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Dresdner Journal : 20.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189611202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-20
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 20.11.1896
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««»„»Örel»: Für Dresden vieneliährllch n Wert SO Pf, bei den Kailer- lich deutschen Poftanstallen vierlellLyrlich 3 Mart; außer halb de» Drillichen Reiche« Poß- und Stempelzuschtaa Einzelne Nummern: 10 PI Urschet»»»: DLglich mit Ausnahme der Eonn- und Feiertage abend« Aernspr -Anschluß: Nr HOL «»kü»ht«»«,S«thühre»: Für den Raum einer gespa!» testen Zeile kleiner Echnsl «0 Pf Unter „Eingesandt" die Zerle SO Ps Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: »snigliche Expedition des Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr rv. Fernspr-Anschluß: Nr 1»»». MS70 18»« Frcitaft. den 20. Nevember. abends. ttMW-r »nl HSekannkmcrchung. Dem Postinsptklor Möller in Gumbinnen ist vom I. März 1897 ab eine Postinspektorstelle im Be zirke der Kaiserlichen Ober-Postdirektion in Dresden übertragen worden. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen auf Grund von Art. 5.0 der Berfassung des Deutschen Reicher zu dieser Anstellung die landesherrliche Be stätigung ertheilt haben, wird Solches hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 13. November 1896. Finanzministerium. von Watzdorf. Strobelt Bekanntmachung. Das Ministerium des Innern hat der Unter - stützungs- und Begräbnißkasse der Tischler zu Dresden, eingeschriebene Hülfskasse, auf Grund deren revidirten Statuts vom 4 September 1892 in Verbindung mit dem Nachtrage vom 19. Sep tember 1896 bescheinigt, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 nach wie vor genügt. Dresden, am 16. November 1896. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Bodel. Lippmann. Erueunauge«, Bersetzunze« rc. im öffentlichen Dienste. Trpartemeut der Finanzen. Bei der Verwaltung der Staatseisenbahnen sind ernannt worden. Schuhmann, zcilher Siationsassistent l. Masse, als (ftüterkasnerer in Hof; Hoßfeld und Kuhnke, zeither Technische Bureauassistenlcn, als Technische B tliebsßkr.täre in Dresden; Richter (Karl Emil) und Wagner, -eith.r Bureauassistenlcn, als Betritt s- sekretäre in Dr.sden; Jähnig und Sperber, Techniker, als Technische Burcauashstenlen in Trerden; Haake, zeitherPacker, als Bodcnmeifter in Flöha; Oertel, »cithcr Bauausseher, als Bahnineisterassistent in Dresden Neustadt; Fichtner, zeither Portier, als Werkstaitausseher in Ehemals; die nachgenannten Hllsswcichenwäricr als Meichenwälter II. Klasse: Gröber in Gera (Reuß), Hummitzsch inCoSwtg, Langhos in Mittweida, Schuster in Titschen uid Seifert: in Borna; Bauer, zeither Hufsweichenwärter, Kühne, zeither Ansschreiber, und Merkel, zeither Bodenarbciter, als Packer in Zwickau, Riesa und Oberlichtenau; die nachgenanmen verpflichteten Arbeiter als Bahnwärter: Bauch für Posten Leipzig-Hof 26/27, Hart mann sür Posten Dresden-Werdau ön/csa, Krause süc Posten Kicritzjch-C!:emnitz 37, Thomä und Weisert süc Pollen Plauen Eger 23»^ und42; Eisenbahuinvalio Wolsert, zeither Schlagzieher, als Bahnwärter sür Posten Chemnitz-Adorf 32 u; Dreßler und Richter, zeither HilfSwächter, als Wächter in DieSben-Friednchstadt; Jung, zeither Wag-nrücker, Kinder mann, zeither Hilssweichenwärt-r und Stelzner, zeither Stationsarbe:tcr, als Wächter m Leipzig II, Borsdorf und Dresden-Neustadt II Bei der Postverwaltung ist ernannt worden: Pisto rius, Restaurateur, als Postageut in Rödlitz. Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zu besetzen: eine ständige Lehrerstelle an der Volksschule mit Selekta zu Schönheide Kollator: der Gemeindcrat daselbst. Tic Stelle gewährt, einschließlich WohnungSgcld, I.'woM Ein kommen, das mit Beginn des 27. Lebensjahres aus 1400 M., mit Beginn des 2». LebensjayrcS auf 1L00 M. und von da ab von 3 zu 3 Jahren um je 100 M bis auf 2400 M steigt. Gesuche sind bis zum 12. Dezember 1886 an den Kollator cin- zureichen; — die fünfte ständige Eleve an der Bürgerschule zu Brandis. Kollator: die oberste Schulbehörde Entkommender Stelle: »o M. Wohnnngsgelv, das bei einem Verheirateten sich aus 150 M. erhöht, 1000 M. Gehalt, (bei erreichtem 24. Lebens jahre) 100 M persönliche Zulage, sowie cvcnt 36 M. sür Fortbildungsschulunterricht BererbungSgesuche sind unter An schluß dcr erforderlichen Unterlagen bis zum 11 Dezember bei dem K Bczirksschnlinspcktor Schulrat Schütze in Grimma einzurcichcn. Nichtamtlicher Teil. Tie schöne« Tage der Anterpellatioutn sind nun vorüber. Die Tretmühle der parlamen tarischen Arbeit wird wieder in Thätigkeit gesetzt, Saal und Tribünen im Parlamentshause nehmen da- alte Aussehen an, die Bänke der Reichsboten zeigen die gewohnte Fülle unbenutzten Platzes und reges Lebe» kehrt erst zurück, wenn von neuem „große Tage" winken. Unter letzteren versteht man auf freisinniger und fozialdemokratifcher Seite solche, an denen die Matadore dieser Parteien die tiefsten Tiefen ihrer polnischen Gefühle aufwühlen und ihre aufs schönste vorbereiteten Reden aus dem ParlamenISraum ins weite All hinein sprechen können; solche, an denen sie ihr volles Herz auSschütten, der Regierung und den anderen Parteien mit besonderer Kampfeslust gegen übertreten und nach denen ihre Presse eine besondere Gewissenhaftigkeit in der Verteilung der Sieges- prämicn zu entwickeln pflegt. Gemäß diesen Kriterien haben namentlich die beiden letzten Jnterpellations tage zu den „großen" gehört, denn die Blätter der halben und ganzen Demokratie erzählen seit gestern von vielen glücklichen Heldeuthaten ihrer streitbarsten Männer, von Niederlagen der Re gierungsvertreter, von Schlappen anderer Fraktion? redner, von dem gewaltigen Bebel, der den preußischen Kriegsminister am Dienstag zum Weichen brachte, und von dem grimmigen Lenzmann, dcr mit dem Minister am Dienstag fürchterliche Abrechnung hielt. In Wahrheit liegen freilich die Dinge so, daß oller icd- nenscher Aufwand in diesen beiden Tagen das prak tische Ergebnis, welches in der ersten Sitzung durch die Darlegungen des Reichskanzlers und des Generals v. Goßler fcstgelegt wurde, nicht um eineu Deut vergrößert hat, daß die Herren Munckel, Bebel, Lenzmanu und Genossen sich ganz unnütz erregt haben und bei ihrem hitzigen Draufgehen nur mehifach heftig gestolpert sind. Hr. B bel ist, trotz seiner vielen Blamagen, in der anklägerischen Benutzung von Zeitungsnachrichten noch immer nicht vorsichtig ge worden und hat sich auch diesmal wieder leichtfertiges Vorgehen auf Grund erlogener Preßmitteilungeu nach weisen lassen müssen, was ihn allerdings nicht so schmerzlich zu treffen scheint, als es viele andere Menschen und