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Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle'Alöfterleirr, Meder« u. Oderpfannenstiel, Lauter und die umliegenden Ortschaften. yrsLeini »M»-»», Sreitag» u »«»«lag». MbonnemeutSprei» inel. Ur 3 weribvollen Beilagen vierteljLhrlich mit Bringerlohn 1 Mk. 80 Pf. durch di« Post 1 «. Ai Pf. Mt 3 issustrirten Aeiötältern: Deutsches Namiliettöralt, Aule Krister, Aeitspieget. DeranNvorilicher Redakteur: Gmil Hegemeister inÄu « (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Alte, Marktstraße. Inserat« die einspaltig« Corpus,eil« 10 Pf«, Petitsatz wird narb Petitzeilen, Nonpareille satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. No. 23. Freitag, den 22. Februar 1894. 7. Jahrgang. Erlaß, z das ZurückMungsverfahren der Reservisten, Landwehr«' leute, Ersatzreservisten und Landsturmpflichtigen betr. Nach den Bestimmungen in H 64 des Reichsmil iiärgesetze» vom 2. Mai 1874 in Verbindung mit 88 UH,» 120» und 122' der Wehrordnung vom 22. Novbr. 1888 können au» Anlaß ihrer häuslichen und gewerbliches Bethältntsse sür den Fall einer Mobilmachung oder notbwendigen Verstärkung ^desHeer«» ' ». Reservisten hinter die letzte J-hre-kläffe der Reserve, d. Mannschaften der Landwehr erstest Aufgebot», sowie in besonders dringen den Fällen auch Reservisten hinter die letzte JahreSklaffe der Landwehr zweiten Aufgebots, o. Mannschaften der Landwehr erst« und zweiten Aufgebots, sowie in be sonder- dritigenden Füllen auch Reservisten hinter die letzte Zahresklafsr der Landwehr zweiten Aufgebots, L. Ersatzreservisten hinter die letzt« JahreSklaffe der Ersotzrrserve, sowie in besonders dringenden Fällen hinter Vie letzte Jahresklosse der Landwehr zweiten Aufgebots und v. Landsturmpflichtige hinter die letzte JahreSklüsse des Landsturmes zweiten Aufgebot» zruückgestellt werden. Zurückstellungen der fraglichen Art dürfen erfolgen, wenn er. ein Mann als der einzig« Ernährer siinrS arbeitsunfähigen Vater« odrr seiner Mutter, bezw. seines Großvater«, oder seiner Großmutter mit denen er dieselbe Feuerstätte bewohnt, zu betrachten ist und ein knecht oder Ge- selle nicht gehalten werden kann, auch durch die der Familie bei der Ein berufung zustehende gesetzliche Unterstützung der dauernde Niedergang de» elterlichen Hausstandes nicht abgewekdtt tverden könnte, d. die Einberufung eines Männe», vev da» dreißigste Lebensjahr vollendet hat und Grundbesitzer, Pächter oder Gewerbetreibender ist, den gänzlichen Verfall des Hausstandes zur Folge haben und die Angehörigen selbst bei dem Genüsse der gesetzlichen Unterstützung dem Elende Preisgeben nürde und e. in einzelnen dringenden Fällen die Zurückstelluva eines Manne», dessen geeignete Vertretung ans keine Weise zu ermöglichen ist, im Interesse ter allgemeinen Landeskultur und ter VolkSwirtbschait für unabweiSlich »oth- wendig erachtet wird. Etwaige GtMchc sind gemäß § 123,1 der Wehrordnung bei dem Stadtratbe bez. Geitietnd,vorstand anzubringen, welcher dieselben zu prüfen und nach Maßgabe keS Befunde« darüber -eine an den unterzeichneten Cwilvorsitzenden ver Ersatz Comuiis- fion einzureichende Nachweisung aufzustellen bat, aus welcher nicht nur die militäri- scheU, bürgerlich«« und VermögenSverhältnisse ter Bittsteller, sondern auch di« obwal tenden Umstände ersichtlich sind, durch welche eine Zurückstellung begründet werden kann, Zur Berathung und Entscheidung über die angebrachten Gesuche wird die un