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Dresdner Journal : 24.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187412249
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18741224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18741224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-12
- Tag 1874-12-24
-
Monat
1874-12
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 24.12.1874
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W2S8. Ldo»»v»»»1»prel»r ^LKrUol»:. ...» I^Ir. ^jLLrUvk: 1 Utlr. 1b U^r. lcu»»«1vvKumiu«rui 1 L«>—rk»1b<t« ävut»ok«l> L«ot»v« tritt ko«t- Qvä 8t«mp»Im»otiI»G iuL»o. I»er»tonpre1»«, l^ür 6 so k»um «ioor ^«»»Iwuvo ?«tit»oila: > Kzv. x^votsr „LivKssvvät" äio Lvil«: b U^r. Lrielivl»»», H^Uod vüt /tvivvdmo ä«r 8ovv- vvä ?sisrt»xv, ^bvoä» kür Uso folgvvävv 1'»^. Donnerstag, de« 24 Decemver DreMitiJomml. VerantwoMcher Redacteur: Commisfionsrath I. G. Hartmann in Dresden. 187« lvssrLtsavaavNms LsipilZi: Cowwi«>ic>vLr äs« llrsmiaer ^ourvLl»; «IxinÜM».: /-.'«A«», u. L L»«diu^ »srU». V l«v-I^tpi>z--b»,«I-»r«iI»u-rr»vk1vrt » N.: <t ^oAke^, »erllL kort v.It.-»ü»ed«»: ^u<i. S«rUv: ^4. /nra/iÄt»it/an1,7/. Lr«m«v: L Lr«, l»»:ÄunAe»'» üürvsu; Vdsmvit»; /<>. kurt » H.; i/ukAer'sodeu. </. <7. ^/-rrmarm'^k«; >!uck>^ Dauie^Co.,- vvrllti: /nv -D., Lüvvovsr: C. i§c^ü««ter, k»ri»E //»!««, Lu?/ierct Co., Staltx»rt: ct Co., <8ü<iÄ. ^»inmrcen-Nüreau, Viev: ^4/ C/rxettL. ., ' Usrausxederr 4 Ilüuisl. I^xpt-tlition 1>re«6n<?r tournsl«, 1)r> ^isil, ^l!tr<^rvtl>s»«s!isi« Ko. I. Amtlicher Theil. Dresden, 17. December. Se. Majestät der König haben dem Pfarrer Johann Gottlob Richter in Röhrsdorf das Ritterkreuz des Albrechtsordens zu ver leihen geruht. Sc. Majestät der König haben allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Kreishauptmann von Burgs dorfs zu Leipzig das von Sr. Hoheit dem Herzoge zu Sachsen-Altenburg ihm verliehene Comthurkreuz erster Classr des Sachsrn-Ernestinischen Hausordrns annehme und trage. Bekanntmachung. Das Ministerium des Innern findet sich auf An suchen des unter dem Namen „Jnvalidendank" in segensreicher Thätigkeit bestehenden Vereines zu För derung der Erwerbsthätigkeit deutscher Invaliden ver anlaßt, die ihm unterstehenden Behörden und Verwal tungsstellen zur geeigneten Berücksichtigung in Fällen des Erlasses kostenpflichtiger Bekanntmachungen darauf andurch besonders aufmerksam zu machen, daß der ge nannte Verein hierorts eine, mit den Redactionen aller in- und ausländischen Heilungen in Verbindung stehende Annoncen-Expedition errichtet hat, von welcher, gegen Berechnung der Originalinscrtionsprrise und unter Gratisliefrrung der Belegblätter, der Abdruck von In seraten jeder Art in allen beliebigen Zeitschriften ver mittelt wird. Dresden, am 18. December 1874. Ministerium des Innern. Für den 'Minister: Körner. Prsch. R'lMnmtlichtt' THR. u edersicht. Telegraphische Nachrichten. Tagesgeschichte. (Berlin. Posen. Kassel. Kiel. Meiningen. Wien. Paris. Madrid. London. Athen.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Nachrichten. (Leipzig. Chemnitz.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. Feuilleton. TageSkalcnder. Inserate. Beilage. Wasserwirthschaft. Eingesandtes. Feuilleton Börsennachrichten. Telegraphische Witterungöderichtc. