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Wemmer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementsprets einschließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 M. Zeitung sie Wrnud, Seifersdach Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Ps., Reklamen 20 Ps. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Klein- «nd Großölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Cokmannsdorf, Lnban, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Pnblikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 116. Fernsprecher: Amt Deuben 114. Dienstag, den 1. Oktober 1907. Fernsprecher: Amt Deuben 114. 20. Jahrgang. Hut Nav UNO fern. Rabenau, den 30. September. — Vom Oktober ab — Winterhalbjahr -- beginnt der Schalterdienst bei den Postan- ^alten früh 8 Uhr. — Die Witterung im Oktober dürfte sich nach dem hundertjährigen Kalender Ehrend der ersten Hälfte des Monats trübe und regnerisch gestalten. Vom 16. bis 18. soll 'S schön, von da bis zum 24. aber wieder regnerisch werden. In den letzten Tagen des Oktober wäre mit Nebel und Kälte zu rechnen. Der Meteorologe Bürgel, ein Nachfolger Rud. Halbs, prophezeit ebenfalls für den Oktober größtenteils unfreundliches Wetter mit zahl reichen Niederschlägen. Nur die ersten und ätzten 6 Tage des Monats sollen uns schöne, lrvckcne Witterung bescheeren. Im 7. und auch ün 21. Oktober erblickt Bürgel kritische Ter mine von mittlerer Stärke. — Vom prächtigsten Herbstwetterbegünstigt, dielt am Sonntag Nachmittag der Turnverein I sein diesjähriges Abturnen ab, wobei die jugendlichen Gestalten in ihren gewandten Hebungen von dem Erfolg ihres turnerischen Strebens glänzendes Zeugnis ablegten und bei den Zuschauern lobende Anerkenntnis fanden. Den Hebungen reihte sich abends im Saale deS AmtLhofes eine Nachfeier in Gestalt eines Kränzchens an, welchem, von der flotten Musik der Menzer'schen Chores belebt, die Turner sowohl als die zahlreich erschienenen Gäste die tegste Teilnahme schenkten. — Vor zahlreich versammelter Gemeinde dielt am Sonntage Herr Hilfsgeistlicher Lißke seine Abschiedsprebigt. Nächst der trefflichen erbauenden Predigt war cs auch der schöne Gesang des hiesigen Kirchenchores, der einen liefen nachhaltigen Eindruck unter den An dächtigen hervorrief. — Der 10jährige Sohn deS Herrn Paul Wolf hier, welcher sich verlaufen und wahr scheinlich eine Nacht im Freien verbracht hat, ist von Malter aus am Sonntag nachmittag seinen besorgten Eltern wieder zugeführt worden. — Begünstigt von prächtigem Wetter konnte der M.-T.-V.,,V orwärt s"am gestrigen Sonntage sein Abturnen abhalten, um Freunden und Gönnern zu zeigen, was die Turnerschaft gelernt hatte, um zu zeigen, daß Turnen Leib und Seele erquickt. Alle Vor- siihrungen, alle Hebungen wurden mit Eifer ausgeführt, und man kann wohl sagen, ohne ru schmeicheln, die Turner haben ihre Sache gut, in einigen Uebungen sogar ausgezeichnet gemacht. Abends vereinigten sich die Mitglieder ^'t ihren Angehörigen zu einem gemütlichen Ball auf der „König Albert-Höhe". Möge der Ihrige Verein unter tüchtiger Leitung weiter ureben zum Besten der edlen deutschen Turn sache. Gut Heil! — Herrn R. Beck, Professor der Forst akademie in Tharandt wurde der Preis der Reuningstiftung in Höhe von 1000 Mark kür die bestgeliefcrte Arbeit über das gestellte Thema: „Inwieweit empfiehlt sich die Auf- Mtung minderwertiger oder ungünstig für de» Landwirtschaftsbetrieb gelegener Flächen wie ist dabei unter besonderer Beachtung des Kleinbesitzes zu verfahren?" zuerkannt — In der Sitzung des Kirchenvorfiandes Possendocf am vergangenen Mittwoch wurde Herr Pastor Pflugbeil aus Leipzig-Kleinzschocher »Um DiakonuS gewählt. , — Ein bei der Firma Malky und Jahnke " D euben beschäftigter Glasmacher geriet M seinen Arbeitsgenossen in Streit, der bald '"Tätlichkeiten überging. Obwohl der Arbeit geber dem Störenfried das Betreten deS Grund- UuckS verbot leistete dieser keine Folge; man Üble polizeiliche Hilfe rufen. Der junge Mann ^llle diesen Herbst zum Militär eintrcffen. k — In Sachsdorf entstand infolge Brandstiftung in einem zum Hilligscheu Gute gehörigen Seitengebäude Feuer. Als dasselbe ^erkt wurde, brannten bereits die im Schup ¬ pen befindlichen Holzvorräte, die Treppe usw. Nur dem tatkräftigen Eingreifen des Besitzers und herzugeeilter Nachbarn ist es zu danken, daß das Feuer nicht weiter um sich griff. — Auf dem Areal des ehemaligen Becker- schachtes, dicht an der Staatsstraße nach Dippoldiswalde, wird fleißig am Bau des Hänichener Bahnhofes gearbeitet. ES sind zahl reiche Baubuden errichtet, die erkennen lassen, daß ziemlich umfängliches Areal zu diesen Bauten in Benutzung kommt. An Arbeitern ist kein Mangel, da vielfach entlassene Reservisten die Gelegenheit, längere Winterarbeit zu erhalten, ergriffen haben. Eine Seltsamkeit der Gegend, die „ewigen" Feuer der Halde, dürfte bald verschwinden. Seit mehreren Jahren brennt bekanntlich die mächtige Schlackenhalde, vom Schachte herrührend, unterirdisch fort. — Die beiden Nachbarstädte Geising und Altenberg beabsichtigen die Anlage einer Gasanstalt, und hat erstere schon dahin gehenden Beschluß gefaßt, während an letztge nannte Stadt das Ersuchen um Beitritt an diesem Unternehmen gerichtet worden ist. — Auf der Straße von Zinnwalld nach Geising an der sächsisch-böhmischen Grenze ereignete sich ein seltsamer Unfall. Kommerzienrat Arnold aus Berlin passierte mit seinem 45pferdigen Automobil auf der Heimfahrt von Karlsbad nach Berlin begriffen, diese Straße. Bei dem Zollhause stiegen die Insassen des Wagens, zwei Damen und zwei Herren, ab und gingen ein Stückchen Weges zu Fuß, wobei das Automobil ihnen langsam voranfuhr. Plötzlich bemerkte die Frau rück wärts am Wagen ein kleines Flämmche»; sie konnte kaum den beiden Chauffeuren zurufen, herauszuspringen, als auch das Automobil vollständig in Flammen stand. Obwohl eiligst Feuerwehr von den zunächst gelegenen Ort schaften herbeigeholt wurde, war der Wagen doch nicht mehr zu rette», er verbrannte gänz lich. Auch die angeschnalllen Koffer mit den Toiletten und dem Schmucke der Damen wurde ein Raub der Flammen. Das Automobil repräsentierte allein einen Wert von 30 000 Mark. Die Gesellschaft begab sich zu Fuß nach Geising, von wo sie ihre Reise nach Berlin fortsetzle. -- Freitag früh in der 4. Stunde entstand in Geising in dem mitten in der Stadt gelegenen Gasthof zur „Stadt Dresden" auf noch unaufgeklärte Weise Feuer. Dasselbe wurde zuerst am Dachstuhl bemerkt und hatte bei seiner Entdeckung schon solchen Umfang ange nommen, daß an ein Dämpfen des Brandes nicht zu denken war. Mau mußte sich daher auf das Bergen des Mobilars usw. im Par terre beschränken. Auch der angebaute Tanz- saal ist vollständig ausgebrannt. Die glück licherweise herrschende Windesstille und die alsbald herbeieilenden Feuerwehren verhinder ten die Gefahr des Weiterumsichgreifens auf benachbarte Gebäude. — Kleine Notizen. — Während der aus Dänemark gebürtige Elektrotechniker Bitt strupp in Iahnsdors i. Erzgeb. damit be schäftigt war, elektrische Drähte zu verlegen, brach der Mast und der auf der Leiter stehende Bittstrupp wurde auf die Straße geschleudert. Ec starb in wenigen Minuten. — Infolge Abbrechens eines Puffers beim. Rangieren auf dem Bahnhofe Altoschatz-Rosenthal wurde der Schaffner Schmidt aus Mügeln bei Oschatz schwer verletzt. Der Verletzte fand im Kranken hause in Oschatz Aufnahme. — InGallschütz hei Döbeln schossen Kinder auf einem Felde nach Mäusen mit einem mit Zwecken geladenen Pistol. Hierbei wurde der 13jährige Knabe Lochmann ins Bein getroffen und eine Zivecke blieb am Beine haften. Die Wunde