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Schönburger TngMM und Waldenburger Anzeiger «^s Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonntag, den 18. Juli 1880 18» Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Lolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. "Waldenburg, 17. Juli 1880. Krieg unter Republiken. Der in Süd-Amerika zwischen der Republik Chile und den Schwester-Republiken Peru und Bolivien nunmehr fast seit zwei Jahren andauernde Krieg scheint nach den neuesten aus Buenos-Aires einge troffenen Nachrichren seinem Ende nahe zu sein. Das Streitobject zwischen den drei Republiken bildete die von jeher sowohl von Bolivien, wie von Chile beanspruchte, bisher unter bolivianischer Ober hoheit stehende Provinz Atacama, in welcher chile nische Kaufleute große Silberminen und Salpeter lager besitzen. Diese erklärte Bolivien zu Anfang des Jahres 1878 plötzlich für bolivianisches Staats eigenthum, wodurch der Anlaß zu einem offenen Conflicte gegeben war. Die Chilenen besetzten nun, ehe die Bolivianer über die Cordilleren zum Schutze Atacama's herbeizueilen vermochten, diese Provinz, und von ihr aus auch die übrige bolivianische Küste in ihrer ganzen Länge bis an die Grenze Peru's heran. Damit war aber auch der Republik Peru, die das kleinere Chile schon seit langer Zeit mit eifer süchtigen Augen überwachte, die Gelegenheit zum Eingreifen in die zwischen Bolivien nnd Chile be stehenden Zwistigkeiten geboten. Doch der Beschluß einer Mobilmachung war in Bolivien und Peru leichter gefaßt, als ausgeführt. Dazu kam, daß die Chilenen in Atacama nicht anders als von Norden her, durch die an Wasser und Lebensmitteln ganz außerordentlich arme Provinz Tarapaca, angegriffen werden konnten. Der Krieg spielte sich deshalb bis zum 9. Oc tober vorigen Jahres ausschließlich auf dem Meere ab, bis es den Chilenen an diesem Tage gelang, ihren verbündeten Feinden das Thurmschiff „Huascar" abzunehmen, das bisher jede Landung feindlicher Truppen auf peruanischem Gebiet verhindert hatte. Am 2. November schiffte die chilenische Flotte die ersten Truppenabtheilungen bei Pisagua, einer peru anischen Küstenstadt der Provinz Tarapaca aus. Dadurch aber schoben sich die Chilenen zwischen die beiden feindlichen Heere, von denen das bolivianische bei und in der Stadt Tacna, das peruanische bis zu der Stadt Jquique hin Aufstellung genommen hatte. Während die chilenischen Truppen von Pi sagua aus dann langsam und unter unsäglichen Schwierigkeiten ihren Feinden entgegenrückten, wurde am 10. April Callao, der erste Hafen Perus, durch die Blokade gesperrt. Die Beschießung selbst, die anfänglich der belagerten Stadt und Festung nur wenig Schaden zufügte, begaunerst am 22. defs. M. Auf dem Lande war zunächst die Stadt Pisagua nach hartem Kampfe von den Chilenen genommen und bald darauf die eine von General Buendia commandirte Abtheilung des peruanisch-bolivianischen Südheeres am Alto de San Francisco geschlagen worden. So kam die ganze Provinz Tarapaca mit allen ihren Guano- und Salpeterschätzen in die Gewalt der Chilenen. Nach der Einnahme von Piiagua fielen die Stäbe Moquegua, Calama, Tacna und endlich am 7. v. Mts. Arica nach blu tigen Kampfe in die Hände der Chilenen. So hat sich das Uebergewicht Chile's über Bolivien und Peru als völlig unzweifelhaft gezeigt und Chile ist in der Lage, den Frieden dictiren zu können. Bereits ist vor Callao, der wichtigsten Hafenstadt Perus, ein chilenisches Geschwader ange kommen, das die erforderlichen Truppen zur Cer- nirung der Stadt, auch von der Landseite her, zu landen bereit ist, falls die Verbündeten die Friedens bedingungen nicht annehmen wollen. "Waldenburg, 17. Juli 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Central-Ausschuß für das Fünfte allgemeine deutsche Turnfest in Frankfurt a. M. hatte zum Besuch des Turnfestes Einladungen an den deutschen Kaiser, den Kronprinzen, den Reichs kanzler, an die Minister des Innern und Krieges ergehen lasten. In den letzten Tagen sind die Ant wortschreiben eingegangen. Aus dem kaiserlichen Civilcabinet wird gemeldet, daß der Kaiser mit gro ßem Interesse von der Mittheilung Kenntniß ge nommen, für die Einladung bestens danken, jedoch bedauern müsse, derselbe keine Folge geben zu kön nen, da das Fest in die Zeit der Badekur in Ga stein falle. Der Reichskanzler hat in folgendem eigenhändigen, an den ersten Präsidenten des Central- Ausschusses, Herrn Oberbürgermeister vr. Miquel, gerichteten Schreiben geantwortet: „Friedrichsruh, den 12. Juli 1880. Euer Hochwohlgeboren bitte ich, dem Centralausschuß meinen verbindlichen Dank übermitteln zu wollen für die Einladung, die er mir zur Feier Hal zugehen lassen. Ich würde der selben um so lieber folgen, als ich den Festort, in welchem ich acht glückliche Jahre verlebt habe, seit einer langen Reihe von Jahren nicht wieder besuchen konnte, und bedaure lebhaft, daß mein Gesundheits zustand mir diese Freude versagt, v. Bismarck." Auch die anderen Minister haben unter Danksagung abgelehnt. Von dem deutschen Kronprinzen ist