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M «2 Werßerih-Zeitung Wienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. iü Ngr. Ei» unterhaltende» Wochenblatt für den Bürger und Landmann. 11. August 1857. Inserate werden mit 8 Pfg. für die Zeile berechnet und in allen " Expeditionen angenommen. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dresden. Am 7. August Nachmittags fand auf dem Zimmerhofe am Bautzncr Platze unter entsprechen, der Feierlichkeit die Enthüllung deS Kreuzes auf dem neuerbauten Thurm e der evangelischen Pfarr- und Garnisonkirche in Neustadt-Dresden statt. Es waren zu dieser Feierlichkeit von dem betr. Comits die Spitzen der hiesigen Militär-, Civil- und geistlichen Behörden geladen. Außerdem war der hiesige Liedcr- kreiS und der Gesangverein Orpheus, rpelche die Zwecke deS Neustädter Turmbaues werkthätig gefördert haben, durch Abgeordnete vertreten, wie denn die freiwilligen Sammler für den Thurmbau sich überhaupt sehr zahl reich eingefunden hatten. In der Mitte des Platzes standen auf einer festlich geschmückten Estrade die Mo delle zu den vier Evangelisten von Prof. Hähncl, welche auf der Kirche angebracht werden. Nachdem der Thurm schon am Tage mit Fahnen in den Landes farben geziert gewesen war, begann die Feier mit einem Choral von dem Chore der Neustädter Kirche, worauf Hr. Pastor Thcnius die Festrede hielt. Am Schluß derselben enthüllte sich auf ein gegebenes Zeichen und unter den Klängen einer dreimaligen Fanfare vom Thurm das Kreuz vor der auch außerhalb der Bar rieren zahlreich versammelten Menge. Hr. Geh. Justiz rath Hänel verlas hierauf die Gedächtnißurkunde, wie die sämmtlichen Gegenstände, welche in einer Lade dem Thurmknopf einverleibt wurden, wobei man erfuhr, daß die Kosten bcö Baues bis jetzt 68,244 Thlr. be tragen. Mit dem Choral „Nun banket Alle Golt" schloß die geistige Feier uns sand für die am Bau Betheiligten darnach der übliche Hebeschmauß statt, zu dem zwei reichgeschmückte Bäume für die Einzelnen Lohn und Auszeichnung boten. Möge die Vollendung des Baues unter Gottes schirmender Gnade zum Schluffe gedeihen. —7 Nachstehende Gegenstände sind in den KnopfdeS Thurmes eingelegt worden: I. Münzen: ein Zweithalerstück und ein Einthalerstück, beide» Ver einsmünzen von 1857; ein Zehngroschenstück, ein Fünf groschenstück, ein Zweigroschcnstück, ein Groschenstück, ein Halbgroschenstück, ein Zweipfennigstück, und ein Pfennigstück, sämmtlich König!. Sächs. Landesmünzen von 1856; ein Sterbethaler und ein Sterbefünfgroschen stück des höchstsel. Königs Friedrich August II. von 1854; ein Sterbefünfgroschenstück des höchstsel. Königs Friedrich August I. von 1827; eine Bronzemedaille zur I. Säcularfeier der Neustädter evangel. Kirche von 1839; eine kleine silb. Medaille zur HI. Säcularfeier der Reformation von I83V; fünf verschiedene kleine Silbermünzen. — II. Lithographien: Bilbniß Sr. M. des Königs Johann; Bildniß Höchstbessen Gemahlin I. M. . der Königin Amalie; Bildniß Sr. M. deS höchstsel. Königs Friedrich August II.; Grundriß der Residenzstadt Dresden mit Angabe der Ueberschwem- mungsstächen der Elbe im März 1845; Ballonanflcht von Dresden; photographische. Ansicht deS Thurm- baugerüsteS; zehn Specialanstchten von Dresden und zwar: das K. Schloß, Hofthealer, Museum, poly technische Schule, Neustädler kathol. Kirche, Neustädter Marktplatz, Altstädter Marktplatz,Neubau amZwinzer, Ansicht vom italienischen Dörfchen und eine Parthle am Zwingerwalle. —III. Druckschriften: das Concor- dienbuch oder sämmtliche symbolische Schriftstücken; Katechismus Luthers von 1688 unter Kurfürst Johann Georg III.; Nachrichten über die Säcularfeier der Reformation in Dresden 1839; das Dresdner Adreß buch und die Armeergngliste vom Jahre 1857. IV. Geschriebenes: Nachrichten über die Beschaffung der Fonds zum Thurmbau, Preise der Lebensmittel und Lohnsätze im Jahre 1857; Uebersicht der zum Thurm- bau verwendeten Baumaterialien. — Die Ansichten und Bilder, so wie die geschriebenen Urkunden, sind in zwei kupfernen Kapseln und die übrigen Schriften in einem hölzernen Kasten verwahrt worden. Herrnhut. Die seit einigen Wochen Hierselbst tagende Generalsynode, bei welcher sämmtliche Herrn^- huter Gemeinden, also nicht allein die von England, Schweden und der Schweiz, sondern auch die von Asien, Afrika und Amerika meist durch ihre Bischöfe vertreten sind, verhandelt als Hauptgegenstand der Berathung die von den Gemeinden in jenen fremden Weltgegenden verlangte Unabhängigkeitserklärung in Bezug auf die Muttergemeinde in Herrnhut, womit denn auch die Pflicht zu Beitragsleistungen an diese behufs der Ausstattung der Gemeindegeistlichen fallen würde. Wien, 2. Aug. Der Kaiser, dem seine Vor liebe für daS Sol bat en wesen eine ungemeine Po pularität in den Reihen der Armee verschafft, ist Soldat mit Leib und Seele und beschämt durch seine Pünkt lichkeit so manche jüngere Offiziere. Bei Erercitien ist er gewöhnlich schon um 6 Uhr Morgens auf den Glacis, und selbst wenn er die Nacht in Schönbrunn oder Larenburg zugebracht, will er doch in der Frühe der Erste auf dem Erercirplatz sein. Eine besondere Eigenthümlichkeit theilt der Kaiser übrigens mit dem hochseligen Kaiser Franz, um die ihn mancher seiner Offiziere beneiden darf. Der Kaiser spricht nämlich alle Landessprachen des großen Kaiserstaats, und be sitzt nebst diesem Sprachengedächtniß ein überaus seltenes Perfonengcdächtniß, durch welches er die guten Böhmen, Magyaren, Ruthenen und Polen, die er nach einmaliger Ansprache wieder erkennt, in Verwunderung setzt. Da-