fand keine Beachtung, es trat Blutvergiftung ein und jetzt ist der Knabe gestorben. — Die 57jährige Zigarrenarbeiterin Weiße in Oederan er tränkte sich aus Schwermut. — Ein beim Rat der Stadt Zwickau angestellter Expedient hat sich selbst der Staatsanwaltschaft gestellt, da er Urkundenfälschungen und Unterschlagungen begangen habe. Letztere erreichen nicht die Höhe von 200 Mark. — Mit dein Streichen des Zinkdaches der Clemens Clausschen Fabrik in Thalheim beschäftigt, stürzte der 18jährige Malergehilfe Neubert 2 Stock hoch herab. Er liegt hoffnungslos darnieder. — Ein 2ljähr- Arbeiter stürzte in der Papierfabrik inNossen vom Fahrstuhl hinab und erlitt einen Schädel, bruch und eine Gehirnerschütterung. — Eine niedliche Episode aus dem Familienleben König Friedrich Augusts wird in folgendem Geschichtchen milgeteill: Als der König jüngst mit seinen drei Söhnen bei einem Ausfluge auf dem „Weißen Hirsch" weilte, bestellte er für sich und seine Kinder vier Kaffee mit Buttersemmeln. Der jüngste Prinz verzog de» Mund und meinte: „Butter semmeln ? Nein, ich möchte Kuchen." Der König winkte dem Hotelier und trug ihm auf: „Bringen Sie vier Kaffee, drei Buttersemmeln und eine Semmel ohne Butter." Dresden. In der Wohnung eines Ge schäftsinhabers auf der Scheffelstraße ist ein raffinierter Einbruchsdiebstahl verübt worden. Den« Spitzbuben ist eine eiserne Kassette, welche über 2300 Mark bar und 5000 Mk. in Wertpapieren, sowie Schmucksachen und Legitimationspapiere enthielt, in die Hände gefallen. Als Täter kommt der geistesschwache, flüchtige, aus Glashütte gebürtige Oskar Paul Karl Dehne in Frage. — Ein Globetrotter, der Italiener Giachino Janni, traf in Dresden ein. Ec hat es sich zur Aufgabe gemacht, in vier Jahren 60 000 Kilometer zurückzulegen. In den letzten sieben Monaten seit dem Beginn seiner Reise hat er bereits 9000 Kilometer hinter sich gebracht. Von hier aus will der Wanderer, der in Be gleitung eines Hündchens von Aegypten kommt, über Leipzig, Berlin nach Rußland, Skandi navien usw. — Im Orte Stetzsch bei Dresden erlitt ein eineinhalb Jahre altes Kind dadurch schwere Brandwunden, daß ein in Brand geratenes Bett auf das Kind fiel. Es verstarb im Kcankenhause. — Verhaftet wurde in Oberlößnitz bei Dresden ein Dienst mädchen, das wegen einer Zurechtweisung einen Mordversuch am Dienstherrn mit einem Beile begehen wollte. — Das Bürgerhospital in Dresden ist abermals mit einer hochherzigen Stiftung be dacht worden. Die am 27. Juni dieses Jahres verstorbene Stadlratswitwe Frau Anna Wil helmine Flath geb. May hat das Hospital zum Erben ihres gesamten Nachlasses, der nach Abzug aller ausgesetzten Vermächtnisse und anderer Leistungen etwa 120 000 bis 130 000 Mark betragen wird eingesetzt. Der Rat ruft der menschenfreundlichen Stifterin für diese Betätigung edlen GemeinfinneS den tiefempfundenen Dank in die Eivigkeit nach. — Ueber die fernere Behandlung der An gelegenheit der früheren Gräfin Mon ti gnoso, jetzt Frau Tosellis seitens des sächsischen Hofes werden folgende Einzelheiten gemeldet: Nachdem bereits am Donnerstag mittag eine Ministerialsitzung stattgefunden hatte, wurde im Residenzschlosse eine Gesamt- ministerialsitzung, an der auch der Minister des Königlichen Hauses, Herr v. Metzsch, teil nahm, unter Vorsitz des Königs abgehalten. Der König betonte hierbei, daß er der jetzigen Frau Toselli das bisher gezahlte Geld nicht entziehen wolle, obtvohl er rechtlich nicht ver pflichtet sei, die Apanage weiterzuzahle». Be züglich der Prinzessin Pia Monica wurde bestimmt, sie unverzüglich Herrn und Frau Toselli abzunehmen und nach Dresden zubringen. Die Prinzessin soll aus naheliegenden Gründen nicht sofort in die Familie des Königs gebracht, sondern standesgemäß in einer Familie unter gebracht werden, die der König noch bestimmen wird. Die