Volltext Seite (XML)
Dresdner W Journal. königlich Sächfisehev Staatsanzeigev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 239. 1» Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung» Hofrat Doenge- in Dre-den. <r Donnerstag, 14. Ottober 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3 mal gefp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redakttonsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Dresden, 14. Oktober. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg sind heute vormittag 10 Uhr 26 Min. hierher zurück- gekehrt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Geh. Postrat Thieme in Dresden bei dessen Über tritt in den Ruhestand das Ritterkreuz 1. Klasse des Ver dienstordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Lehrer an der König!. Kunstschule zu Berlin Achtenhagen die Stelle des Malereivorstehers bei der König!. Porzellanmanufaktur Meißen zu übertragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Feuerwehrmännern Robert Oswald Wilde, Emst Hermann Rennert und Otto Bernhard Kreyßig in Leipzig für eine von ihnen am 7. Juli nicht ohne eigene Lebensgefahr gemeinsam bewirkte Lebensrettung die bronzene Lebensrettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Von den Ministerien der Finanzen und des Innern ist den Gemeindevorständen zu Erdmannsdorf, Knaut kleeberg und Prohlis und vom Ministerium der Finanzen außerdem deu Gemeindevorständen zu Bad-Elster und Gröba die Befugnis zur Anordnung der Zwangsvoll, streckung in bewegliche körperliche Sachen und in den Arbeits- und Dienstlohn erteilt worden. Das Ministerium des Innern hat die den beiden letztgenannten Gemeindevorständen früher erteilte Zwangs vollstreckungsbefugnis auf den Arbeits- und Dienstlohn erweitert. 1483IIO. Dresden, am 7. Oktober 1909. Ministerium des Inner«, II. Abteilung. 6950 Die Amtshauptmannschaften und die Stadträte in Städten mit Revidierter Städteordnung werden veran laßt, den Bedarf an Druckstücken der „Gcmeinfaßlichen Belehrung über die Tollwut der Hunde" für das Jahr 1910, soweit dies noch nicht geschehen, umgehend beim Gendarmerie-Wirtschaftsdepot anzuzeigen. Die Stadträte haben den entsprechenden Geldbetrag (4 Pf. für das Stück) sogleich mit beizufügen. (Bergl. Ver ordnung vom 18. Juli 1870, Gesetz- und Verordnungs blatt Seite 269.) , 1511H8. Dresden, den 12. Oktober 1909. Ministerium des Innern, n. Abteilung. 6951 Nichtamtlicher Teil. Gom Königlichen Hofe. Dresden, 14. Oktober. Se. Majestät der König begab Sich früh mit einigen Herren zur Abhaltung einer Hochwildjagd in das Postelwitz-Mittelndorfer Revier und tehrte nach ihrer Beendigung in das Hoflager nach Pillnitz zurück. Dresden, 14. Oktober. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg sind heute rormittag 10 Uhr 26 Min. aus Frankreich wieder hier eingetroffen. Zettungsfchau. Zu der Hinrichtung Ferrer- schreibt die „Kreuz zeitung- in ihrer Nummer vom 13. Ottober: Wenn irgendein Zweifel Darüber bestand, ob daS von dem Kriegsgericht in Barcelona über Ferrer gefällte Todesurteil ge recht und berechtigt ist, so mußte er der Tatsache gegenüber schwinden, daß eS der spanische Ministerrat nach genauer Prüfung unterzeichnet und sich dagegen ausgesprochen hat, Ferrer der Gnade des Königs zu empfehlen. Nunmehr müssen die Be hauptungen der demokratischen Presse, daß an Ferrer ein Justiz mord begangen wurde, geradezu als ungeheuerliche Beschuldigungen bezeichnet werden, als eine Verwirrung aller