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— Amtsblatt für die königlichen egim»« veg. krau, Ilill ve unsm eskampfe der liebe : zu sich. icf saust Mutter, steubert Den ipelle 0 o 8. z > 8. s»« 8. Tagesschau. Freiberg, den 15. September Der deutsche Kaiser sprach in Straßburg sowohl dem Statthalter Fürsten Hohenlohe sowie dem früheren Bezirks» Präsidenten und jetzigen Bürgermeister von Straßburg, Back, seine hohe Befriedigung aus über die Wendung der Dinge in dem Reichslande und besonders in Straßburg. Der Kaiser äußerte unter Anderem, er habe nur mit Zweifel dem dringenden Wunsche des Fürsten Hohenlohe entsprochen, in Straßburg wieder einen Gemeinderath einzusetzen, aber mit um so größerer Genugthuung habe ihn das Ergebniß der Gemeinderathswahlen erfüllt. Dem Bürgermeister Back dankte der Kaiser wiederholt für seine patriotische Selbstlosigkeit, einen höheren Posten aufzugeben, um das Amt eines Bürger meisters in Straßburg anzunehmen. Eine außerordentliche Freude machte dem Kaiser der glänzende und begeisterte Empfang in Straßburg und hat derselbe wiederholt ausgesprochen, es sei grad so wie in den alten Provinzen. Am gestrigen Tage besuchte der greise Monarch zunächst Vormittags 11 Uhr den Straßburger Münster, wo seiner der Bischof mit dem Kapitel im Innern des Hauptportals harrte. Die Geistlichkeit wurde von dem Kaiser mit einer längeren Unterhaltung beehrt, worauf eine eingehende Besichtigung des mit seinen alten Gobelins besonders geschmückten Münsters unter Führung des Koadjutors Stumpf und des Kanonikus Straus erfolgte. Von hier kehrte Se. Majestät nach dem Statthalterpalais zurück, woselbst seitens des Kaiserpaares der Empfang des Ministeriums und der Korporationen stattfand. Zum Schluß der Vorstellung versammelte der Kaiser die anwesenden 26 Mitglieder des Straßburger Gemeinderaths um sich und hielt eine längere Ansprache, deren wesentlicher Inhalt etwa folgender war: Es freue ihn, daß cs ihm möglich gewesen Onen. ) Nachm. Hönegasse ingskafle :igt hin- chied nach er Gatte, der pens- schlier, im : anzeigen ssene«. g Nachin. aelfahttS- ttwe. pt. 1886. h Abend sei, der Stadt Straßburg das Wahlrecht für die Gemeinde wiederzugeben. Er habe es gethan auf Grund der ihm vom Statthalter vorgelegten Berichte. Das Vertrauen, welches von dem letzterenausgesprochen worden, seidurch den Erfolg vollkomme« gerechtfertigt. Er danke dem Statthalter dafür, daß e- diesem in kurzer Zeit gelungen sei, sich die Zuneigung deS elsässischen Volkes zu gewinnen, die auch sein Vorgänger, der Feldmarschall v. Manteuffel, in hohem Maße und mit vollem Rechte besessen habe. Daß der verstorbene Statthalter ein warme- Herz für Elsaß-Lothringen gehabt, sei auch vom Lande dankwr aner». kannt worden. Der jetzige Statthalter hab« weiter gebaut auf den Grundlagen, die sein Vorgänger legte. DaS System der deutschen Verwaltung habe sich eingebürgert, wie die- sich auch in der Person des jetzigen Bürgermeisters zeige. Der Kaiser sagte, indem er hierbei Back die Hand reichte, er hoffe, daß die deutsche Verwaltung auch in Zukunft dem Lande reichen Segen bringen werde. Zum Schluß sprach der Kaiser von der der Gemeinde Straßburg obliegenden Zahlungspflicht gegen das Reich und stellte in Aussicht, daß mit Zustimmung deS BundesratheS und des Reichstages der Stadt die von ihr gewünschte Erleichterung hinsichtlich Abtragung jener Schuld gewährt werden würde. Ferner empfingen die kaiserlichen Maje stäten die höheren Beamten deS RrichSlandeS, den Bischof von Straßburg, den Präsidenten deS protestantischen Direktoriums, dm Staatsrath, den Landesausschuß und den Bezirkstag. Nach dem Empfange brachten die Landlrute der