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Sächsische Volkszeitung : 11.04.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190604119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060411
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060411
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-04
- Tag 1906-04-11
-
Monat
1906-04
-
Jahr
1906
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I ioai ^ i»r- 8». Mittwoch, den LI. April INO«. S. Jahrgang. Sächsische UMszeitung «»««» »»««. mit Nu,nahmr 4« «om,. » »»Mage.W ^ > ll»,btt,g>ge« crgebisn». WMdeii. «eebi«. Vreidett. Jnteeatr «erde« »»» Ugeipall. PettqeUe oder deren Rau« «0 16 4. Reklame m. 6« 4 die Zeile, verech«,.. v. «iedrch. bedeui.Radatt. «»chd»»<«e», «»«»in»» ««» »«tchStlhft,»«, Vtltathe» Gtteasi« 48. - «ernwri-che, Nr. Idttk. Fü«flß«udertjLhriges der demtsche« Natio««lftiftpng „8. Llarl« üvLI' in Rom. (Bon einem Priester der «nima.) Hin dreifaches Jubiläum, von denen jedes das deutsche Herz mit jauchzender Freude erfüllt, wird in den Tagen von: 22. bis 27. April unsere deutsche National- ftiftung „S. Maria dell'Anima" zu Rom begehen: ein halbes Jahrtausend ist's her, daß die „Anima" durch beutfche Opferfreudigkeit und des Papstes Gnade aus einer privaten WohltätigkcitSanstalt zum großen deutschen Nationalinstitut geworden ist, — ein halbes Jahr- hundert seit ihrer Wiedererweckung und seit der Neu- gründung ihres Priesterkollegiums, — ein Viertel- jahrhundert, seitdem ihre Sängerschule, die „Scuola Gregoriana", der besten eine in Rom, ins Leben trat. O Animal Wenn ich deiner gedenke und deiner Ge- jchichte voll deutschen Ruhmes und deutscher Herrlichkeit, dann s--'ließe ich die Augen und lausche pochenden Herzens, wie e. Glanzperiode von fünf Jahrhunderten mir durch die Se.le flutet, so lieb und so traut, so glorreich und doch so feierlich füll! Und das Jahr 1350 tut sich auf vor meinem Blick, das große Jubeljahr, wo die stolzen deutschen Recken- gestalten in ungezählten Scharen demütig flehend zum heiligen Vater strömten, ihrer so viele, daß sie auf freiem Felde, vor den Mauern Roms, übernachten mußten. Und das Jahr 1386 steigt auf vor meinem Geiste, wo ein Nieder- Länder unter Papst Bonifacius IX., Johann Peters von Dorlrecht, der alle die Unzukömmlichkeiten des letzten Jubel- sichres geschaut, durch Schenkung dreier Häuser den ersten Grundstein zu einer deutfckxm Herberge legte. Und dann taucht das Jahr 1406 vor meiner Seele aus, 14 0 6, wo Papst Jnnocenz VII. die durch Dietrich von Niem bedeutend vergrößerte Anstalt zum besonderen deutschen Nationalinstitut erhob, es von jeder weltlichen Gerichtsbarkeit befreite und unter den unmittelbaren Schutz des Apostolischen 'Zstubles stellte. Erst durch unseren Landsmann Lheodorich von Mein und durch Jnnocenz VII. wurde ja die Anima, was ihr altes Siegel so schön darstellt, ein Miniaturbild der „ge samten deutschen Kirche und der gesamten deutschen Nation unter dem Schutzmantel der Himmelskönigin". Viele Freuden, aber auch viel des Leides hat unser deutsches Nationalinstitut in Rom diese 500 Jahre hindurch erfahren. Könige rmd Kaiser haben die Anima besucht. Bischöfe und Kardinale haben es sich zur Ehre angerechnet, in ihr Bruderschaftsbuch eingetragen zu werden. In feier lichstem Zuge, von ihrem gesamten Hofstaat umgeben, sind nicht wenige unter den Päpsten zur Anima-Kirche ge pilgert, um dort die „liebe Frau der Deutschen" um ihre Fürbitte in wichtigen Angelegenheiten anzuflehen. Indessen auch an trüben Tagen hat es der Anima nicht gefehlt. Die beutegierigen deutschen Landsknechte haben 1527 tveder die Kirche noch die Pilgerhäuser ihrer eigenen deutschen Nation geschont. 