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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und WZWA W°»-"bl°N st, WUSdruN L Umg-g-n- yzE-M ßtLür Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks An,eigenpreist laut aufliegendem Taris Nr. 4. — Nachweisung».«ebühp; 20 Npsg. — Dargeschriebr», Lischeinungsiage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit berüchjichtigt. — Anzeigen . Annahmq dis vormittags IN Uhr. . ^ür die Nichtigkeit des durch Fernruf Übermil. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 teilen Anzeigen übe,Nt2 erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden- mutz odev der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des StadS- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 204 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 1. September 1934 „Barbaren." Vergessenes Deutschtum. — „Ich erlaube es nicht.« — Bittere Erfahrungen. Wen die alte deutsche Sehnsucht nach dem Süden hin- wegtreibt über die Alpen, der sollte doch auch einmal aussteigen in der alten deutschen Stadt Bo z.en, der die italienische Bezeichnung „Bolzano" paßt wie ein schlechter Anzug. Und dann mag er hingehen zum riesigen Sieges denkmal, das die Italiener an weithin sichtbarer Stelle errichtet haben. Das schuf man nach 1919, als die Italiener am 4. November ihren einzigen Sieg im Weltkrieg gegen die damals gar nicht mehr anwesende österreichisch-un garische Armee erfochten. Aber nun: „toässoo", im Italienischen der „Deutsche", — das war der Öster reicher, nicht der Reichsdeutsche. Gegen ihn haben a^S weißem Marmor die Italiener mitten in Bozen ein protziges Denkmal errichtet, das ihren Sieg über die „tsckssoi" feiern soll, weil es ihnen geglückt war, die „Flut derBarbaren" — so steht es in lateinischer Schrift an dem Denkmal zu lesen — bis zum Brenner zurückzudämmen. Rechts und links in den Durchgängen dieses „Siegesmals" sieht man an stilisierten — Galgen die Köpfe von vier Irredentisten, die, fahnenflüchtig geworden, von den Österreichern während des Krieges ge fangengenommen und verdientermaßen als Hochverräter aufgehängt wurden. Ob die österreichischen Staatsmänner von heute bei ihren zahlreichen Reisen nach Italien auch einmal in Bozen aussteigen und sich das italienische Siegesdenkmal mitten im deutschen Südtirol ansehen werden? Es ist gar nicht so lange her, daß längs der öster reichischen Grenze auf den südlichen Abhängen der Berge am Johannistag, jedesmal am 1. August, dem Tage des Kriegsausbruchs, die riesigen Feuer aufflammten, um nach Südtirol den Schwur hinüberzuleuchten: „Wir vergessen euch, ihr Brüder dort drüben, niemals!" Jetzt sind diese Flammenhügel nicht mehr errichtet worden. Die zweieinhalb Hundert tausend Deutsche südlich des Brenners hatmanvergessen; denn die Heimwehren haben „an- deres" zu tun, und ihr Führer Starhemberg holt sich die innen- und außenpolitischen Anweisungen aus Rom. Sein Bundeskanzler läßt jetzt, nachdem trotz allem von Deutsch land die Friedenshand hingestreckt worden ist, sein offi ziöses Wiener Organ das Märlein ersinnen, zwischen der deutschen und der jugoslawischen Regierung sei eine kriegerische Verschwörung im Gang. Diese „Sensa tion" wurde der Welt vorgesetzt am Tage, nachdem die Zusammenkunft des Bundeskanzler Schuschnigg mit Mussolini beendigt war. „Ist es auch Irrsinn, hat es doch Methode." Und der geistige Vater der moder nen Diplomatie, der Italiener Äacchivelli, mag über die allzu offensichtliche Plumpheit seiner diplomatischen Erben in seinem Grabe geradezu rotieren in der Umdrehungs geschwindigkeit eines modernen Flugzeugmotors. Aber