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so. Jahrgang. HL rss. Donnerstag» 14. Oktober 1S18. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Sammelnummer für sämtl. Telephonanschlüfse: 2K241. K/» Dr»i^isvg-3x!l>Sru,t-8ekol»l»)« ch/ Vtt^st§-^Akm-Zckak»I«Se E Vr«^Ed-Lfkkei--ZekoksI-Se Aäkao, Derrei-t. Hauptgeschäftsstelle: Marienstrahe 38/40. Druck und Verlag von Liepsch L Reichar-t in Dresden. N»g»nc;.hkrosu"lsrn »>er1-»1>»r>I<» In Dre»dinb«« p«Im-II,er Zuttaaung <anL,NN-und Monlagrn nur«Inmal» r.8» M., I Die -inlpalttge Zeile t-tw-8Silben» so Pf., «orjugrpliltze und Am-ig-n in Nummern nach Sonn. ra-evur»!. in de, Vororte« 3.30 M. »ei etnmaiiger Zustellung durch di« Post 3 M. lohne Bestellgeld». I greife. „»d Aeiertagen ialiiTrirtf.— «uewilriige »ustidge nur gegen Bo,anrbeMung.— Belegdlail i«Pf. Nachdruck nur mit deuUicher Ouellenangrb« i.Dreedner Nachr."» rullstlg. — Unoerlangte Schriftstücke werden nicht Lllfbewahrt. Unaufhaltsames Vordringen der Verbündeten in Serbien. Na neuer russischer Mißerfolg bei Borlanow. — Die Ballau'kuttSuschuug der Bierverbaudsmächte. — Mißstimmung gegen Sriecheulaud in Statten. — Lelcassts Rücktrittsgesnch genehmigt. — Die Zeichnungen aus die dritte deutsche Kriegsanleihe. Sesterreichisch-Mgarischer Kriegsbericht. Wie ». Amtlich wird verlautbart deu IS. Oktober ISIS: Russischer Kriegsschauplatz. Bei vurkauowau der Strqpa wurde auch der vierte der gestern mitgeteilten russischeu Angriffe durch Ssterreich.- ungarische und deutsche Bataillone abgeschlagen. Sonst im Rordosteu keiue besoudereu Ereignisse. Italienischer Kriegsschauplatz. Gestern nachmittag begannen die Italiener ein> leb- hasteS Geschützfeuer aus schweren und mittlere« Kalibern gegen die Hochfläche von Lasrau«. Gegen einzelne Ab- schuitte der küfteuländischen Front entfaltete die feindliche Artillerie eine erhöhte Tätigkeit. Annäherungs versuche italienischer Infanterie»Abteilungen gegen Vrsic und den Tolmeincr Brückenkopf wurden abgewieseu. Am Nordwesttcile der.Hochfläche von Doberdo zwang ein Feuerüberfall den Feind zum fluchtartige« Verlassen seiner vorderste« Deckungen. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unsere Angriffe schreiten trotz heftigster Gegenwehr deö Feindes überall vorwärts. Anderuutereu Drina warfen unsere Truppen die Serben ans mehreren Gräben. Südlich von Belgrad wnrden dem Gegner einige zäh verteidigte Stützpunkte entrissen. Serbische Gegenstöße scheiterte« stets unter große« Verluste« für de« Feind. Der Stellvertreter des Chefs des GeneralstabS: lW. T. Bf v. Höfer, Fcldmarschall-Leutnant. ßnglands tznNälischlmg. Als in England die Konservativen noch nicht mit im Kabinett saßen, weil die Fehler eines Mannes wie Winston Churchill nvch nicht so vfsenknndig waren und es im Unter hause immer nvch Leute gab, die seine Prahlereien für bare Münze nahmen und mit ihm glaubten, das lästige Kriegsgcschäst in der herkömmlichen englischen Art er ledigen zu können, da war Sir Edward Grey gewisser maßen unumschränkter Herr über Krieg und Frieden in Großbritannien. Er hat Bündnisse abgeschlossen und Ententen, ohne den ehrenwerten Mitgliedern des Parla ments darüber Ausschluß zu geben, und niemand hat in England daran gedacht, ihm einen Vorwurf aus dieser Eigenmächtigkeit zu machen. Es ging ja alles gut. Der Krieg würde, wie Grey selbst versichert hatte, England keine größeren Opfer auferlegen, als die Beobachtung der Neutralität. Wohl aber durste man erwarten, daß er für die Cttyleute infolg« der Vernichtung des deutschen Handels schließlich einen sehr reichen Gewinn abwerfen würbe. Auch als sich diese Hoffnung nicht erfüllen wollte, blieb Grey von Vorwürfen im wesentlichen verschont. Man gab ihm LanSdowne und, wie