Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für für für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einundvierzigster Jahrgang. Ersche m wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag. AbonnementSprelS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags dis Mittag 12 Uhr. Erscheint «öchentltch 2 Mal Dienstag und Freitag) AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 62 Freitag, den 5. August 1881. Nachdem Herr Rittergutsbesitzer v. Schönberg Pötting auf A°lttan»eberg vom 2. dies. Mon. an die Besorgung der friedens- richterlichen Geschäfte für den Bezirk Neu- und Altlanneberg nebst Rittergut wieder übernommen hat, so wird Solches hierdurch bekannt gemacht. Wilsdruff, am 3. August 1881. Das Königliche Amtsgericht. Ur. Gangloff. Tagesgeschichte. Mit gutem Grunde können wir behaupten, daß in diesen Tagen die Augen von ganz Europa auf Bad Gastein gerichtet sein werden, jenen durch seine Heilquellen altberühmten Badeorte in den Salzburger Bergen, wo am 4. August die Zusammenkunft zwischen Kaiser Wil« Helm und Kaiser Franz Josef stattfand. Denn schon längst ist man in den Staaten, welche im Rathe Europas sitzen, zu der Erkennt- niß gelangt, von welcher Bedeutung das österreichisch-deutsche Bünd- niß für die internationalen Beziehungen der Völker Europas ist; mit dieser Erkenntniß gelangt aber auch die Ueberzeugung immer mehr zum Ausdruck, daß die Alliance zwischen Deutschland und Oesterreich lediglich auf die Erhaltung des europäischen Friedens gerichtet ist und daß auch die diesjährige Kaiserzusammenkunft in Gastein neben der Betonung des zwischen den beiden Monarchen bestehenden Persönlichen freundschaftlichen Verhältnisses die Bestimmung hat, die ungeschwächte Fortdauer des deutsch-österreichischen Einvernehmens und den fried lichen Charakter desselben darzulegen. In diesem Sinne wird man in Europa hoffentlich die Kaiserbegegnung in Gastein auffasseu und die Zukunft wird lehren, daß diese Auffassung die richtige war. Die in der letzten Session beim Reichstage eingegangenen Petitionen gegen die Zivilehe haben, wie verlautet, bis jetzt in bündes- räthlichen Kreffen wenig oder keine Zustimmung gefunden. Man hält dort durchweg an dem Hauptmotiv, welches zu der Einführung der obligatorischen Zivilehe geführt hat, fest. Als dasselbe wurde der An spruch der römischen Kurie bezeichnet, daß auch das Gebiet des bür gerlichen Familienrechts sich den Satzungen des kanonischen Rechts unterordnen müsse. In dem betreffenden Berichte des Justizausschusses des Bundesrath heißt es wörtlich: „Die aus diesen Bestrebungen wie aus der Schärfung der konfessionellen Gegensätze überhaupt er wachsenen Anforderungen, welche es in manchen Fällen selbst den Angehörigen einer und derselben Konfession, um wie viel mehr den Bekennern verschiedener Konfessionen unmöglich machten, zur Ehe schließung zu gelangen, ohne einem Gewissenszwange zu unterliegen, drohen sich zu erweitern. Aus diesen Gründen votirte seiner Zeit der Bundes ath vornehmlich für die obligatorische Zivilehe." Berlin, 1. August. Der „Nordd. Allg Zlg." zufolge ist kürzlich der von ihr veröffentlichte Drohbrief gegen den Reichskanzler dem Justizminister behufs weiterer Erhebungen durch die Staatsanwaltschaft vorgelegt worden gleichzeitig mit einem zweiten späteren, von Frank furt a. M. datirten Drohbrief, worin dem Reichskanzler angekündigt wird, daß 13 Männer zusammengetreten, sich das Wort gegeben, Bis marck ums Leben zu bringen, und entschlossen wären, einer nach dem andern das Attentat zu begehen, wenn die ersten Versuche mißlängen. Auswärtige, insbesondere sezessionistffche und fortschrittliche Blätter