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1 Beilage vierteljährlich > ganz Deutlchland frei ix 4.4» X. »10 ^ Jnl Hau» «,S2 ^1 vez«g»prrt», I iii»4aal»e X mit Dresden und in Oesterreich gäbe» dierteljMfrlich 1 ,»0-lc. In Dresden und aan, Deutschland frei HauS 2,2« X; In Oesterreich 4,07 X. — ikinzel-Nummer IO 4. I »ochentagS erscheint die Zeitung regelmäßig in den ersten > «achmsttagSstunden! Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht and Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Vie illustrierte Zeit Anzeigen 1 I Annahme von »eschüstSanzeiaen bis lOUHr.von Familien- I anzeigen bis II Uhr. I Preis sür die PeM-Spalizeilc 20 ^. im Reklameteil 00 4. I Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher mn. I gegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit des Texte» nicht übernehmen. Redaklions-ivprechstunde: 10 bis I I Uhr vormittag». I Für Rückgabe einacsandtcr Echristst. macht sich die Redaktion I nicht verbindlich: Rücksendung ersolgl, wenn Rückporto bet- I gesagt ist. Brieslichen Ilnfragen isl ilnlworisporto bctzufügen. Nr. 141 GeschSftSfteae und Redaktto« Dresden« A. 16, Holbekrstrahe 16 Mittwoch den 23. Juni 1915 Fernsprecher 213«V 14. Jahr« Leurberg zurückevobert Lemberg zurückeroberi Die wehenden Fahnen und die frohen Mienen auf allen Gesichtern bestätigten heute die Nachricht von der Rück eroberung der galizischen Hauptstadt Lemberg, die gestern obend in der neunten Stunde noch überall verbreitet wurde. Die erste amtliche Meldung lautete: „Wien, den 22. Juni nachmittags. Amtlich wird verlantbart: Unsere zweite Armee hat heute nach hartem .stampfe Lemberg erobert. Der Stellvertreter dev Chefs des Gcncralstabcs: v. Hofer, Fcldmarschall-Lcutnant." Kurz nach dem Eintreffen dieser Freudenbotschaft lief dann noch folgende Drahtnachricht ein: „Berlin, 22. Juni. Eine amtliche Meldung be stätigt, daß Lemberg heute nachmittag nach schwe rem Kampfe von österreichisch-ungarischen Truppen ge nominen wurde. Das österreichische 34. Infanterie-Regi ment, dessen Chef Se. Majestät der deutsche Kaiser ist, hat sich bei der Erstürmung des Werkes Lysa-Gora ausgezeich net. (W. T. B.)" Was Oesterreich-Ungarn, Deutschland und die Türkei sehnlichst erhofften, ist somit zur Tatsache geworden. Lem berg ist von den russischen Bedrückern befreit, es ist wieder im Besitz unserer Verbündeten und dort wird es hoffentlich für alle. Zeiten bleiben. „Nach schwerem Kampfe" heißt es in der zweiten Drahtmeldung. Die Russen haben dem nach die Stadt nicht kampflos geräumt, sondern sie haben um deren Besitz bis zum Aeußersten gefochten, weil sie wußten, daß mit dem Verlust gerade dieser Festung ihre Herrsäfaft in Galizien ein Ende erreicht hat. Die Rück eroberung von Lemberg ist für den weiteren Verlauf der Kämpfe im Osten von der größten Bedeutung. Zwar wußten wir, daß die Russen seit den Maitagen zu keiner kräftigen Offensive mehr kommen konnten, daß sie die Munition nicht in hinreichendem Maße besaßen, daß manches in ihren Reihen nicht mehr so recht klappen wollte, aber wir wußten auch, daß die Kraft dieses mächtigen und vor allen Dingen zahlreichen Feindes noch nicht so gebrochen ist, daß wir nicht mehr ernstlich damit zu rechnen haben. Das russische Heer wehrt sich mit der Kraft eines Verzweifelnden, es weiß, was von diesen Kämpfen abhängt und daher