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WmM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne l Nummem 10 Pf. ThmM, DD, Meckhn lind die Umgegenden. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 88. Dienstag, deN 1. November 1892. B e k a n rr t m er ch u n g. Unter den Viehbeständen der Gutsgehöfte No. 25 und 46 von Klipphausen und No. 16 und 17 von Schmiedewalde ist die Maul- und Tklauensenche au»* gebrschen. Meißen, am 28. Oktober 1892. Königliche Amtshanptmannschaft. v. Airchbach. Bekanntmachung. Die Wahl eines Abgeordneten der Landgemeinden zur Bezirksversammlung der König!. Amtshauptmannschaft Mertzen für den die Ortschaften Sachsdorf, Grumbach, Herzogs- walde, Helbigsdorf, Birkenhain, Sora, Limbach, Lampersdorf und Lotzen umfassenden 9. Wahlbezirk wird Donnerstag, den 19. November Ä. I., Nachm. von 2 Uhr an, im „Hotel zum Adler" in Wilsdruff vvrgenommen werden. Die Gemeindevorstände der genannten Gemeinden hingleichen die für Gemeinden von 500 und mehr Einwohnern binzutretenden, von den Gemeinderäthen gewählten Wahlmänner, letztere, soweit noch keine Anzeige an mich gelangt ist, unter Beibringung ihrer Legitimation), sowie die Besitzer derjenigen, einem Gemeindeverbande nicht angehörigen Güter im Wahlbezirke, welche nicht unter den Höchstbesteuerten stimmberechtigt sind, werden daher hierdurch aufgefordert, zu dem anberaumtcn Wahllermine sich einzufinden und an der Wahlhandlung sich zu be theiligen. Die Abstimmung wird um 4 Uhr Nachmittags geschlossen und nach dieser Zeit mit Feststellung des Wahlergebnisses verfahren werden. Grumbach, den 28. Oktober 1892. Der WahltomMiffar für den 9. ländlichen Wahlbezirk. Herzog, Gemeindevorstand. Zum Reformationsfest. Der 31. Oktober 1517 ist der Geburtstag unserer theuern evangelischen Kirche. Wir feiern ihn Heuer nun schon zum 375. Male und zwar Heuer unter Umständen, die uns den Tag ernster und bedeutsamer erscheinen lassen müssen, als dies wohl sonst der Fall war. Zunächst erhält die Feier diesmal einen besonderen Glanz durch das Fest, das an diesem Tage Heuer an der Geburtsstätte der Reformation in der alten Luther stadt Wittenberg stattfindet. Am Thore der Schloßkirche daselbst schlug einst Luther seine 95 Sätze an, durch dasselbe Thor werden Heuer 19 evangelische Fürsten Deutschlands, die höchsten Würdenträger der protestantischen Kirche, Geistliche und Laien, und an ihrer aller Spitze unser Kaiser und die Kaiserin, einziehen, um die Kirche von neuem zu weihen, die bis dahin auf unseres seligen Kaiser I. Befehl und im weiteren Auftrage seines Sohnes und Enkels herrlich erneuert worden ist. An diesem Feste nimmt im Geiste das ganze protestantische Deutsch land, und so auch wir, Ancheü, mit der großen Festgemeinde dort erneuern auch- wir Luthers Andenken in uns und be- lcnnen uns zu dem Bekenntniß, auf das der große Reformator, Ivie auf einen granitnen Untergrund, die protestantische Kirche gestellt hat. „Gottes Wort und Luthers Lehr, vergehen nun und nimmermehr." Was Martin Luther den Muth und die Kraft gab, allen Anfechtungen zum Trotz, unbekümmert um Reichsacht und -Bann, sein Werk unverzagt fort und durch Gottes Gnaoe zu einem glücklichen Ende zu führen, das war sein fester Glaube an die Wahrheit des göttlichen Wortes, wie wir es in der Bibel niedergelegt finden. An die Wahrheit der Bibel glaubte er, auf diese berief er sich. Die heilige Schrift, die er selbst in sein geliebtes Deutsch übertrug, die ward das scharfe Schwert, mit dem er der Gegner Lug und Trug durchhieb, als wär es ein bloßes Spinnengewebe. Nicht gegen die Bibel und die aus ihr geschöpften Bekenntnisse richtete sich sein Protest, sondern nur gegen die in der Bibel nicht bezeugten menschlichen Zusätze und Jrrthümer Roms. Daran müssen wir festhalten und in diesem Sinne auch heute wieder protestiren gegen alles, was Menschenwitz und Dünkel vom festen Glaubensstand unserer Kirche, sei es wegnehmen oder Hinzuthun will. Thun wir das, dann hat es auch heute noch keine