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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, O« »Wilsdruffer Tageblatt* reichet»! an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Be,u,«preta: «ei Abholung in »ar »rschSUaft-lle und den «uagadeitellen r «M. im Monat, bei Zustellung durch die «ole» 2,Z>, RM., bei Poftdeftellun, t AM. jugüglich Abtrag« gebühr. Einzelnummern »«psg.AllrPoftanftalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeyend Postboten und UN,ereAu-i. «rigeruno Eeichäftsstellen — nehmen ,u jeder Zeit B«. Je hunger entgegen. Im Falle HSHerer Demal«, Krieg oder so nstigcr «etriedostürungen befiehl dein Anspruch aus Lieserun, dar Zeitnng oder Kürzung de» Bezugspreises. — Aüchsendnng eingesandter Schrisistüche ersolgt nur, wenn Porto driliegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenprei« : di« 8ft«spalt«»e Ra»mzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Xeich«K Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachrveisungrgebühr 20 Reichspfennige. Bor« geschriebene Erscheinung»- — _ tage und Platzv-rschrift« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige», annabme bi« orm.10Ubr. ' ' ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten A»-»rgen üdernedmen anr keine Garantie. drr Radatlansprr ch erlischt, wenn der Betrag d»rch Klage eingezo^en werdet, mutz oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. An zeigen nehmen alle Bermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauplmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstren amts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 54 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Wilsdruff- Dresden Postscheit: Dresden 2640 Dienstag, den 5 März 1929 Fälschung oder nicht? Nun soll alles, was über den belgisch-französischen Nriegspakt veröffentlicht wurde — allerdings nur, soweit es sich dabei um Vereinbarungen der beiderseitigen beneralstäbe einschließlich der Mitwirkung eines eng lischen Militärbevollmächtigten handelt — von Anfang vis zu Ende eine große, grobe Fälschung sein und der Täter sei verhaftet? Man weiß nicht, welche Sensation größer ist, die jetzige oder jene wie eine Bombe einschlagen- »en Veröffentlichungen im „Utrechter Tageblatt". In Holland jedenfalls, aber auch in Deutschland und sonst in den meisten Ländern — außerhalb Englands, Frank reichs und Belgiens natürlich — glaubte jedermann an die Echtheit dieser Dokumente. Trotz aller amtlichen Dementis, die von der Londoner, Pariser, Brüsseler Re gierung losgelassen wurden, weil man schon allzuoft di« Erfahrung gemacht hat, daß amtliche Dementis — kurze Beine haben. Nun ist ein irgend jemand, dessen Vorleben von ebenso bemerkenswerter Buntheit wie Vorbestraftheit ist, von den belgischen Behörden in einem Augenblick verhaftet Horden, da er doch eigentlich alle Ursache hätte, den belgischen Boden zu meiden. Und er erklärt, der Fälscher dieser Dokumente zu sein, die hernach in jenem hollän dischen Blatte veröffentlicht wurden. Er habe sie an ein Mitglied der flämischen Bewegung in Belgien verkauft — und da möchte man mit Goethes „Faust" sagen: „Hier Kock' ich schon". Der neuerwachte flämische Aktivismus Macht der Brüsseler Regierung einiges Kopfzerbrechen; sollte . . .? »nd daß gerade der Redakteur des wichtigsten flämischen Blattes der Mittelsmann nach Utrecht hinüber gewesen sein soll, gibt auch allerhand zu denken und zu bedenken. Daß bei dem „Geständnis" dieses Mannes mit der überaus dunklen Vergangenheit auch eine angebliche deutsche Spionagezentrale in Mülheim, der er die Doku mente, allerdings vergeblich, gleichfalls angeboten hab-n Mill genannt wird, hat die nicht anders zu erwartende Wirkung ansgelost, daß nun die belgischen, französischen «sw. Blatter u b e r D e ü t s ch l a tt d.h e r f a l l e n und es als