jetzt bekannt geworden ist, Crew zur Unterstützung bei und war im übrigen überzeugt, daß er. der mit all den Kniffen und Pfiffen der Ententc- politik so Innig vertraut war, schon dafür sorgen würde, -aß das englische Imperium durch den Krieg keinen Schaden erleide. Dieses felsenfeste Vertrauen, da» man auf Grey setzte, hat einen starken Stoß bekommen durch die Entwicklung der Ereignisse aus dem Balkan. Der Rücktritt des griechi schen Ministerpräsidenten hat in England einen viel stärke ren Eindruck gemacht, als die Eroberung Warschaus und der russischen Festungen, als bas Scheitern der großen Offensive Joffres und die andauernde Erfolglosigkeit der englisch-französischen Angriffe an den Dardanellen. Für all diese Niederlagen hatte die englische Presse ihre Trost gründe bereit, wie aus den Wolken gefallen waren aber die Herren auf den Redaktionen der „Times" und der „Daily Mail", als es hieß, Venizeloö trete ab und Griechenland meine es ernst mit seiner Neutralität. Das war eine diplomatische Schlappe, mtt der man sich in England nicht entfernt so leicht abfinden konnte, wie mit all den mili tärischen. Die Presse geriet in einen Zustand hochgradiger Erregung, in dem sie zum^Teil auch ihre gute Erziehung vergab und zum ersten Male in diesem Kriege Angriffe gegen Grey richtete, deren Wut und Gehässigkeit so leicht nicht übertroffen werden können. Mtt Hilfe der Diplo matie wollte England doch den Krieg gewinnen. Die Diplomaten hatten die Aufgabe dafür zu sorgen, daß Aegyp ten künftig nicht mckir bloß in unvollkommener Weise an den Dardanellen, sondern womöglich mit Hilfe der Bul garen, ganz sicher aber durch ein griechisches Heer, auch auf dem Balkan verteidigt werden sollte. Man hätte sich noch damit abgcfunden, daß die Vulgaren ihre eigenen Wege gingen, daß aber auch die Griechen sich nicht ins englische Joch spannen ließen und unter dem Borwand der Er füllung der Vundespflichten gegenüber Serbien Englands Geschäfte verrichteten, das war bitter, das schlug dem Faß den Boden aus. Die englische Diplomatie hat es vermocht, Italien zur Verletzung feierlicher und immer wieder er neuerter Verträge zu zwingen und damit den schmachvoll sten Treubruch zu begehen, den die Geschichte kennt, und dieser selben Diplomatie sollte es nicht gelingen, das viel kleinere Griechenland zur Erfüllung seiner, freilich recht zweifelhaften Bundespflichten gegenüber Serbien zu ver anlassen? Ta konnte doch nur unerhörte Pfuscherei daran schuld sein. Fehler seien gemacht worden, sagen die „Times", die keinem Kirchspielrat hätten passieren dürfen, — und für alle ist verantwortlich Grey, der Mann, der bis her immer gefeit mar gegen alle Angriffe. Sollte er wäh rend des Krieges seine Advvkatenschlauheit. die ihm bisher immer zuin Siege verholfcn hat. so sehr eingebüßt haben, daß er, der doch schon ganz andere Ausgaben gelüst hat. nicht einmal mehr mit dem kleinen Griechenland fertig würde? Nun wirft man ihm vor, daß er keine fremde Sprache beherrsche, und droht mit der Abrechnung im Par lament. Es ist nicht anzunehmen, daß Grey sich, wie sein Pariser Kollege, dieser Abrechnung durch eine plötzliche Krankheit entziehen ivird. Er ist ein Mann mit stärkeren Nerven und wirb vermutlich den Kampf aufnchmen. Wie er ihn bestehen wird, kann heute noch niemand sagen, nur so viel scheint sicher zu sein, daß Asguith alles tun ivird, den langjährigen Freund und Kollegen unter seine Fittiche zu nehmen. Wenn deshalb auch „Times" und „Daily Mail" toben und eine Anzahl liberaler Blätter in den Chorus mit einstimmen, auf eine Kabinettskrise wird man es im Unterhause doch nicht ankommen lassen wollen. Schließlich bestand der Fehler Greys doch nur darin, daß er in verbohrter Zähigkeit an den