Reckusiiegriffe. Wir wollen dem Mann, der al« ein Fanatiker seiner politischen An- fchauungen dem Tode verfallen ist, unsere menschliche Teilnahme nicht versagen. Aber wir halten eS für ein törichte- Unterfangen, ihn jetzt vor den Konsequenzen seiner Handlungen bewahren zu wollen. Er hat Krieg geführt gegen die bestehende Staats ordnung und er darf sich nicht beklagen, wenn er jetzt nach Kriegsrecht bestraft wird. Die „Deutsche Tageszeitung" bringt zu dem gleichen Gegenstand unter der Überschrift „Stimmungs- mache für spanische Revolutionäre" folgende Aus führungen: Die Presse der Linken ist voll von rührseligen Kundgebungen für den vom Kriegsgerichte zu Barcelona zum Tode verurteilten Buchhändler Ferrer. Wie nötig es ist, mit fester Hand zu zufassen, haben die grauenhaften Vorgänge in Barcelona gezeigt. Seit 25 Jahren schon herrscht in der aufblühenden Stadt eine beständige Furcht vor den revolutionären Mordbuben. In den 25 Jahren, die mit dem Jahre 1908 abschließen, sind nicht weniger als 114 Bombenattentate verübt worden. Da bei wurden 241 Menschen verwundet und verstümmelt, 47 ge tötet. Im September 1893 fand ein Attentat auf den von Kuba her bekannten Marschall Martinez Campos durch den Anar chisten Paulino PalloS bei einer Truppenschau statt. Das Pferd des Marschalls und zwei Personen wurden getötet, zwölf ver wundet, Pallos festgenommen und erschossen. Am 7. Nov. 1893 warf der Anarchist Santiago Salvator mit sechs anderen Ge sinnungsgenossen im Theatro Lyceo bei der Aufführung von Wilhelm Tell eine Bombe in den Zuschauerraum, durch die zwanzig unschuldige Menschen von den feigen Meuchlern getötet, neunzig verwundet wurden. Die sieben Attentäter wurden hin gerichtet, drei andere lebenslänglich eingesperrt. Am 7. Juni 1896 wurde eine Fronleichnamsprozession überfallen. Zwölf Tote, 44 Verwundete bedeckten den Boden. Fünf Anarchisten wurden erschossen, zwanzig zu Gefängnisstrafen verurteilt. Von 1904 bis 1907 gab es in Barcelona 39 Attentate, denen acht Tote und 66 Verwundete zum Opfer fielen. Die Liste wäre noch fort zusetzen» sie genügt aber. Doch unser humanes Zeitalter hat mehr Mitleid mit feigen Mördern, mehr Sympathie mit Bomben werfenden Revolutionären, als mit den unschuldigen Opfern, die sie ruchlos hinschlachten Der „Tag" schreibt in seiner gestrigen Abendausgabe zu der Beurteilung, welche die Hinrichtung Ferrers im In- wie Auslande gefunden hat, folgendes: In dem schweren Kampfe zwischen Staat und Anarchismus ist ein neues markantes Ereignis zu verzeichnen. Der von der spanischen Regierung der Leitung des Ausstands in Barcelona angeklagte Lehrer und Buchhändler Ferrer ist vom Kriegsgerichte schuldig befunden und zum Tode verurteilt worden. Das Urteil hat die Bestätigung des Ministerrat» erhalten und Ferrer ist heute morgen erschossen worden. Man hat nun in den letzten Tagen ein eigenartiges Schauspiel erlebt. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die ein festes Zugreifen der Staatsgewalt gegen den für die öffentliche Sicherheit gefährlichen Mann für nötig und gerecht halten, da sie seine Schuld als erwiesen ansehen. Auf der anderen Seite finden sich diejenigen, die glauben, daß die spanische Regierung aus politischem Hasse einen Justizmord ver üben läßt. Ihnen ist Ferrer im ungünstigsten Falle ein Vor kämpfer für Freiheit und Recht gegen ein verrottetes, vom KlerikaliSmus beherrschtes System. Und sie würden bereit sein, ihn selbst da noch zu verteidigen, wenn er