu bieten Und wenn nun wirklich ein gewissenhafter Regisseur die ihm fehlenden durch lanye Proben zu er setzen sucht, so macht er es auch nicht jedem recht. Die Schauspieler beklagen sich dann, und nicht ganz ohne Grund, daß sie über Gebühr angestrengt werden Einer seits haben sie meist am Tage solcher Proben am Abend zu thun und werden durch die bis spät in den Nachmittag hinein währende Anstrengung in ihrer Abendleistung ge schädigt, und anderseits hat ja die Spannkraft des Geistes und Körpers, an die bei den Proben große Anforder ungen gestellt werden, ihre Grenzen. Vier Stunden einer gut angewandten Probezeit ist wohl das Maximum, das dem Geiste und den Nerven abgerungen werden kann Die häufigen Unterbrechungen und Ausstellungen, die seitens de» Regisseur» gemacht werden, das ostmalige Wiederholen dieser Stelle oder jener Szene, das alle» greift die Darsteller weit mehr an, als eine glatt fort laufende, noch so anstrengende Vorstellung; und fo werden sie im Laufe einer Probe um so unwilliger, je öfter sie vom Regisseur unterbrochen werden, um so nervöser, je mehr sie vielleicht fühlen, daß die kargbemessenen und darum über Gebühr anstrengenden Proben ihnen doch nicht die für die Ausführung nötige, künstlerische Ruhe und Treffsicherheit verleihen können. So wie es keinen Schauspieler giebt, welcher der An leitung entbehren kann, und so wie e» viele, gerade der besten Schauspieler giebt, die willig und jederzeit die Unter weisungen des Regisseurs hinnehmen, namentlich wenn sie von seinem Verständnis, von seiner Objektivität und wohl meinenden Absicht überzeugt sind, so giebt es aber leider auch viele Darsteller, welche den bestgemeinten Ratschlägen Unwillen, Nervosität und verletzte Künstlereitelkeit entgegen setzen. Angeregt durch den Personenkultus de« Publikum«, welches, wie bereits erwähnt, oft mehr Einzelleiftungen auf sich wirken läßt, als da« abgerundet Ensemble einer Ge samtvorstellung, giebt e« noch immer einen — und leider den
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