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Mittwoch, 23. December. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Der Justizausschuß des BundeS- rathes hat die Zustimmung desselben zu dem über die Beurkundung deS Personenstandes und über die Eheschließung aufgestellten Gesetzentwürfe bean tragt. DerEntwurfenthält allgemeingiltige Bestim- mungen über die Erfordernisse zur Eheschließung und begründet die ausschließliche Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte in Ehe- und Verlöbnißsachen betreffenden Streitigkeiten. DaS Gesetz, welches im Uebrigen dem preußischen Gesetze sich anschließt, soll am I. Januar 1876 in Kraft treten. Die aus Berlin englischen Blättern gemeldete Nachricht, daß die deutschen Kanonenboote „Alba troß" und „Nautilus" auS Veranlassung der an- geblichen Beschießung deS deutschen Schiffes „Gustav" durch die Carlisten (vgl. die „Tagesge- schichte" unter Madrid) die Ordre erhalten hätten, an der spanischen Küste zu bleiben und Genug thuung zu fordern, ist vollkommen unbegründet. Vielmehr bleibt eS bei den getroffenen Dispositionen, und haben demgemäß die betreffenden Kanonen boote Santander bereits am 1V., resp. am 20. dS. MtS. verlassen. Paris, Dienstag, 22. December, Abends. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Das Journal „Pans" ist wegen seines gestrigen Artikels über dir Fort schritte der Bonapartisten auf 14 Tage suspendirt worden. Versailles, Dienstag, 22. December,AbendS (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Die Nationalversammlung setzte heute die zweite Berathung des Gesetzes über den höhern Unterricht fort und nahm den ersten Artikel deS Gesetzentwurfs an, verwies aber den zweiten Artikel auf Antrag der Re- aierung mit 350 gegen 325 Stimmen an den Ausschuß zurück. Goblet (Linke) kündigte eine Interpellation darüber an, ob die Negierung den am 8. Juni d. I. gegen den Comit6 des l uu i>vupUG eingelettetcn Maßregeln Folge zu geben gedenke? In Gemäßheit des Antrags deü JustizministcrS beschloß die Versammlung, die Berathung dieser Interpellation bis nach Entgegennahme des Ab- theilungSberichtcs über die Wahl deü Deputirten Bourgoing (Niövre) zu vertagen. Madrid, Dienütag, 22. December, Morgens. (W. T. B.) Vom Kriegsschauplätze wird gemeldet, daß die militärischen Operationen gegen vir Car- listen wegen heftigen Schneegestöbers, durch das alle Gebirgswege schon seit 6 Tagen unzugänglich wurden, eingestellt find. Mehrere Eiscnbahnzüge auf der Nord- und auf der Ostbahn find durch den Schneefall aufgehalten worden. Tagesgeschichle. * Berlin, 22. December. Ueber die gestrige Sitzung des Bundesraths wird heute Folgendes berichtet: Dieselbe fand im Reichskanzleramte unter Vorsitz des Präsidenten Delbrück statt. Stach der Feststellung der Protokolle der letzten beiden Sitzungen wurden die letzten Beschlüsse des Reichstags übermittelt. Der von diesem beschlossene Entwurf eines Gesetzes über den einheitlichen Termin'der Großjährigkeit mit 21 Jahren im gesamm- ten deutschen Reiche ging an den Justizausschuß, ebenso die vom Reichstage beschlossene Resolution wegen der Verhaftung seiner Mitglieder während der Dauer seiner Sitzungsperiode; sodann wurden überwiesen: die Reichs