namentlich solche, die in der Öffentlich keit stehen, berühren würde. Auch Held Lenzmann ist in Wahrheit sowohl als Parlamentarier wie als Vertreter des Rechts vom Ministertische aus schars abgeführt worden, und es ist weder sein Versuch, die ganze Bewegung in der Presse bezüglich des Falls Brüsewitz ihres Hetz - Charakters zu entkleiden, noch seine Drohung mit der „Volks notwehr" der Revolution, ohne passende Antwort ge blieben. Letzte, c unkluge Bemerkung, die dem Redner wohl ini Drang des Augenblicks entschlüpft ist, kann man nicht weiter tragisch nehmen, insofern sie eine Drohung ohne Konsequenzen ist, also in das Repertoir von Schulbuben gehört; aber sie verdient Beachtung in dem Sinne, wie leicht ein aufgeregter Fretsinns- mann den allerdings nicht hohen Zaun, den das freisinnige Terrain von dem des sozialdemokra tischen Nachbars scheidet, zu überspringen vermag. Im übrigen haben die langatmigen und von freisinnig sozialdemokratischer Seite mit Leidenschaft geführten Debatten die Äußerung des Kriegsministers von einer Hetze anläßlich des Falles Brüsewitz nur bekräftigt. Es ist schon in der ersten Stunde der ersten Sitzung von der Negierung nachgewiesen worden, daß ein Tuellunwesen in dem von der Interpellation an genommenen Umfang im Heere nicht besteht, und zu gleich erklärt worden, daß zu weiterer Verminderung der Duelle führende vernünftige Maßnahmen in Vor bereitung sind. Anstalt sich dabei zu beruhigen, haben die obeneiwähnten Parteien die Gelegenheit zu Angriffen gegen das Heer, gegen den Militarismus gemißdraucht, zu Angriffen, die sich nicht immer in den Worten, aber im Geist der R-den unzweideutig als solche charakterisierten. Ebenso schnell hätte sich auch der Fall Brüsewitz abthun lassen, über den der Minister un umwunden sein Bekam rn aussprach und dessen militär gerichtliche Erledigung nahe bevorsteht. Anstatt den korrekten Verlaus dcr Dinge anzuerkennen und sich bei der naheliegenden nochmaligen Betonung der Wünsche betreffs Änderung des Militärstrafprozesses zu bescheiden, erging ma" sich zum teil in unberechtigten Verallgemeinerungen des Falles und erörterte diesen selbst an der Hand unbeglaubigter Zeitungsmeldungeu und privater Erkundigungen mit einer Ausführlichkeit, als sollte im Reichstag das strasrichterliche Urteil ge sprachen werden. Für die praktische Bedeutung dieser Erörterungen hat, wie schon bemerkt, die Negierung von vornherein mit ihren Eiklärungen Sorge getragen. Was darauf folgte, ist auf der einen Seite der Parteien ein Aus bruch „gedankenloser Wut der solidarischen modernen Gleichheitsschwärmeiei" gegen eine als bevorrechtet er scheinende, der Sicherheit und Große d. s Vaterlandes die nende Einrichtung, aufder anderen Seite die Ztii ückdämm ung dieser Flut gewesen. Dabei hat die Stellungnahme derSozialdemokraten, deren Parteiberus hetzerische Reden mit sich bringt, nicht überrascht, während die Haltung dcr Freisinnigen, die mit ihnen an einem Strange zogen, in denjenigen Kreisen Bedauern erweckt hat, wo man zu den Äufqaben dieser Fraktionen noch den unbedingten ernsten Schutz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung zählt. Uonstanlinoptl herrscht gegenwärtig eine ziemliche Ruhe. Man wartet allgemein geduldig auf die Heilwirkungen der vom Sultan versprochenen nnd zum Teil schon in Angriff genommenen Reformen. Man lebt gewissermaßen in einem