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MsdrufferTageblatt Montag, den 28. April 1936 Rr 98 — 89. Jahrgang für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzri,rnprri,: di« 8 ycspaltrne Raum,eile 20 Rxsg.. die 1 gespaltene Zeile d«r amtlichen Bedanatmachnnlien 40 iiatch» d>« 2,«spalt«»« Reklamezrile im Itzllichen Teile I Reichamaed. Nachweis»»,«gebühr 20 Neichspsennig«. »». geschriebene Eiicheivung«. _ _ taa« »»d DladvorschrMev .bnden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b^i-öfichu«,. «n^i^ an»ahmebtsvorm.10Uhr. — — FK, Richtigkott de' durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Aabattanspruch erlischt, weu« der Betragd«^ «läge eingezogen »erden muß oderderAustraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen olle Dermittluugvstelleneut-egen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ' 3->i?all-höh«rn cs «wall. Krieg od«r ,onsti,krB-lr>-d«stö«u^b-^ht»->n«n^c^°u^ »n Zrit»ng oder Kürzung de- B-zug«prrt,k«. — Nücksrndung ringrsavdtrr Schriftstück- ersalgt nur, wcnn Das Wilsdruffer Taaeblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschaft Meißen, des Amts ¬ gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. T°l°gr..AdrL .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Helft Feuer verhüten! Feuerschutzwoche vom 27. April bis 4. Mai Oer Ausweg. Im politischen Leben ist es für jede Partei eine im Grunde genommen recht undankbare Sache, über em her vorragendes Parteimitglied eine Art Scherbengericht zu veranstalteten ,und ganz undankbar wird sie, wenn es sich dabei gleich um eine ganze Anzahl Mißliebiger handelt. Taher ist es denn auch bei der V o r st a n d s st tz u n g der Deutschnationalen zu einem Kompromiß gekommen, das freilich eine wirkliche Lösung nicht darstellt, aber — niem aridem wehe tut. Die Mehrzahl der Vorstandsmitglieder sind Anhänger des Partewor- sitzenden und seiner schärferen politischen Richtung; daher wird das „Bedauern" darüber ausgesprochen, daß die Mehrheit der Reichstagsfraktion dem Parteiführer die Gefolgschaft versagte, aber — man „bedauerte" es eben nur und es kam nicht zu radikaleren Beschlüssen. Man unterstrich in der Entschließung, die gefaßt wurde, das Oppositionsverhältnis zur Regierung Brüning, erklärte es als Verstoß gegen die politischen Richtlinien zur Gesamthaltung der Partei, das jetzige Kabinett zu unterstützen — wie überhaupt diese Ableh nung sehr deutlich zum Ausdruck kam —, aber überlaßt der Partei- und Fraktionsführung eine abweichende Stel lungnahme von dieser Gesamthaltung der Partei „in be sonderen Ausnahmefällen". Mit einer Einschränkung allerdings: die Fraktion soll bei allen wichtigen Ent scheidungen im Parlament geschlossen aus» treten, soll so stimmen, wie es Partei- und Fraktions vorstand bestimmen; wer von den Fraktionsmitgliedern dann nicht milmachen will, mag dies durch Fernbleiben von der Abstimmung dokumentieren, nicht aber durch emc entgegengesetzte Stimmabgabe. Dieses Fernbleiben ist übrigens eine in allen Fraktionen seit langem übliche Art °es stummen Protestes; aber man will dann eben einem Fraktionsbeschluß nicht cntgegenhandeln. , Ein Beschluß also, der erst für die Zukunft gelten soll, und unnötig ist es daher, heute darüber zu sinnieren, ob und wann nun die Probe aufs Exempel gemacht wird. Natürlich ist man in den agrarpolitisch orientierten Kreisen der Partei nicht sehr erbaut davon, daß ihren Berufs- genossc» nun auf der Vorstandssitzung ein leiser Tadel in Gestalt jenes „Bedauerns" erteilt wurde, und sie lassen burchülicken, daß sie auch künftighin von diesen Abgeordne ten keine andere Stellungnahme erwarten. Nun sind in der Entschließung aber auch ganz b e st i m m t e F o r d e ru n - gen zum Agrarprogramm, zur Osthilfe, zur zu künftigen Handelspolitik erhoben worden, alles Dinge also, die sehr schnell einer Entscheidung entgegenreifen. Dann aber soll Partei- und Fraktions vorstand über die Hal tung und die Stimmabgabe der deutschnationalen