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Wkikmh-ZitW Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe „Weißekitz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- - tag und Sonnabends- Preis vierteljährlich 1 M. 26 Psg., zweimonatlich 84 Psg„ einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All- Postan- . «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Jnlerate, welche Sei de» bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Berbreitunä finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder vere» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag.—Einge sandt, im redaktionellen Theile, hi- Spaltenzeile 20 Pfg. ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Nr. 78. Donnerstag, den 4. Juli 1889. 55. Jahrgang. Seltsam politische Mophejeihllngen. Prophezeiungen werden im Allgemeinen mit größtem Mißtrauen ausgenommen und dies mit vollem Rechte, denn es wohnt ja keinem Sterblichen die Fähig keit inne, die Zukunft zu ergründen. Wenn wir nun trotzdem zweier Prophezeiungen in Bezug auf die Ent wickelung der politischen Dinge in Europa hier ge denken wollen, so geschieht es eben, um auf die selt samen Widersprüche in denselben hinzuweisen; gleich zeitig sollen diese angeblichen Prophezeiungen aber auch dazu dienen, um die Hoffnungen und Befürch tungen zu charakterisiren, welche in gewissen auslän dischen Kreisen herrschen. Die eine dieser Prophe zeiungen stammt aus Rom von einem italienischen Diplomaten, der in vertraulichen Kreisen erklärt hat, er könne die Vertrauensseligkeit der österreichischen Staatsmänner nicht tbeilen und kein einziger italie nischer Staatsmann gebe sich großen Friedenshoff nungen hin. Rußland habe jetzt gerade so angefangen wie vor Ausbruch des Orientkrieges im Jahre 1877. Erst begönne man mit den Truppenanhäufungen an der Grenze, dann brächen Unruhen in verschiedenen Theilen der Balkanhalbinsel los, und dann wäre der faktische Kriegsausbruch von Seiten Rußlands nur noch eine Frage der Zeit. Ueberhaupt könne kein Politiker und kein Militär annehmen, daß Rußland umsonst bereits die Hälfte seines Heeres mobil gemacht habe. Auch der Zar werde, gerade wie sein Vater, auf die Dauer der russischen Kriegspartei nicht wider stehen können, und der Kriegsausbruch im Herbst oder Winter sei wahrscheinlich. Im Grunde genommen ähnlich, aber doch im Gedankengange sehr abweichend prophezeit die französische Zeitung „Siöcle" den Kriegs ausbruch, und erwähnen wir zur Charakteristik der französischen Prophezeiung, daß der „Siöcle" mit französischen Ministerkreisen Verbindungen unterhält. Nach dieser Prophezeihung ist der Kriegsausbruch zwischen Deutschland und Frankreich und Rußland und Oesterreich unvermeidlich. Kleine Ereignisse an den Grenzen oder Streitigkeiten Deutschlands mit der Schweiz und Unruhen in Serbien oder Bulgarien würden indessen schwerlich einen Kriegsausbruch her- beisühren, denn kein Staat sei davon überzeugt, daß er wirklich den Gegner bezwingen werde. Das furcht bare Verhängnißjahr werde aber wahrscheinlich das Jahr 1891 sein, wo der deutsch-französische Handels vertrag ablaufe und Frankreich auf Mittel der wirth- schastlichen Schwächung Deutschlands bedacht sein werde, was man sich dann natürlich im Deutschen Reiche nicht ruhig gefallen lassen werde. In echt französischer Manier knüpft der „Siöcle" an seine Prophezeihung die Befürchtung, daß die deutschen Rüstungen bis zum Jahre 1891 die französischen vielleicht übertroffen haben könnten. Der Sieg werde aber wohl dennoch den Franzosen bleiben, weil sie das meiste Geld hätten und den Krieg am längsten aushalten könnten!? — „Dem Weisen ist's genug!" sagt der Lateiner. Denn in Deutschland wußte man ja schon vor der famosen Prophezeihung, daß die Franzosen den Krieg anfangen werden, sobald sie sich stark genug halten. Ganz ähn lich wird man in Rußland kalkuliren, nur ist in Peters burg das Rechenexempel etwas schwieriger, da man es schließlich mit zwei oder gar drei Gegnern zu thun haben wird. Ob das Exempel in einem halben oder in zwei Jahren stimmen wird, sagen deshalb auch die Prophezeihungen nicht genau. Lokales rmd Sächsisches. Dippoldiswalde. Am 1. August wird Herr Be zirksschulinspektor Mushacke unsere Stadt, in der er seit I.Oktbr. 