wirklich zu den Mitteln der Gewalt gegriffen und den Aufstand in Barcelona geschürt hätte. Da die Kriegsgerichtsverhandlungen geheim geführt worden sind, so läßt sich für den Fernstehenden nicht be urteilen, ob Ferrer zu Recht oder zu Unrecht verurteilt worden ist. Anderseits sprechen aber sehr viele Anzeichen dafür, daß Ferrer in der Tat einer der führenden Anarchisten der Welt gewesen ist, denn fast jeder der letzten Tage brachte aus allen Staaten Europas Kundgebungen der Anarchisten zugunsten Ferrers. Nun kann man gegen den theoretischen Anarchismus so duldsam sein, wie man will, der Anarchismus der Tat aber ist eine Pest, gegen die sich nicht nur jedes Staatsgesühl, sondern jedes gesunde Ge fühl überhaupt aufbäumen muß. Und die Vertreter dieses An archismus der Tat, die fast immer wahllos unschuldige Menschen hingemordet haben — man denke nur an die Kaiserin Elisabeth — müssen unter allen Umständen gebändigt werden. Menschen, die selbst nur mit Dolch und Bomben arbeiten, kommt man mtt Sentimentalität nicht bei, und wenn Ferrer ein Anarchist der Tat war, und wenn man ihm das bewiesen hat, dann trifft ihn die Todesstrafe mit Recht. Zu welch maßlosen Ereiferungen anderseits die Hinrichtung Ferrer-, der doch augenscheinlich ein Anarchist der Tat war, auch deutschen bürgerlichen Blättem Anlaß gegeben hat, dafür sei zum Schlüsse noch ein Beleg an geführt. Das „Berliner Tageblatt" schreibt in seiner Nummer vom 13. Ottober unter der Überschrift „Die Schande Spaniens" u. a.: Der Justizmord ist vollbracht. Francisco Ferrer, den eine schamlose Gerichtskomödie sondergleichen dem Henker überlieferte, ist erschossen und verscharrt. Ermordet vor den Augen ganz Europa» durch die ministeriellen Werkzeuge und Handlanger der neuen Inquisition, denen die Schande ihre» Lande» vor den Augen der zivilisierten Welt kein Hemmnis war. ihren Rachedurst zu befriedigen. Au» jedem ehrlichen Munde in allen Ländern, m denen die Freiheit de» Worte» in Wirklichkeit besteht, hat sich die Entrüstung über den schmachvollen Schurkenstreich der Madrider Regierung Lust gemacht. Durch die Gewalttat von Montjuich stellt Spanien am Anfang de» 20. Jahrhundert» sich an die letzte Stelle der Kulturnationen, oder vielmehr außerhalb de» Kreise» der Kulturnationen. Möge den Parteien in Spanien, die darauf brennen, diese Schmach von ihrem Baterlande wegzuwischen, ein baldiger Erfolg beschieden sein! Deutsches Reich. Die Großstädte VeS Deutschen Reiches nach der Berufszählung vom 12. Juni 1S07. Das soeben erschienene Heft 1 des Bandes 207 der Statistik des Deutschen Reiches enthält die grundlegenden Ergebnisse der Berufsstatistik für die Großstädte des Reiches insgesamt und für jede der 42 Großstädte, d. h. der Gemeinden mit 100000 und mehr Einwohnern. Die Gesamtbevölkerung der 42 Großstädte des Reiches zu sammen betrug 1907 11,79 Mill, gegenüber 7,03 Mill, bei der vorhergehenden Berufszählung 1895. Das ist eine Steigerung des Anteils der Großstädter an der Bevölkerung des Reiches von 13,58 Proz. auf 19,11 Proz. Von den 11792 019 Personen in den Großstädten waren 4 982 563 hauptberuflich Erwerbstätige und 701584 Berufslose, zusammen 5 684 147 Erwerbstätige und Berufslose, denen sich 6107 872 Angehörige ohne eigenen Hauptberuf und häuslich Dienende im Haushalt der Selbständigen angliedern. An Berusszugehörigen (d. h. Erwerbstätigen mit den von ihnen ernährten Dienenden und Angehörigen) entfielen in den Großstädten ins gesamt nach der