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SV. Jahrgang. AL sso Arettag, 2S. Juni 1S22 - . dl« V«» w. DradtanschrMr »«chrtchl«, «r«»«. V»mlpr»ch«r-Samm«lnumm»r 2S 2.1 vur ftlr liachl-klprSch»! LO011. Bezugs-Gebühr 4>>» l tpaMa» D mm drell» g«U« 7,— M, autzirtzald Sachsen» S,— M. Famittin- anzeigm. An,»taen »nl«r Slellen- und L-uumnigsmarkl, l l,alu»» Ln- und D«r- <i"zelgett'^>relie. kjjul, di» Jett«».—m. VorzugepiiNic lau! Laril. AusmLrlia« AuttrÄ,, ll»g«n NH« A Vorausbezahlung. Sln»»l»umm«r l,bü M., S,nnla,»au»gab« 2,— M. «chrWrüung und LaupigrschiM.il«»«! »arirnNrab« SS,40. Druck «. Verlag van llirpsch » Velchar»! in Dr««d«». Voslscheck-Lonto 1OSS Dreibe». Nachdruck nur mll d«ul»cher Quellenangabe «»Dresdner Nachr.-, »ulilsslg. — Ilnverlangie Schriliswck, werden nlchl ausbewahrl. Deutschlands angebliche Kriegsrüstungen. Eine wilde Kehrede Andrö Lefövres. Paris, 22. Juni. Die Kammer setzte heute die Beratungen Uber das Militärgesctz r fort. Es liegt ein Antrag von Andrü Lessvrc vor. pro visorisch die zweijährige Dienstzeit beizu- behalten. Der Antragsteller begründet seinen Antrag und sagt: Die Negierung habe das Versprechen gegeben, de» Ver sailler Vertrag strikt zur Anwendung zu bringen. Man befinde sich keinem verkleinerten und ruinierten Deutschland gegenüber. Am Tage nach dem Waffenstillstand habe es seine Ausfuhr wieder ausgenommen. Deutschland sei besiegt, aber Frankreich müsse finanziell die Neparationskostcn »vr- stbießen. Die deutschen Finanziers schickten ihren Mark besitz nach dem Aus lande. Deutschland sei rniniert, aber in Hamburg laufe jeden Tag ein Schiss vom Stapel, nnd die deutschen Fabriken seien mit Aufträge« Itberhänst. Lcfdvre wendet sich dagegen, dass er irgend ein Dokument eines Anspach, also irgendeines Be trügers, verwendet habe. Er garantiert dafür, dast seine Dokumente eckt seien. Der deutsche Staat sei ruiniert, aber die privaten Personen bereichern sich, weil der Staat von ihnen keine Stenern verlange. l!> Nur. die Fremden mühten tn Deutschland bezahlen. Deutschland gehe also dem Bank rott entgegen, indem es sich bereichere. Während dieser Zeit richte cs seine Bewaffnung wieder ans. indem cS zuerst sein Menschenmaterial nnd dann das andere Material vorbcrcitc. Noch niemals habe Deutschland so viel Kupfer gekauft wie jetzt, nämlich 250 OM Tonnen. Man habe also keine Entwaffnung Deutschlands vor sich. Er wolle die Arbeiten der Mission Nollets nicht herabsetzen, müsse aber bemerken, dah die Zerstörung der Waffen sehr oft ihre Wiederherstellung gestatte. Die Mission Nollets umfasse 400 Mitglieder, diese seien unfähig, 1700 Waffcndepots zu kontrollieren. Die deutschen Studenten lieben sich mit Vergnügen für die Reichswehr anwerbcu. Eine umfassende Kontrolle ß:t unmöglich. Ein englischer Offizier namens Morgan habe sestgestcllt, dah von den 1 0 0 0 0 0 Soldaten 74 000 Unteroffiziere seien. Die restlichen 20 00» seien das nicht, vielleicht aber Offiziere. (Zuruf des clsässischen Av- oegrdneten Simvnin: Alle Welt in Deutschland bereitet sich auf die Revanche und den Krieg vor!) Lefövrr behauptet fortfahrend: Unter dem Vorwand der Pensionszahlungen arbeiteten die Nekrulicrungsburcaus weiter. Er bespricht sodann die Zusammensetzung des denischrn Ossizicrkorps und behauptet, die alliierten Kontrolloffiziere würden an- le griffen. Er weist dabei auf einen Zwischenfall in Bayern hin. — Der Kriegsminister Maginot verliest nun ehr ein Schreiben, das