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MsdrufferÄMatt NalLonük Tageszeitung für die Landwirtschaft/ L'a- „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der ^ch(iiisst lle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbest.llung . RM. zuzüglich Abtrag- gebützr. Cinzelnummc.rn !LRp!^«l!cP°st°nstalten Wochenblatt für Wklsdruff u. Umgegend Postbotenu-'dunfer-Aus- üäger und-Lesc! astsstellen —nehmen zu jeder Zeit Be» Wellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Zeitung vde. Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die 3gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 NMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Dreißig Gesetzentwürfe über weite Gebiete des Steuerwesens, über einschneidende Reformen bei den Reichs-, Länder- und Gemeindefinanzen, rücksichtsloses Zusammenpressen der Verwaltungsausgaben und vor sichtigste Bemessung der Einnahmen im Reichshaushalt ves kommenden Jahres — eine Arbeit von riesi gem Umfang hatte die Regierung dem Reichs rat corgelegt und zugleich auch noch die Forderung daran geknüpft, daß alles bis znm 20. November geschafft sein sollte, dem Reichsrat also nur eiue etwa lüügige Be ratungszeit „zugebilligt" war. Diese Zeit ist nun Kerum und die Arbeit auch wirklich beendet. Hatten doch vorher die Sonderverhandlungen Brünings mit den wich tigsten Länderregierungen die Wege wenigstens einiger maßen geebnet. Außerdem verbietet aber der tiefe Ernst unserer ganzen finanziellen und wirtschaftlichen Lage sedes unnötige Hinausschieben der Entscheidung. Nun ist jene Arbeit des Reichsrates beendet, ohne daß es zu einem offenen Konflikt kam, obwohl den Ländern ooch finanziell recht Schweres zugemutei wird. Einen Augenblick mag der Reichskanzler auf atmen —, aber die eigentliche Arbeit beginnt für ihn erst jetzt: die Arbeit mit dem Reichstag, der am !. Dezember zusammentreten soll. Ein Ringen mit den Fraktionen, und zwar nicht bloß mit jenen, die bereits gezeigt haben, daß sie in offener Opposition zum Kabinett Brüning stehen. Für den Reichskanzler und für die an !:ch schon schmale parlamentarische Grundlage hat sich die oliusche Situation seit dem Auseinandergehen des Reichstages sicherlich nicht verbessert; man braucht nur ,m die Wahlergebnisse des letzten Sonntags zu erinnern, sic eine Schwächung der Mitte und eine Stärkung der radikalen Flügelparteien brachten. Es gehört kaum eine große Prophetengabe dazu, um Voraussagen zu können, saß der Ansturm von diesen beiven Seiten her sieg wohl noch verschärfen, die Forderung nach einer „Kursänderung" noch lauter erhoben und sie zum Drehpunkt des kommenden Ringens werden Pird. Gewisse Vorkommnisse im Haushallsausschuß des Reichstages, wo man sich zurzeit mit der Beratung der Notverordnungen beschäftigt, haben auch gezeigt, daß sich such in sehr wichtigen Fragen eine Mehrheit gegen die Regierung unschwer zusammensinden kann. Trotzdem hat der Reichskanzler erklärt, daß er sich ms dem Gebäude dieser Notverordnungen keinen wesent- ichen Stein Herausbrechen lassen will, er höchstens kleinen Abänderungsanträgen zustimmen würde, durch die aber uu Gesamtergebnis nichts geändert oder etwa Zeit mit angen Beratungen verzögert wird. Diese Notverord- mngen stellen nun ja die erste Klippe im Kurs des Regierungsschiffes dar, sind aber längst nicht so gefährlich vic das, was an Klippen später kommt: die 30 Gesetzent- vürfe, bei denen so manches mit verfassnngsäudcrnder Mehrheit beschlossen werden muß, und dann der Neichs- kanshalt selbst, der ja auch vieles enthält, was diese oder enc Partei der Mitte oder auch die Sozialdemokratie mit Mißfallen betrachtet. Solche Einwände dürften gegen Re Rcsormvorschläge in noch viel größerem Umfang lebend gemacht werden, aber anch jetzt wieder verlangt Rr Reichskanzler schnelle oder vielmehr schnellste Erledi- lung der Steuer- und Finanzgesetze durch den Reichstag. Ts heißt sogar, daß alles, dazu noch der Haushalt, bis Weihnachten beraten und — angenommen sein soll, damit sich diese Reform baldmöglichst auch finanziell und dann wch wirtschaftspolitisch auswirken kann. Dr. Brüning will also zunächst einmal versuchen, wie weit er mit seinem Gepäck von Gesetzentwürfen usw. auf !