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7.Okrbr. 1841. Erscheint jeden Donnerstag. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Neugroschen, bei Beziehung de« Blatte« durch Botenge g h 15 Neugroschen. ^orscrW-chcnö^ M § r § H O z r A A L o n über örtliche und'vaterländische Angelegenheiten. Sech ft er Jahrgang. Ueber Preßfreiheit *). Mil Bezug auf die Schrift von Friedrich von Gentz über Preßfreiheit. Von 0r. H. B. O. Und die Censur entehre den Schriftsteller nicht? — G. hat Recht, denn sie erniedrigt ihn. Sie entehrt den Schriftsteller nicht, weil sie die Nation entehrt. Der Schriftsteller, als solcher, kann sie gerade am wenig sten bekämpsen, er trägt ihre Schande nicht, weil ihm ihr volles Unglück auf den Schultern lastet. Vor kurzem hatte uns erst G- mit den lebhaftesten Farben geschil dert, wie die Strafe den Pamphletisten nur ehre und aufmuntere, und jetzt befürchtet er ganz human, sie möchte ihn entehren! — Daß das System der Justiz den Richter in den Kampf der Partheien herabzöge? — Wir wollen ja eben Pamphlets dergestalt nach den allgemeinen Nor men der Gesetze beurtheilt wissen, daß der Richter in seiner Unabhängigkeit, wie ein Kampfwart, außerhalb dem Partheigemetzel bleibt, und sein Ausspruch immer den undurchdringlichen Panzer des Rechts trägt. Seine Autorität macht ihm das so leicht. Schmach dem Rich ter, der Thränen vergießt, wenn er nach Recht und Gewissen den Mächtigeren verurtheilen mußte! — Oder hat auf der andern Seite ein redlicher Richter je um Popularität gebuhlt? — Die allgemeinen Regeln des Richters halten glücklicherweise jede Rücksicht auf Namen oder Kleid der Parthei ferne, so daß er heute nach dem selben Gesetze sür den König spricht, nach dem er ihn morgen abweist. Die Censur aber wird, gezwungen Par thei nehmen, weil sie, schon als Person, eine politische Gesinnung haben muß, und, wohl oder wehe! sie wird partheiisch erscheinen, wenn auch nicht seyn! — Will ') Siehe No, S4, L5, 3«, »7 u. SV. man aber mit übertriebener Sorgfalt das Gericht von jedem leisen Scheine politischer Theilnahme entfernt hal ten, dann geht man von Gentz's Ansicht aus, daß ein Schiedsgericht zur Beurtheilung eines LibellS erforder lich sey; ein Schiedsgericht ist eine besondere Commis sion, und gerade diesen Vorschlag verwirft Gentz. Aller dings ist, wo eS angeht, eine Jury vorzuziehen, gleich sam ein Untergericht der öffentlichen Meinung. Dann darf zwar nicht, wie im ältesten Brittischen Rechtsgange, die der Schrift zu Grunde liegende Tendenz in das Be reich der bloßen Prozeßinstruclion fallen. Dieser Jrr- thum ward dadurch veranlaßt, daß man anfangs die Tendenz einer Schrift für ein blos äußerliches Merk mal des Verbrechens hielt, während es, abgesehen von der äußeren Form des Ausdrucks, eben so innerlich ist, als die Jmputabilität des Beklagten. Da nun das Geschwornengericht ein älteres Institut ist, als der Li- bellprozeß, so suchte man diesen steif in die fremden For men jenes einzupassen, bis eine Bill vom I. 1792 daS richtigere Verfahren einführte. Diese Bill verdankte England der glücklichen Sinnesänderung von Fox, die ihm wahrlich ein Gentz nicht vorwerfen dürste! Einige kurz vordem 'vorgefallenen, etwas skandalöse Preßpro zesse führt G. als die Vorläufer dieser heilsamen Reform an, namentlich die berühmten Juniusbriefe, von denen er viele in Deutscher Uebersetzung dem vorliegenden Aufsatze angehängt hatte, um ein abschreckendes Bild der Brittischen Preßfrechheit zu geben. Aber das Bei spiel war nicht glücklich gewählt. Diese schrecklichen Briefe enthalten nichts, als Facta, öffentliche Facta, um die das Volk Bescheid wissen mußte, die, wenn unwahr, Nichts schaden konnten und doch so leicht als Verlaumdung zu verfolgen waren. Sie wiegeln das Volk nicht durch Rodomontaden auf, sie schildern ein-