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Großenhainer MlechilluW- L Mzeigtblatt. 72. Jahrgang Donnerstag, den 6. März 1884 Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, vierteljährliches Abonnement: am Schalter l M., durch den Voten ins Haus l M. 25 Pf., durch die Post l M. 25 Pf., durch die Post ins Haus l M. 50 Pf. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke sen. Inserate für die am Abend auszugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nicht anders bestimmt, durch Postnachnahmt erhoben. Konkursverfahren. Ueber den Nachlaß des am 25. Januar 1884 verstorbenen Schönfärbers Karl Friedrich Seip, von hier, wird heute am 3. März 1884 Vormittags 10 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Coinmissionär Herr Bernhard Bräuer hier wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 25. April 1884 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über dis Bestellung eines Gläubigerausschusses uno eintretenden Falles über die in K 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände auf den 31. März 1882 Vormittags 9 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 9. Mai 1882 Vormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Nachlaßvertreter zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung aufeilegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 29. März 1884 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zn Großenhain, am 3. März 1884. Veröffentlicht: Heinrich, Gerichtsschreiber. ! Die Schuldner zur Konkursmasse im Konkursverfahren über den Nachlaß des am > 25. Januar 1884 verstorbenen Schönfärbers Carl Friedrich Seip von hier werden hier- j durch aufgefordert, die rückständigen Beträge bis zum 13. dieses Monats im Geschäftslokal des Unterzeichneten — Johannisallee 504 Parterre — zu berichtigen. Großenhain, am 5. März 1884. Der von dem Königlichen Amtsgericht daselbst ernannte Konkursverwalter. B. Bräuer. Die Generalversammlung -es Großenhainer Breis-Vereins sür innere Mission soll Dienstag den 18. März Nachmittags 4 Uhr im Eckzimmer des „Hüte! üe 8sxe" zu Grohenhain abgehalten werden. Tages-Ordnung: 1) Statutenveränderung. 2) Justification der Jahresrechnung. 3) Errichtung einer Herberge zur Heimath. Der stellvertretende Vorsitzende. v. Standlfest. Grasverpachtnng. Die Grasnutzung auf dem Artillerie-Schießplätze bei Zeithain soll auf die Zeit vom 1. April 1884 bis 31. März 1885 an den Meistbietenden verpachtet werden. Hierauf Reflectirende wollen die bezüglichen Bedingungen bei dem Kasernenwärter Herrnsdorf daselbst einsehen und ihre Offerten bis 10. März 1882 Mittags 12 Uhr versiegelt und mit der Aufschrift versehen: „Grasverpachtung betreffend" dahin einsenden. Dresden, am 2. März 1884. Königliche Garnison-Verwaltung. Tagesnachrichten. Sachsen. Am 3. März, an welchem Tage in beiden Kammern Sitzungen stattfanden, berieth die erste Kammer den Gesetzentwurf über das Staatsschuldbuch. Die erste Deputation beantragte Ablehnung desselben, wenigstens zur Zeit, weil sie den Landtagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden zur Führung der mit der neuen Einrichtung verbundenen Geschäfte nicht für geeignet hielt, wogegen die zweite Deputation mit Ausnahme des Vicepräsidenten Hem pel die Annahme des Gesetzentwurfs befürwortete. Nach mehrstündiger Debatte wurden die einzelnen Paragraphen mit mehreren von der Deputation beantragten Abänderungen angenommen, deren wichtigste darin besteht, daß die zum Zwecke der Eintragung in das Staatöschulvbuch eingelieferten Rentenschuldverschreibungen nicht aufbewahrt, wie der Ent wurf will, sondern vernichtet werden sollen. Die Schluß- Abstimmung ergab die Annahme des Gesetzentwurfs mit 25 gegen 15 Stimmen. — Die zweite Kammer erledigte eine Anzahl Petitionen verschiedenen Inhalts. — Am Diens tag berieth die erste Kammer die Petitionen der Gemeinde Lindenau und Genossen um Abänderung des Wahlrechts in den Landgemeinden und nahm hierbei nach kurzer Debatte die Deputationsantröge an, welche dahin gingen, die Pe titionen der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen und die Staatsregierung zu ersuchen, in Erwägung zu ziehen, ob und in welcher