tagsbeschlüsse zu dem Gesetzentwurf wegen Feststellung des Reichshaushaltsetats für 187b und bezüglich der un veränderten Annahme der Gesetze über die Ausgabe von Banknoten und über die geschäftliche Behandlung der Justizgesetze, endlich der Additionalvertrag mit Belgien. Zu letzterem wurde auf den mündlicheu Bericht des Ausschusses für Post- und Telegraphcnwesen noch eine redactionelle Aenderung beliebt. — Der Bericht der Reichs schuldencommission über die Verwaltung des Schulden wesens des Norddeutschen Bundes bez. des deutschen Reiches im Jahre 1873 ist im Jahre 1873 im Wesent lichen folgenden Inhalts: „Neue Neichsschulden sind nicht entstanden. Von der zum 1. Januar 1853 ge kündigten Anleihe vom Jahre >870 waren nach dem letzten Bericht 12,393,850 Thlr. rückständig; davon sind im Jahre 1873 eingegangen: 11,941,350 Thlr., alfo 452,500 Thlr. weiter rückständig geblieben. Die nach dem letzten Berichte rückständigen Zinsen dieser Anleihe im Betrage von 547,950 Thlr. 15 Sgr. sind durch den Hinzutritt von 19,190 Thlr. erhöht. Davon sind ge zahlt: 559,085 Thlr. und ferner rückständig geblieben 8057 Thlr. 15 Sgr. An Schatzscheinen 5jähriger Um laufszeit sind im Jahre 1873 eingelöst: 238,560 Thlr., also noch einzuziehen 71,900 Thlr. Von den rückstän digen Zinsen dafür im Betrage von 3231 Thlr. sind 1873 gezahlt 1508 Thlr. 15 Sgr., und rückständig ge blieben l722 Thlr. 15 Sgr. Von den 1872 rückstän digen Darlehnskassenscheincn aus dem Jahre 1870 im Betrage von 272,525 Thlr. sind 1813 einge- gangen 181,895 Thlr., also noch in Umlauf geblieben 90,630 Thlr. Die Reichsschuldencvmmission hat durch Revision der Acten und Journale der preußischen Haupt verwaltung der Staatsschulden über diese Angelegen heiten die Ueberzeugung von der ordnungsmäßigen Ver waltung der Bundes- und Reichsschulden gewonnen. Die erforderlichen Rechnungen sind der Commission durch den Rechnungshof des deutschen Reiches zugc- gangen; sie beantragt, der preußischen Staatsschulden- verwaltuug dafür Decharge zu ertheilen." Dieser An trag wurde genehmigt. — Ein Antrag des Reichskanzlcr- amts über die Anrechnungsfähigkeit des Servises der Mlitärbeamten im Falle ihrer Pensionnung aus einer Fclddienststelle, wurde dem Rechnungsausschuß über wiesen. Zur Annahme gelangten ferner nach den Aus- schußanträgen: das Eisenbahnpolizcireglement und die Sigualordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. Ferner wurden erledigt in Gemäßheit der Ausschußanträge die Angelegenheiten betreffend den Nachweis der Befähigung als Seeschiffer u. s. w. auf deutschen KauffahrteisLiffen, die Besteuerung des Dienstcinkommens der in Tlsaß- Lothringen garnisonirenden königlich bayerschen Offiziere, einige Zollangelegenhciten und endlich das Scheiblersche Verfahren zur Bestimmung des Raffinationswcrthes des Rohzuckers. — Heute Mittag hat wiederum ein Mi ni ster rat h im Gebäude des Staatsministeriums stattge funden. — In Betreff des Termins für die Zusammcn- berufung des preußischen Landtages wird unsere frühere Stachricht jetzt von gut unterrichteter Seite dahin bestätigt, daß allerdings der 11. oder 12. Januar 1875 hierfür in Aussicht genommen ist; eine definitive Feststellung dieses Tages würde jedoch, wie es heißt, erst nach dem