fühlen unsere tapferen Truppen bei ihrem stürmischen, unaufhalt samen Vordrängen, daß noch recht viel Arbeit bis zur voll ständigen Ueberwindung des Gegners zu tun bleibt. Weil wir die Kraft des Feindes nicht unterschätzen und in den Rnf, daß er nahezu zerschmettert am Boden läge, nicht ein gestimmt haben, so können wir die Bedeutung der ununter brochenen Kette glänzender Siege der Verbündeten, die durch die Einnahme von Lemberg eine herrliche Krönung erfuhren, um so höher einschätzcn. Was Oesterreich-Ungarn und Deutschland brüderlich vereint in heißen Wochen in Galizien leisteten, steht in der Weltgeschichte einzig da. Hier war in Wirklichkeit jeder Soldat ein Held, hier herrschte der unbezwingliche Siegerwille, der Gedanke, daß ein starker Feind aus dem Lande vertrieben werden muß. Jetzt, nach dem Lemberg wieder österreichisch ist. nachdem auch die russische Dnjestr-Stellung wankt, jetzt kann man sagen, daß der Tag nicht mehr fern ist, an welchem daS ganze Land von den Russen gesäubert ist. Die Rückeroberung der galizischen Hauptstadt wird in den feindlichen Ländern nieder schmetternd wirken, sie kann aber auch auf die Neutralen ihren Eindruck nicht verfehlen. Gewiß wird man in diesen Tagen in feindlichen Blättern allerlei faule Ausreden und Selbsttäuschungen über die schwere Niederlage der Russen lesen, aber all diese Dinge können an der Tatsache nichts ändern, daß die Verbündeten einen Riesenerfolg zu ver zeichnen haben. Wie Lemberg russisch wurde, haben wir am Montag in der „Sächsischen Volkszeitung" ausführlich ge schildert, wie es wieder österreichisch wurde, das wird in den nächsten Tagen zu lesen sein. Einstweilen freuen wir uns über den Sieg und gedenken dankbarst der tapferen Helden, die uns diese Freude verschafft. Seine Majestät der Kaiser, der zurzeit auf den, östlichen Kriegsschaupl itze weilt, hat seiner Freude über das wichtige Ereignis bereits Ausdruck verliehen. Eine Drahtnachricht besagt: „W ie » , 22. Juni. Kaiser Wilhelm ernannte an läßlich der Einnahme Lembergs den Armeeoberkomman danten Feldmarschall Erzherzog Friedrich zum preußischen F k l d in a r s ch a l l. (W. T. B.)" Selbstverständlich bespricht die gesamte Presse bereits den Sieg. Wir wollen aus den Berliner Blättern die wich tigsten Stimmen wiedergeben: Berlin, 23. Juni. Zur Einnahme Lem bergs schreibt der „L o k a l a n z e i g e r": Wir teilen die Freude unserer Verbündeten, die das Vaterland schon v o m Feinde gesäubert sehen. Das Beispiel der Waffen brüderschaft, das keine Eifersüchteleien und Vorwürfe kennt, kann nicht ohne Wirkung auf die anderen Völker bleiben. Die „Vossische Zeitung" schreibt: Von einer russischen Offensive sei seit den ersten Maitagen keine Rede mehr. Nach und nach bröckele auch die Defensive ab. Es kämen Unruhen in Rußland, die alles bisher dort Erlebte in den Schatten stellen würden. Das stärkste Roß im V i e r b u n d st a l l e sei z u s a m m e n g ebro ch e n. Im „Berliner Tageblal t" sagt Major Nolirat: Es sei nicht anzunehmen, daß unsere Operationen auch nur einen Augenblick bei diesem Erfolge ausharren würden. Eine planmäßige Verfolgung der Russen müsse die V ern > cht u n g z u r Voll e n d u n g bringe». Für den Balkan bedeute die Einnahme Lembergs ein Merk mal für die russische Schwäche und die Stärke der Ver bündeten. Tie „Rundschau" sagt: Der