terzeichnete Kövigl. Ersatz'Commission im Anschlüsse an das Musterungsgeschäft den 10. März 18S4 von Vormittag« 11 Uhr an im Ralhhause in Lößnitz, den 14. März 1894 von Vormit'agS 11 Uh an im Gasthofe zur Sonne in Schneeberg, und den 20. März 1894 von Vormittags '/zll Uhr an im Bade Ottenstein in Schwarzenberg Sitzung halten. Die von der verstärkten Ersatz-Commission getroffene Entscheidung ist endgil- tig, behält jedoch nur bis zum nächsten Zurückstellungstcrmine Gültigkeit. Gesuche um Zurückstellung im Augenblicke der Einberufung sind unzulässig. Schwarzenberg, am 12. Februar 1894. Die Königl. Ersatz-Commission in den Aushebungsbe zirken Schwarzenberg und Schneeberg. Ker KivilvorstHende. Ker MilitärvorstHende. Frhr. v. Wirsing. Pretzsch. Bismarck über Rußland. Der Ehrfredaktkur der Petersburger deutschen Zeitung, Meyer, erzählt über ein Gespräch, da» er 1867 mit Bis marck hatte: „Der Russe wird, so sagte Bismarck.de.» Deutschen nie entbehren können. Der Rüste ist ein sehr liebenswürdiger Mensch. Er hat Geist, Phantasie, ein angenehme» Benehmen, gesellige Talente — aber täglich auch nur 8 Stunden arbeiten und da« sechsmal In der Woche und KO Wochen im Jahr — das wird in Ewig keit kein Russe erlernen. Ich erinnere mich der treffli chen Worte, die ein russischer Militär in meiner Gegen wart äußerte. Die Unterhaltung berührte den Umstand, daß so viele Offiziere deutscher Abstammung in der rus sischen Armee bis zum General vorrücken. „Wie sollte ein Deutscher nicht General werden/' sagte jener Militär, „er trinkt Nicht, er stiehlt nicht, er ist nicht lüderlich, er reitet sein Pferd selbst — da muß er es schon zum .Generös bringen I" — Herr Mey:r gab nun dem Gr» sfen Bismarck eine vortreffliche Schilderung der Art und Weise wie der russische Edelmann zu Belte geht: „Je- sim," sagt er zum Diener, „emkleide mich!" Er geschieht. „Gieb nur zu trinken!" Jrsim gehorcht. „Lege mich ins Bett!' Jrsim lhut es. „Decke mich zu!" Zesim deckt ihn . zu. „Bekreuzige mich!" Jrsjm schlägt das Kreuz über seinem Herrn. „So", sagt derselbe „nun kannst du gehen; das «Einschlafen werde ich selbst verrichten." „Und ich bin (Nachdruck verbaten.) Aeuiüeton. Geschichte eines griechischen Seeräubers. Wie selten die Kunst einer guten ReisebeschrelbÜng ist, bemerkt man am besten, wenn man eine gute Rrisebe^ schreibung liest. Dann erst begreift man, welches Vergnü gen in früheren Tagen di« Reise-Literattur gewährt hat; dann erst überschaut man den vollen Umfang der An- maßlichkeit, welche in den Tistotiaden sich breit macht? Dieser seltenen Kunst begegnen wird tn Eduard Engel'» „Griechische Frühlingstage", deren zweite Auslage bei Costrnobl« in Jena in Vorbereitung ist. Eine ungemein interessante Episode entnehmen wir dem Kapitel über Korfu.' Der Verfasser erzählt darin, wir er die Bekanntschaft eine« griechischen Seeräuber» machte, wohlverstanden eine ehemaligen Seeräuber-. E» war in einer Schänke und da« Gespräch dreht« sich um allerlei politische Dinge, al ber Seeräuber eintrat. Alle Gäste in der Schänke (wir lasten nun dem Ver fasser da» Wort) standen auf und grüßten ihn fast ehr« furcht-voll. Auch ich hatte mich erhoben, obwohl ich ihn noch nicht kannte. Der Mann iwponirte mir ungeheukr. „Herr So und So au» Berlin ,der Hauptstadt Deutsch land« — Herr Tutundst«." . Ich verneinte mich, und wir schüttelten un« die Hände, da» heißt er mir, denn er hielt sie wie mit eisernem »riste. Ein lieber Freund, der in Berlin