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Sonnabend, 28. September 1V11. Mtt 4000 nUiSi SmAst» Nr. 222. Sechster Jahr«««-. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge ^era ii>>.'k^>che> Redakteur feit» Nrnkolä. ,ür die Inserate verantwortlich i Walter klrao». Beide in Aue i. Lrzged. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Aufnahme der Sonntag« nachmittag» von 4—0 Uhr. — Lelegramm-Ndreffer Tageblatt Nueerzgvncge Ferntzrecher es. Für unverlangt eingesandt« Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag So«» vmelt- li.vekiogt^eielliUtLlt m. b. ff. in Nu« i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so 0fg. 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E9tchtigjt5 vom rage Mr die Reichstag« st ichwahl in Düsseldorf haben die Nationaliiberaien Wahle nihaltung p l vtranile 11. * Das preußische Staats Ministerium beschloß güterlartfa rische Maßnahmen zur Abwehr der infolge der anhaltenden Dürre dieses Sommers und d>r hiermit zusammenhängenden unbefriedigenden Ernte. * Der Arbeiterverband in Madrid hat denAuüstand für beend »t erklärt. Die Z. ltungen sind sämtlich wieder erschienen. Infolge der Hetzarbeit einiaer junger Agitatoren aus Barcelona ist in Mataro der GeneralauS- stand erklärt worden. Es sind Truppen dorthin unter wegs. Heule vormittag bot die Stadt den gewöhnlichen Anblick. Die Ausschüsse der irischen Bahnbediensteten haben den Generalstreik proklamiert, doch ist nur ein Teil in den Ausstand getreten. Mutmastllich« Witterung am LS. September: SWrdwest- wind, bedeckt, kühl, zettweise Regrft. -MI Was nun? Dem Herausgeber von DeutsH-UeLersee wird von einem Marokkodcut'chen geschrieben: Es wird für Sie vielleicht nichr ohne Interesse sein, die Stimmung eines Marokkodeutschen — die sie ruhig als charakteristisch für deren ungeheuere Mehr zahl nehmen können — jetzt unmittelbar vor Abschluß der Ber liner Verhandlungen kennen zu lernen. Ein Aweifel über deren Ausgang ist ja nicht mehr erlaubt. Mir werden Frankreich Ma rokko ganz übrlassen. Nicht einmal der bescheidene Wunsch, daß wir 'uns im Süden eine Vormachtstellung oder doch wenigsten» die.Fernhaltung französischen Einflusses sicherten, wird erfüllt. Damit ist allen deutschen Bestrebungen im ganzen Scherifenreiche dasGrab gegraben — soweit sie nicht nach dem Vorbild eine» Renschhausen ihre Interessen im engen An- schluss« an Frankreich zu wahren suchen. Wer selbst dieses Vor bild wird kaum mehr nachahmbar sein. Jetzt, wo den Franzosen ganz Marokko ausgeliefert ist, haben di« ja gar kein Interesse mehr daran, sich Deutsche zu sichern, di« sie gegen die grotze Mehr zahl ihrer Landsleute ausspielen können. Marokko wird also, das steht nun fest, dieser heiße Wunsch der französischen Thauvttttsten findet »unfeineErfüllung, etn-wettosTunti» werden. Und die wirtschaftlichen Ding« werden in Marokko den gleichen Tang gehen, den sie in Tunis gegangen sind. Nun werden uns Garan tien verheißen. Haden di« Fremdmächte in Tunis etwa keine Garantien besessen? Hatte England nicht sogar einen ewigen Metstvergünstigunssvertratz mit dem Dey? Was hat er ihm ge nützt? Und was sollen uns noch so ausgeklügelte Garantien nü tzen, die, so schön sie sich «Uff dem Papier machen mögen, doch dieses Papier nicht wert sein können, auf