Umgegend dm Majestäten ihre Huldigung durch einen Festzug dar, worin 2S Gemeinden durch Reiter, wie durch 40 Wagen mit Bursch« und Mädchen in der Landestracht vertreten warm. Außer den Gemeindm deS Straßbchrger Landkreise- nahmm auch Ge meindm der Kreise Erstem und Weißenburg an dem Festzug« Theil. Der Letztere mdete mit einer unvorbereiteten groß artigen Ovation. Tausende folgten dem letzten Wagm bi- vor den Garten des Palastes und brachten dem an der Brü stung deS Gitters stehenden Kaiser jubelnde Hochrufe dar, welche von den jenseits des Kanals stehenden gewaltig« Menschcnmassen ausgenommen und wiederholt wurden. Junge Burschen vom Lande erklettert« die Balustrade, an welcher der Kaiser stand und erneuerten stürmisch die Hochrufe. Wiederholt dankend zog sich der Kaiser langsam in den Palast zurück und empfing daselbst die ländliche Deputation, der« patriotische Huldigungen, dargereichten Blumensträuße und Früchte er mit vieler Rührung entgegmnahm. Se. Majestät sprach dem Statthalter wiederholt feinen Dank für die sicht lichen Beweise der Liebe aus. Beim Empfang warm auch die Kaiserin und die Großherzogin von Baden zugegen; die selben besuchten darauf die Blumenausstcllung. Der deutsche Reichstag wird morgen in Berlin ohne Thronrede eröffnet werden. Die Ansprache des Staats sekretärs von Bötticher bei Eröffnung der Berhandlungm soll sich rein geschäftsmäßig nur mit dem Handelsverträge beschäf tigen, welcher die Berufung der außerordentlichen Session er forderlich machte. Etwa in zwei Monaten wird die ordent liche Session stattfinden. Es heißt, daß in den letzten Tagen dieses Monats die Arbeiten für dieselbe bei den Reichsbehörden und gleich darauf beim Bundcsrathe ihren Anfang nehm« würden. Die Vorbereitungen für den Reichshaushaltsetat find schon im Gange. Mem Anschein nach wird der nächste Reichs etat mancherlei Abweichungen gegen den laufenden enthalt«. — Bei der gestern in der Berliner Synagoge für den ver storbenen Reichstags- und Landtagsabg. Löwe abgehaltmen Trauerfeier waren der Staatsminister a. D. von Bernuth, der Oberbürgermeister v. Forckenbeck, zahlreiche Stadträthe und Stadtverordnete Berlins, sowie Reichstags- und LandtagS- abgeordnete verschiedener Partei« anwesend. Nach dieser Feier bewegte sich unter Vortritt des Fabrikpersonals Löwe's der Leichenzug, an dem die fortschrittlichen Vereine rc. theilnahm«, durch die von einer großen Menschenmenge besetzten Straß« nach dem jüdischen Friedhof, wo die Abgeordneten vr. Virchow, Albert Traeger und vr. Hermes Reden hielten. — Am Montag Abend wurden in Breslau die dort zahlreich auS ganz Deutschland emgetroffeuen Mitglieder des Kongresses für innere Mission von dem Oberpräsident« von Seydewitz herzlich begrüßt. Der ebenfalls in Breslau versammelte Verein für öffentliche Gesundheitspflege nahm mehrere Resolutionen, be treffend die Errichtung von Untersuchungsämtern zur Kontrole der Nahrungsmittel und für chemische und bakteriologische Untersuchungen, sowie Einrichtung von Volks- und Schulbädern an. — Wie die „Breslauer Zeitung" meldet, ist am Montag in Brauchitschdorf bei Lueben Oberst Graf Schmettow ge storben, welcher bei dem Reiterangriff bei Vionville daS Magdeburgische Kürassier-Regiment Nr. 7 kommandirte — Nach einer Mittheilung des „Kuryer Poznanski" wurde Berautwortlicher Redakteur: Iuliu» Brauu iu Freiberg. II Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr «t^genm». II i men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile n H XIHUH oder deren Raum Id Pf. l - Für und gegen die Schwurgerichte. D«r deutsche Juristentag hat in Wiesbaden eine ganze Reihe wichtiger Fragen in den Kreis seiner Erwägungen