1799 haben die Fran zosen Kirche und Hospiz aller Kostbarkeiten und Kleinodien beraubt, auch die treffliche Bibliothek verschleudert. Tie Kirche ward in ein Heumagazin, die Sakristei zum Pferde stall umgeschaffcn. Den fremden Franzosen folgten bald die e i n g e s c s s e n e n 11 a l i e n e r, die sich im Eigentum der deutschen Nation häuslich einrichteten und sich's vorzüglich ergehen ließen. In kurzer Zeit war die ge samte Verwaltung, waren die Kaplanstellen und Häuser in den Händen der Welschen. Daß übrigens die Italiener oirch heute noch unsere deutsche Nationalstiftnng, wie man im Volksmund trefflich sagt, „zum Essen gerne" haben, zeigt in ettva wohl auch die Tatsache, daß die Anima bei zirka 150 000 Lire Jahreseinkommen nicht weniger als 35 000 Lire (!) Steuern zu bezahlen hat, während z. B. früher, unter der päpstlichen Regierung, immer bloß 3631 Lire zu erlegen waren. , Da war es die anfangs des vorigen Jahrhunderts wieder neu erstarkte deutsche Gemeinde in Rom, nickst in letzter Linie die deutsche Künstlerzunft (Maler und Bild hauer), welche die Initiative ergriffen, Gelder und Liegen schaften der Anima wieder ihren alten deutschen Stif- tungszwccken zuzuführen. In hochherziger Weise vom gegenwärtigen Kaiser Franz Joseph von Oe st er- reich gestützt, haben der damalige Rektor der Anima,. Flir, rmd ihr Visitator, Kardinal Graf Neisach, der frühere. Bischof von Eichstätt und Erzbischof von München, die Vor- arbeiten geleistet, bis dann eine ausdrückliche Erklärung Franz Josephs vom 3. März 1854 der Anima ihren stiftungsgemäßen deutschen, „nicht ausschließ- lich österreichischen Charakter" wiedergab. Flir und Rcisach ist es auch zu danken, daß nach langen Jahren und nach mühevollen Organisationsarbeiten dem deutschen Nationalinstitut noch eine neue Aufgabe gestellt wurde, nämlich deutschen Priestern ein Heim zu bieten, die ihre Studien in -er Heimat bereits vollendet haben, aber ihr Wissen auf dem Gebiete des kanonischen Keckstes, der Philosophie oder Theologie, der Kirchen- oder Kunstge schichte noch weiter ausbauen und vertiefen wollen. Nicht weniger als 329 Priester aus allen Diözesen des früheren römischen Reiches deutscher Nation und deutscher Zunge haben seitdem dem Kollegium der Anima angehört, darunter 18 Bischöfe und eine große Zahl von Prälaten und Uuiversitätsprofessoren, die in Verwaltung von Diözesen, auf Lehrstuhl und Kanzel sich einen ganz hervorragenden Namen erworben l)aben. Mit wohlberechtigtem Stolze kann also die Anima ihres 600jährigen Bestehens sich rühmen. Ganze Geschlechter bat sie kommen und gehen, leben und sterben sehen. Aber eines ist geblieben: Wie vor einem balben Jahrtausend, so bildet sie heute noch den Mittelpunkt der Deutsck-en in Roi... Hier sammeln sie sich bei allen außerordentlichen Gelegen heiten. Hierher gehen sie jeden Sonn- und Feiertag mor gens 10)/,. Uhr zu der abwechselnd von den Kaplänen ge- haltenen deutschen Predigt mit darauf folgendem Leviten- cnnt. Aber auch die Italiener kommen gerne znm deutschen Gottesdienste: Teutsck>e Innerlichkeit, deutsche Würde und Ordnung und nicht zuletzt auch deutsch, Reinlichkeit sind es, die sie anzieben. Und vom Chor herab lstiren sie in mustergültiger Weise Choral und poly phonen Gesang. Unter Dr. Müllers Leitung singt die 1880 mit Unterstützung Tr. Witts und des deutschen Cäcilien vereins ins Leben gerufene Scuola Gregoriana, die vor zwei Jahren vollständig in die Regie der Anima überging. Auch der gegciNvärtige Papst Pim hat sie als Bischof von Mantua, einst Gast der Anima — des öfteren schon rüh mend hervorgehoben. Und tatsächlich auch eine herrliche Kirck)e ist's, die wir Deutschen in Nom unser eigen nennen. Im Jubeljahr 1500 hat de'r deutsche kaiserliche Gesandte Mathias Lang ihren Grundstein gelegt und der Rohbau allein ist über