altiibcrkommenen Methoden der englischen Politik festhielt und der Ansicht war. daß die Mittel, die Italien auf Englands Seite zwangen, Bestechungen und Drohungen, die alte Theorie vom Zuckerbrot und der Peitsche, sich auch in Griechenland als wirksam erweisen müßten. Grey hat auf diese Weise so lange der Welt den Willen Englands diktiert, daß es ihm offenbar schwer fällt, jetzt auf seine alten Tage sich noch auf andere Mittel zu besinnen. Er kann sich in die neue Zeit, in der nur die tatsächliche Macht und die Wahrheit gilt und der Bluff auch politische Kinder nicht mehr zu schrecken ver mag, nicht hincinsinden. Daran aber, daß sich die Zeiten in so verhängnisvoller Weise für die englischen Diplomaten ge ändert haben, ist Grey nicht schuld. Zwar ist der reiche Ge winn. den er seinen Landsleuten aus diesem Kriege prophe- zeit hat, bisher ausgeblieben, aber kann er etwas dafür, daß die englische Flotte, was doch von vornherein für jeden Eng länder ausgemacht war, Hamburg nicht beschossen hat und die ebenso sicher erhoffte Aushungerung Deutschlands auch keine Fortschritte machen will? Ist es seine Schuld, wenn Kitchener an die Offensive auf dem Balkan erst dachte, als nur noch im besten Falle eine Defensive möglich war und die Balkan staaten schon längst die Erfahrung gemacht hatten, wie es tatsächlich um Englands Macht bestellt ist? Es ist nicht rich tig, wenn die englische Presse die Diplomaten des Vicrver- bandS beschuldigt, in Athen und Sofia ihre Trümpfe zu spät ausgespielt zu haben, sie haben sich, wie man weiß, alle Mühe gegeben, das Spiel zu gewinnen. Wenn es ihnen nicht gelungen ist, so liegt bas einfach daran, daß sic schon längst keine Trümpfe mehr in der Hand hatten. Jetzt hat es sich eben mit aller Deutlichkeit gezeigt, daß dieser Krieg mit diplomatischen Kniffen überhaupt nicht ge wonnen werden kann. Man fängt an in England, in diese Erkenntnis hineinzuwachsen, und ist nun. was ja begreiflich ist, recht ungehalten, um so mehr, als täglich klarer wird, daß auch die rein militärischen Anstrengungen Englands schwerlich genügen werden, die Wendung hcrbcizusühren. Erst kürzlich haben die „Daily News" eine Berechnung von sachverständiger Seite veröffentlicht, aus der hcrvorgcht, daß auch durch die allgemeine Wehrpflicht Großbritannien im besten Falle noch dreiviert^l Million Mann ausstellen und sic nicht vor dein Juli nächsten Jahres ausgebildct haben könnte. Es dürfte auch in England wenig Leute geben, die daran glauben, daß nur diese dreivicrtel Million bisher gefehlt haben, um den Krieg zu einer glücklichen Entscheidung für den Vicrvcrband zu bringen, und has ist der Grund, weshalb drüben der Jammer über die diplo matische Niederlage so groß ist. Militärische Schlappen er trug man in guter Haltung, militärische und diplomatische Mißerfolge zusammen stören das seelische Gleichgewicht der Cityleute. Es wird Grey nicht ganz leicht fallen, dieses Gleichgewicht wieder herzuslellen und seine alte Theorie von dem segensreichen Einfluß dieses Krieges aus die Bilanz seiner Mitbürger aufrechtzuerhalten. Ein bulgarisches Wrünbuch. b. Die Südslawische Korrespondenz meldet aus Lvsia: Nach einer halbamtlichen Mitteilung bereitet das Ministe rium des Aeußern die Veröffentlichung eines Grün dliches vor, das alle amtlichen Schriftstücke über die Verhandlungen Bulgariens mit den Mächten, insbesondere anch über die letzten Verhandlungen in der mazedonischen Frage, enthalten ivird. Das bulgarische Grünbuch wird bereits in den nächsten Tagen erscheinen. Trinksprnch König Ferdinands auf Kaiser Wilhelm II. Der Korrespondent des „Secolv" in Saloniki sprach mit den aus Sofia znrückkehrenden Gesandten des Vier verbandes. Die Diplomaten erzählten, daß K ö u i g F