gezogen, doch erregte vor Allem die Frage, „ob die Vor schriften des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes bezüglich der Zuziehung der Laien in Strafsachen sich bewährt haben", wohl das größte Interesse. Wie man im Voraus «matten mußte, erneuerte sich dabei der alte Kampf für md wider die Schwurgerichte, während man darin so ziem lich übereinstimmte, daß sich die Schöffengerichte für die Aburtheilung der zur Zuständigkeit der untersten Instanz gehörigen Strafsachen bewährten. Daß der Vorsitzende des Juristentages, der berühmte Rechtslehrer Professor vr. Gneist auS Berlin, die Schwurgerichte für höchst reformbedürftig «klärte und sich unter gewissen Voraussetzungen sogar dafür auSsprach, die Schwurgerichte durch große Schöffengerichte zu ersetzen, erregte großes Aufsehen, well es einst gerade Weist war, der einem ähnlichen Vorschlag des damaligen preußischen Justizministers Leonhardt bei Abfassung der AmySjustizgesetze im Interesse der Schwurgerichte entschieden entgegentrat. Wenn inzwischen der berühmte Berliner Rechtklehrer Erfahrungen machte, die ihn eines Anderen belchrtro, so verdient es Beachtung, daß die auf dem Juristentage anwesenden sächsischen Juristen auf Grund ihm Erfahrungen sehr warm für Erhaltung der Schwur- «richte eintraten unttviel dazu beitrugen, daß sich der Juristen tag in Wiesbaden nicht entschieden ge»en dieselben erklärte. In der Abtheilung für Strafrecht, welche die Frage der Hinzuziehung des Laienelements in Strafsachen vorberathen hatte, waren die Gegner der Schwurgerichte in der Mehr zahl gewesen. Die Abtheilung nahm mit Stimmenmehr heit solgenden Antrag des Landgerichtsdirektors Olshausen aus Schneidemühl an: „1) die Schöffengerichte haben sich ün Allgemeinen in der Praxis bewährt; 2) die Schwur gerichte verdienen das ihnen theilweise geschenkte Vertrauen nicht: 3) als die geeignetste Form der Zuziehung des Laien elements in Strafsachen erscheint das Schöffengericht." Als die Angelegenheit der Plenarversammlung vorlag, fand jedoch dieser Ausschußbeschluß schroffen Widerspruch. Reichs- gerichtsrath Wieland aus Leipzig warnte ernstlich davor, ohne zwingende Gründe an dem Gerichtsverfassungsgesetze zu rütteln und Beschlüsse zu fassen, die doch unbeachtet bleiben müßten. Wenn auch die Schwurgerichte nicht die allermusterhafteste Einrichtung seien, so hätten dieselben doch im Volke tiefe Wurzeln gefaßt und wären nicht so leicht durch etwas Besseres zu ersetzen. In demselben Sinne äußerte sich Oberlandesgerichtspräsident vr. Kühne aus Celle, der es noch für fraglich erklärte, wohin sich bei einer Abwägung der Erkenntnisse der Strafkammern und der Schwurgerichte die Wagschale neigen würde. Wenn irrige Urtheile bei den Schwurgerichten vorgekommen, so sei wohl stets die Fragestellung daran schuld gewesen. Pro fessor vr. Gneist, der, wenn auch nur in bedingter Weise für die Schöffengerichte eintrat, verlangte ebenfalls zu nächst die Abschaffung der pedantischen Fragestellung bei den Schwurgerichten. Für die Schwurgerichte sprach mit großer Entschiedenheit Oberlandesgerichtsrath vr. Wiesand aus Dresden; derselbe sagte ungefähr Folgendes: „Ich habe viele Jahre in einem großen Schwurgerichtsbezirke als Präsi dent fungirt und kann sagen: es ist mir niemals vorge kommen, daß die Geschworenen ein falsches Urtheil abge geben hätten. Wenn falsche Urtheile Vorkommen, so hat die Fragestellung und Belehrung dariD schuld. Die Belehrung der Geschworenen seitens oes Präsidenten muß kurz, klar und vor allem nicht langweilig sein (Beifall.) Ich bedauere, daß nachdem das Gerichts- versassungsgesetz erst 7 Jahre besteht, diese Frage schon den deutschen Juristentag