den eigentlich Schuldigen bei der ganzen Affäre dar- pellen — obwohl ;a dieser sogenannte Täter gerade das Gegenteil aussagt. Neben manchem andern, was an Auffälligem, au Fragezeichen bei dieser mysteriösen Geschichte besteht, kann man auch an der Seltsamkeit nicht vorübergehen, daß die Entdeckung des Täters wenige Stunden vorder Eröffnung der Versammlung des Völker bundrates in Genf erfolgte, wo ja auch diese An gelegenheit nicht unerörtert geblieben wäre, wenn . . . Ja, wenn sie nicht auf alle Fülle, gleichgültig, ob bei der Untersuchung etwas herauskommt oder nicht — politisch gesehen — tot und begraben ist. Theoretisch wäre sie es ja freilich nur. wenn sich Frankreich-Belgien nun endlich entschließen würden, den Geheimpakt des Jahres 1920zu veröffentlichen; aber dieser Pakt war ja bei der ganzen Affäre gar nicht der springende Punkt, sondern die späteren Abmachungen. Und dann — die Enthüllung und restlose Klärung derartiger politischer Skandale ist immer oder sehr oft mehr als zweideutig; man lobt vielleicht die Tat, aber verurteilt den Täter — oder auch das nicht. So mag man sich daran erinnern, daß nichts darüber in die Öffentlichkeit gedrungen ist, ob t B. die an dem Bekanntwerden des englisch-französischen Marineabkommens angeblich oder wirklich Schuldigen je bestraft worden sind. Nach dieser Richtung hin sind vom Mtertnm bis in die neueste Zeit die seltsamsten Dinge hat man übrigens überwiegend auch ,n die Echtheit der Dokumente geglaubt, die im Utrechter Tageblatt veröffentlicht wurden, hat sich aber dann, wenig stens amtlicherseits, mit den offiziellen Dementis der drei in Frage kommenden Regierungen zufrieden gegeben. Trotz dieser zweiten Sensation ist das deutsche Mißtrauen längst noch nicht beseitigt, da ja — was man nicht ver gessen darf — ein Teil der in den Dokumenten gemachten militärischen Vorschläge bereits ausgeführt ist, so vor allem Eisenbahnbauten, gemeinsame Manöver usw. Und man kann dieses Mißtrauen objektiv auch verstehen, wenn einer Nheinlandräumung selbst zu den vertraglich festgesetzten Terminen immer neue Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Fälschungen von Dokumenten sind das Un- vrigineüste in der Geschichte-, denn ihre Zahl ist Legion; »nd oft haben sie sich so lange als „Wahrheiten" behauptet, bis der mit der Fälschung beabsichtigte Zweck erfüllt war. Was für einen politischen Zweck aber diese wirklichen oder »nqeblichen Fälschungen neuesten Tatums eigentlich haben sollen, ist vorläufig gar nicht zu verstehen. Das sollte erst Ke Untersuchung ans Tageslicht fordern. Wenn nicht ein rein materieller Zweck daoei besteht. . Um eines jedenfalls, ob Fälschung oder Nicht, ist die Kielt aber „bereichert" worden: um eine geradezu „erst- Kassjge" politische Sensation. „Die DokmeM ßnd echt!" Eia« neue E'Klärung de» „Utrechter Tageblattes" Amsterdam, 4. März. Zu dem sogenannten „Geständ- dag Brüsseler Berichten zufolge von einem Individuum na- M Eröffnung der Genfer Ratstagung Erste Fühlungnahme in Genf. Die Frage der Minderheiten. Mit einer vertraulichen Sitzung begann Montag die 54. Tagung des Völkcrbundratcs in Genf. In dieser Sitzung wurde beschlossen, dem Antrag Rumäniens nnd Ungarns auf Vertagung des zwischen den beiden Regie rungen entstandenen Optantenstreitfalles stattzugeben. Zu dem litauis chcn Antrag aufHinzuziehung zu der grund sätzlichen Erörterung des Minderheitenproblems wurde der Beschluß gefaßt, ein kleines Juristen- komitee cinznsetzen, das die von Litauen aufgeworfen« Frage einer Vorprüfung unterziehen soll. Der litauisch« Vertreter Zarmius wird die Forderung seiner Regierung vor diesem Komitee begründen. Auf südslawischer Seit« besteht ein in gleicher Richtung gehender Wunsch. Die Stellungnahme des Juristenkomitees dürste bald bekannt gegeben werden, so daß unter Umständen mit