die Kontrollkommission an die dem- e Regierung gerichtet habe. — Lesövre, der wiederum das ort ergreift, sagt weiter: Wer den Schlachtruf: l'niw-arö la xuorrv! ansstvhe, füge seinem Lande ein grobes Uklxecht zu. (Die Sozialisten und Kommunisten wider sprechen diesen Ausführungen. Der Sozialist Mistral ruft: Diese Politik führt znm Kriege!) Im weiteren Verlaufe seiner Rede verbreitet sich Lcfövrc über die deutsche Polizei, die er besonders gut organisiert nennt. Wenn man näher zuschc, so erkenne man, dah dort Kurse zur Aus bildung von Offizieren abgehalten würden, die befähigt wer den sollen, in den Groben Gencralstab einzutreten. Be weise dafür, dah besondere Kadermanöver stattfändcn, seien vorhanden. Uebcrall in Deutschland werde die Jugend vor bereitet. Eine Ausforderung zum Eintritt in eine derartige Ingendoraanisatio« sei von Hellmuth v. Gerlach, einem deutschen Pazifisten, veröffentlicht worden. In dieser Ans- sordernng. würden sttr den Sommer Manöver mit Waffen angezeigt. Muh man da nicht die llebcrzengung haben, daß ganz Deutschland sich deivassnet nnd sich nach seiner alten Methode zum Kriege vorbereitet? Eine einzige Gesellschaft, die sich Friedrich Barbarossa nenne, habe » Millionen Mitglieder. Eine weitere Beunruhigung findet Lefdpre darin, Lah Deutsch land rasch sein Kriegsmaterial wieder be schaffen könne. Seine Fabriken seien unversehrt und bereit, für den Krieg zu arbeiten. Außerdem erleichtere das wirtschaftliche Abkomme« mit Rußland den Wiederaufbau Deutschlands. Deutsche Ingenieure seien in Rußland und leiteten die Wasfenfabriken. 80 Millionen Menschen eines Volkes, das eine große Lebenskraft, eine grohe Geburtenziffer und eine Energie habe, die man an erkennen müsse, ständen Frankreich gegenüber. Lefövre stellt bann die Behauptung auf, Deutschland habe 4 6 Milliarden Gold im AnSlande versteckt. Frankreich könne ohne die Reparationen nickt leben. Schließlich rechtfertigte Left-vre sein Amendement, indem er behauptete, die Dienstzeit von 24 Monaten werde es Frankreich gestatten, wenn Deutschland sich schlagen wolle, eS zu zwingen, sich tm Nuhrgebiet nnd in Westfalen zu schlagen. Der Krieg von 1014 habe gelehrt, Laß die Gebiete, ans denen man Schlachten schlage, ver wüstet würden. Mit der Dienstzeit von 24 Monaten könne man Pfänder nehmen. Lcsdvre beschwört die Kammer, schließlich Frankreich nicht »m die Früchte seines Sieges zu bringen. Hierauf spricht der Generalberichterstatter für das Militärgesetz, Fabry. Er weist darauf hin, dah Frankreich einen Trinnpf dadurch in der Hand habe, daß cs am Rheün sbr b e. Das dürfe man nicht verkennen. Kriegs minister Magi not spricht alsdann dafür, das Amendement Lesdvres abzulchnen. Die Regierung habe geglaubt, dah sie nicht das Recht habe, die jungen Leute einen Tag länger als notwendig der wirtschaft lichen Tätigkeit des Landes zu entziehen. Die Dienstzeit von Ist Monaten entspreche den Anforderungen der natio nalen Verteidigung. Nach einer kurzen Erwidernng des Abg. Lcsdvre wird sein Amendement mit 551 gegen 8 Stim men abgelehnt. Hierauf vertagt das -Hans die Weiter- beratung auf nächsten Dienstag. (W. T. B.) Der angeblich geplante «reaktionäre" Staatsstreich in Deutschland. London, 22. Juni. Im Unterhause fragte Wedgcwood an, ob der Premierminister über Mitteilungen oder In formationen bezüglich eines möglicherweise bevorstehenden reaktionären oder m o n a r ch i st i s ch e n S t a a t s st r e i ch s in Deutschland verfüge und ob er erklären könne, dah die alliierten und assoziierten Mächte jede Wiedereinsetzung des Hauses tzohenzollern oder Wittelsbach als unfreund lichen Akt ansehcn würden. Harmsworth erwiderte, dah unbestätigte Gerüchte von Zeit zu Zeit der Regierung zur Kenntnis kämen: sic verfüge jedoch über keine genauen In formationen. (W. T. N.) Eine französische Kaserne gegenüber -em Niederwalddenkmal. 