beschäftigt. (Oho!) Ich weiß, es existirt eine Strömung, welche die Aufhebung der Ge- schworncngerichte betreibt. Wenn nun diese Strömung zu suchen ist in den reaktionärsten Kreisen, so müssen wir als besonnene Männer doppelt vorsichtig sein. (Beifall und Widerspruch.) Zu betonen ist, daß der gestrige Be schluß mit einer sehr geringen Mehrheit in der Abtheilung gefaßt worden ist. (Zustimmung und Widerspruch.) Sollte die Plenarversammlung sich ebenfalls für den Antrag er- klären, nun, meine Herren, dann habe ich zu dem gesunden Sinne des deutschen Volkes das Vertrauen, daß es dem 3uristentage sagen wird: „Viotrix causa. äiis placuit, ssä vieta vatoni". Nachdem vr. Olshausen-Schneidemühl nochmals sein« Antrag vertheidigt hatte, wandte sich auch Rcichsanwalt 86. Frau. ) plötzlich ser lieber ^roS. Stenglein aus Leipzig mit Entschiedenheit gegen den Beschluß bezüglich der Schwurgerichte und drückte unter reichem Beifall die Ueberzeuguna auS, daß diese Frage jedenfalls noch nicht spruchreif sei. Große Heiterkeit er weckte die Aeußerung des Rechtsanwalts Munckel aus Berlin, daß er unintclligente Schöffen für besser halte, als intelligente, weil die ersteren den Vorsitzenden zwingen, sich die Sache selbst vollständig klar zu machen. Die Mängel der Schwurgerichte erkenne er an; er möchte aber das Lmenelement in Strafsachen nicht entbehren und wolle durchaus nicht, daß die Rechtsprechung ausschließlich handwerksmäßig betrieben werde. Sollte ver Junstentaa beschließen, „die Schwurgerichte verdienen das ihnen theilweise geschenkte Vertrauen nicht", so sei zu be fürchten, daß das deutsche Volk auf diesen Beschluß ant worten werde: „der deutsche Juristentag verdient das ihm theilweise geschenkte Vertrauen nicht".. Der Hof- und Gerichtsadvokat vr. Jaques aus Wien warnte ebenfalls davor, auf dem deutschen Juristentage Beschlüsse zu fassen, welche im Widerspruch mit der öffentlichen Meinung stehen. Die Letztere fei auch in Oesterreich für die Schwur gerichte. Wenn einzelne Fälle gegen die Schwurgerichte sprächen, so wären das nur Ausnahmen. Daß die Sache noch nicht spruchreif sei, beweise die im Juristenlage vor handene große Meinungsverschiedenheit. Im Allgemeinen dem Vorredner beistimmend, gab Oberlandesgerichtsrath HeinSheimer aus Karlsruhe dem Wunsche Ausdruck, daß dem Gerichtshöfe das Kassatio^srecht betreffs deS Wahr spruchs der Geschwornen zustehen möchte. Mit großer Majorität wurde schließlich der Absatz 1 des Olshausen'schen Antrages angenommen: „Die Schöffen gerichte haben sich im Allgemeinen in der Praxis bewährt", ebenso der Antrag des Oberlandesgerichtspräsidenten vr. Kühne aus Celle: „die dermalige Einrichtung des schwurgerichtlichen Verfahrens ist der Reform dringend bedürftig". Ueber die Punkte 2 und 3 des Olshausen'schen Antrages wurde keine Abstimmung vorgenommen. Damit war dieser Berathungsgegenstand für den 18. deutschen Juristentag iu Wiesbaden abgethan, doch ist die Frage selbst damit der Lösung kaum näher gebracht worden. Eine Aenderung ist zur Zeit weder ein dringendes Be- dürfniß noch räthlich. Gerade der Gang der über diese Angelegenheit auf dem deutschen Juristentag gepflogenen Berathungen hat gezeigt, daß die nach den verschiedensten Richtungen auseinandergehenden Vorschläge zur Schaffung einer einheitlichen Organisation der Strafgerichte gegen wärtig noch viel zu wenig abgeklärt sind. Der Kampf für und gegen die Schwurgerichte scheint jetzt noch ver früht und völlig fruchtlos. jMWrFWiger md Tageblatt. städtischen Behörden zu Freiberg und Braud 'M/» ii Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. b Uhr für den — , - ' II Z215. Donnerstag, d« 16. September, l ü - > "