Rückfall Lembergs an die Verbündeten bedeute für Rußland den vollstän digen Bankerott des galizischen Unter st e h m e n s. Die „Vossische Zeitung" meldet aus Lemberg: Ta aus Befehl des Großfürsten Nikolai nur Staatsbeamte und Personen, die zur Armeeverwaltung gehören, inWar - schau bleiben dürfen, müssen über 1 00000 Zivi listen binnen 21 Stunde» die Stadt ver - l a s s e n. Die „Kölnische Zeitung" berichtet aus Wien: Ans dem Kriegspressequartier wird gemeldet, sämtliche russischen Geschützparke sind in größter Eile in das Hinterland geschafft worden. So freudig wie die Presse heute früh das Ereignis feiert, so groß ist auch der Jubel bei der gesamten Bevölke- rung in den beiden verbündeten Ländern. Einige Mit teilungen wollen wir hier wiedergeben: Die Eindrücke beim Einzug Wien, 22. Juni. (W. T. B.i Aus dem Kriegs- prejsequartier wird gemeldet: Ein General der siegreichen zweiten Armee gab seine Eindrücke beim Einmärsche in das befreite Lemberg mit folgenden Worten wieder: Ter Einzug in Lemberg war von hi »reißen- der historische r Grüß e. Der Jubel der Bevölkerung war überwältigend. Es war ein Erlebnis, das sich kaum be schreiben läßt. Die Freude in Wien Wien, 22. Juni. Tie Nachricht von der Einnahme Lembergs rief in der ganzen Stadt jubelnde Begeisterung hervor. Neberall, auch vor dem deutschen Konsulat fanden begeisterte Kundgebungen statt, die bis in die Nachtstunden andauerten. Viele F e n st e r w a re» ill u m i n i e > t. Tie Glocken wurden geläutet. Auch aus der Provinz werden Freudenkundgebnngen gemeldet. Die Freude in Böhme» P r a g , 22. Juni. lW. T. B.» Die 'Aachricht von der Wiedereroberung Lembergs ries hier überall freudigste B e w e g » n g hervor. Die Stimmung in Budapest Bndape st, 22. Juni. >W. T. B.) Die Nachricht von der Wiedereroberung Lembergs hat hier ungeheueren Jubel ausgelöst. Oeffentliche wie private Gebäude prangen ini Flaggenschmuck: viele von ihnen waren am Abend prächtig beleuchtet. Ein gewaltiger Zug zog, patrio tische Lieder singend, n. a. vor das deutsche und türkische Generalkonsulat und ließ unter lautem Jubel die verbün deten Herrscher und die vereint kämpfenden Heere hochleben. Dir Frrudc in Berlin Be r l i n , 22. Juni. lW. T. B.) Aus die Nachricht von der Eroberung Lembergs fanden abends aus de» be lebtesten Teilen der Stadt f r e u d i g e K u n d g c b n n g e n statt, die bis in die sixiten Nachtstunden fortdauerten. Stür mische Hochrufe auf die verbündeten Armeen und die beiden Monarchen wurden ausgcbracht. Aus Berlin kämmt auch noch folgender Bericht: „Die amtliche Nachricht über die Wegnahme Lembergs wurde Berlin kurz nach acht llhr abends bekannt. Obwohl Meldung den ganzen Tag hindurch stündlich erwartet wurde, ergriff doch die Bekanntgabe freudigst das gesamte Straßen- leben. Geschäfte, Kaufhäuser waren zwar geschlossen, aber ans vielen Privatgebünden wurden alsbald Flaggen yocti- gezogen. Unter den Linden kam es zu großen An ja m m l u n g e n, die gehobener Stimmung das Ereignis besprachen, überall erfolgten Kundgebungen begeisterter Teilnahme der Bevölkerung an neuen Fortschritten der ver bündeten Truppen in Galizien." Auch in Dresden kam es gestern abend zu patrio tischen Kundgebungen. Im Königl. Opernhause wurde das Telegramm nach dem l. Akt des „Zigeunerbaron" verleKn. Die Zuschauerinengr erhob sich und brach