Weihnachtsseste erfolgen. — In Bezug auf die nervöse Reizbarkeit des Reichs kanzlers wird der „Schles. Ztg." berichtet: Die Mahnung des Polizeipräsidiums, seine Ausgänge nicht zu machen, ohne dasselbe vorher in Kcnntniß zu setzen, weil Hüc Ueberwachuna zu seiner Sicherheit nothwendig sei, hat den Fürsten überaus ergriffen. Er hat einem ihm nahestehenden Abgeordneten gegenüber die Stimmung geschildert, der er nothwendig bei dem Gefühl verfallen müsse, daß solche Maßregeln für ihn, den Reichskanzler, in der Hauptstadt des deutschen Reiches nothwendig seien — nach einer mehr als zwölfjährigen gütlichen Wirksamkeit! Ob demnach die Berliner Polizei nicht besser gethan hätte, die ihr nöthig erscheinenden Schritte zu thün, ohne den Fürsten Bismarck davon in Kcnnt- neß zu setzen, bleibe dahin gestellt. Bezüglich des Ein druckes, den die Annahme der Resolution Hoverbcck ge macht hat, mag andererseits erwähnt wcrcen, daß bei jenem Diner der Fcldmarschall Moltke mehreren Freun- deu die Ansicht aussprach, der Reichskanzler „nehme dies mal, seiner Auffassung nach, die Sache zu tragisch." Fürst Bismarck ist in der Sitzung selbst in der That zurückgehaltcn worden, das Wort zu ergreifen, weil man seine, obm genügend erklärte Reizbarkeit zu fürch ten schien, und weil am Tische des Bundcsrathes eigent lich Niemand an der Annahme der Becker'schen Tages ordnung zweifelte. — Die „Germania" bringt die Nach richt, daß die „Journalistcntribüne des Reichstags" an den Justizminister ein Gesuch um Freilassung des ver hafteten Reichstagsabgeordncten und Rcdactcurs Ma junke gerichtet habe. Soviel die „D. R.-C." hat in Er fahrung bringen können, ist allerdings ein derartiges Gesuch, unterzeichnet von drei Herren, von denen aller dings nur einer einen Sitz auf der Tribüne hat, abge gangen. Im Namen der Journalistentribüne dies Ge such abzufassen, waren diese Herren weder legitimirt, noch berechtigt. — Die heutige „D. R.-C." schreibt: Wenn hiesige Blätter die 'Nachricht enthalten, daß in dem Proceß Arnim sowohl seiten des Angeklagten als auch seiten der Staatsanwaltschaft gegen das Erkennt- niß vom 19. d. Mts Berufung eingelegt ist, so ist diese Mtttheilung mindestens verfrüht. Allerdings wird wohl von beiden Seiten das Rechtsmittel der Appellation ergriffen werden, aber definitiv ist dies, wie uns mitge- theilt wird, bis jetzt noch nicht geschehen. — Die „N. A. Z." beschäftigt sich auch heute wie der vorzugsweise mit dem Proceß Arnim und sucht, im Anschluß an ihre gestrigen Auslassungen, zunächst die von der Vertheidigung des Grafen gegenüber dem kaiserl. Botschastsrath Frhrn. v. Holstein beobachtete Taktik an das Licht zu ziehen. Es wird hierbei auf die von dem Vcrtheidiger Dockhorn in der Gerichtssitzung vom 11. December gegen den Grafen v. Holstein er hobenen Beschuldigungen hingewiesen, deren Sinn die „N. A. Z." in folgenden Satz zusammenfaßt: „Herr v. Holstein war vom auswärtigen Amte beauftragt, ge heime Berichte über seinen Chef zu erstatten, und wenn Letzterem Papiere abhanden gekommen, so ist sehr wahr scheinlich, daß Herr v. Holstein, der den Schlüssel zum Schranke hatte, diese Papiere heimlich bei Seite schaffte, um den Grafen Arnim dadurch zu cvmpromittiren." In der Gerichtssitzung vom 14. December