Zwischenakte des mehrteiligen Dramas, als welches das ganze Treiben am Goldnen Horn sich darstcllt. Mit den gegenwärtigen Verhandlungen zwischen den Botschaftern und der hohen Pforte soll die Zeit dieses Zwischenaktes ausgefüllt und das Orchester beisammengehalten werden, welches das euro päische Konzert darstellt. Man musiziert oder ver handelt solange, bis der Vorhang Plötzlich wieder zu einem neuen Akte des Dramas unter allgemeiner Spannung sich erhebt. Es ist sehr leicht möglich, daß in diesem neuen Akte die Rollen eine etwas andere Besetzung erfahren werden. Denn ziemlich allgemein werden die schon absolvierten und die noch zu gewärtigenden Besuche der Balkauherrscher ebenso wie auch der Aufenthalt d.s Kaisers Franz Joseph I. in Rumänien und die der bulgarischen Armee eben erst zu teil ge wordene Auszeichnung durch d eseu Monarchen als Vorbereitung zu einem thatkräftigen Eingreifen der österreichisch ungarischen Diplomatie in die orientalische Frage gedeutet. Dieses Eingreifen dürfte sofort erfolgen, wenn die jetzt am Bosporus von Frankreich und Rußland inszenierten Versuche, den Reformen in der Türkei endlich zur Durchführung zu verhelfen, sich als erfolglos erweisen sollten. Osterreich-Ungarn würde dann gemeinsam mit den sämtlichen Balkanstaaten — und wohl auch im Einverständnisse mit den Kontinentalmächten — diese Einwirkungsversuche auf die Türkei, wenn auch mit geänderten Mitteln, wieder aufnehmen, und voraus sichtlich Gewaltmaßregeln, die ja auch jetzt schon von den genannte» beiden Mächten der rcformträgcn Türkei in Aussicht gestellt worden sind, in Vorschlag bringen. Die finanzielle Hilfsaktion, welche in letzter Zeit die Kräftigung der türkischen Zustände bezwecken sollte, ist infolge dcr Weigerung der russischen Diplomatie durch Ernennung eines russischen Vertreters in der Kunst und Wissenschaft. Frauenromane. Die Zeit liegt weit hinter uns, in dcr cs Mode war, über „Blaustrumpfromane" zu lächeln, ehe man sie gelesen hatte, und wo die Geringschätzung weiblichen Talent« und weiblicher Kunstbestrebungen ein Stück guten Tons vor stellte. Das letzte Jahrzehnt hat diesen Bestrebungen im Gegenteil alle Thore breit und willig geöffnet. Freilich ist« dabei unausbleiblich gewesen, daß nun ein Übereifer auf dem Gebiet der Frauenschriftstellerei entfesselt und entfaltet wurde und daß da« bewußte fatale Lächeln zwar nicht so leicht mehr vor, aber nicht gar zu selten nach der Lektüre von Frauen geschriebener Bücher wiedcrkehrt. Die bereitwillige Anempfindung und eine gewisse, an hundert berühmten Mustern geschulte Geschicklichkeit können doch nicht immer sür eine weit verbreitete Ungesundheit der Anschauung und sür die Mängel des künstlerischen Naturells und der Bildung aufkommen, der trotzige Anspruch auf unbedingte Bewunderung kann cs noch weniger Es hilft nicht«, auch in der Frauenlitteratur herrschen die augen fälligsten Unterschiede, und die Tagesreklame, die eifrig ihres Amtes waltet, alle Unterschiede zu verwischen, thut am Ende nur den wirklichen Talenten gröbliches Unrecht. Daß sie — die Talente — nicht so zahlreich gesät sein können, um wie Pilze aus feuchter Erde zu schießen, sagt sich am Ende jeder selbst. Schlägt er aber die kritischen „Waschzettel" auf, die nach heutiger Praxis mit den Büchern zugleich verschickt werden, so muß er erfahren, daß eine echte Dichterin und große