das sie geschrieben sind? Wer die Praxis der niederen französischen Verwal tungsorgane kennt, wettz, was «r davon zu halten hat. Wenn auch hundert Wege'zum Schikanieren der deutschen Interessen ver. schlossen sind, so werden doch zweihundert andere gefunden wer den können, auf denen man dann Mit etwa» anderer Methode schikanieren kann. Und si« werden gefunden werden. Ich bin nicht Chauvinist genug, um den Franzosen das weiter übelguneh- men. Si« müßten ja Esel fein, wenn sie ihre Macht nicht zu ihren Gunsten anw«nd«n wollt««. Was sollen Mir ,nun aber ansangen, wir wirtschaft- lichen Pioniere de» Deutschtums in Marokko? Bisher konnten wir wenigsten» noch Zuflucht zu unseren Gesand ten und zu unseren Kockfuln nehmen. Gqvih'ist das häufig nicht gerade erfolgreich gewesen, denn die diplomatischen Beamten des Deutschen Reiches hier haben im allgemeinen mehr Wert auf die Zufriedenheit der Franzosen mit ihnen als auf die ihrer deutschen Landsleute gelegt. Immerhin haben wir doch aber, wenn auch kaum mehr als verschollen« Sagen von jenen Zetten melden, hier einmal eine Aera Tattenbach gehabt. Jetzt? Ihnen allen find die Hände gebunden. Die Eifrigen werden knirschen und die Mäßigen werden den bequemsten Vorwand für ihre Lässigkeit haben. Mindesten» ebenso schlimm ist die Minderung unseres Prestiges, ja der Verlust unseres Prestiges bei den Marokkanern selbst. Wer Augen und Ohren hat, kann das heute schon erkennen. Ueberkll begegnet uns M mühsam ver steckter Hohn. Wie sollen wir mit ihnen Geschäft« machen, wenn sie,uns um unserer Schwäche willen verachten? Wenn jeder, der btwa Deutschfreund geblieben sein sollte, französischer Repressa lien sicher sein kann? Gerade unsere besten bisherigen Freunde werden sich mit besonderem Feuereifer in die ArMe der Fran zosen werfen. Kann man es ihnen verdenken ? Sollen sie sich Um unserer schönen Augen willen Zurücksetzungen, Unbequemlichkeiten und Ungerechtigkeiten aller Art ^auSfetzen? Nein, jeder Ein geborene, der geschüftsklug ist, wird sich mit den Herren im Sand« gut stellen, jilnd die maurischen Kaufleute in den Städten wi« die so überaus einflußreichen einheimischen Juden sind da» -fftel zu sehr, al« daß sie diesen kaufmännischen Selbsterhaltungstrieb verleugnen sollten. ' > ' Die Mehrzahl, die grotze Mehrzahl der deutschen Kaufleute in Marokko wird sich 'binnen kurzem entschließen müssen, ihren Stabweiterzusetzen. Wohin aber sollen sie gehen? Ja allen muselmanischen Mindern wird sich überall derselbe Rück schlag zeigen; denn Mit den Orientalen kann 'nur der Geschäfte machen, der gefürchtet ist. Unser Exporthandel ückd die Export industri« werden das bald sehr bitter verspüren. Vielleicht wird sich dann die Erkenntnis in der Heimat etwa« weiter au-breiten, was es heißt, besser, was es kostet, eine schwächliche Auslandspolt- tik zu treiben. Wohin sollen wir deutschen Marokko-iKaüfleute nun aber gehen? In unserer herrlichen neuen «Kolonie am Kongo werden wir doch wohl nicht alle unterkommen; oder doch Denig- stens nur nach und nach, weil nach allem, was man hört, d«r Personalbestand der deutschen Pionier« dort Unter dem Einfluss« des Fieber« sehr schnell wechseln dürfte. Zu.den deutsch-französischen UnHehandftrngqn. Die Kölnische Zeitung meldet au« Berlin: E» ist di« Nach