Weise die zu Tage getretenen Uebelstände durch Erlaß besonderer Vorschriften für die volk reichen und industriellen Landgemeinden zu heben seien, die Staatsregierung auch unerwartet der von ihr auf die vor stehenden Anträge zu fassenden Entschließung zu ermächtigen, mit Zustimmung des Kreisausschusses schon jetzt zu ge nehmigen, daß Landgemeinden mit einer Bevölkerung von 4000 Einwohnern und aufwärts im Wege des Ortöstatuts ihre Verfassung nach Maßgabe der Bestimmungen der Städteordnung für mittlere und kleine Städte regeln, ohne hierdurch im Uebrigen ihre Eigenschaft als Landgemeinden zu verlieren. Ferner wurden ohne Debatte zwei Petitionen durch Beitritt zu den jenseitigen Beschlüssen erledigt. An der Centralschlachtstelle in Dresden ermittelte am Montag der geprüfte Trichinenschauer Vogelgesang in dem Fleische eines ausgeschlachteten Landschweines lebende Tri chinen in starker Zahl. Die behördliche Beschlagnahme der schädlichen Fleischwaare war die Folge davon. Wie man aus Bautzen berichtet, ist auf ergangene Er kundigung an maßgebender Stelle die Auskunft gegeben worden, daß nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften die Standesregister in deutscher Sprache zu führen und daher auch die Vornamen in deutscher Schreibweise ein- zutragen seien. Höchstens könne es für zulässig angesehen werden, daß auf Verlangen die wendische Form des Vor namens dem letzter» in Klammern beigefügt werde. Die seit 1877 in Aue leiuer der schönsten Gegenden unseres Erzgebirges) bestehende, gegenwärtig ven dem be währten Director Architekten Dreher geleitete deutsche Fach schule für Blecharbeiter zählt jetzt 40 Schüler, worunter sich auch viele Ausländer (aus Rumänien, Belgien :c.) befinden. Außer dem im Stundenplan vorgesehenen theo retischen und praktischen Unterricht sind auch Einzelfächer für das prakiische Arbeiten, speciell MetaVdrückcurse, ein gerichtet, welche stets freguentirt sind. Der genannte Director ertheilt bereilwilligst jede Auskunft. In Walddorf bei Eibau hat in der Nacht vom Sonn abend zum Sonntag ein 44jähriger Mensch, Karl Wilhelm aus Löbau, die beiden, drei- und neunjährigen Kinder seiner mit dem Schneidermeister Seifert dort verheiratheten Schwester mit einer Axt erschlagen. Wie der „Dr. An;." hierüber erfährt, waren die Eltern zu einem Vergnügen gegangen und halten dem Genannten die Kinder zum Be wachen überleben. Derselbe wird als trunksüchtig geschildert, war augenblicklich stellenlos und sollte aus dem Hause seiner- Verwandten entfernt werden. Ob ein Racheact oder eine That im Anfalle von Geistesstörung vorliegt, ist noch un klar. Der Mörder ist in Löbau verhaftet worden. i Nach einer weitern Meldung hat der Mörder schon längst darauf gesonnen, dem Gatten seiner Schwester einen tiefen Schmer; zu bereiten, weil er sich von ihm zurückgesetzt glaubte.« Bei den umfangreichen Erweiterungsbauten des Fabrik besitzers Schröder in Gölzern bei Grimma stürzte am Freitag Nachmittag ein Maurer aus der Umgegend von Leipzig, der erst Mittags in Arbeit getreten war, aus beträchtlicher Höhe so unglücklich herab, daß er sofort eine Leiche war. Der Verunglückle soll eine Frau und fünf Kinder hinterlassen. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich in der Nacht zum 29. Februar in Bischofswerda, indem der Lohgerber meister Rietzschel, welcher im höchsten Grade an Kurz sichtigkeit litt, in eine in seiner Werkstatt befindliche Grube gefallen ist und darin seinen Tod gefunden hat. Eine Blutvergiftung, welche schon nach einigen Stunden tödtlich wirkte, hat sich ein Knecht in der Gegend von Reichenbach i. V. dadurch zugezogen, daß er an der Hand erlittene leichte Verletzungen mit Petroleum einrieb. Der schleckte Scherz eines 12 Jahre alten Knaben in Plauen i. V. hat dem sechsjährigen Söhnchen eines dortigen Handarbeiters das Leben gekostet. Der Erstgenannte hatte vor mehreren Monaten für seine Eltern Soda geholt, unter wegs den kleinen Knaben getroffen und diesem vorgelogen, das sei Zucker; ihm auch ein Stück davon gegeben, damit er sick zu Hause Zuckerwasser machen könne. Der Kleine that dies, trank davon und wurde so schwer krank, daß er dieser Tage nach monatelangem Leiden