8 erNu, 23. Juni. Wie der „Dtsch. Allg. Ztg." berichtet wird, ist in Bingen a. Rh. der N c n b a u e i n c r K a s c r n c für die französiiche Garnison im änderen Ran fertiggestcllt. Die deutschen Stellen hatten sich mit allen Mitteln gegen das Verlangen der Besatzung gemehrt, bah die Kaserne nnmittel- bar au den Rhein zn liegen komme. Die Franzosen er zwangen aber schließlich den Platz am Rhein mit der An» kündignng, dah sonst in erhöhtem Maße Bürgerqnartiere nnd Hotels beschlagnahmt würden. Damit haben die Fran zosen evreicht, daß die Kaserne gegenüber dem Nativ» naldcukmal ans dem Niederwald« steht. Der preußische Minisierpräfiden! über die Schuldlüge. kDrahtmeldung unsrer Ber'Incr Schristleitung.l Berlin, 22. Juni. Im preußischen Landtage erklärte der sozialdemokratische Ministerpräsident Braun in der Er widerung ans eine dcutschnativnalc Interpellation über die Schuld am Weltkriege u. a.: Die Lüge über die Allcinschnld Deutschlands am Kriege ist verhängnisvoll, weil aus ihr die moralische Berechtigung hcrgcleitel wird zn unerschwing lichen Belastungen und Bedrückungen des deutschen Volkes. Diese Schuldlüge mnh vernichtet werde». Man mutz sich bei dem Kampf gegen die Schuldlüge auf das tatsächlich zu Vewriseiidc beschränken. Dann werden wir auch im Deutschen Reiche eine geschlossene Front zusammen- bringcn und zum Erfolge wesentlich beitragen. Die wich tigsten Kronzeugen gegen die Alleinschnld Deutschlands sind der englische und der frühere italienische Ministerpräsident. Lloyd George erklärte am 23. Dezember 1020, alle Länder seien mit schuld, und Nttti erklärt in seinem Buche, daß Deutschland nicht allein verantwortlich zn machen sei für den Krieg, der Europa in einen Trümmerhaufen gelegt habe. Das sagen Staatsmänner, die an dem Versailler Vertrage mitgewirkt haben. TaS deutsche Volk leidet schwer in seiner Wirtschaft unter diesem Vertrage. Die preußische Staats» regierung werde daher bemüht sei«, bei der Rcichsregicruug dahi« z« wirke«, dah alles versucht werde, um die Schnld- lilge, abzntrase«. ,« erschüttern und zu verwischen. Ein neuer Kriegsbeschulbigken-Prozeh. Leipzig, SS. Juni. Am 28. Juni beginnt vor dem 2. Strafsenat des Reichsgerichts ein neuer KricaS- beschuldigten-Prozeß. Angeklagt ist der Berliner Arzt Dr. Oskar Michel sahn, der von Frankreich be schuldigt wird, als Leiter des Lazaretts in Essrn Ge sa ngcuenmihhandlnn gen geduldet nnd den Tod von Kriegs» ubnd Zivilgefangenc» verschuldet zn haben. Der Angeklagte bestreitet jede Schuld. Für die Verhand lung sind Ov Zeuge» geladen, darunter 4» Franzosen. Die Schamlosigkeit der Linksparteien. <D r a h t m c l d n ii g n n t r e r B c r l I n c r S ch r t s t l c t t u n g l Berlin, 22. Juni. Der prensrische Staatsrat beschäftigte sich heute mit der förmlichen Anfrage der Preußischen Ar beitsgemeinschaft an das Staatsministcrinm, ob cs einen Einfluß ans die Netchsregicrung dahingehend geltend machen wolle, daß durch Len Reichskanzler die gerichtlichen Fe st st c l l u n g e n des F e ch e n b a ch p r o z e s s c s