Erzählerin, wie z. B Marie i» Ebner-Eschenbach, hundert und mehr Rivalinnen hat, die Polyphem« Wahlspruch: daß sie keine Götter achten, weil sie sich selber viel vortrefflicher dünken, zu dem ihren gemacht haben. E« wäre gut, zu wissen, wie viele oder vielmehr wie wenige dieser selbstbewußten Ansprüche einer ernsten Prüfung gewachsen sind. Ein neuer Roman von Frau Bertha v. Suttner (der Verfasserin des Buches „Die Waffen nieder!", das bereits in zwölfter Auslage erschienen ist) betitelt sich „Einsam und arm" (Dresden, Leipzig und Wien, E Piersons Verlag 1896). Es stellt sich als Aufzeichnung eines alten Herrn dar, der in einem ländlichen Vororte Wiens, von einer schmalen Rente still dahinlebend, seine gegenwärtigen Erlebnisse und Anschauungen und dazwischen seine Erinnerungen zum Besten gievt Gegen die Anlage des Buches ist nicht» zu erinnern und die kleinen Genre bilder aus der AlterSruhe des Hrn Binsenmann sind namentlich im ersten Teile sehr deutlich, mit viel hübschen Zügen ausgestattet Bedenklicher ist schon, daß der alte Rentner, wenngleich er auf bitter schmale Renten gesetzt ist und sich einmal umS andere einen unbedeutenden Menschen heißt, von ruhmrediger Übertreibung nicht frei ist. Er hat in seinem letzten Amte als Bibliothekar — vorher war er abwechselnd Kaufmann und Sekretär hoher Herren — eine ganze Welt von neuen Dingen erfahren, hat Ausblicke gewonnen „nach jenen Zielen, zu welchen im Lichte höheren Wissens und veredelten Fühlens die Menschen jetzt hinzuarbeiten beginnen " Hr Binsenmann glaubt an den Fortschritt, der die Zeitungen erfüllt; daß er selbst ein besserer Mensch geworden ist, läßt sich allen falls nur aus der Sorgfalt für seinen Pudel Krampus entnehmen Die Erinnerungen, die er hinter sich hat, sind nur im Anfang einigermaßen belebt, am hübschesten ist die Geschichte der Liebe des jungen Commis zu der Tochter seines Prinzipal« und ihr trübselige« Ende Just da, wo jeder Leser einen endlichen Aufschwung dieses All tagsleben« erwarten wird, bringt e« Hr. Karl Binsen mann eben nicht weiter, al« daß er ein Abenteuer mit einer berückend schönen sinnlichen Frau, einer kroatischen Baronin hat, die in Wien die Maitreffe eine« Fürsten ist. E« scheint die Krone seiner Erinnerungen, daß er nachher auch geheiratet hat und seiner kleinbürgerlichen Frau die Grabrede halten kann: sie sei „von einer ganz uferlosen Dummheit", dabei aber ein gutes Ding gewesen, füllt nicht weiter in« Gewicht Und da uns Herr Binsenmann von den guten Dingen, die er gethan, den Opfern, die er im Leben gebracht, aus übertriebener Bescheidenheit nicht« erzählt, so erwehren wir uns der Frage nicht, was die breite Behandlung eine« so inhalt und fruchtlosen Daseins denn soll? Am Schluß entrinnt der Held den drohenden Leiden eines Magenkrebse« durch freiwilligen Tod Gewiß, wir Menschen „sind ja allesamt ein Gemisch von gut und böse, von stark und schwach", im Grunde genommen ist kein Leben so armselig, daß eS nicht den einen oder den anderen Zug hätte, dcr uns fesseln kann und fesseln sollte, dennoch darf man von einer Vergangenheit, mit der wir uns zwei Bände hindurch beschäftigen müssen, etwas mehr Gehalt und etwas weniger Aufklärungsposc fordern Immerhin steht die dürftige Wirklichkeit hoch über der Art Phantastik, wie sie in den Geschichten und Bildern „Verwehte und frische Spuren" von Elise Polko (Dresden, Leipzig