1874, seit dem Inkrafttreten des sächsisches» Volksschulgesetzes, wohnt, verlassen, um in gleicher Eigenschaft nach Döbeln versetzt zu werden. — Bei dem hiesigen Vorschuß-Verein wurden im Monat Juni 39,173 Mark 69 Pf. vereinnahmt. darunter 6358 Mark zurückgezahlte Vorschüsse, die Ausgabe betrug 33,939 Mark 45 Pf., worunter sich 19,145 Mark gegebene Vorschüsse befinden. — Der Dresdner Radfahrerverein beabsichtigt, sein diesjähriges Sommersest Mitte dieses Monats in Dippoldiswalde abzuhalten. — Die von dem Direktorium des Landesobstbau vereins für das Königreich Sachsen für die Zeit vom 5. bis mit 7. Juli in Aussicht genommene Beeren obstausstellung findet nicht statt, ist vielmehr auf ein günstigeres Jahr verschoben worden. , — Auch in diesem Jahre sind die einzelnen Truppen- theile seitens der kgl. Generalkommandos angewiesen worden, den gestellten Anforderungen entsprechend und soweit es mit den dienstlichen Interessen sich verein baren läßt, Mannschaft zu Erntearbeit zu komman- diren. Die bezüglichen Anträge find an die betreffen den Regimentskommandos unter genauer Angabe der Zeitdauer rechtzeitig einzureichen. Schmiedeberg. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Juni in 34 Posten 4474 M. 69 Pf. ein gelegt, dagegen in 20 Posten 3140 M. 52 Pf. zurück gezahlt, überhaupt 9253 M. 79 Pf. eingenommen und 9886 M. 92 Pf. ausgegeben. -j- Frauenstein, 2. Juli. Durch das langanhal- tendc prächtige Wetter ist die Heuernte in der hie sigen Gegend ungemein gefördert worden. Gestern Abend ging ein Gewitter gnädig über unsere Stadt und brachte erwünschte Abkühlung der drückenden Tem peratur und den verschmachtenden Pflanzen Erquickung. Es kommt der zur Zeit noch anhaltende Regen ganz besonders den vor Kurzem gepflanzten Kraut- und Rübenpflanzen recht zu Gute. Auch den durch den Sonnenbrand fast versengten Wiesen dürfte er sehr heilsam sein, so daß man sich der Hoffnung hingeben kann, seiner Zeit auch Grummet als „Nachfutter" ernten zu können. Wenn, wie wir hoffen, nach ein bis zwei Tagen sich wieder günstiges Heuwetter ein stellt, wird die Heuernte in ungefähr 14 Tagen voll ständig beendet sein. — Das hiesige Bad des Herrn Lohgerbermeisters Louis Käsemodel hier erfreut sich eines sehr regen Zuspruchs Seitens der Bewohner der hiesigen Stadt und Umgegend. Die innere Einrichtung des Bades ist für unsere einfachen hiesigen Verhältnisse eine recht nette und praktische. Hierzu kommt, daß die Bade preise sehr niedrige sind. Dresden. König Albert empfing am 1. Juli im Sommer - Nesidenzschloffe Pillnitz in Audienz den päpstlichen Nuntius Monsignore Agliardi, Erzbischof von Cesarea, welcher das in einer werthvollen Mosaik platte bestehende Geschenk überreichte, welches der Papst Leo XIII. dem Könige von Sachsen anläßlich des Jubiläums des Hauses Wettin verehrte. Nach dem Empfang sand Hoftafel statt. — Mit dem 1. Juli sind bei der königl. sächsischen Landgendarmerie neue Gradabzeichnungen in Kraft getreten. Der bisherige Tresienbesatz mit zwei Litzen bei den Gendarmen kommt in Wegfall und es erhalten dieselben als Gradabzeichnung einen um den oberen Theil des Kragens laufenden, 2 em breiten gemustenen silbernen Tresienbesatz. Die Gendarmen erster Gehaltsklaffe erhalten außerdem die schmale silberne Tresse quer über die Achselklappe, wie die Brigadiers. Die Brigadiers führen als Auszeichnung am Kragen eine um den oberen Theil desselben lau fende 2 om breite gemusterte silberne Treffe mit einem 3 mm breiten grünseidenen Streifen, unterhalb dessen sich ein 4 mm breiter silberner Streifen hinzieht, außerdem wie die Gendarmen der ersten Gehaltsklaffe eine schmale Silbertreffe