sterben mußte. Einen schweren Verlust erlitt eine Familie in Sehma bei Annaberg, welcher drei Kiuder im Alter von 8'2, 6 und 3 Jahren an der DiphtheritiS erkrankt und gestorben sind. Als das Begräbniß des zuerst verstorbenen Kindes stattfand, verschieden die beiden anderen Kinder zu gleicher Zeit. Eigenthümlicherweise wurde die Familie bei diesem schmerzlichen Vorfall durch die Geburt eines Mädchens beglückt. Beim Gutsbesitzer Bauerfeind zu Kornbach i. V. brach am 1. März Nachts nach I Uhr Feuer aus, wodurch dessen Gehöfte, aus fünf Gebäuden bestehend, total zerstört wurde. Der Zimmerlehrling Wenig aus Rodau, den man im Gehöft erhängt ausfand, scheint der Brandstifter gewesen zu sein. Deutsches Reich. Nach dem Zusammentritt des Reichs- tages hält man eine kurze Vertagung der Plenarsitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses bis dahin für wahr scheinlich, wo der Reickstag die wichtigsten ersten Lesungen vollendet haben wird. Es ist übrigens auch in diesem Jahre wieder nicht nur der preußische Landtag, welcher mit dem Reichstage collidirt, sondern auck in den anderen größeren Bundesstaaten (Bayern, Sachsen, Baden) sind die Land tage noch mitten in der Arbeit. Wie die „Berl. Polit. Nachr." hören, ist der Antrag auf Verlängerung des Socialistengesetzes feiten der Reichs regierung beim BundeSrathe schon eingegangen, und zwar ! nickt, wie einige Blätter meldeten, sür 3'/2, sondern nur - für 2 Jahre. Die Molivirung des Antrags soll sehr ein- ! gehend gehalten fein und insbesondere Bezug nehmen auf ; die neuesten Vorgänge in Berlin, Wien, Buda-Pest rc. Die falsche Nachricht, daß Großfürst Michael von Ruß- - land dem deutschen Kaiser im Auftrage des Czaren einen Feldmarsckallstab überreicht habe, ist dadurch entstanden, ! daß der Großfürst beim Empfange mit emem prächtigen , Feldmarsckallstabe erschien, den Kaiser Wilhelm bewundernd - besichtigte. Der Kaiser besitzt übrigens längst einen kost- i baren russiscken Feldmarsckallstab, der ihm von dem ver- i storbenen Kaiser Alexander II. geschenkt wurde. Bei Berathung des Antrages der Abgg. Löwe und Windtborst auf Aufhebung sämmilicher Lotterien hat das preußische Abgeordnetenhaus den Antrag des Abg. v. Min- nigerode, die Regierung zu Bemühungen um Erlaß eines Reichsgesetzes wegen einer einheitlichen Regelung der ein zelnen Landeslotterien aufzufordern, angenommen. Im Uebrigen fährt das Haus in der am Montag begonnenen dritten Berathung des Etats fort. Oesterreich. Das Programm für die Orientreise des Kronprinzenpaares ist definitiv ftstgestellt. Die Abreise nach Konstantinopel erfolgt am 14. April, von wo ein Ausflug nach Brussa gemacht wird. Nach Varna zurückgekehrt, ist das nächste Reiseziel Rustschuk, wo der Kronprinz mit dem Fürsten Alexander von Bulgarien zusammentrifft. Sodann wird dem König Carol in Bukarest und dem König Milan in Belgrad ein Besuck abgestattet werden, worauf die Rückkehr nach Wien erfolgt. Italien. Die Deputirtirtenkammer genehmigte vorige Woche das Project zum Betriebe der Tabakindustrie durch den Staat und den Entwurf zur spätern Auszahlung der Summe, welche derselbe der Tabakregie infolge der Ueber- nahme dieser Industrie schuldig geblieben ist. Die Ernennung des Cardinals Ledochowski zum Secretär der Bittschriften, der selbstverständlich seinen Aufenthalt in Rom haben muß, wird als ein Entgegenkommen feiten des Vaticans gegen die preußische Regierung betrachtet. England. Die Wahlreformbill ist vom Unterhause am Montag in erster Lesung angenommen worden. Der Premier Gladstone theilte mit, die Regierung habe keme beunruhigenden Berichte von Gordon empfangen; derselbe sei noch in Chartum und gedenke vorläufig dort zu bleiben» Northcote verlangte eine klare Darlegung der Politik der Negierung. Lawson beantragte Vertagung des Hauses, um die Aufmerksamkeit auf die Sudanfrage zu richten, und prottstirte gegen den Krieg; der Antrag Lawson's wurde aber mit 150 gegen 103 Stimmen abgelehnt. — Im Ober hause erklärte der Staatssekretär Granville auf eine Anfrage, das Gerückt, es sei Befehl zum sofortigen Rückzüge der englischen Truppen von der Küste des rothen Meeres gegeben worden, für vollkommen unbegründet.