eine Antwort noch nicht eingetroffen. Die Reise um die Erde, welche Prinz Heinrich auf dem „Prinz Adalbert" in einigen Wochen be endet haben wird, soll in einem Werke beschrieben werden, besten Abfassung den Gelehrten der Expe dition zusallen wird. Es wurde zu diesem Zwecke vom Tage des Auslaufes an Material gesammelt, dessen Sichtung und Verarbeitung bald nach dem glücklichen Einlaufen oes „Prinzen Adalbert" begin nen dürfte. Prinz Heinrich wird nach seiner Rück kehr im Schlosse zu Kiel Aufenthalt nehmen; ein Besuch der Universität Straßburg seitens desselben ist bisher nicht in Aussicht genommen. Die dem Reichstage gemachte Vorlage wegen der zweijährigen Budget- und vierjährigen Legis laturperiode ist bekanntlich nicht zur Berathung gelangt. Nachdem man sich im Bundesrathe über die Stimmung des Reichstages orientirt hatte, ist der Gedanke, diese Vorlage durchzubringen, ganz fallen gelassen worden. Indessen bleibt der Plan, der von vielen Seiten im Reichstage nicht unsym pathisch ausgenommen worden war, nämlich eine Verlängerung der Legislaturperioden eintreten zu lassen, noch auf dem Programm des Bundesrathes, und es ist nicht unmöglich, daß nach dieser Richtung hin früher oder später die Einbringung eines dahin gehenden Gesetzentwurfes erfolgen wird. Frankreich. Da haben wir's. Gambetta hat die bösen Geister heraufbeschworen. Rochefort erklärt in der zweiten Nummer seines Blattes (die erste Nummer war in 139,000 Exemplaren verkauft worden), die Haupt gefahr, welche die Republik bedrohe, sei Gambetta. England. Bezüglich der Floltendemonstration läßt sich der „Standard" schreiben: Wenn eine Flottendemon stration beschlossen, so würden Deutschland und Oesterreich je ein Panzerschiff stellen, aber nicht sich an activen Operationen betheiligen und die Zerstö rung der Türkei nicht zugeben Schweden. Auf einer Reise, die der König vor Kurzem in den Provinzen Smaaland und Oestergötland ge legentlich der Eröffnung einiger Bahnstrecken unter nahm, erschienen auch Zeitungsreferenten, die sich bescheiden in den Bahnhöfen im Hintergrund hielten. Der König schien dies bemerkt zu haben, denn er fragte einen der Eisenbahndirectoren, wo denn die Referenten der Zeitungen placirt seien. „In einem Salonwagen der ersten Klasse, Euer Maje stät", antwortete der Beamte. „So ist es recht", erwiderte der König, „so muß es sein, denn sie sind die Repräsentanten der dritten Macht im Staate". Russland. General Skobelew berichter aus Bami: Der nach Bendessen commandirte Arzt Studitzky mit einer aus 12 Kosacken bestehenden Escorte wurde am 3. d. M. von 300 Tekkinzen überfallen. Die Kosacken vertheidigten sich 8 Stunden lang. Eine herbeige eilte Compagnie Infanterie zerstreute die Tekkinzen. Studitzky und 2 Kosacken sind todt, 5 verwundet. Die Tekkinzen ließen 4 Todte und zahlreiche Waf fen zurück. Dieselben waren von einer unbekannten, europäisch gekleideten Persöhnlichkeit befehligt. Der Kaiser verlieh sämmtlichen übriggebliebenen Kosacken den Militärorden. Rumänien. Nachträglich ist Rumänien noch mit Rußland in Streit gerathen. Gegen die von Rumänien wider die russische Regierung erhobene Schaden ersatzforderung von 14 Millionen Francs wegen Beschädigung der rumänischen Straßen durch die russische Armee, ist seitens des russischen Commissars, Fürsten Obolenski, geltend gemacht worden, daß die rumänische Regierung ihren bezüglichen Anspruch vor 2 Jahren auf nur eine Million Francs be ziffert habe. Türkei. Der deutsche Botschafter, Graf v. Hatzfeld, hat am 15. d. als Doyen des diplomatischen Corps in Konstantinopel der Pforte die Colletivnote der Botschafter der sechs Mächte überreicht. Ueberall steigt der Deutsche im Ansehen. Aus Konstanttnopel wird gemeldet: Den persönlichen Wünschen des Sultans, ihm deutsche Offiziere und deutsche Finanzverwaltungs- und Justizbeamte zur Förderung der administrativen Reformen in der Türkei zu überlassen, wie dies bezüglich der Offiziere schon früher geschehen, würde deutscherseits entgegen- kommendst entsprochen. Von den Beamten ist bereits RegierungSrathWettendorf(Coblenz) hier eingetrosfen. Amerika. Für Amerika blüht der Weizen. Nach dem vo.n landwirthschaftlichen Bureau in Washington in diesem Monat veröffentlichten Bericht beträgt der Stand der Baumwollernte 100 Procent und übersteigt damit den Durchschnittsstand mehrerer vorhergehen den Jahre; der Stand der Getreideernte stellt sich gleichfalls auf 100 Prozent und erreicht damit ebenso den seit mehreren Jahren vorgekommenen höchsten Durchschnittsertrag. Asien. Ueber die Pläne Rußlands, falls es wirklich zum Krieg mit China kommen sollte, wird der „Neuen Freien Presse" Folgendes mitgetheilt: Das fortwährende Absenden von russischen Kriegsfahr zeugen nach den chinesischen Gewässern und der Marsch von russischen Truppen »ach dem Amurge biete und der ostsibirischen Küste läßt nun keinen Zweifel mehr darüber, daß man in Petersburg fest entschlossen ist, wenn der Krieg mit dem chinesischen Nachbar eine unabweisliche Nothwendigkeit werden sollte, den Feind diesmal sogleich im Herzen seines