und Wien, E Piersons Verlag 1897) vorherrscht Die Manier der Verfasserin ist ja hinreichend bekannt E« ist nicht das Süßliche und Weichliche, die kokette Malerei im Stile Carlo Dolce« und seiner Nach fahren, e« ist nicht die seuilletonistische Mischung von Plauderei und Erzählung, die sich von dem ersten „Eine Siciliana" bis zum letzten „Sang und Klang" über schriebenen Blatt erstrcckt, eS ist nicht einmal die falsche Sentimentalität, der wir begegnen, sondern eine ganz besondere Eigentümlichkeit dieser Art Lebensbilder, die sie auf die Länge so fad und reizlos macht. Was ist in ihnen allen von Kunst, von Idealismus, von tiefen Seelenschmerzen und hohen Herzenswonnen die Rede und wie erscheint immer und immer wieder alle« mit dem Luxu« der alle« beherrschenden Äußerlichkeit gepaart. Weltschmerz auf Sammetpolstern, tiefe« Leid zwischen persischen Teppichen und orientalischen Vorhängen, gebrochne Herzen mit Spitzen umrahmt! E« Leitung der türkischen „ckotte» pudligue»" die Mit verantwortung für die weiteren mit den türkischen Staatsfinanzen zusammenhängenden Ereignisse in der Türkei zu übernehmen, in« Stocken geraten, zumal da bei der Pforte sich das Bestreben bemerkbar machte, die erlangte finanzielle Hilfe vor allem zur Hebung der Wehrkraft nicht etwa des ottomanifchen Reiches, sondern der jederzeit zur Wiederholung der Christen massacres bereiten muselmännischen Bevölkerung zu verwenden. Es kann bei dieser eigenartigen Halt ung der Pforte niemanden verwundern, daß selbst bewährte Freunde und Beschützer der Türkei, zu welchen wohl zweifellos Rußland zu zählen ist, es sich wohlweislich überlegen, nicht nur als Helfer, sondern zugleich auch als mitverantwortliche Bürgen für das weitere Verhalten der Berater des Sultans in dcr Reformfrage sich aufzuführen. Infolge dieser vorsichtig reservierten Haltung der russischen Diplo matie müssen daher andere Wege eingeschlagen werden, wenn das Ziel, die dauernde Beendigung der türkischen Wirren, überhaupt jemals erreicht werden soll. Man scheint in Wien schon herausgefühlt zu haben, daß das österreichisch ungarische auswärtige Amt vielleicht schon in der allernächsten Zeit am Goldnen Horn als Retter in dcr Not einzusetzcn haben wird, wenn die Diplomatie des Zweibundes die nachdrucksvolle För derung des türkischen Reformwerkes aus Mangel au sichtbaren E folgen wird einstellen müssen. Allerdings ist cs eine notwendige Voraussetzung für ein er folgrcicheS österreichisch-ungarisches Eingreifen, daß vorerst zwischen den Regierungen von Wien sand Buda Pest ein vollständiges Einverständ nis erzielt wird. Leider ist dies offenbar zur Zeit noch nicht der Fall. Die Meinungs Verschiedenheiten, die in letzter Zeit bei den beider seitigen Negierungen über die künftige innere Politik in Cisleithanien zu Tage getreten sind, haben auch auf dem Gebiete der auswärtigen Politik des Kaiserstaates an der Donau ihre die bisherige Eintracht störende Einwirkung ansgcübt; denn d e der Buda-Pester Regierung nahestehenden Kreise halten mit ungewöhnlicher Hartnäckigkeit an dun Standpunkt fest, daß sich die Politik einer österreichischen Regier ung, die sich im Reichsrate auf die slawisch klerikale Mehrheit stützen muß, mit den Aufgaben der Drei bundpolitik nicht vereinbaren lasse, vielmehr den Be stand des Dreibundes selbst in Frage stelle. Die Wiener Negicrungspresse hat