richt verbreitet worden, di« Regierung wolle anläßlich der Ma- rokkoverhandkungen etn«n Geheimoertrag mit Frankreich schliß ßen.derisich auf di» französisch« Eisener-'vusfuhr b». ziehen und in dem Frankreich die Zusage machen solle, niemals einen Ausfuhrzoll auf französische Erze zu legen. Nach der gan. zen Art der Marokkoverhandlungen liegt wohl ckuf der Hand, daß dabei Fragen, die sich auf die Bodenschätze der beiden Länder bs- ziehen, nicht herangezogen werden können, und daß schon au» diesem Grunde die Angaben aus Anstrebung eines Gehetinvertra- ge» unrichtig sind. ! Li« prmWche rarifermWgan« für Lebensmittel nub Futter. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung veröffentlicht zu den geplanten Tartfermäßigungen auf den preußisch-hessischen Staats- bahnen, die am 18. September beschlossen wurden, die endgülti gen gütertarifischen Maßnahmen. Betroffen werden hiervon Futtergerste, Mats zu FUtter- und Brennereizwecken, Futter und Streumtttel, Kartoffeln, Gemüse, Hüffenfrüchte, Düngemittel und Seefische. Futtergerste und Mais werden bis zum SO. Juli 1912 nach dem Spezialtarif 8 verfrachtet, so daß für ausländisch« Ein deutscher TchreckenSmarrrr. Zum hundertjährig«» Eeburt,«pg Frhchrjich Hecker'». Die Bezeichnung Schreckensmann ist natürlich ironisch ge- meint; denn im Vergleich zu jenen Schreckensmännern, die der großen französischen Revolution die blutigrote Signatur geben, war Friedrich Hecker, der badische Revolutionär, der ei ner der ersten war, die den Sturm des Jahres 1848 anfachten, ein zahmer, sanfter PMtikus, der eigentlich mehr der Not gehor chend, ah» eigenem blutigen Triebe -um Schwerte griff. Freilich, üus seiner republikanischen Gesinnung Ldtts «r schon frühzeitig kein Hehl gemacht. Der am 28. September 1811 zu Eichtzrsheim im Badischen geborene Obergerichtsadvokat in Mannheim Fried rich Hecker tat sich bereit» im Jahr« 1842 in der badischen Kam- mer durch heftige Opposition gegen das Ministerium hervor. So war er bereit» lange vor der Revolution -al» Demokrat «in« von allen Regierungen im wetten Deutschen Reiche recht gefürch tete Persönlichkeit, zumal, nachdem er in der badischen Kammer «ine zündende Rede gegen di« Verschmelzung Schleswig-Kol- steins mit Dänemark gehalten hatt«. Di«» national« verlangen galt damal» al, so gefährlich, daß man ihn mitsamt Dem Kos. gerichtzrat Johann Adam von Jtzstein, al» sich di« bet- d«n auf einer Reff« »ach Stettin -«fanden, au» d«n preutzffchrn Staaten am 28. Mai 1848 auswtqu Mira Hütt« nicht» v«ss«re» tun können, ihn populär «, mach««. Di« vuoweffung «rr«at« selbst in den ruhigeren BeoövftwungSkreisen Unwillen und Aufsehen und schürte die bedrohlich« Stimmung. Ein« Adr«ss« an Keck« und Jtzstetn au» jen«n Tag«» »«ginnt mit d«n Worten: Ohne Zweifel, mein« Kerren, w«rd«n di« ft«tsimffg«n Bür- der p,»ußilch«r Städt«, namentlich diejenigen von vmlin, Kö nigsberg, Köln, Last und Mut genug -ätzn, um Mnon di« Sympathie durch AdMm» »umubrüetzn und auf dies« Weis« einigermaßen den Schimpf wich« gut zu machen, den Ihnen uns«, rusMterte «sgieruna angetan hat. Uns«, Adresse ist kein «uchruck der SompaM»; ÜSs, ist zu bekannt, atz daß unsererseits eine erneute Versicherung derselben erforderlich wäre. Was wir Ihnen hiermit überreichen, ist eine Dank