Reichs tagsabgeordneten das bestimmende Wort sprechen — und dann sind neue Konflikte nach Art der vergangenen natür lich nicht ausgeschlossen, weil dann die Frage wieder bren nend wird, wie weit man die prinzipielle Opposition zum Kabinett Brüning treiben will, bzw. vom Parteivorstand getrieben werden wird. In politischen Kreisen, außerhalb der Fraktion, zweifelt man freilich daran, daß sie sich solchen Beschlüssen restlos fügen wird, die ja herbeigeführi werden würden von zum Teil nicht dem Reichstag ange- hörendcn Parteimitgliedern. Aber auch in deutschnatio nalen Prcßorganen selbst — soweit sie den „Ja"-Sagern nahestchen — ist schon mehr oder minder deutlich dagegen Protestiert worden, die Abgeordneten „zu bloßen Mario netten hcrabzudrücken, deren Aufgabe mit der Abhal- wng von Wahlversammlungen und der Strapazierung der Parlamcntstribünen erschöpft wäre". Nun, so einfach auf Schwarz und Weiß eingestellt sind ia die parlamentarischen Machtkämpfe nicht; Einflüsse »von draußen her" strömen breit herein und im Reichs- lvird selten eine Suppe so heiß gegessen, wie sie aus den Tisch des Hauses oder der Fraktionen gebracht wird, ^o haben — einfach aus ganz „unpolitischen" Gründen — vie Teutschnationalen, obwohl Opposition, doch ohne jeg- >che Ausnahme dem Kabinett Brüning das Agrarpro- bewilligt. Bei der Osthilfe wird es ebenso sein und dort ist die Abhängigkeit ihrer finanziellen Erfüll- ^"t vom Etat, also von der Steuer- und Finanzpolitik -.s Kabinetts Brüning, womöglich noch stärker als beim ugrarprogramm. Selbstverständlich hat durch diese „Krisenvertagung" /'.der Deutschnationalen Volkspartei die parlamen- arpche Grundlage des Kabinetts Brüning nicht gerade nm ^^mehrte Sicherheit erlangt; die Mehrheitsvcrhält- . M bleiben nach wie vor in unsicherer Schwebe. Trotz- Prophezeien die parlamentarischen Auguren, daß es wm^^ierung Brüning gelingen wird, sich durch diese ""Mttheiten zum mindesten bis zum Herbst hindurch- ouwvieren. Aber man kann diesen Prophezeiungen — Überhaupt den meisten Voraussagungen über die Tuttlge innenpolitische Entwicklung — wohl nur da- "yerzwort entgegenhalten: „Denn erstens kommt es »nders und, zweitens, als man denkt." Briand über Paneuropa Oer europäische Friede. Von Aristide Briand. Frankreichs Außenminister gibt in diesem Artikel seinen Gedanken über die von ihm pro pagierte Idee einer Vereinigung der europäischen Staaten zur Friedenswahrung und Förderung der allgemeinen Wohlfahrt interessanten Aus druck. Die Absichten Briands, deren Ausführung sie sicher noch bedeutende und beachtenswerte Hindernisse in den Weg stellen dürsten, gewinnen in dem Augenblick, wo er einen Fragebogen an die europäischen Regierungen in gleicher An gelegenheit versendet, besondere Bedeutung. Um den Frieden verwirklichen zu können, mutz man an thn glauben. Man mutz sich hüten, blind an ihn zu glauben, und doch mutz der Glaube in tiefster Seele verankert sein; denn wenn man bei aller Ehrlichkeit und bei dem besten Willen den Hintergedanken beibehält, daß ein Krieg aus die Dauer un vermeidlich ist, kann man sich nicht wirklich auf den Boden der Friedens-Verhältnisse stellen. Viel mehr wird man dann beinahe gegen den eigenen Willen, fast unbewußt, dazu verleitet, Methoden in Betracht zu ziehen, die in ihrer Gesamtheit letzten Endes die größte Gefahr des Krieges bilden. Ein Ereignis tritt ein, Strömungen bilden sich, eine mystische Begeisterung wird erweckt, und die Regierungen sind zur Hilf losigkeit verurteilt. Bevor noch die Völker sich über ihre eigenen Gefühle klar werden können, bricht der Krieg aus und die Länder werden mt't Blut und Trümmern bedeckt. Man kann nicht zweifeln, daß sich dies so lange man sich entschließt, Richter über man es über einzelne Menschen tut. Freilich kann man sich wohl nicht zum Richter über eine Politik aufwerfen, da jedes Volk das Recht hat, sich zu der Politik zu bekennen, die seinem Wesen entspricht. Ich bin auch weit davon entfernt, nicht