demgegenüber zunächst in Abrede gestellt, daß die österreichische Politik in der nächsten Zukunft den slawisch-klerikalen Einflüssen unterworfen fein werde, sie habe aber auch gleichzeitig mit aller Entschiedenheit jede Bevoimuudung und Zurechtweisung der oerzeitigen und künftigen Leiter der Staatsgeschäfte in Oesterreich durch Ungarn zurück gewiesen. Dieser Konflikt des siegreichen Liberalismus in Ungarn mit dem von Tag zu Tag erstarkenden slawisch klerikalen Regime in Österreich ist auch heute noch nicht beigelegt, und die daraus sich ergebende Spannung zwischen Wien und Buda-Pest erleichtert jedenfalls in keiner Weise eine Einigung über die der Diplomatie der habsburgischen Monarchie durch den Verlauf der orientalischen Frage aufg, nötigten Schritte und Maßnahmen bei der Pforte. Tagesqeschichtk. Dresden» 20. November. Se. Majestät der König kamen heute vormittag von Villa Strehlen ins König!. Nesidcnzschloß und nahmen d:e Vorträge der Herren Staatsmiuister und Departementschefs der König!. Hofstaaten entgegen. Nachmittags verfügten Se. Majestät Sich wieder nach Strehlen — Se.Großhcrzogl.Hoheit derPrinzMaxiinilian von Baden wird heule abend 9 Uhr 14 Min. zu einem mehrtägigen Besuche Ihrer Königl. Majestäten in Dresden einireffen und in der Königl. Villa Strehlen Wohnung nehmen. ist immer das gleiche Verfahren, mit dem die Verfasserin ihre Maler- und Musikermärcheu salonfähig zu machen sucht. Wer dergleichen noch genießen kann, wird bei den verwehten und frischen Spuren seine Rechnung so gut als bei vielen früheren Bänden finden Auch der Roman „Die Lampe der Psyche" von Ida Boy-Ed (Stuttgart 1896,Verlag der I.G Cottaschen Buchhandlung) spielt in Künstlerkreisen und erzählt die Geschichte des Musikers Ren« Flemming und seiner Braut Magda von Ruhland, die sich so rasch finden und doch erst nach schweren innern Kämpfen, die zumeist aus die Seite des Mädchens fallen, sich dauernd verstehen können. Im wesentlichen handelt es sich um das Problem, daß die in glänzendern Lebenskieisen ausgewachsene Tochter eines hohen Beamten weder die äußere Lage, noch die inneren Lebensbedingungen einer schöpferischen Natur von vornherein versteht, daß sie mit der „Lampe der Psyche" in die geheimsten Falten von Renöö Wesen hineinleuchten will, darüber unter leidvollen Erfahrungen beinahe von dem Manne getrennt wird, den sie gleichwohl mit ihrer treuen, ernsten Natur bis in den Tod liebt. Erst an gesichts einer drohenden Katastrophe muß sie sich endlich fragen: „ja verstehe denn ich ihn immer ? Sein Herz, seinen Geist, seine Stimmungen? Wie sollten wir die Abgründe, die verborgenen, in einer andern Seele alle erkennen wollen? Wie je vor Überraschungen auch von dort sicher sein? Und außerdem verändern wir un« nicht? Kann ich wissen, wie ich mich in einigen Jahren entwickelt haben werde? Kann ich wissen, wohin seine Seele wächst? Nicht« kann man verstehen, aber alles kann man verzeihen Die Liebe trägt über jede Kluft de« Unbegreiflichen hin über!" Und so saßt sie da« Geheimnis, daß sie das hohe Glück, von der stürmischen großen Künstlernatur Ren<« wahrhaft geliebt zu sein, mit Soraen bezahlen muß, sie begreift, daß da« Glück eine« Weibes immer mit einem Zusatz von Entsagung erstritten und behauptet wird Dieser Grundton de« Roman« und manche vortreffliche poetisch
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