neuesten Zählung 6 089 282 Personen auf Industrie einschließlich Bergbau und Baugewerbe, 3 065 381 auf Handel und Verkehr, 1 142 230 auf die Klasse der Berufslosen, 1020 898 auf die den öffent lichen und freien Berufen einschließlich Heer uud Flotte zugehörigen Personen, sodann 334154 auf Lohnarbeit wechselnder Art und — als kleinste Gruppe — 140074 auf Landwirtschaft und Gärtnerei. Werden die großstädtischen Berufszugehörigen jeder Berufsabteilung in Beziehung gesetzt zu den Berufszugehörigen der einzelnen Berufs abteilungen im Reiche, so zeigt sich, daß in Großstädten ermittelt wurden 23 Proz. der von der Industrie er nährten Reichsbevölkerung, 37 Proz. der vom Handel lebenden und 42 Proz. der zur Lohnarbeit wechselnder Art wie persönlicher Dienstleistung gehörenden Personen. Für die Schicht der zu den öffentlichen und freien Be rufen gehörenden Personen beträgt der Anteil der Groß städte 30 Proz., für die Klasse der Berufslosen 22 Proz. (Berl. Korrespondenz.) Koloniales. * Die ärztliche Mission ist ein Gebiet, auf dem in den letzten drei Jahren die Missionsgesellschaften und die auf kolonialem Gebiete tätigen Kreise zu gemein samer Arbeit sich vereinigen. Alle zu den Heiden ge- aangenen Missionare haben der Krankheitsnot und dem Leibeselend der Heiden zu steuern gesucht, und haben vielfach durch ihre selbstlose, den Verwundeten und Kranken gewährte Hilfe das Vertrauen der Heiden ge wonnen und Eingang in deren Herzen gefunden. Sie haben also ärztliche Mission getrieben. Um dies zu können, haben viele Missionare sich einige medizinische Kenntnisse anzueianen versucht, anatomrsche Kollegien und medizinische Vorlesungen gehört, Anstalten besucht, und einige haben es so weit gebracht, daß sie als pro movierte Ärzte ausziehen konnten. Von feiten der Missionsgesellschasten wurde dann Wert daraus gelegt, daß alle Zöglinge ihrer Anstalten sich einige medizinische Kenntnisse aneigneten, um da, wo keine Ärzte sind, auch mit wenigem Nutzen stiften zu können. Neuerdings hat man aber erkannt, daß es notwendig sei, die auszu sendenden Missionare mit weitergehenden medizinischen Kenntnissen auszurüsten, und daß die Aussendung von Missionsärzten, d. h. von vollständig als Arzte aus- siebildeten Personen durch die Missionsgesellschasten in jeder Weise erwünscht sei. Es sind denn auch in den letzten Jahren eine Reihe von jungen " Ärzten in den Dienst der Missionsgesellschaften getreten und von ihnen hinauSgesandt worden auf ihre Stationen, wo sie unter den Eingeborenen eine segensreiche, umfassende ärztliche Tätigkeit entwickelt haben. Um jungen Medizinern, die gewillt find, in den Missionsdienst zu treten, die Kosten ihrer Ausbildung zu erleichtern und ihnen weiter Gelegenheit zu bieten, sich für den Dienst in den Tropen durch daS Studium der dort auftretenden Tropen krankheiten besonders vorzubereiten, haben jetzt Freunde der Mission in Tübingen das Institut für ärztliche Mission gegründet, das zwar schon tellweise in Betrieb ist, aber doch erst am 20. und 21. d. M. feierlich ein- geweiht werden soll. In diesem Institut sollen weiter MissionSgöglinge, bevor sie als Missionare ausgesandt werden, eine gewisse medizinische Ausbildung erhalten, und so in den Stand gesetzt werden, auf ihren Stationen, auf die noch keine Ärzte gesandt werden kännen, sowohl ihren eigenen Angehörigen und etwa den dort an gesiedelten Weißen in Notfällen ärztliche Hilfe gewähren zu können, als auch die erkrankten Eingeborenen ärztlich