Prinzessin soll, falls Frau Toselli sie nicht freiwillig herausgibt, mit Hilfe der italienischen Polizei erlangt werden. Alles weitere soll vertagt werden, bis man ersehen kann, was Herr und Frau Toselli unternehmen. Der König hält noch immer an dem Wunsche fest, daß seiner früheren Gemahlin, trotz ihres unqualifizierbarenBetragens, auf das schonendste begegnet werde. — König Friedrich August begab sich am Sonnabend abend wieder zu Jagden nach Grillen bürg. — In Leubnitz-Neuostra fiel in folge „Streiks" Dienstag vormittags der Schulunterricht ans. Der Schuldirektor hatte den Hausmann beordert, die Schulzimmer zu Heizen, da es früh 7 Uhr für Kinder und Lehrer zu kühl in den Lokalitäten sei. Der Schulvorstandsvorsitzende gab Gegenbefehl. Der Direktor schickte hierauf sämtliche Schulkinder nach Hause. Die Angelegenheit dürfte noch die Bezirksschulinspektion beschäftigen. — Unter falschem Namen beerdigt wurde kürzlich in Oschatz eine Frau, die von der Kleinbahn Oschatz—Mügeln überfahren und getötet worden war. Man glaubte, in ihr eine verehelichte Anna Richter zu erkennen, die früher in Oschatz, jetzt bei Meißen wohnhafr, sich öfters in der Gegend aufhielt. Da polizei liche Erkundigungen erfolglos blieben und die Aehnlichkeit der Verunglückten mit der Frau Richter eine so große war, daß ein Irrtum ausgeschlossen erschien, wurde die Verstorbene als Anna Richter beerdigt. Ein stehengebliebener Korb sollte dann auf eine andere Spur führen Im Geschäfte des Kaufmanns B. in Oschatz war, ohne daß diesem davon Mitteilung ge macht, ein Korb eingestellt worden. Als der Polizei jetzt von dem Ladeninhaber zufällig davon Mitteilung gemacht wurde, ergaben an gestellte Ermittlungen, daß der Korb, in dem sich Wäsche und Kleider befanden, einer Frau Mecus aus Kleinforst gehöre, und die im Bei sein von Kindern der Frau Mecus erfolgte Ausgrabung führte zur Identifizierung der Tote», während Frau Anna Richler vermut lich noch fröhlich und guter Dinge ist. Daß das Verschwinden der Frau Mecus erst so spät bemerkt ist, lag daran, daß die Verun glückte ihre Wohnung mit der ihren Kindern mitgeteilten Absicht verlassen hatte, bei ihrer verheirateten Tochter in Merkwitz, beim Kar toffelausnehmen zu helfen. Sie hat dann vor her in Zschöllau noch eine Mielangelegenheil erledige» wollen und ist auf dem Rückwege verunglückt. — Wegen versuchten Raubmordes wurde vom Chemuitzec Schwurgericht der Fleischer geselle Schönherr zu 12 Jahren 3 Monaten Zuchthaus verurteill- — In der Jahnschen Eisengießerei zu Leutzs ch bei Leipzig löste sich am Freitag nachnültag beim Gießen eines Zylinders durch einen unglücklichen Zufall der Haken, so daß dec Kern in die Höhe sprang und die glühende Gußmasse sich über die umstehe»den Arbeiter ergoß. Drei von ihnen mußleu in das Dia konissenhaus zu Leipzig-Lnidenau gebracht werden, doch Hal anscheinend nur einer be denklichere Brandwunden erlitte». Vier andere Arbeiter konnten sich nachdem sie ärztlich ver bunden worden waren, in häuslichePflege begeben. — Mit Genehmigung des Evangelisch lutherische» Landeskonsistoriums ist i» Riesa eine neue G a rn is ou geme in d e und ein eigenes Garnisonpfarramt gegründet und dieses dem bisherigen Pfarrer zum Langenbuch, Neidner, unter gleichzeitiger Ernennung zum Divisionspfarrer, übertragen worden. — Vor der Station Allach bei M ünche n riß nachts die Kuppelung eines Güterzuges. Der abgerissene Zugteil rollte dem voran fahrenden auf starkem Gefälle »ach und stieß am Bahnhof Dachau mit solcher Gewalt auf deu vorderen Teil, daß acht von den abge rissene» 20 Wage» entgleiste» und fast völlig zertrümmert wurden. Zwei Bremser sind leicht verletzt. Beide Gleise sind gesperrt. Der Ver kehr wird durch Umleitung aufrecht erhalle». — Der Grvßherzog von Baden ist am 28. September in Mainau sanft entschlafen.