es greift gerade darum uns Deutsche ans Herz, wenn man im halbamtlichen Organ der jugoslawischen Regierung die nüchterne Feststellung lesen muß, Rom verfolge das Ziel, aus Österreich eine Kolonie zu machen, ebenso wie es das schon mit Albanien versucht hat! -i- Der österreichische Bundeskanzler und sein Finanz minister werden auch in Genf bei der am 3. September beginnenden diesjährigen Tagung des Völkerbundes anwesend sein. Denn die starke finanzielle Abhängigkeit Österreichs, seine Völkerbundsanleihe, die diesem Staat die Kontrolle seiner Finanzen und seiner Wirtschaft bescherte, soll wieder einmal neugeorduet werden. Ferner will Österreich in Genf einen neuen großen Pump auf legen, und wohl auch für diesen Zweck versammelt sich der Finanzausschuß des Völkerbundes — sozusagen die oberste Instanz für Österreich — bereits am 3. September in Genf. Würden Österreichs Vertreter dann ein wenig zurück blättern in ihrer Erinnerung, dann würden sie auf einen anderen 3. September in Genf stoßen, würden an den 3. September 1931 denken, als der deutsche und der österreichische Außenminister erklären mußten, daß sie auf die doch auch noch nicht ganz vergessenen Pläne der deutsch-österreichischen Zollunion ver zichteten. Frankreichs damaliger Außenminister Briand hatte erklärt: „Ich erlaube das nicht!" * Einer der bekanntesten journalistischen Gefolgsleute Mussolinis hat es gerade jetzt ausgesprochen: Selbst verständlich hat die österreichische Anschlußidee an Deutsch land ihre volle Berechtigung; denn Wilsons Grundsätze und das von der Entente während des Weltkrieges pro klamierte Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker unterstützen diesen Anspruch. Aber „Deutsch land am Brenner", — das würde nicht bloß „die Freiheit und Sicherheit Italiens gefährden". Warum? Der deutsche Nationalsozialismus unternimmt keine Nömerzüge nach dem Muster mittelalterlicher deutscher Könige! „Deutschland am Brenner" würde aber nach An sicht jener Trabanten Mussolinis auch die „politische und wirtschaftliche Durchdringung Österreichs und Ungarns, dazu des Dongubeckens durch Italien verhindern". Sagte Jie kWMden SNererleWmiMn. Staatssekretär Reinhardt über steuerpolitische Maßnah men in der kommenden Winter-Arbeitsschlacht. Berlin, 1. September. Staatssekretär Reinhardt sprach am Freitag im Rundfunk im Zusammenhang mit der soeben abgeschlossenen Leipziger Herbstmesse über die steuerpolitischen Maßnahmen, die für die kommende Arbeitsschlacht im Herbst und Winter 'durchgesührt werden. Er führte u. a. aus: In wenigen Wochen wird das neue Einkommensteuergesetz erscheinen. Es wird am 1. Januar 1935 in Kraft treten und bereits auf diejenigen Einkommen Anwendung finden, die im Frühjahr 1935 für das Jahr 1964 zu veranlagen sein werden. Der Entwurf des neuen Einkommensteuergesetzes enthält eine Bestimmung, durch die das Gesetz über Steuerfreiheit für Er satzbeschaffungen wesentlich erweitert wird. Diese Bestimmung erstreckt sich auf jegliche bewegliche Gegenstände des gewerb lichen oder landwirtschaftlichen Anlagekapitals, deren betriebs gewöhnliche Nutzungsdauer erfahrungsgemäß 10 Jahre nicht übersteigt. Sie erstreckt sich nicht nur auf Ersatzbeschaffungen, sondern auch auf Neuanschaffungen, nicht nur auf Erneuerun gen, sondern auch auf Erweiterungen des gewerblichen oder landwirtschaftlichen Anlagekapitals. Auf Erweiterungen inso weit, als es sich um kurzlebige Gegenstände handelt. Als kurz lebig gilt jeder gewerbliche Gegenstand des gewerblichen oder landwirtschaftlichen Anlagekapitals, dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erfahrungsgemäß 10 