quer über die Achselklappe. Desgleichen tragen die Obergendarmen neue, in Neu silber geschlagene, grüngefütterte Achselschvppen, Pa tronentaschen neuer Probe und Bandelierbeschläge mit dem königlichen Wappen in Neusilber. Der Löwen kopf mit Kettchen am Bandelier ist bei diesen, sowie bei den Kreisobergendarmen in Wegfall gekommen. Außerdem kommt bei den Kreisobergendarmen und Obergendarmen das bisherige Doppelpistol außer Ge brauch und es führen dieselben von jetzt ab einen neuen, sechsläufigen Revolver. — Die Fischotterjagd ist innerhalb des König reiches Sachsen Heuer recht ergiebig gewesen. Im ersten Halbjahre 1889 wurden dem Sächsischen Fischerei verein zur Prämiirung übersandt 28 Stück Fischotter nasen, während in dem gleichen Zeiträume 1888 nur 8 solche einliefen. Dagegen scheint die Anzahl der Reiher bei uns abzunehmen. Reiher gingen Heuer nm 7 Köpfe ein. Die Auszahlung der Prämien (5 Mark für einen Otter, 2 Mark für einen Reiher) geschieht nach wie vor durch Herrn Prof. vr. H. Nitzsche in Tharandt. Freiberg. In hergebrachter Weise fand am ver gangenen Sonntag die diesjährige Feier des Prüfer festes statt. Bekanntlich sind die zur Zeit 3300 M. betragenden Zinsen der Augusten - Bernhard Prüfer- Stiftung bestimmt, den Kindern der auf der Grube Himmelfahrt beschäftigten Bergarbeiter einen Freuden tag zu bereiten. Die Zahl der theilnehmenden Kinder war gegen die Vorjahre eine geringere, sie betrug dies mal nur 673. Nachdem bereits am vergangenen Mitt woch den Kindern Kleiderzeuge übergeben waren, ver sammelten sich dieselben Vormittags auf der Grube Himmelfahrt, um nach einer Ansprache sich nach den Festplätzen zu begeben. Hier fand zunächst die Speisung der Kinder statt, worauf der Nachmittag mit Spielen ausgefüllt wurde. Crimmitschau. Vor zwei Jahren wurde hier ein Verein zur Gründung eines Bürgerhospitales ge gründet. Eine kleine Anzahl von dem besseren Bürger stande angehörigen Männern legte durch freiwillige Beiträge den Grund zu dieser hochherzigen Stiftung. Innerhalb zweier Jahre ist nun dieses Grundkapital bereits zu der ansehnlichen Höhe von 10,146 Mark 92 Pf. angewachsen. Den größten Theil dazu lieferte eine zu diesem Zwecke veranstalte Hauskollekte, deren Ertrag sich allein auf 8077 M. 13 Pf. bezifferte. Aunaberg. Ein beklagenswerther Unglücksfall ist kürzlich in Königswalde vorgekommen. Der Guts besitzer Christian Meyer hatte Heu eingefahren und vor dem Abladen seinen Angehörigen zugerufen, sich zu entfernen, auch das kleinste, zweijährige Kind vorher . in die Stube getragen. In dem Glauben, daß Nie mand mehr im Wege sei, lud er den Wagen ab. Es war aber das erwähnte Kind dem Vater wieder nach gelaufen und wurde von dem schweren Heubaum beim Herabwerfen so schwer verletzt, daß es nach 4 Tagen seinen Leiden erlegen und am 29. Juni beerdigt wor den ist. Den bedauernswertheu Eltern wird allgemein die regste Theilnahme entgegengebrachl. — In der Nacht zum 1. Juli hat in Wiesa bei Annaberg ein blutiger Exzeß stattgefunden, der mit dem Tode eines jungen Menschen endete. Bei dem im dortigen Erbgerichte abgehaltenen Nosenfeste waren als Gäste die Schnurendreher Langklotz und Bönisch, der Steinmetz Günther und der Strumpfwirker Her berger anwesend. Zwischen den vier jungen Leuten, die sämmtlich das zwanzigste Lebensjahr noch nicht er reicht haben, entspann sich auf dem Saale ein unbe deutender Wortwechsel, der damit endete, daß einer der drei Letzteren dem Langklotz den Hut wegnahm. Als nun Bönisch, Günther und Herberger kur» nach 1 Uhr den Heimweg antraten, folgte ihnen Langklotz, und auf dem Wege von Wiesa nach Annaberg, etwa 200 Schritte vom Erbgericht entfernt, kam es zur Schlägerei, wobei leider das Messer eine Rolle spielte. Langklotz erhielt einen tiefen Stich in die Brust, lief aber noch eine Strecke Weges zurück und brach erst in der Nähe des Erbgerichtes zusammen. Nachdem er in seine Be hausung gebracht worden war, starb er '/e2 Uhr, wahr-