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Tagevl a t t. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der StadtrLthe zu Freiberg «. 284. Erscheint i. Freiberg j«d.Wochmt.M. SU. für den an». Tag. Jnser. werdm bi« V. I I U. für nächste Nr. angen. Sü«»abe«d, 7. December. . Prei» »ierteljährl. 2V Ngr. Inserate «erden die gestraitene Zeil« oder der« Raum mit 1 Ngr. berechnet. 1872. -i- Freiberg, den 6. December 1872. Die politischen Scharmützel zwischen Thiers und der franzö sischen Nationalversammlung sind heute noch so vollständig im Flusse, daß wir vorläufig auf ein näheres Eingehen verzichten, dafür aber den Präsidenten der französischen Republik auf einem anderen Ge biete betrachten. Er hat neuerdings nun wirklich einen neuen Han delsvertrag zu Stande gebracht, nachdem er seit langer Zeit an allen derartigen Verträgen gerüttelt. Gegen die Besteuerung der französischen Production und gegen die damit in Verbindung ste hende Erhöhung der Zölle für die gleichartigen Products des Aus landes ließ sich natürlich vom Standpunkte des Vertragsrechtes nichts einwenden. Gegen die Manier aber, Güter, für welche der Zoll sammt Zuschlag vertragsmäßig fixirt ist und wo die bei der Einfuhr erhobene Abgabe durch keine inläüdische Erzeugungssteuer begründet erscheint, höher zu verzollen, haben England, Belgien, die Schweiz, Oesterreich u. s. w. mit vollem Recht protestiren dür fen. Herr Thiers versuchte also, bei den Vertragsmächten die Re vision der Verträge zü beantragen. Am meistm lag ihm an Oester reich. Denn von allen Handelsverträgen Frankreichs hat der öster reichisch-französische noch die längste Geltungsdauer (bis 1876), und da derselbe eben so lange allen Nationen, welchen in Frankreich die Rechte der meist Begünstigten vertragsmäßig zugesichert sind, die Einfuhrzölle in Frankreich nach dem französisch - österreichischen Conventionstarife garantirt, so mußte Herr Thiers es sich ange- legen sein lassen, die Schranke seiner handelspolitischen Rückschritts politik bei Seite zu schaffen. Oesterreich lehnte solches Zumuthen energisch ab, worüber der deutsche Reichskanzler seine große Genugthuung in einer Depesche an die Wiener deutsche Botschaft ausdrückte. Jetzt hat Herr Thiers mit England mehr Glück gehabt, oder vielmehr, er machte sich den Umstand zu Nutze, daß der französisch-englische Vertrag, wodurch im Jahre 1860 eine neue Aera für das ganze mittlere und west liche Europa angebahnt wurde, mit dem Jahre 1873 sein Ende erreicht. Hier hatte Herr Thiers freie Hand. England konnte nicht in derselben energischen Weise protestiren, wie das auf längere Zeit gesicherte Oesterreich. Es besitzt überdies keinen Schifffahrts-Ver trag mit Frankreich, und ließ sich, um einen solchen zu erreichen, zu Gegenconcessionen in Betreff des Handelsvertrages bestimmen. Man weiß auch, daß England trotz seiner Abneigung gegen Rück- schMe in der Verkehrsfreiheit sich doch nicht ungern gegen die französische Regierung gefällig und nachgiebig erweist. Der neue Vertrag bestimmt, daß der im Jahre 1860 fest- gesetzte Tarif in Kraft bleibt, jedoch unter Zuschlag einer Compen- sationssteuer, welche der den französischen Prgducsnten auferlegten Rohstoffsteuer gleich kommt. Für den Verkehr englischer Schiffs in französischen Häfen tritt die Vereinbarung vom 19. April 1866 wieder in Geltung. England erhält außerdem volle Freiheit, die Eingangszölle auf Wein nach seinem Belieben festzusetzen. Frankreich ist dagegen die Befügniß