adresse. Wir dünken Ihnen dafür, daß Sie unserer vielgeprie- jenen Regierung eine eklatante Gelegenheit gegeben haben, ihre wahre Gesinnung an den Tag zu legen. — Der Minister von Arnim-BotzeNburg, der getreue Exekutor der preußischen Reaktion und würdige rechte Arm des preußischen Zaren, hat eine Petersburger Dekoration verdient. So wurde Hocker, der «ine imponierende Persönlichkeit be saß, und dem ein« seltene Rednergabe zu eigen war, mehr und mehr in die Opposition gedrängt und ihm di« Rolle eines Volks, agttators in der hereinbrechenden politischen Bewegung ange- wiesen. Er berief im Winter 1847/48 Volksversammlungen nach Offenburg und Mannheim, in denen seine glühende Berchffam. keit di« Schläfer aufweckte und den zündenden Funken zu lodern, den Mammen schürte. Gr wird in da» Parlament gewählt, w« er Führer der äuhersten Republikaner war und bald mit seinen politischen Freunden die Versammlung verließ, al» seinem An- trag, da, Parlament möge sich in Permanenz erklären, nicht statt, gegeben wurde. So stellte er sich, immer mehr zur Dat getrieben (im Parlament hatte man ihm die Wort« entgegengkschleudert: Es sei leichter, das Volk aufzuregen, al» «ine Tat zu vollbringen), nachdem er mit,Gustav von Struve di« offene Ausforde- rung zum Aufstand erlassen, an die Spitz« der ersten badischen Volkserhebung und fiel mit seiner yreffchar in da» badisch« Ober, land «in, «0 er am 20. April mit den unter dem G«nerall«ut- nant Friedrich von Eagern stehenden badischen Truppen -usam. menträf. Im Treffen auf der Scheideck bei Schopfheim fand der planlos« Ausstand «inen schimpfliche Au»gamr; War «ar d«, General von Sägern gffalkn, ab«, di« yreffchdren wichen vor der Ilebermacht d«r gut bmoaffnrt«n Trupp«» zurück, und mit der von K«ck,r proklamierten R«publik, -u deren Präsident«» «r den R«gi»rung»prifftd«nt,n Pete, in Konstanz gemacht hatt», hat»« «» «in Snd«. Kstftr flüchtet« in di« Sch««tz;fttn, G«noss«n, worunter «ich G«org Ke,««dH, der mit «in«, polnisch- französisch«» Freischar au» Pali» hnbeiaetommen war, suchten sich al»ichfall, in» Ausland zu retten. Gin Guckkastealied vom großen Kecker verspottete damals den eben noch gefeierten Boltz, mann in der folgenden Weis«: Seht, dir steht der große Kecker, Gin« Feder auf dem Hut, Echt, da steht der Volkserwecker, Lechzend nach Tyrannenblut l Wasserstiefeln, dicke Sohlen, Säbel trägt er und Pistolen, Und -um Peter saget er? Peter, sei du Statthalter! Peter, sagt er. du reesters Konstanz uno dem Bodensee, Ich zieh' au» und kommandiere Unsre tapfere Armee; Mit Polacken und Franzosen Wird der Kevwegh zu mir stoßen, Und der stirbt lebendig eh'r, Atz datz «r ein Hundsfott mär' i Gagern wollt parlamentteken, Doch da» ist nicht Kecker» Art. Ich sprach «r, soll retirieren. Ich, mit meinem roten Bart? Ach! nun hört man Schüss« knallen, General Gagern sich man faltzn, Und der tapfer, Ktntzkdey Satz zu Pftw« «uch vabck. Doch nicht nur Spottverft mutzt« K»ck»r hör«». Auch potti. sch« Verherrlichung fanden sein« Taten. Und nach Mutten» in der Schweiz, «0 K«ck«r «in vorläufig«» Asyl g«fund«n, sandt« ihm fttn E«nosft, d«r Poet de» Stuvnqachr«», G«o»g K««v«gh, da» Schicht, da» also anhcht: Im Frtchin Kim» Mutton, — Di« grotz« S««tz Lutten», St« möge mit dir sein! Wi, «r dm Volke« wtttzr.