war von Herrn Dockhorn bezüglich dieser. Beschuldigungen be kanntlich bereits eine Revocation dahin erfolgt, daß, wenn er dies gesagt habe, dies eventuell auf unrichtiger Information beruhen würde. Hierzu kamen nun noch die gegentheiligen Aussagen des von Paris herbeigceilten Herrn v. Holstein selbst, über welche die „N. A. Z." sich folgendermaßen ausspricht: „Das männliche Auf treten des Frhrn. v. Holstein machte alsbald den Ein druck, wessen man sich von seinem Charakter zu ver sehen habe. Die klare Darstellung des Sachverhalts, welche der Zcugc gab, überzeugte sofort jeden Unpar teiischen, daß an dieser Persönlichkeit kein einziger der von der Vertheidigung erhobenen Vorwürfe basten bleibe. Die zeugeneidliche Aussage, deren Erstreckung auf den Besitz des Schlüssels Herr v. Holstein fast zu erzwiugeu hatte, da ihm, wie einem früheren Zeugen in Betreff der Affaire „des bona 6«le v. Kahlden", das Wort . durch Unterbrechungen Halbwegs abgeschnitten wurde, hatte die Wirkung, daß keiner der redegewandten Ver- theidiger auch nur den Versuch machte, Eiuweuduugen zu erheben. Herr v. Holstein klärte seine frühere und gegenwärtige Stellung zum Angeklagten auf: er wies alle Verleumdungen bestimmt und vollständig zurück und gab über die dienstliche Haltung des Angeklagten Auf klärungen, die das Material für das Urtheil der Zeit genossen und der 'Nachwelt in sehr interessanter Weise vervollständigen. Die beredten Vcrtheidiger fanden da gegen kein Wort zu erwidern. Die ehrenrührige An schuldigung war beseitigt und erst am Schluß der Ver handlungen, als die Zeugen abgetreten und Repliken ausgeschlossen waren, tauchten einige allgemeine und vage Anschuldigungen wieder auf, welche, die Wider legung des Herrn v. Holstein ignorircud, demselben eine moralische Mitschuld an dem Sturz des Angeklagten zu imputiren suchte». Auf die Frage, ob der Angeklagte treu seinen Instructionen die Geschäfte der Botschaft geführt, hat das Verbiet der gesammten europäischen Presse mit völliger Einstimmigkeit geantwortet: selbst die Freunde des Grafen Arnim scheinen nicht mehr zu be haupten, daß er in Ucbereinstimmung mit seinen Vor gesetzten sein hohes Amt verwaltet. Die gegen Herrn v. Holstein deshalb erhobenen Anschuldigungen und - Verleumdungen sind zurückgenommen und widerlegt: sie bleiben aber als charakteristische 'Merkzeichen für Mittel und Zwecke der Vertheidigung rm Gedächtuiß." In einem zweiten Artikel beschäftigt die „N. A. Z." sich sodann mit dem richterlichen Urtheil im Proceß Arnim. Stach der „St. Pr. Z." ist das von den Berliner Blättern veröffentlichte Urtheil „durch die Güte des Herrn Vorsitzenden den Berichterstattern in metallogra- phirten Exemplaren zugestcllt worden"; gleichwohl soll FeuiUetou. Redigirt vou Otto Bauet. Im Bann deS Schweigens. Novelle aus der Zeit des letzten Krieges. (Fortsetzung auS Nr- 297.) Felsen hielt inne. Die Oberin schwieg lange, endlich sagte sie: „Herr v. Felsen, was Sie erzählen, klingt furchtbar, so wie ich es verstehe, allein ich verstehe es nur halb. War es ein Verdacht, ein Schein, der in der Heimath gegen Ihre Gattin sprach, oder eine That, eine bewiesene That? Sie wissen, Schein sieht oft aus wie Tein, lassen Sie sich nicht verblenden. Und dann, wie konnten