eingeräumt, die Zölle auf Einfuhrartikel jeglichen Industriezweiges jederzeit erhöhen zu dürfen; muß aber hiervon sechs Monate vorher Anzeige machen. In diesem Zugeständnisse liegt der eigentliche Triumph des Herrn Thiers. Der von der Handelskammer in Manchester a« das Londoner auswärtige Amt erstattete Bericht erklärt diese Be- stimmung als im höchsten Grade unheilvoll. Eine solche Bestim mung muß allerdings nothwendiger Wei e deN Import wie den Export mit Furcht und Unsicherheit erfüllen. Nachdem das napoleonische Frankreich sich im Laufe des ver- - stoffenen Jahrzehntes das unleugbare Verdienst erworben hatte, durch ein System von Handelsverträgen, welche mit gegenseitige« Tarifermäßigungen die gegenseitige Zustimmung der Rechte meiH begünstigter Nationen verbanden, den handelspolitischen Beziehungen der europäischen Staaten eine neue und gesunde Grundlage zu geben, dem Verkehr der Völker neue Bahnen zu eröffne» und ihrem friedlichen Wettkampfe erweiterten Spielraum, zu sichern^ sehen wir jetzt in demselben Lande eine rückläufige Strömung zur Geltung gelangen, welche den erreichten Fortschritt wieder in Frage stellt, und zwar Dank der schutzzöllnerischen Marotten des Hey« Thiers. Tagesaeschichte. Berlin, 5. December. In der heutige« Sitzung des Herren» Hauses theilte der Präsident die Liste von 24 neuernannten Mit gliedern des Hauses mit. Die Namen derselben entsprechen biO auf den früher mitgenannten Staatsminister a. D. Frhrn. v. d. Heydt der bereits bekannten Liste. Die neuen Mitglieder find größtentheils im Hause anwesend. In Bezug auf die KreiSord- nungs-Vorlage beschloß das Haus Vorberathung in Plenum- — Dem Bundesrath ist vom Reichskanzler ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, das Unterrichtswesen in Elsaß-Lothringen be treffend. Der 8> 1 bestimmte: Das gesammte niedere und höhere Unterrichtswrsen wird unter Aufsicht der Staatsbehörden gestellt. — Die Wahl des Grafen WeSdehlen zum Vertreter, Deutsch lands in Rom wird in der „K. Z." als eine glückliche bezeichnet, da derselbe ein befähigter Diplomat sei und als Legationssecretär in Florenz sich eine genaue Kenntniß der italienischen Verhältnisse erworben habe (Graf W. hieß früher einfach Petitpierre und wurde, als er sich mit einer Gräfin Pourtales verlobte, von Friedrich Wilhelm IV. zum Grafen ernannt.) Fulda, 2. December. Dieser Tage traf eine größere Anzahl Rekruten aus dem Elsaß, meistentheilS kräftige Leute, dahier ei», um im hiesigen Füsilier-Bataillion eingestellt zu werden. Ma« scheint besonders das 11. Armeecorps dazu ausersehen zu haben, die militärische Ausbildung der neuen allemanischen Landsleute zu übernehmen. München, 3. December. Bei der heute stattgefundenen Wahl des Vorstandes unseres Gemeinde-Collegiums trug die libe rale Partei den Sieg davon, und zwar mit großer Majorität. Der flüchtige Volksboten-Redacteur Zander befindet sich in der Schwei». Er hat jetzt offen erklärt, daß er in seiner „Noth" bei Adele Spitzeder eine bedeutende Anleihe gemacht hatte. Wie«, 4. December. Der niederösterreichische Landtag hat gestern den Antrag des Verfassungs-Ausschusses, betreffend die gegen die Jesuiten zu ergreifenden Maßregeln, nach langer Debatte fast einstimmig angenommen. — Der Kaiser hat dem Präsidenten det Abgeordnetenhauses v. Hopfen in Anerkennung seiner Verdienste das Commandeurkreuz des LeopoldordenS verliehen. Brünn, 4. Dtcember. Der mährische Landtüg M die nicht erschienenen czeMscheUMbgeWntten ihrer WiherlUM erklärt.