Jahre nicht übersteigt. Die Aufwendungen für alle diese Gegenstände können vom Gewinn des Jahres 1934 voll abgesetzt werden, wenn die Anschaffung oder Herstellung bis zum Schluß des Wirtschafts jahres 1934, in den meisten Fällen also bis spätestens 31. De zember 1934, erfolgt. Alle diejenigen Gewerbetreibenden und Landwirte, die die Vergünstigung für das Jahr 1934 erlangen wollen, müssen die Aufträge so rechtzeitig erteilen, daß die Lieferung noch vor Schluß des Wirtschaftsjahres 1934 erfolgt. In dem Fall können die Aufwendungen für die betreffenden Gegenstände vom Gewinn voll abgesetzt werden, so daß die Steuer, mit der der Gewerbetreibende oder Landwirt für 1934 zu veranlagen sein wird, sich entsprechend ermäßigt. Die Steuerermäßigung beträgt je nach der Lage des einzelnen Fal les 10 bis 45 v. H- für den in Betracht kommenden Gegenstand. Die nächste Einkommensteuererklärung ist im Februar 1935 für das Kalenderjahr 1934 abzugehen. Jeder Gewerbe treibende und jeder Landwirt hat die Möglichkeit, sein zu ver steuerndes Einkommen nach Belieben niedrig erscheinen zu lassen. Er kann sich für das Jahr 1934 sogar einkommen- oder körperschaftssteuerfrei gestalten. Er braucht nur entsprechend höhe Summen für Anschaffung oder Herstellung von kurzlebi gen Anlagen, Gegenständen oder für die Ersatzbeschaffung lang lebiger Gegenstände für die Zwecke des zivilen Luftschutzes oder Sanitätsdienstes oder Instandsetzung und Ergänzungen für Gebäude aufzuwenden. Die gleiche Möglichkeit hat jeder Gebäudeeigentümer, auch wenn er nicht Gewerbetreibender ist, hinsichtlich der Aufwendungen zu Zwecken des zivilen Luft schutzes und des zivilen Sanitätsdienstes und bei Instand setzungen an seinem Gebäude. Eine weitere finanzpolitische Maßnahme ist das Gesetz zur Förderung der Eheschließungen. Diese Tatsache wird zu immer größeren Nachfragen nach Möbeln, Hausgeräten und^ da die jungen Ehepaare Wohnungen brauchen, nach Klein wohnungen führen. Wir haben die Nachfrage nach Gütern und Leistungen bisher in erster Linie durch Gewährung von Steuervergünsti-. gung verschiedener Art und durch Gewährung von Ehestands darlehen gefördert. Wir gehen jetzt dazu über, auch durch all gemeine Steuersenkungen die Nachfragen nach Leistungen unh Gütern zu fördern, ohne Bindungen daran zu knüpfen. Be reits am 1. Januar 1935 wird das neue Einkommensteuerge- setz in Kraft treten. Nach diesem Gesetz werden die Familien väter eine weitere Entlastung erfahren. Der Familienvater soll für seine Familie einen größeren Betrag als bisher für dis Lebenshaltungskosten zur Verfügung haben. Durch die allgemeinen Steuersenkungen soll insbesondecS die Verbrauchsgüterindustrie belebt werden. Es ist in Ergän zung aller Maßnahmen auch notwendig, daß der Binnengroß handel wieder zur Lagerhaltung übergeht. Zu dem Zwecke wird im neuen Umsatzsteuergesetz, das mit Wirkung vom 1. Januar 1935 in Kraft treten wird, die Umsatzsteuer für den Binnen großhandel einheitlich auf einhalb vom Hundert festgesetzt werden. Bisher betrug die Umsatzsteuer für den lagerhaltenden Großhandel 2 v. H. Es gibt für jeden Gewerbetreibenden, Landwirt und Ge bäudeeigentümer Möglichkeiten, sich einzureihen in die Front der Kämpfer um die Verminderung der Arbeitslosigkeit. Jeder, der entsprechend handelt, dient der Volksgemeinschaft, und zwar dadurch, daß er zur Verminderung der Arbeitslosigkeit und der sozialen Not und gleichzeitig zur Gesundung von Wirtschaft und Finanzen beiträgt und schließlich sich selbst durch Verbesserung seiner Anlagen und durch Verminderung seiner Steuerschulden nützt. Für jeden Arbeitnehmer, insbe sondere für