Sie in der Ferne zur Wahrheit gelangen? Ließen Sie sich nicht täuschen?" Er lächel.e sonderbar. „Stein, es ist Alles klar für mich. Sie müssen freilich fragen, Sie stehen außerhalb und möchten mir Hoffnung erwecken, weil Sie sehen, wie ich nach Hoffnung lechze. Zs ist umsonst. — Aber Sie sollen erfahren, was kein Mensch ahnen sollte. Wohl wissen Einige darum, daß sie es wissen, kann mein Leid kaum vergrößern, es ist an sich unermeßlich. Zudem was ist die Schmach vor der Welt gegen das Ge fühl der Schmach im eigenen Herzen? — Und Sie be wahren meine Geschichte wie ein Beichtgeheimniß, das weiß ich." Die Oberin zog schweigend einen Stuhl neben Fel- sen's Lager und ließ sich nieder. Nach einigen Augenblicken, während er eine Brief tasche hervorzog und ein Bild daraus nahm, das er traurig anschaute und ihr dann reichte, sagte er: „Sehen Sie dies Bild genau an, prägen Sie sich jeden Zug des Gesichtes dieser Frau ein, und dann sagen Sie mir, giebt es noch Treue und Glauben auf Erden, wenn solche Züge falsch sind? — Haben Sie es gesehen?" fuhr er fort nachdem sie ihm das Bild zurückgegeben hatte, „das ist meine Gattin, die ich geliebt, wie mau seine Seligkeit liebt, der ich vertraute, wie man auf sich selbst vertraut, an die ich geglaubt, wie ich au Gott glaube, mein Weib, die Mutter meiner Kinder, die mir Alles war." Die Oberin erwiderte nichts; sie zweifelte an Allem, wenn dieses Madonncngesicht falsch sein konnte. „Meine Geschichte ist nur kurz," fing Felsen nach einer Weile wieder an, „aber ich muß einige Jahre zu rückgehen, damit Sie sie besser verstehen können. Ich will jedoch rasch sein und bei nichts unnöthig verwei len. Sie erinnern sich doch des Krieges von 1866? Sie müssen davon gehött haben, die Welt war ja da von bewegt. Ich machte den Feldzug mii, wie deu gegen wärtigen, als Landwehrsoldat. Damals stand ich frei und zog gern mit; bei Sadowa erhielt ich eine Wunde und ehe sic noch geheilt, war der Krieg zu Ende. Ich blieb jedoch noch auf dem Gute der Gräfin L., — ich will keinen 'Namen nennen —, nahe an der böhmischen Grenze, wohin ich gebracht worven war. Sie war Wittwe, lebte dort mit ihren beiden Töchtern, Mädchen von zwölf und fünfzehn, und ihrem Sohne, einem äußerst hübschen jungen 'Manne von fünfundzwanzig Jahren; er war glänzend, rit terlich, den Frauen gefährlich, ein angenehmer Gesellschafter für Jeden. Die Gräfin war eine liebenswürdige Frau, allein stolz und hochmüthig gegen unter ihr Stehende, namentlich gegen Untergebene; der Sohn und die Töch ter ahmten ihr hierin treulich nach. Gegen mich waren sie jedoch Alle äußerst zuvorkommend — natürlich, ich bin ja was sie sind —, aber ihre Art und Weise gegen Andere, besonders gegen die Gouvernante der beiden Mädchen empörte mich oft, und warf in meinen Augen einen häßlichen Flecken auf dir ganze Familie. DieGouver- nannle war rin liebenswürdiges, schönes 'Mädchen von kaum neunzehn Jahren — Sie haben ja ihr Bild ge sehen, es ist meine Frau —, dabei voll edlen Sclbst- bewußtseins und an geistiger Reife ihren Jahren weit voraus. Die Gräfin lobte ihr Wissen und ihre An spruchslosigkeit, nur sei sie für eine Gouvernante noch zu juug, — sie wollte vielleicht uicht sagen, zu schön. Auf mich machte sie vom ersten Tage an