studirt hatte, flüsterte mir zu: „Dies ist der einzige noch lebende Seeräuber Griechenlands"— Der Tausend! Das verlohnte. Aus der Brust trug Tutundst» den 'Otden des Erlöser»; der pflegt doch Nicht gerade für Verdienste in der Seeräuberei ver liehen zu'wetden. Ein blühender Greis. Zch schätze ihn aus siebzig: Er ist achtundachtzig Jahre alt! Die Muskulösen Bein« in blüthemvetßen Gamaschen, da rüber Vie bauschige Fustvnella, eine fildergestickt« offene Jacke tnit'tbeiten Aermeln, da» Fez keck aus'- Ohr gedrückt, ein Stöckchen nicht zur Stütze, sondern zum Spielen tn den großen HändeN, — da» war Tutundst», jetzt mein „Freund Tutundst»", wie er auf sein Bild geschrieben, wo mit er mich am Tage daraus in meiner Wohnung über raschte. Für einen Seeräuber merkwürdig höflich und selbstbe- ivußt. Ob Vater Tutundfi» ein Glas Wein mit uns trinken will ? — Er dankt, Ihr Herren; er hat nie im Leben Wein getrunken und wird jetzt mit achtundachtzig Jahren nicht mehr anfang««. Er nimmt rin große« Glas Wasser, gemischt mit einem unschuldigen Raki. Nicht ganz von ungefähr ist er in die Schänke gekommen, die er sonst Nie bettitt, außer ä« drn Wahltagen. Rein/ er hat von Michail'» Anwesenheit in „seinem" Viertel gehört, und da dass er nicht fehlen. Michail steht ihm sehr nah«, einmal al« politischer Freund, dann al« der'Stadtverordnete seiner Wahl) »ndlich, und nicht am «mtgsten, al» sein „Häuser- Versicherer." Michail hat neben seinen vielen anderen vor- ttestkichkN Eigenschaften und Obliegenheiten auch die, Ge» «ttalagtnt der' berühmten Triestiner Brrstcherungl-Gesell- schltft „Sinrta^ für ganz GtiechenlaAd- zu sein, und ge, nießt al- solcher in Tutundst«' Augen «tn« besonder« Ver ehrung. Tutundst«, der Seeräuber, besitzt nämlich fünf Häuf« tn Athen, schul»«nfr«t, und all« hat «r bei Michael versichert. „In Gold, nicht in Papier-Drachmen," be- stätigte der alle, ordengefchmückle Seeräuber. Ei hat durch eine böse Erfahrung den Segen des Versichertseins schätzen gelernt: vor zwei Jahren, als der alte Bazar mitsammt Lord Elgin's Uhrthurm adbrannte, ist auch ein große» HauS des I uiundfiS abgebrannt. „Hundersünfzigiausend Drachmen in einer Nacht, wie dies," und er zünde, ein Streichholz zur stärkeren Verdeutlichung an. „Du bist wohl ein Millionär, Vater TuinnbsiS?" fragte ich scherzhaft. „Nein," erwidert er ganz ernsthaft, „nur ein halber, und das ist mir genug." „Und auch Deinen Kindern," schalte ich unvorsichtig ein. „Meinen Kindern? Du meinst wohl wegen de- Beer bens." — Ich wehre ab. — „Ich denke noch lange nicht an'S Sterben; meine Söhne und Enkel misten da» sehr gut und haben selbst sür sich gesorgt. Ich hab' e« auch thun müssen. Gutwillig haben die Skilia (Hunde, Tür ken) nicht» hcrgegeben, und wenn man sechs Jahre lang «ine eiserne Kette am Bein getragen, wir» man auch steif." — Damit zieht er den Schnabelschuh vom rechten Fuß, streift die Beinbinde hinaus nnd zeigt mir über dem Knö chel einen breiten roth n Streife , auf dem kein Härchen wächst. Alle Anwesenden schauen theilnehmend und achtungsvoll auf die Kettenspur diese» ehemattgen Sträfling». „Höre, Vater Tutundst»," sagte Michael, der offenbar schon eingeweiht ist, „erzähle diesem Herrn Deine Leben»- geschichte, und wie Du zu Deinem rothen Streifen um den Knöchel, zu Deinem Erlöser-Orden und der halben Million gekommen bist. Der H-kr schreibt e« nachher Alle» auf und läßt e« druck«,'." Tutundst» fühlt sig, geschmeichelt duich die Su»sicht, auf