können sich wegen der Wahl Bebel's in den sächsischen Landtag immer „och nicht beruhigen. So macht die „Neue Stettiner Zeitung" in ihrer Nummer vom 28. Juli die gedachte Wahl zur Grundlage eines Leitartikels, welcher darzulegen sucht, daß das Sozialistengesetz wirk ungslos sei und als Beweis dafür ansührt, daß nicht einmal das Censuswahlsystem, worauf die zweite sächsische Kammer beruhe, geeignet fei, die Sozialdemokratie von der politischen Bühne auszuschttepen. Da man sich außerhalb Sachsens, wie dieses Beispiel wiederum bemeist, von dem Census bei den sächsischen Landtagswahlen einen ganz falschen Begriff macht, so stj wiederholt darauf hiugewiesen, daß der Census nur 3 M. beträgt. Es ist das ein so niedriger Steuersatz, daß ihn thatsächlich nur wenige Arbeiter nicht erreichen, und es hat sich durch die bei den letzten Landtagswahlen aufgestellten Wählerlisten thalsäch- lich herausgestellt, daß wir im Königreich Sachsen mit unserem Land tagswahlrecht ganz nahe an das allgemeine direkte Wahlrecht bei den Reichstagswalsten heranreichen und die Wählermassen bei beiden Wahlen fast gleich große sind. Am Amtsgericht in Meiningen lag den Schöffen folgender Fall vor: Von zwei Missionspredigern, die schon lange in Walldorf bei Meiningen Wohnung bezogen' und dort für ihr Werk und ihre Zwecke thätig gewesen, hatte sich einer im Wirthschastslokale einge- funden, woselbst sich ein mit Anderen verkehrender Bürger ein kleines Schnäpschen geben ließ, um sich durch unniittelbaren Biergmuß, weil er bei der großen Hitze sehr geschwitzt hatte, an der Gesundheit nicht zu schädigen. Dies gab dem Prediger Anlaß, zwei Traktätchen auf den Tisch, woran jener saß, zu legen, wovon eines den Titel trug: „Eine Nuß, für Ungläubige zu knacken", und das andere: „Ein Schwein unter den Menschen". In letzterem war mit einem abschreckenden Bilde und in warnender Weise das Laster der Trunksucht und insbe sondere des Branntweingenusses zur Anschauung gebracht. Der Pre diger entfernte sich hierauf. Der Bürger mochte aber seines kleinen Schnäpschen halber doch noch nicht zu den Schweinen sich zählen lassen und klagte. Der Angeschuldigte vertheidigte sich zwar ganz gut, indem er unter Anderem darauf hinwies, daß die Stadtmissionäre in Berlin fast täglich dergleichen Traktate in den Wirthschasten und in Häusern niederlegen, daß Solches zum Missionswerke gehöre u. s. w.; dessen ungeachtet wurde er zu 24 Mark Strafe oder 8 Tagen Ge- fängniß verurtbeilt. Nicht umsonst ist München die Heimath so vieler Künstler. Diese Künstler haben sich um das Bundesschießen wohl verdient ge macht, alle Deutschen und alle Gäste aus der Schweiz, aus Tyrol und aus Wien sind einstimmig in diesem Lobe, ein künstlerischer Hauch und Geist zeichnete die Festbantcn, die Festspiele und alle Veranstaltungen aus, Jeder spürte etwas davon. Das große Fest ist ohne bedeutende Unfälle verlaufen und schloß mit einer prachtvollen Beleuchtung der Bavaria, die an dem betr. Abend die erleuchtetste Jungfrau der Welt war, einzig ausgenommen vielleicht die noch etwas stattlichere Schweizer Jungfrau, wenn sie vom Alpenglühen übergossen wird. Damit aber Has schöne Fest nicht mit einer bayrischen Demonstration zu Ende gehe, wie Splitlerrichter vielleicht gejagt hätten, schloß es mit der deutschen „Wacht am Rhein", von der Regimentsmusik gespielt und von Tau senden von gejchulten und hunderttausend ungeschulten Sängern be gleitet. Das ist der Ton, der nachklingt. London, 3. August. Die Irländer Mc. Grath und Mc. Kewitt, welche am 10. Juni d. I. den Versuch machten, das Liverpooler Nath haus in die Luft zu sprengen, sind — der Erstere zu lebensläng licher, der