einen tiefen Eindruck. Ich lebte wochenlang in der Familie, und die Gräfin hielt mich noch immer fest, ich sollte bei ihr ganz gesund werden, sie schien mich gerne zu haben. Der Sohn ge hörte zu den eleganten Müssiggängern, die nichts thun, als ein großes Vermögen auf uoble Art, wie sic es nennen, vergeuden. Mir war er, trotz seiner geselligen Vorzüge und seines durchaus wohlerzogenen Benehmens, unsympathisch, woran vielleicht, ja gewiß, sein Verhalten gegen Helene, die Gouvernante, schuld.sein mochte. In der Art, wie cr mit ihr verkehrte, lag oft Geringschätzung und dann wieder ein Suchen und Geizen nach ihrem Bcifalle, oder besser nach einem Zeichen, daß sic ihn be merke, das mir innerlich zuwider war. Er drängte sich immer zu ihr und verfolgte sie mit Aufmerksamkeiten, die sic nicht ablchnen konnte; zeigte iic aber wirklich einmal, daß ihr diese Aufmerksamkeit wohlthuc, daun folgte sicher irgend Etwas, das sie verletzen mußte; und zwar kamen diese Dinge nicht allein von dem Grafen, vielfach auch vou der Mutter und den Töchtern. Ich verachtete dies an Allen, den Grafen aber haßte ich darum, denn er war stets die Ursache zu den verletzen den Worten oder Handlungen der Andern. Helene be gegnete ihm jedoch nie unfreundlich, was mich oft ver droß, man konnte ihr nicht das Geringste verwerfen, nie verlor sie ihren Standpunkt aus den Augen, aber auch nie vergaß sie die den, Lohne des Hauses schul dige Rücksicht. Mir war Helene gleich anfangs die liebste Person im Schlosse, ich zog ihre Gesellschaft bald jeder anderen vor und glaubte gerne, auch sie sei mit mir eine Audere, als mit der gräflichen Familie. Sie zeigte sich mir immer als ein frohes, heiteres 'Mädchen und streifte leicht die steife Zurückhaltung der Gouver nante ab. Sie fühlte eben bald, daß sie bei mir weder das berechnende Jntcresfe Dessen, der ihre Talente und ihr Wissen bezahlt, noch das lose Spiel eines blasirten, jungen Mannes zu fürchten hatte. Ich liebte das schöne Mädchen lange, ehe ich mir selbst klar darüber war, und sie allein hielt mich so lange auf dem Gute fest. Die Scheu, ihre Jugend und ihren Liebreiz an einen so viel älteren 'Mann zu fesselu, hieß mich jedoch uoch schweigen, auch nachdem ich längst wußte, daß das Leben ohne Helene leer und öde für mich sein werde. Es ist leicht, ein 'Mädchen in abhängiger Stellung zu überreden, und ich wollte Helene uicht durch äußere Vortheilc gewinneu — das Loos, das ich ihr bieten konnte, war für sie fast ein glänzendes, allein ich hoffte ihr Ja vou der Liebe zu eclangeu. Es war ein schöner Spätsommer, welcher dem furcht baren Kriege folgte; ich war glücklich, denn zuweilen dünkte mir, als nähere Helene sich mir mehr, als spreche sie lieber mit mir und sei ich ihr nicht ganz gleichgiltig; schon sah ich das schönste Ende voraus, das ich trotz dem immer uoch nicht hcrbeizuführen wagte. Ich fühlte jedoch, daß ich mit meiner Abreise endlich Ernst machen müsse, mein Bleiben fing an, wie Mißbrauch der Gast freundschaft auszusehen. Aber ich tonnte es nicht über mich gewinnen, Helene mit dem Grafen allein zu lassen. Mir bangte für sie. Er hatte etwas Unwiderstehliches, Fesselndes für dir Frauen, und Helene war ein unrr
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