in stürmischen Bei fall aus, der in den^ ewig schönen „Deutschland, Deutsch land über alles" seinen Höhepunkt fand. Am Bismarck- denkmal versammelte sich eine große Menschenmenge, ein Gesangverein ließ ein Lied erschallen und der Siegestat wurde in würdiger Weise gedacht. Lemberg ist vom Feinde frei, Galizien wird folgen und dann muß es an die vollständige Zerschmetterung des Kolosses im eigenen Lande gehen. Möge das große Werk gelingen. X Kriegstagung des Sächsischen Landtags Dem außerordentlichen Landtage sind bisher folgende Vorlagen zngegangen: 1. Königl. Dekret ben. die Auftragserteilung Seiner Majestät des Königs an den Staatsniinister des Kultus u»d öffentlichen Unterrichts Tr. Dr. ing. Beck, Erzellcnz, zur Erös f » n n g d e s a n ß e r o r d e n t l i cb e n S ä cb - s i s ch e n La » dt a g e s. 2. Königl. Dekret betr. die Ernennung des Odersl- marschall Tr. Grafen v. Eckstädt, Erzellenz, zum Prä sidenten de r E r st e n K a m m e r. 3. Königl. Dekret betr. den Entwurf eines Gesetzes über die Vertretung der Notar e. l. Königl. Dekret, den Entwurf eines Gesetzes über die w eitere Hina u s s chiebnng d e r G e m e i n d e - w a b I e n betreffend. ä. Königl. Dekret über den Entwurf eines Gesetzes über das Rekl a m ations r e ch 1 d e r K riegsteil - n e h m e r bei der Einkommensteuer. 0. Königl. Dekret, eine ans Grund von 8 38 der Ver- sassnngsurknnde erlassene Verordnung zur Erhaltung der Anwartschaften aus der k n a p p s ch a ft l i ch e n Kran kenversicherung und über die Hinausschiebung von Wahlen beim Bergbau, sowie den Entwurf eines Gesetzes über eine Neuwahl der Beisitzer der Bergschiedsaerickite be treffend. 7. Königl. Dekret, den Entwurf eines Gesetzes, die Hinausschiebung der N e u Wahlen sür die Zweite K a in in e r der Ständeversaminlung betreffend. 8. Königl. Dekret, die von der Regierung aus Anlaß des Krieges getroffenen M a ß » a b m e n z ur S i cb e r - s! elln n g d e r Volk s e r n ä h r n n g betreffend. Dresden, 22. Juni. Die Z weite K a in m e r trat heute nachmittags 0 Uhr in Gegenwart der Staatsniinister DDr. Beck, Graf Vitzthum v. Eckstädt, v. Seydewitz und Tr. Nagel zu ihrer ersten P r ä l i m i n a r s i tz u n g zusammen. Die Mit glieder der Kammer waren fast vollständig erschienen: man bemerkte unter ihnen auch mehrere in Feldgrau. Die Tri bünen waren mäßig besetzt. Präsident Dr. Vogel eröffnet die Sitzung mit einer Ansprache, in der er darauf hinwies, daß die Kammer im November 1!U I nach einer kurzen Kriegstagung aus einandergegangen sei in der Hoffnung, erst nach dem Frie densschlüsse ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Aber auch gleichzeitig mit dem festen Entschlüsse, durchzuhalten bis zum endgültigen Siege. Sieben schwere Kriegsmonate seien seit dem vergangen und noch immer wüte der furchtbare Krieg, noch immer sei der zähe Widerstand unserer Feinde nicht gebrochen. In die Zahl derselben sei sogar ein weiterer Feind eingetreten. DaS treulose und verräterische Italien sei seinen Bundesgenossen in den Rücken gefallen. Es sei dies ein Beweis von verräterischer Niedertracht, wie ihn die Weltgeschichte bis jetzt nicht kenne. Unvermindert bestehe auch heute noch der Wille im deutschen Volke, die Gegner niederzuzwingen »nd unser Vaterland sicherznstellen vor feindlichen Angriffe». Mit Stolz und Bewunderung blicken