Letztere zu 15jähriger Strafarbeit -- verurtheilt worden. London. Die Frage, wer die Urheber des Höllenmaschinen- komp lo ts sind, ist noch immer in tiefes Dunkel gehüllt. Es ist wenig Hoffnung vorhanden, die Schuldigen zu entdecken, da man glaubt, daß Diejenigen, welche die englischen Behörden von der erwarteten Ankunft der Höllenmaschinen in Kenntniß setzten, zu gleicher Zeit die Empfänger warmen, auf ihrer Hut zu sein. Ohne diese Warnung würden die Empfänger in Großbritannien die „Cememfässer" wahrscheinlich rekla- mirt haben, worauf ihre Verhaftung sofort erfolgt wäre. Es ist dem nach leider nur zu wahrscheinlich, daß die Schuldigen diesseits und jenseits des Allandischen Oceans dem Arme der Gerechtigkeit entgehen werden. Dem Vernehmen nach hat die englische Negierung dem hie sigen amerikanischen Gesandten, Mr. Lowell, Vorstellungen in der An gelegenheit gemacht und Letzterer hat sich mit seiner Regierung in Verbindung gesetzt, um nicht allein die Entdeckung und Bestrafung der Schuldigen herbeizusühren, sondern auch die Absendung weiterer Maschinen zu verhüten. In Boston ist ermittelt worden, daß 20 Fässer mit „Cement" auf den dortigen Werften abgeliefert wurden. Zehn wurden am 18. Juni an Bord des „Malta" und drei Tage später zehn an Bord des „Bavaria" verschifft. Der Fuhrmann, welcher die Fässer überbrachte, ist auf den Werften nicht bekannt. Die Fässer wurden im Namen der Phönix Manufacturing Company, welche nicht existirt, verschifft und waren an John Lawson (ein erfundener Name) adressirt. Die Beamten der Cunard-Gesellschaft sagen, daß der Absender zehn Fässer per „Batavia" am 10. d. M. zu verschicken wünschte, aber den Bescheid erhielt, daß der Lagerraum gänzlich vergeben sei. Dec Absender nannte sich Charles Miller und die Sendung war au Jvyn-EranS-Liverpvol adressirt. Mr. Wiudom, der Schatzsekretär, hat, wie ein Washingtoner Telegramm vom 28. v. meldet, die Zoll- eiunehmer in Boston und New-Jork angewiesen, es au keiner Anstreng ung fehlen zu lassen, den Namen des Absenders der jüngst in Liver pool eingetroffenen Höllenmaschinen zu ermitteln. Im Verlaufe einer Unterhaltung soll Mr. Windom geäußert haben, daß, während es den Zollcinnehmern unmöglich sein dürfte, direkt den Namen des Absenders zu ermitteln, er zum mindesten eine Spnr zu entdecken hoffe, welche zur Entdeckung der Schuldigen führen dürfte. Die Zollbeamten in Boston fagen, daß sie in Erwartung dieser Instruktion den Deklara- tionsschein genauer Prüfung unterzogen, aber daß es unmöglich sein dürfte, den Urhebern des Schandstreiches ans die Spnr zu kommen oder die Versendung weiterer Maschinen zn verhüten. Die Absender würden stets im Stande sein, ihre Schandthat unter dem Gewände irgend eines zulässigen Artikels zu verheimlichen. Nach Privatnachrichten, die Glauben verdienen, wüthet der Typhus unter den französischen Truppen im Süden Algiers wie in Tunis in überaus ernster Weise. Der Gesnndbcitszustand des Expeditionscorps ist ein außerordentlicher schlechter und bedenklicher. Für Rußland bildete die Neisc Kaiser Alexanders nebst zahl reichem Gesolge von der kaiserlichen Sommerresidenz Peterhof nach Moskau das Haupt-Ereigniß der vergang-nen Woche. Es müssen allerdings gewichtige Gründe gewesen sein, welche den Czaren veran. laßten, seine bisherige Zurückgezogenheit aufzugeben und plötzlich die zweite Hauptstadt — für die Altrussen noch immer die -rsie — des russischen Reiches mit seiner Anwesenheit zu beehren. Vorläufig muß man annehmen, daß die in Aussicht genommene Krönung des Czaren im Moskauer Kremet mit dieser Reise in Zusammenhang steht. In Frankreich, dem Land der Civittsation, hat jetzt der General