Gefahr um den Protestantismus. Die römische Kirche niag ihn noch so oft todt sagen, indem sie prophezeit, daß er an seiner inneren Schwäche und Zer fahrenheit zu Grunde gehen werde, und die Zweifler und Leugner im eigenen Lager mögen ihn noch so oft aus Unver stand und Thorheit in Mißkredit bringen, er lebt doch und ist stark, solange mir aus Luthers Geist und mit seinem freudigen Glauben neu bekennen und sagen, was er in schweren Stunden seines Lebens in seinem herrlichsten Lied bekannt und gesagt hat: Zum Ersten: „Ein feste Burg ist unser Gott, eine gute Wehr und Waffen." Zum Zweiten: „Mit uns'rer Macht ist nichts gethan, wir sind gar bald verloren; es streit für uns ver rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst Du, wer er ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muß er behalten." Wer aber das glaubt und bekennt, der kann auch zum Dritten mit Luther die ganze Welt verachten und sagen: „Und wenn die Welt voll Teufel wär" und endlich fröhlich schließen: „Das Wort sie sollen lassen stahn und kein' Dank dazu haben. Er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie uns den Leib, Gut, Ehr', Kind und i Weib, laß fahren dahin; sie Habens kein Gewinn, das Reich muß uns doch bleiben. Tagesgeschichte. Berlin, 27. Oktober. Der „Neichsanzeiger" veröffent licht folgende Verordnung, betreffend die Einberufung des Reichstags: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re. verordnen auf Grund des Artikels ' 12 der Verfassung, im Namen des Reichs, was folgt: Der i Reichstag wird berufen, am 22. November dieses Jahres in j Berlin zusammentretcn, und beauftragen Wir den Reichskanzler mit den zu diesem Zweck nöthigen Vorbereitungen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichem Jnsiegel. Gegeben im Neuen Palais, den 26. Oktober 1892. (1.. 3.) Wilhelm. von Boetticher. Der Betrieb '.er Abzahlungsgeschäfte bildet einen Krebs schaden in unserem Volksleben; es ist darum dankcnswerth, daß, wie nunmehr offiziös versichert wird, dem Reichstage eine Vorlage zugedacht ist, die sich mit dem Abzahlungsunwesen be- sckäftigeu soll. Die Abzahlungsgeschäfte gänzlich verbieten, geht nicht an; ein solches Verlangen ist denn auch ernsthaft nicht gestellt worden. Aber wenn gegen den erwähnten Krebs schaden überhaupt vorgegangcn werden soll, dann muß unbe dingt verlangt werden, daß ganze Arbeit geschieht. Bekanntlich haben sich — ebenso wie über den Hausirhandel—die deutschen Handelskammern fast durchweg über die Ratengeschäfte günstig ausgesprochen, ja deren Bestand sogar für einen Segen, der den kleinen Leuten zu Gute komme, gepriesen. Wo bleibt aber dieser Segen, wenn jährlich Tausende von Existenzen ver nichtet werden, weil sie den Ueberredungskünsten Abzahlungs reisender vertraut haben? Ein Segen ist in dem Betriebe der erschreckend anwachsenden Abzahlungsgeschäfte wahrlich nicht zu erblicken. Der Unbemittelte, der sich guten Rufs erfreut und sein sicheres Einkommen hat, ist heute wie früher jederzeit in der Lage, angemessenen Kredit in Anspruch zu nehmen, ohne dem Wuchertreiben der Abzahlungsgeschäfte in die Hände zu fallen. Die Opfer dieser Geschäfte rekrutiren sich denn auch in den meisten Fällen aus Leichtsinnigen oder Frauen. Wenn der Einkauf von Möbeln, Betten, allenfalls auch von Kleidern, Wäsche und Nähmaschinen gegen Ratenzahlungen ermöglicht, deren Anschaffung also solchen Leuten, denen es schwer fällt, einen relativ hohen Betrag auf einmal zu entrichten, erleichtert wird, so läßt sich dagegen Nichts einwenden. Aber wenn sich die Abzahlungsgeschäfte mit Schmucksachen, mit Uhren, mit Luxusdingen, mit Brautkleidern und Damenputz, ja mit Raten loosen befassen, dann wird nicht behauptet werden können, daß es sich hierbei um Befriedigung von Bedürfnissen handelt. Auch die Art des Betriebes der Abzahlungsgeschäfte bildet oft eine Gefahr für das große Publikum. Nicht allein die markt schreierischen Anpreisungen verlocken so manchen Vertrauens seligen, „ohne einen Pfennig Geld" sich