jeden Familienvater, wird sich durch Senkung der Abgaben und Beiträge eine immer größere Möglichkeit er geben, die Aufwendungen zur Bestreitung der Lebenshaltungs kosten seiner Familie zu erhöhen und auf diese Weise zur Be lebung der Verbrauchsgüter beizutragen. Seutsch-Holländlschesrransserabtommeu. Zwischen der deutschen und der niederländischen Regierung ist jetzt ein Abkommen unterzeichnet worden, das die Transferierung von Zinsen auf die privaten deutschen Anleihe- und sonstiges Schuldverpflich tungen nach Holland regelt. Die für die Zinstransferierung im Rahmen dieses Abkommens erforderlichen Devisen werden in voller Höhe aus der Bezahlung für zusätzliche Waren lieferungen in Holland zur Verfügung gestellt, die von der Niederländischen Regierung nach Deutschland ver geben werden. Die holländischen Gläubiger, die aus Grund des Abkommens befriedigt werden, verzichten auf einen erheblichen Teil ihrer Zinsansprüche^ Die so freiwerdenden Beträge dienen teilweise der Amor tisation der Schuldverhältnisse und zum anderen Teil dep Förderung der deutschen Ausfuhr. jemand derartiges in Deutschland, dann würde die ganze Welt sich kaum fassen können wegen dieser „Ziele des Imperialismus"! Und wenn in der neu entflammten Hetzerei der italienischen Presse jenes Wort am „Sieges"- dcnkmal von Bozen wieder zu hören ist, wenn man von „Barbaren" zu sprechen wagt, dann fällt dem Deutschen ein Wort Bismarcks ein, das er während des Krieges 1870/71 einmal ausgesprochen hat. Damals zwangen die deutschen Siege die französische Regierung dazu, ihre Truppen aus dem Kirchenstaat zurückzuziehen, den sie gegen die andrängends Einigungsbewegung Italiens zu schützen hatten. Ein paar Wochen darauf vollzog der italienische Freischarenführer Garibaldi durch Erobe rung Roms diese Einigung. Dann hat er mit keinen Freischaren die - Franzosen gegen die Deutschen unter stützt. Und Bismarck sprach die Hoffnung aus, es werde den siegreichen deutschen Truppen gelingen, Garibaldi gefangenzunehmen; dann wollte Bismarck dem König Wilhelm empfehlen, den Gefangenen in einen fahrbaren Käfig zu stecken und ihn allen deutschen Gauen zu zeigen. Und vorne an diesem Käfig sollte ein großes Schild die Jnsch tragen: „Italiens Dank!" Seitdem hat sich derartiges seit den letzten 20 Jahren des öfteren wiederholt. Wir deutsche» „Barbaren" aber bringen für diesen „Saoro oxoismo" rassisch nicht viel Verständnis auf. Pr. Sarthou biedert sich in Moskau an.. Telephonische Freundschaftserklürung des französischen Außem Ministers an die Sowjctregierung. Bei der Eröffnung der Telephonver« bindungzwischenParisund Moskau hat bei französische Außenminister Barthou folgende Botschaft an die sowjetrusstsche Regierung durch das Telephon ab gegeben: „Es ist dies das erstemal, daß ein Telephon kabel die Stimme eines französischen Außenministers direkt nach Moskau bringt. Ich lege Wert darauf, daß diese erste Botschaft die Herzlichkeit der Be ziehungen unterstreicht, die die beiden Länder ver binden. Ich möchte auch, daß diese erste Botschaft den Willen Frankreichs zum Ausruck bringt, mit seiner ganzen Kraft für die Aufrechterhaltung und die Festigung des Friedens zu arbeiten. Frankreich ist höchst befriedigt, daß Sowjetrußland mit ihm an dieser Aufgabe zusammen arbeiten will, die von allen Ländern, die mit dem gleichen Ideal verbunden sind, eine dauernde, aufrichtige und entschlossene Zusammenarbeit erfordert. Möge diese telephonische Verbindung, von der man so viel glückliche Ergebnisse erwarten kann, auf allen Gebieten zu einer fruchtbaren Entwicklung der franzüjijch- russischen Beziehungen beitragen."