der aüge meinen Aussprache über das Minderheitenproblem aus Grund des kanadischen und des deutschen Antrages begonnen werden könnte. Der deutsche Außenminister Dr. Stresemann empfahl in einem kurzen Bericht dem Rat die Ein berufung des beratenden Wirtschaftsausschusses des Völkerbundes zum 6. Mai d. I und verlas anschließend einen längeren Bericht über die internationale statistische Konferenz, die im Herbst des vorigen Jahres in Genf getagt hatte. Zum Schluß berichtete der italienische Senator Scialoja über die Ratifikationen der Abkommen, die unter der Aufsicht des Völkerbundes abgeschlossen worden sind. Der I u r i st e n a u s sch u ß, der den Antrag der litauischen Negierung auf Hinzuziehung zu den Minderheitenverhandlungen des Völkerbundrates prüfen soll, besteht aus folgenden Juristen: Sir Cecil mens Frank abgegeben worden sein soll, des Inhaltes, daß die Schriftstücke durch ihn gesälscht und durch ihn oder seine Freunde dem „Utrechter Tageblatt" verkauft seien, erklärt die Chefredal- tion ferner im Anschluß an das formale Dementi folgendes: „Die Chefredaklion des „Utrechter Tageblattes" hat sich zu der Ver öffentlichung des Schriftstückes aus Grund einer Eröfsnung ent schlossen, die von einer hochstehenden amtlichen niederländischen Persönlichkeit gemacht wurde, deren persönlicher Charakter und amtliche Stellung zu unbedingtem Vertrauen berechtigen. Die Chefredcktion hat, wie bereits am 26. Februar mitgeteilt wurde, die Schriftstücke mit „eigenen Augen" gesehen und sich von der Echtheit überzeugt. Sie hat, bevor sie zu der Veröffentlichung überging, das Urteil eines Graphologen von anerkannter Fachkenntnis über die Echtheit der Unterschrift eingeholt und sich außerdem darüber vergewissert, daß die Echtheit der Schriftstücke selbst durch hochstehend Kollegen von untadeligem Namen in ho hem Maße sür wahrscheinlich gehalten worden ist, so daß sie, wenn sie ihnen selbst zur Verfügung gestellt worden wären, nicht gezögert hätten, ihre Veröffentlichung vorzunehmen. Die Chefredaktion hält außerdem die Veröffentlichung aus folgenden Gründen für gerechtfertigt, da sie wußte, 1. daß den befugten niederländifchen Behörden vor der Ver öffentlichung Gelegenheit gegeben wurde, sich aus Wunsch von der Echtheit der Schriftstücke zu überzeugen oder sich überzeugen zu lassen; 2. daß von sehr hochstehender amtlicher Seite sehr großer Wert auf die Veröffentlichung der Schriftstücke gelegt wurde; 3. daß vertrauenswürdige Stellen der obersten Behörden, die in dieser Angelegenheit als unbedingt zuständig gelten müssen, die Richtigkeit und den Inhalt für sehr wahrscheinlich bezeichneten und daß eine dieser Stellen die absolute Echtheit der Schriftstücke vor der Veröffentlichung garantiert hat und diese auch sowohl nach den ausländischen Dementis als auch nach Bekanntwerden des soge nannten Geständnisses als unbedingt unantastbar auf das entschie denste aufrechlerhält." o Belgien gibt den Geheimer- trag teilweise zu Amsterdams. März. Einer der Redakteure der Zeitung „Vaderland" hatte in Brüssel eine persönliche Unterredung mit dem früheren belgischen Minister für Landesverteidigung, de Broucker. Dieser jagte, daß Frank zweifellos rechts und links Ur kunden gestohlen habe. So sei zum Beispeil die Liste der Mobili- sierungsmitlelpunkte richtig. „Für unsere Generalstabrofsiziere", so sagte de Broucker wörtlich, „ist das sehr unangenehm, denn sie müßten nun neue Mobilisierungspläne ausarbeiten." Auch die an deren Mobilisierungspläne, wie die, daß Belgien über 49 Tanks verfüge, seien richtig. Hurst-England, Jto-Japan, Botella-Spanien, Pilottt- Jtalien. Stresemann und Briand. Montag nachmittag oder Montag abend sollten die ersten privawn Besprechungen zwischen den Außen» Ministern und Diplomaten der einzelnen Mächte beginnen Zunächst sollen die deutschen und