öffentlich bekanntgcgcben nnd die Ergebnisse des Prozesses bet den Verhandlungen mit der Entente ausgiebig verwertet werden. Ans die Frage, ob die Negierung die Anfrage beantworten wolle, gaben die Vertreter der Regie rung keine Antwort. Als die Vertreter der natio nalen Parteien nachwicscn, daß man nicht einmal von einer Mitschuld Deutschlands am Kriege sprechen könne, wandten sich die Vertreter der Linksparteien lebhaft dagegen, der nationalistische Rummel solle »nr gesteigert werben. Mit solchen Anfragen beweise der Staatsrat auck nur, wie unnötig nnd überflüssig er sei. Der kvuimenöe Zusammenbruch -er Zwangszahlungen. Berlin, 23. Juni. In einer Besprechung mit dem Reichskanzler hat der Ncichsbankpräfideut einer Berliner Korrespondenz znsolgc die Möglichkeit von Unter, stütznngSaktionen für den Markknrs ver neint. Sollte ein Marksturz eintreten, so sei nach seiner Ansicht keine Möglichkeit gegeben, die bisherigen Finanz- plane durchzusühren. Es würden dann weder die Zwangs- zahlungcn an die Entente aus die Dauer geleistet werde» können, noch würde die Regierung in der Lage sei«, ein Finanzprogramm zur Balanzieerung des RcichshoushaltS durch,«führen. Die slawische Gefahr. Von Oberst a. D. Boethke. Die Leser der „Dresdner Nachrichten" Hobe» eS erfahren, daß eine lebhafte Agitation der Tschechen bet den Lausitzer Wenden eingesetzt hgt, und daß diese mehr und mehr ihr slawisches Herz entdecken. Bei dieser Kunde wird so mancher die Achseln gezuckt haben. „Die wenigen Tausend Wenden, was bedeuten diel Wo soll da eine Gefahr sein?" Dem gegenüber behaupte ich: keine geringere Gefahr lauert hier, als daß nach entsprechender Zeit unser schönes Dresden die Hauptstadt eines tschechisch-ivenlüschen Elblandes wird. Mag man mich in dieser Hinsicht als einen Schwärmer ansehen: wer die Verhältnisse in den östlichen Grenzländern kenn! und die slawische Rührigkeit gegenüber der deutschen nativ- nalen Gleichgültigkeit erlebt hat, wird meine Warnung ernst nehmen. Das Land Krain war vor Jahrhunderten «in kern deutsches Land mit einigen slawischen Enklaven, genau wie heute Sachsen. Da setzte die slawische Agitation ein, jeder Slowene wurde ein zäher Kämpfer für die Sache seiner Rasse, der Deutsche wollte seine Ruhe haben und gab Schritt für Schritt nach. Allmählich, Schritt für Schritt, gewann so bas Slaventum an Boden, und heute ist Krain cin durchaus slawisches Land mit wenigen deutschen Enklaven, die wohl dem Untergänge geweiht sind. Um zu erfahren^ wie das Slawentum kämpft nnd siegt, . braucht man nicht bis Krain zu gehen, das können uns unsere polnischen Grenzlande erzählen. Zielbewusst gingen in den letzten Jahrzehnten vor dem Weltkriege die Polen vor nnd der Erfolg war immer auf ihrer Seite, weil sie fast niemals aus kraftvollen Widerstand stießen, oft sogar in der Torheit der Deutschen den besten Bundesgenossen hatten. Wenn in einer der vielen Landstädte Pvsens ein deutscher Kaufmann ein blühendes Geschäft betrieb, so setzten ihm die Polen einen mit Len nötigen Mittel» ausgestattetcn polni schen Kaufmann zur Seite. Von demselben Augenblick an kauften die polnischen Einwohner nur noch bei diesem, und die Deutschen, durch das Neue angclockt, auch, und de» deutsche Kaufmann konnte seinen Laden schließen. In einem dentschkatholischen Dorfe, in dein kein Ein wohner ein polnisches Wort verstand, war der Lehrer ge storben. Die katholische, hier natürlich polnische Geistlich keit erlaubte der Gemeinde