>em „normalen" parlamentarischen Wege kommt; daß er auch hierbei wesentliche Änderungen an den Entwürfen ablehnen wird, ist nicht schwer zn schließen aus der Eile, vie er auch vom Reichstag verlangen wird. Wie weit er vanni durchdringen wird, das vermag man im Augen blick aber noch gar nicht zn sagen. Unbedingt wird aber sein Verlangen nach schnellster Bearbeitung des Gesetz- Aebungswerkes stoßen auf jene Forderung einer sofortigen Kursänderung nach rechts oder auf eine sehr scharfe Opposition, wenn er diese Forderung zum mindesten als lin Augenblick nickst wesentlich ablehnt. Daß ihm anch andere Möglichkeiten offcnstehen und Wohl auch vorschwebcn als jener „normale Weg", liegt zu vermuten schon deshalb nahe, weil er in der Zustimmung des Neichsrats zu seiner Rcformgesetzgebung eine nicht zn verachtende Stütze hat. Vertagung eines oppositionellen Reichstages und Erlaß entsprechender Notverordnungen, durch die sein Programm wenigstens in den wichtigsten Punkten durchgeführt wurde, ist ja ein Weg, den Brüning bereits einmal erfolgreich beschritten hat. Curtius anitvoriet Frankreich. Schluß der Neichsratsbesprechungen. Der Reichsrat beendet seine Beratungen am Donners tag, nachdem er sich am Dienstag unter Vorsitz des Reichs kanzlers mit dem Steucrvcreinfachungsgesetz beschäftigt hat. Für djx Schlußsitzung des Neichsrats ist eine bc- londers feierliche Form vorgesehen. Neben den Minister- randentcn der Ein^elländer werden auch verschiedene MemeW bei der WksMi Dingeldey an Stelle von Dr. Scholz Neue Führung in der Deutschen Volkspartei. Der Partei- und Fraktionsvorsitzendx der Deutschen Volkspartei, Reichsminister a. D. Dr. Scholz, hat seinen Rücktritt von beiden Ämtern erklärt, wie schon in den letzten Tagen vermutet wurde. Der Parteivorstand hat ein stimmig beschlossen, entsprechend dem Vorschlag des Reichs- Ministers a. D. Dr. Scholz, dem am 30. November zu sammentretenden Zentralvorstand den Ncichstagsabgeord- neten Dingeldey als Parteivorsitzenden vorzuschlagen. Auch im Fraktionsvorsitz wird voraussichtlich Dingeldey an die Stelle von Dr. Scholz treten. Abgeordneter Hugo wird wahrscheinlich als erster Stellvertreter neben dem Abg. Dingeldey berufen werden. In einer Sitzung des Reichsparteivorstandes wurde bestimmt, daß die endgültige Entscheidung des Zentral vorstandes am 30. November d. I. fallen soll. In diesem Zusammenhang ist ferner mitzuteilen, daß alle Vermutun gen über die Neubesetzung des Reichswirtschafts ministeriums mit einem Volksparteiler verfrüht sind. Verhandlungen, die hierüber mit dem früheren volks- parteilichen Reichstagsabgeordneten Minister a. D. v o u Raumer geführt wurden, sollen gescheitert sein. Abgeordneter Dingeldey. Endgültiger Entschluß. Bei den Verhandlungen über die Rücktrittsabsichten des Abg. Dr. Scholz hatte in persönlicher Sendung dem in der Schweiz weilenden Dr. Scholz der Abg. Dingeldey das Ersuchen des Parteivorstandes vorgetragen, wenn seine Gesundheit es irgend gestatte, feinen Entschluß rück gängig zu machen. Demgegenüber beharrte Dr. Scholz bei seinem anfänglichen Entschluß. Darauf faßte der Parteivorstand mit Bedauern den Beschluß zur Berufung des von Dr. Scholz selbst vorgeschlagenen Abg. Dingeldey. Ser Zwist in der I. Pp. in Sachsen. Der Landesvorstand mißbilligt das Ver halten der Landtagsfraktion. Der sächsische Landesvorstand der Deutschen Volkspartei, der am gestrigen Mittwoch in Leipzig tagte, faßte einstimmig fol gende Entschließung: „Der Landesvorstand stellt nach gemeinsamer Beratung mit der Landtagssraktion sest, daß die gesamte Deutsche Volkspartei des Landes Sachsen unverändert auf dem Standpunkt ihrer Entschließung vom 29. September steht: „Landesvorstand und Landtagsfraktion erblicken in der Rheinlandräumung usw. neue Möglichkeiten und Notwendigkeiten für eine aktive und ent schiedene Außenpolitik unter dem Leitgedanken „Los von Ver sailles". Die innerpolitische Voraussetzung hierfür ist „Los von der Sozialdemokratie", was auch in dem Ergebnis der letzten Reichs- tagstvahlen als der Wille der nichtsvzialistischen Wählerschaft zum Ausdruck gekommen ist. Hieraus ergibt sich für die Deutsche Vvlks partei die Folgerung,, die Bildung einer Rechtsregierung zu er möglichen." Der Landesvorstand mißbilligt deshalb das Verhalten der Landtagssraktion bei der Wahl des Landtagspräsidenten, das in der Oefsentlichkeit als ein Abweichen von dieser politischen Richt linie der Partei empfunden worden ist." Dr. Blüher hat fein Laudtagsmandat niedergelegt Dresden. Was nach den gestrigen Beschlüssen des säch sischen Landesverbandes der Deutschen Volkspartei zu erwarten war, ist eingetreten. In der heutigen Sitzung des Landtages ver las der Präsident vor Eintritt in die Tagesordnung ein Schreiben desAbgeordneten Dr. Blüher, durch das er mitteilt, daß er sein Landtagsmandat niedergelegt habe. Dr. Blüher wohnte der heutigen Sitzung des Landtages nicht bei. Reichsminister der Sitzung beiwohnen. Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsaußenminister Curtius werden zu wichtigen Fragen der Innen- und der Außenpolitik Stellung nehmen. Mit besonderem Interesse sieht man den Ausführungen von Dr. Curtius entgegen» der sich zu den letzten Reden des französischen Außenministers Briand und des französischen Ministerpräsidenten Tardieu äußern wird. Diese Reden Haden in der internationalen Politik, besonders aber in Deutschland, das größte Aufsehen erregt, da Tardieu jede Abrüstung Frank reichs brüsk ablehnte und auch Deutschland jedes Recht auf eine Revision der Friedensverträge absprach. OeuischlÄnd macht nicht mehr mit. Im Genfer Abrüstungsausschuß. Der Abrüstungsausschuß hat zur allgemeinen Über raschung zum erstenmal einen sowjetrussischen Antrag an genommen. Da der erste Artikel des Vorschlages der füns Londoner Seemächte nur die Begrenzung der Gesamtkriegsfchiffstonnage vorsieht, beantragte Litwi now unter Hinweis aus den Völkerbundvertrag die Ein fügung einer Verpflichtung zur allgemeinen Herabsetzung der Rüstungen. Der französische Vertreter lehnte der Sowjetantrag schrofs ab. Der Sowjetantrag wurde danu mit elf Stimmen gegen die Stimme Polens bei zwölf Stimmenthaltungen angenommen Der deutsche Vertreter Graf Bernstorff erklärte, daß er sich bei künftigen Abstimmungen der Stimme ent halten werde, da das gegenwärtige Abrüstungsabkommen für Deutschland wertlos und sinnlos sei. Um der durch den Sowjetantrag herbeigeführteu Verschärsung der Bestimmung entgegenzutreten, be antragte der französische Vertreter eine Fassung, nach der die Herabsetzung der Flottenrüstungen „soweit mög- l i ch" erfolgen soll. Der französische Antrag wurde mit >4 gegen eine Stimme bei deutscher Enthaltung an genommen. Der Abrüstungsausschuß bekundete damit, daß es seiner Mehrheit um keine ernsthafte Abrüstung zu tun ist. Protest -er Beamten. Gegen vorzeitig^ Gehaltskürzung. Die Bundesleitung des Deutschen Beamtenbundes hat zu dem Beschluß der Reichsratsausschüsse, die Gehalts kürzung am 1. Februar eintreten zu lassen, Stellung ge nommen. Dem Reichsrat wurde einstimmiger Beschluß unverzüglich zugeleitet: Die Leitung des Deutschen Beamtenbundes ist er staunt und empört über den Beschluß der Reichs ratsausschüsse, wonach die von der Reichsregierung für den 1. April nächsten Jahres geplante Gehaltskürzung bereits am 1. Februar eintreten soll. Die Beamtenschaft hat jederzeit Verständnis für sachlich begründete Not wendigkeiten bewiesen, sie lehnt jedoch entschieden ab, zum Objekt eines politischen Geschäfts gemacht zu werden. Die Bundesleitung erwartet von der Vollsitzung des Reichsrates, daß sie dem Beschluß seiner Ausschüsse nicht zustimmt. Auch der Allgemeine Deuische Beamtenbund erklärt, daß die Beamtenschaft offenbar „als Ausgleichsobjekt für politische Schwierigkeiten" verwendet werde. Aus der Begrüudung der Maßnahme gehe hervor, daß „wieder einmal die Differenzen zwischen Reich und Ländern auf dem Rücken der Beamtenschaft ansgetragen werden sollen". M erträgliche Kriegslasten. Deutsche Frauen fordern Revision der Verträge. Der Deutsche Frauenausschuß zur Bekämpfung der Schuldlüge und zahlreiche andere Frauenverbände haben die Neichsregieruna in einer Eingabe gebeten, sich um gehend mit den früheren Feindbundstaaten in Verbin dung zu setzen, um eine Besreiung des deutschen Volkes von den unerträglichen Kriegslasten zu erreichen. In der Eingabe heißt es n. a.: Not und Verzweif lung sind die Folgen der ungeheuren Lasten, die Jahr für Jahr getragen werden müssen. Dauer uud Höhe der im Nouug-Plau vorgesehenen Zahlungen nehmen dem deut schen Volke jede Hoffnung aus Wiederaufstieg. Finanz- und Wirtschaftsreformen allein können eine Gesundung