die englischen Abord nungen sich begegnen. Eine Unterredung zwischen Tr. Stresemann und Briand war in Betracht ge- zogen. Man nahm an, daß dabei auch die Utrechter Ent Hüllungen über den angeblichen Geheimpakt Frankreich- Belgien zur Sprache kommen würden. Unter den interessanten Gästen der Ratstagung be findet sich auch der polnische Politiker Korfanty, der bekanntlich die Verhaftung des Geschäftsführers deZ Deutschen Volksbundes. Ulitz, verurteilt hat. Korfanty wohnt im Hotel der polnischen Delegation. Der japanische Untergeneralsekretär Sugimuri veranstaltete einen Tee, au dem Dr. Stresemann, der spanische Botschafter Quinones de Leon und der finnländische Außenminister Procope teilnahmen. Im Verlaufe einer Unterredung wird die Frage einer Ratstagung in Madrid im Juni zur Sprache gelangen Das Minderheitenproblem. Es ist möglich, daß schon am Dienstag eine Minder beitendcbatte mit der Rede Stresemanns beginnt, wenn bis dahin der deutsche Außenminister mit Briand und Chamberlain Rücksprache hat nehmen können. Es besteht der Eindruck, daß man sich aus deutscher Seite auf mündliche Darlegungen in bezug auf die Minderheiten beschränken will, die mehr dm Charakter einer öffentlichen Kundgebung tragen sollen. Zer Aufstand in MM Mehrere Häfen geschlossen. Neue revolutionäre Bewegungen, die in Mexiko, Se sonders in den Staaten Veracruz und Sonora aus- gebrochen sind, sollen nach den vorliegenden Nachrichten ernsten Charakter tragen. Der Führer der Aufständischen ist Joss Aguirre aus Senora. Er war ein enger Freund des ermordeten Obregon, leistete mit diesem zu sammen bei der Unterdrückung des Alftstandes de la Huertas im Jahre 1923 Hilfe und war auch bei der Unterdrückung dcS Ausstandes der Uagut-Jndiancr tätig. Sein Bruder Manuel hat sich der augenblicklichen Be wegung in Sonora ebenfalls angeschloffcn. Die Re- bicrung hat starke Militärkräfte gegen die Aufständischen in Bewegung gesetzt. Die Rebellion soll sich auch bereits auf die Staaten Chihuahua, Durango, Jalisco und Sinaloa ausgedehnt haben. Der Oberbefebl über die gesamten Negierungsskreft- kräfte ist dem früheren Präsidenten Calles übertragen worden. In Meriko herrscht fieberhafte Erregung Aus der Hauptstadt gehen fortgesetzt Truppentransportzüge in das Aufstandsgebict ab. Es laufen Gerüchte um, daß es den Aufständischen gelungen sei, mehrere wichtige strategische Punkte einzunchmen. Nach Meldungen aus Meriko-Stadi ist es im Aufstandsgebiet an verschiedenen Stellen bereits zu Kämpfen zwischen den Regierungs truppen und den Aufständischen gekommen. Die Auf ständischen wollen Gilbert Valenzuela zum Prä sidenten ansrufen. Die Häfen Veracruz und No gales sind geschlossen worden, um die Einfuhr von Waffen zu verhindern. ch Die Rebellen im Besitz von 7 Kriegsschiff n Neuyork, 4. März. Mexiko hat die gesamte Bundesarmer mobilisiert. Die amerikanisch-mexikanische Grenze ist durch Amerika für Mexikaner geschloffen. Die Rebellen beherrschen völlig die Staaten Veracruz, Sonora und den Isthmus von Tehuantepec. Auch scheinen Meldungen zuzutrefsen, wonach sich ihre Macht auf den größten Teil weiterer sechs Staaten erstreckt. Die Haltung der Flotte ist unklar. Präsident Gil behauptet, sieben Kriegsschiffe hätten funken- telegraphisch von der Regierung Verhaltungsmaßregeln erbeten. Außerdem hätten 23 militärische Befehlshaber in 22 mexikanischen Staaten um Befehle nachgesucht. Auf Grund anderer Meldungen erscheine aber letz eres ziemlich fraglich. Die neue Bewegung, die von General Valencuola, dem che- maligen mexikanischen Gesandten in London, ausgeht, nahm in Veracruz ihren Anfang und hatte sich bisher auf alle 28 Staaten einschließlich Mexiko-Stadt ausgedehnt. Acht Staaten sollen sich bisher den Rebellen unterworfen haben. Veracruz und verschiede ne andere große Städle besindeu sich io ihrer Hand.