nicht, bei der Beerdigung deutsche Lieder zn singen. Polnische mußten eS sein, und »veil die Gemeinde solche tatsächlich nicht singen konnte, so wurde ihr cin lateinisches gestattet. Was di.c Geistlichkeit auf diesem Wege bei deutschen Katholiken erreichen konnte, zeigte ja das Beispiel der bambcrgischen Familien, dicht bei der Stadt Posen, die im Anfang des neunzehnten Jahrhun derts dort cingcwandert waren. Alles haben diese treu be wahrt, den Glauben, Sitten und Gebräuche, die Kleidung, nur Sprache und Volkstum haben die Elenden fortgcworfcn, wie ein paar abgetragene Stiefel. Sie sind >cit Jahezeimten Stvckpolen. Drei Generationen genügen oft zur Polopi- sieriing einer deutschen Einwandcrersamilie. Die Eltern sind deutsch und bleiben deutsch, die Kinder lernen berechtig terweise neben der deutschen auch die polnische Sprache. Und nun kommt's: die Kinder glauben nun halb Deutsche halb Polen zu sein, weil sie ja beide Sprachen sprechen. Da gegen der Pole? Und wenn er auch noch so fließend deutsch spricht, so wird er doch nie etwas anderes zn sein glauben und sein wollen, als eben Pole! Daß die Kinder solcher Halbpvlen, sobald die deutschen Großeltern tot sind, leichi ganz zum Polentnm hinnbergezogen werden können, liegt ans der Hand, nnd die Erfahrung lehrt cs. Ein besonders wirksames Mittel bildeten die Mischehen. War die Frau Polin, so wurde die Familie rettungslos polnisch. Ich habe aus dein Gute eines preußischen Haupt manns a. D. gelegen, der eine Polin geheiratet hatte. Kein deutsches Wort hörte man in dein Hause, nnr er sprach mit der Einquartierung deutsch. Frau und Tochter konnten nnr polnisch und französisch, oder behaupteten cs wenigstens. Die klavierspielcnde Tochter besaß keinerlei deutsche Noten. Und bei seiner unausgesetzten, emsigen Wühlarbeit ivußte der Pole einen Kniff mit besonderem Geschick an znwenden: er stellte sich als den Geknechteten, Unterdrückten dar nnd schrie über Gcrinanisicrnng. Darauf ist der brave Deutsche, vor allem der in liberalen Doktrinen eingcsvon- nene, prompt hineingesallcn, natürlich nicht in den Grenz- prvvinze» selbst, aber schon in Berlin habe ich oft die Germanisiernngspolitil der Negierung tadeln hören. Wie töricht ist daSI Ich bin wiederholt in polnischen Dörfern ge wesen, in denen nicht cin deutsches Wort erklang, und in denen mian sich wie in Feindesland fühlte. Wenn der Pole vor Gericht erklärte, nicht Deutsch zu verstehen, so wurde ihm cin Dolmetscher gestellt. Es ivurdc also behördlich an erkannt, daß ein Einwohner des Deutschen Reiches die deutsche Sprache nicht zn verstehen brauchte, und das, nach dein das Land ei» volles Jahrhundert zu Preußen gehörte! So sah die Germanisiernng auS! In diesem Punkte habe ich einen einwandfreien Zeugen. Im Kriege sagte ein Gutsbesitzer tief in Polen zu mir: ,LFaS haben Ihre Polen denn zu klagen! Sie haben ja alle Rechte." Unsere Polen wären ja dumm gewesen, wenn sic der Wahrheit die Ehre gegeben hätten! In den Landesteilcn, die mm an das von uns in unseliger Stunde gegründete Königreich Polen gefallen sind, braucht der Pole nicht mehr die bisherige wenn auch sicher, so doch langsam wirkende Minicrarbeit zu treiben. Da gibt es raschere Methoden, daS Deutschtum mit Stnmps und Stiel anszurotten, und der Pole weiß sie zu handhaben. Moralische Bedenken, ivic sie dem Deutschen im Verkehr mit anderen Raffen zur zweiten Natur geworben sind, beschweren ihn nicht. Nnd wenn wir dereinst, und ket