einzusehen, daß ein junges, starkes, fried liebendes Volk, dessen Kräfte innerhalb seiner Landesgrenzen anschwcllen, leicht dazu neigt, sich große Pläne für seine Zu kunft auszumalen. Ich könnte es verstehen, wenn ein solches Volk in einem Augenblick lebhafter Empörung für gewisse Handlungen und Ereignisse, die es aufs tiefste ausrührten, diesem oder jenem fälschlicherweise die Verantwortung zu schiebt und sich dann zu einer unüberlegten Handlung, zu einer Dokumentierung seiner Gefühle hinreißen läßt. Und "doch gibt es einen Punkt, an dem man haltmachen muß. Es gibt Regeln, die zwischen Völkern gelten, so aufgewühlt sie auch durch ihre innere Politik und die berechtigten nationalen Sorgen sein mögen. Die größte Garantie des Friedens ist die den Völkern ge botene Möglichkeit, ja, der ihnen auferlegte Zwang, vor Ausbruch eines Krieges miteinander zu verhandeln. Jeder Vertrag, jede Übereinkunft, die die Möglichkeit einer über legten, friedlichen Diskussion enthalten, geben den Völkern die unschätzbare Sicherheit, daß sie nicht plötzlich durch den Einfluß unvorhergesehener Ereignisse in den Strom blutiger Kriege hineingerissen werden. Man braucht nur die Seiten der Geschichte zu durchblättern Sooft Konflikte am Horizont der Völker auftauchten, ist in den« Augenblick, in dem man miteinander in Berührung kam, sich in Besprechungen und Verhandlungen einlieb, sobald Versuche der Vermittlung und der schiedsgerichtlichen Entscheidung aus tauchten, der Krieg vermieden worden. Darum soll ein Weg frei werden, der der Weg des Friedens und des Fortschritts ist Wenn Europa sein wirtschaftliches und sein geistiges Gleichgewicht völlig wiedergesunden hat, wenn die Völker das Bewußtsein zurückgewinnen, werden sie in der Lage sein, von ihren Schultern die schwere Last abzuschütteln, die ihnen die Beunruhigung eines Krieges auserlegt. Sie werden an der Besserung ihrer Lage Mitarbeiten. Wirsind imBegrifs, einen neuen Geist herauszubilden. Dieser Geist wird nicht aus dem Kriege geboren sein, und er wird um so edler und um so großmütiger, um so bewundernswürdiger sein. Weil wir uns im vollen Bewußtsein unserer Verant wortung bemühen, keinen unsicheren Frieden, sondern einen festgefügten und dauernden vorzubcreiten, um uns vor der Rückkehr der Ereignisse, die wir durchlebt haben, zu schützen, eben weil wir einen solchen Frieden wollen, versuchen wir, seine wirklichen Bedingungen zu finden. Um den Frieden zu haben und ihn zu wahren, mutz man ihn wollen. Mau darf nicht dauernd an seine Zerbrechlichkeit denken. Man muß Vorsicht walten lassen, aber man darf nicht daran denken, daß alle Vorsicht nicht ausreicht, um Europa vor einem neuen Kriege zu schützen. Deutschland und Frankreich. Ein dauerhafter europäischer Frieden ist nicht zuletzt von dem Verhältnis von Deutschland und Frankreich abhängig. Frieden zwischen, diesen beiden Ländern bedeutet: Lie Reihe oer Zusammenstöße, die die Seiten der Geschichte mit Blut beflecken, ist beendet. Es ist zu Ende mit den langen Trauerschleiern über Leiden, vie niemals ihre Beruhigung finden. Es ist zu Ende mit den Kriegen, mit den brutalen und blutigen Lösungen unserer Meinungsverschiedenheiten. Die Differenzen sind allerdings nicht aus der Welt geschafft worden, aber von nun au ist cs der Richler, der Recht sprechen wird. Genau wie der Privaibürger seine Streit- fragen dem Richler unterbreitet, werden wir auch die unsrigen auf friedlichem Wege regeln. Der Friedensgedankc hat immer größere Fortschritte gemacht. Zwischen Deutschland und Frankreich haben sich manche Berührungspunkte ergeben. Jeden Tag geht man einen Schritt vorwärts, regelt eine Frage, löst ein Problem, sagen Opti misten, wenn sie von der Arbeit der Diplomatie sprechen. Nun, nicht alles ist so leicht, wie man eS sich vorstellt. Aber das Wesentliche ist, daß der gegenseitige gute Wille sich beweist. Man sucht nach Lösungen und findet sie schließlich, wenn man von der Liebe für sein Vaterland und dein