wunderschöne Dinge beizulegen, noch schlimmer ist der Vertrieb der bezeichneten Waaren durch Reisende, die „auf Provision gesetzt" sind. Solche Leute wollen und müssen absolut ihr Geschäft machen und sie bedienen sich in zahlreichen Fällen der allerbedenklichsten Mittel, um besonders Frauen in ihr Garn zu locken und ihnen allerlei unnöthigen Tand aufzuschwatzen. Die Schlinge, die den Opfern um den Hals gelegt und die von den Inhabern der Abzahlungsgeschäfte nach Befund zugezogen wird, ist die bekannte „Eigenthumsoorbehalt-Clausel". Wird diese Clausel gesetzlich unterdrückt oder doch unschädlich gemacht, so ist un reellen Ratenhändlern das Geschäft ziemlich erschwert. Aber findig, wie diese Herren sind, werden sie auch ohne diese Clausel zu „arbeiten" wissen. Es wird darum nöthig sein, neben der angeblich geplanten Beschränkung dieser Vertragsbestimmung auch noch in anderer Richtung gegen den in Rede stehenden Krebsschaden vorzugehen und den Vertrieb durch Reisende zu verbieten. Das Kreditnehmen soll und darf man nicht allzu erleichtern; das Volk soll im Gegentheil daran gewöhnt werden, ! seinen Bedarf soviel als möglich gegen Baar einzukaufen. Daö öffentliche Anerbieten von Kredit ist daher nicht nützlich; geradezu schädlich aber ist das Aufdrängen von unnöthigen Waaren auf Borg. Das ist der Krebsschaden, an dem jährlich Tausende zu Grunde gehen. Wir hoffen, daß die angekündigte Vorlage auch diese Seite der Abzahlungsgeschäfte ins Auge fassen wird. Ein und dreivicrtel Jahre ist nunmehr das Jnvaliditäts- uud Altersversicherungsgesetz in Kraft. So verfehltauch manche Einzelbestimmung des Gesetzes und so nothwendig sich eine Aenderung auf diesem Gebiete herausgestellt hat, so vor trefflich haben sich Grundgedanken, welche dieser Versicherung zum Leben verholfen haben, bewährt. Das beweist am besten ein Blick auf die Zahl der bereits auf Grund des Gesetzes vom 22. Juni 1889 gewährten Renten. Bis zum 30. September 1892 haben nach der so eben veröffentlichten amtlichen Nach weisung nicht weniger als 178866 Personen Renten empfangen und zwar 167389 Alters- und 11477 Invalidenrenten. Wenn sich in den Zahlen der Invaliden - und der Altersrenten ein recht beträchtlicher Unterschied bemerkbar macht, so ist einmal zu bedenken, daß die Altersrenten schon seit dem 1. Januar 1891 gezahlt werden, sodann aber auch, daß die Bedingungen für die Erlangung der Invalidenrente in der Uebergangszeit viel schwerer sind als die für den Erwerb der Altersrente und daß eine ganze Anzahl über 70 Jahre alter Personen durch die in dec vorigen Reichstagssession angenommene Novelle noch früher zum Bezug der Altersrente gelangen, als dies nach dem Gesetze der Fall gewesen wäre. Die Deutsche Bank in Berlin ist durch einen ihrer An gestellten wieder arg geschädigt worden. Der Buchhalter Riet- torf ist verhaftet worden, nachdem der Polizei die Anzeige zu- gcgangen war, daß derselbe von den seiner Obhut anvertrauten Depots solche im Gesammtbetrage von etwa 100000 Mark unterschlagen hat. Riettorf, der ein gutes Gehalt bezog, er hielt von seinen Großeltern vor ungefähr Jahresfrist eine kleine Summe mit dem Auftrage, damit an der Börse zu spekuliren. Die Hoffnung, ein gutes Geschäft zu machen, schlug fehl, er verspekulirte das Geld in kurzer Zeit. Um den Verlust zu decken, verdoppelte er seine Engagements, da er eigene Mittel aber nicht mehr besaß, griff er die Depots an, die bei der Deutschen Bank von deren Kunden hinterlegt waren. Ein Verlust folgte dem anderen, und so haben die Unterschlagungen in kurzer Zeit die beträchtliche Höhe erreichen können, bevor sie entdeckt wurden. Kurz vor seiner Verhaftung hat Riettorf noch versucht, in seiner Wohnung sich zu vergiften. Aerztliche Hilfe war jedoch sofort zur Stelle, und mit Hilfe einer Magen pumpe wurde Riettorf gerettet. Die unterschlagenen Depots sind zum Theil bei einem Berliner Bankier gefunden und zu Gunsten der Deutschen Bank beschlagnahmt worden. Zur Veröffentlichung der Militärvorlage bemerkt die