e r - dinand bei der Festtafel zu Ehren Wangeuheims dem Trinkspruch aus Kaiser Wilhelm durch Zer schmettern seines Glases eine größere Feierlich keit gegeben habe. Der Bulgarenhaß in Serbien. b. Der in Sofia eingetrvffene bulgarische Ge sandte in Nisch Tschapraschikvw erzählte folgendes: In den letzten vierzehn Tagen benahmen sich die Serben mir gegenüber herausfordernd. Ich war ein Gefangener, ich hatte weder Beivegungs- noch Verkehrsfreiheit. Diese Gefangenschaft war mir aber willkommen, da ein Aiisgehen immer gefährlich war. Denn erst vor kurzem haben die Serben meinen LegntivnSdiener gemartert und ihm den Schädel gespalten, und das auf offener Straße. Nur unserem Ministerpräsidenten habe ich es zu verdanken, daß ich unverletzt nach Sofia kam. Radvslaivviv hat mir nämlich offen depeschiert, er lasse den serbischen Gesandten nicht aus Sofia, bis ich unverletzt bulgarischen Boden be treten hätte. Heber die politische Lage läßt sich sagen, daß in Serbien allgemeine Niedergeschlagenheit und tiefste Enttäuschung eingetretcn ist. Von der Entente er hofft man keine Hilfe mehr. Gegen die Griechen beginnt sich Groll zu zeigen. Italien und Griechenland. b. Die römischen Blätter fordern energisch, daß Ita lien sich so bald ivie möglich an den Operationen aus dem Balkan beteiligt. Die Stimmung in Italien gegen Griechenland wird immer gereizter. Die Blätter er klären, wenn Griechenland seine Undankbarkeit noch weiter treibe, wünsche Italien, alle Rücksichten fallen zn lassen und diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die für alle Even tualitäten erforderlich seien. Die Politik des Kabinetts Zaimis. b. Die Wiener „Allgem. Ztg." meldet auS Athen: Zaimis übersandte den Vertretern Griechenlands im Auslande eine Runddcpeschc, worin die von dem neuen Kabinett zu befolgende auswärtige Politik zur Kenntnis gebracht wird. Danach ist die griechische Regierung ent schlossen, auS ihrer Neutralität nicht hcrauözutreten. Die Mobilisierung Griechenlands werde so lange nicht rück gängig gemacht iverden, als nvch die Gefahr vorhanden ist, daß durch die Ereignisse des Weltkrieges die Lebensinter- esscn Griechenlands berührt werden könnten. Ein Krieg mtt den Mittelmächten soll unbedingt ver, mieden werden. Der richtige Hamilton. „Manchester Guardian" berichtet, daß nicht General Jan Hamilton, sondern Brigadcgencral A. Hamilton in Saloniki eintraf, der besondere Erfahrung im Landen von Truppen besitzt. sW. T. B.j Keine Aenderuug im bulgarischen Kabinett. b. Die Nachricht, der bulgarische Finanzmtnister Ton- sch eff habe seine Demission gegeben, ist völlig un richtig. Weder der Finanzministcr noch ein anderes Mit-> glied deS Kabinetts beabsichtigt, zurückzutreten. Japan nnd Italien dem Londoner Abkommen nicht beigetrctcn? Das Wiener „Deutsche Volksblatt" erfährt über Kopen hagen. daß. entgegen anderslautenden Veröffentlichungen. Japan und Italien dem englisch-sranzösisch-russischen Abkommen, nur gemeinsam Frieden zu schließen, bisher nicht beigctreten seien. („Magdcb. Ztg."f l Tsasonow über die Ereignisse am Balkan. i>. Nach Eintreffen des Berichts des russischen Gesandten in Athen fand in Ssasonows Privatwvhnung eine Be ratung sämtlicher Minister statt. Lsasonow äußerte, die griechischen Ereignisse seien der grüßte Erfolg der deutschen Diplomatie. Die Landung in Saloniki sei nach dem Rücktritt Venizelos' eine verfehlte Aktion. Die Lage des Landungskorps sei verzweifelt. Nach dein Mi- nisterrat wurden die Pressevertreter cmpsangen und in formiert. Ssasouow verbreitete ferner durch die Telcgra- phenagentur eine Darstellung der diplomatischen Balkan aktionen, die den Beweis versucht, daß die diplomatische Niederlage Rußlands durch die militärischen Mißerfolge