glühenden Wunsch, ihm neue Katastrophen zu ersparen, beseelt ist. Europa Hal die Kriege satt. Es stirb« daran. Und wenn morgen durch irgendeinen Zufall, der sich ja immer ergeben kann, wenn man die Völker daran hindert, miteinander zu sprechen, ein neuer Krieg ausbrechen würde, so wäre das eine Katastrophe für die Besiegten wie für die Sieger. Ach, es ist so einfach, sich zurückzuhalten, abseits zu stehen, auf Ereignisse zn hoffen und energische und leidenschaftliche Reden zu halten ja, selbst vom Frieden mit Liebe und Wärme zu sprechen. Aber wirklich einen Schritt zum Frieden zu tun, etwas Greisbares zu gestalten, das ist schwieriger und viel gefährlicher für den Politiker, der es wag!. Ich will es wagen! Und noch eins! Wenn man den Frieden will, mutz man ihn planmäßig organisieren. Weil wir im Laufe der letzten Zeit seststellen konnten, daß der Frieden Fortschritte gemacht hat und daß eine Anzahl von Zwischenfällen, die früher sicher lich Anlaß zu kriegerischen Handlungen gegeben haben würden, friedlich geregelt werden konnten, habe ich das Gefühl, daß, wenn wir uns durch keine Schwierigkeiten — und es wird noch genügend geben — zurückwerfen und von keinem Hindernis zurückschrecken lassen, die morgen fortgesetzten Bemühun gen voil gestern von einem Erfolg gekrönt sein w-iden, der nicht der meine und nicht der unsrige, sondern der der ganzen Menschheit sein wird. Der Frieden ist eine große, aber be scheidene Idee. Er braucht zu seinem Erfolge ein großes Ver trauen. Er muß zu einem immer wieder erneuten Glaubens bekenntnis werden. Um den Frieden zu wollen, genügt es uicht, das Wort zu sprechen, man muß jede Gelegenheit ergreifen, nm ihm zu dienen. Darum ruje ich aus zur Organisation des Friedens von Europa!" „Graf Zeppelin" als Kußballgast. Begeisterte Aufnahme in London. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist am Sonnabend nachmittag auf dem Flugplatz Eardington glatt gelandet. Auf seiner Fahrt von der Küste nach London wurde ihm von riesigen Menschenmengen begeistert zugejubelt. Vor seiner Landung besuchte das Luftschiff das Fußball- stadion in Wembley, wo gerade ein großes Ent scheidungsspiel vor über 100 WO Zuschauern und in An wesenheit des Herzogs von Nork ausgetragen wurde. Das Spiel wurde für einen Augenblick unterbrochen, und Spieler und Zuschauer brachten dem Luftschiff be geisterte Ovationen dar. Zum Empfange des Luftschiffes hatte sich u. a. auch der deutsche Botschafter Sthamer in Begleitung des Lega- tionssckrctärs Feine in Cardington eingefunden. Als das Luftschiff von 200 britischen Fliegern und Hunderten von Arbeitslosen, die sich freiwillig zum Seilehalten ge meldet hatten, zu Boden geholt wurde, durchbrachen Tausende von Männern und Frauen, die am Rande des Landungsplatzes gestanden hatten, plötzlich die polizei liche Sperre und stürmten auf das Luftschiff zu. Die wenigen anwesenden Polizisten waren machtlos, und hätten nicht die britischen Flieger in aller Eile mit Seilen eine Notschranke errichtet, so wären zahlreiche Personen in ernste Gefahr gekommen. Beim Landen wurde ein großes Paket mit Postsachen ^abgeworfen, die von der Menge eifrig aufgesammelt wurden. Als dann die große Lür der Vorderkabine ge öffnet und aus ihr eine Aluminiumleiter heruntergelassen war, ging als erster der Kommandant des Luftschiffes, Kapitän Lehmann, von Bord. Er wurde vou einer An zahl von Freunden aufs herzlichste begrüßt, während die Menge in Beifallsrufe ausbrach. Der Kapitän äußerte sich über die Erlebnisse seiner Reise, die ausge zeichnet verlaufen sei. Das Wetter sei zwar etwas dunstig aber gut gewesen. „Wir flogen," sagte Kapitän Lehmann, „meistens etwa 1000 bis 1500 Fuß hoch und haben 1100 Kilometer in zehn Stunden zurückgelegt. Eines unserer interessantesten Erlebnisse war der Flug über Wembley, wo wir auf etwa 200 Fuß hernntergingen und über dem Boden zum Stillstand kamen." Der Flug über Wembley sei. wie der Kavitän ausdrücklich betonte, auf Einladung