eine halbe Million Lire gekommen. Der letzte deutsche Papst Hadrian VI. (gest. 1523) hat hier in der Hut dentsckx'r Kaplänc seine letzte Ruhestätte gefunden, ihm gegenüber der junge Herzog Karl Friedrich von Cleve-Jülich-Berg (gest. 1575). Auch der deutsche Landkneckstsfiihrer Melchior Frnndsberg (gest. 1528) harrt dort neben dem gelehrten Hamburger Archäologen Holstenius (gest. 1661) und mehreren deutschen Kardinäleu, so Joh. Gropper (gest. 1558) uud Wilh. Enckloordt (gest. 1534), mit verdient um Bischofs Benno von Meißen Heiligsprechung, seiner Auf erstehung entgegen. Und wie anheimelnd mutet einem der um 1520 er baute, echt deutsche Glockenturm der Kirche an, der einzige gothische der einigen Stadt, wie jngendftisch und märchen schön, wenn die Sonnenstrahlen die vielfarbigen, glasierten Schuppenziegel umspielen, daß sie weithin wiederglänzen und hinleuchten über all die blechbedeckten Kuppeln der Renaissancekirchen I So steht die Anima vor uns als Kraft-Mittelpunkt deS katholischen Deutschtums in Rom, eine deutsche Pfarrei im weiten welschen Sprachgebiete. Mit lauterer Herzensfreude sieht man, uüe der Flügelschlag deutschen Geistes sich so mächtig zeigt weit weg von der Heimat, mitten im fremden. Lande, mitten auf ureigenstem „ultramontanem" Boden. Wo l)aben andere, „nickst ultramontane" Anstalten, Jahr hunderte hindurch so viel für Erhaltung des Deutschtums getan? Und wie viele tun es heute? Aber die Anima ist auch jetzt noch ihrer 500jährigen, traditionellen Aufgabe getreu, „den Deutschen Roms ihr Deutschtum zu belvahren uud den deutschen Pilgern nach der ewigen Stadt Führer, Helfer und Berater zu fein". Auch in Miseren Tagen l)at sie ihre ursprüngliche charitative Aufgabe der Fürsorge für die Armen in der deutschen Kolonie und zu Gunsten der Armen unter den deutschen Rompilgern nickst aus dem Auge verloren. Der Anima ist in erster Linie die Gründung des jetzigen deutsckxm Spitals der Kreuzschwesteru in der Via S. Basilio zu verdanken, mit dem auch eine gut besuchte deutsche Mädck>enschule verbunden ist. In der Anima wird nickst bloß sämtlichen deutschen Schulkindern unentgeltlich Religions unterricht erteilt, ihre Kapläne stellen mich, soweit das Studium das irgendwie zuläßt, in Verbindung mit den Kollegen des Campo santo, die Führer zu den deutschen Pilgerzügen, um die deutschen Landsleute mit den heiligen Stätten und den Kunstschätzen Roms bekannt zu machen. Wenn einmal der im Henrigen Jubilämnsjahr baulich in Angriff genommene, 400 Personen fassen sollende Festsaak der Anima fertig gestellt ist, so wird damit nickst bloß ein lange gehegter Wunsch der deutsckxm Kolonie in Rom erfüllt sein, sondern auch eine jährlich wiederholte Forderung der deutschen Pilgerzüge. Von jeher bildet die Anima das Absteigequartier für Priester und für die nreisten Bisckstife Deutschlands und Oesterreichs. Auch der neuernanntc hochwürdigste Herr Apostolische Vikar von Sachsen hat dem Beispiel seines Vor gängers folgend, sein Absteigen in der Anima bereits zuge sagt. Don jeher dient die Anima als Hospiz für die armen deutschen Pilger, meist Gesellen und Handwerker, die hier regelmäßig drei Tage lang unentgeltlich Wohnung nnd Verpflegung finden, wofür das Haus zirka 2 Mk. pro Tag aufwendet. Auch katholische Lehrer Sachsens, die warme Begeisterung für Italiens Natur- und Roms Kunst-Schönheiten nach dem Süden geführt, haben Animas Gastlichkeit schätzen gelernt. Nicht zuletzt bildet die Anima das Bindeglied zwischen den deutschen Diözesen und der päpstlichen Kurie. Ihr Rektor ist Vorsitzender des römischen Komitees für Empfang und Unterkunft der deutschen Pilgerziige. Er ist Vorstand der 1895 in der Anima durch Ludwig Seitz, Franz v. Rhoden und Franz Szoldatics gegründeten „römischen Knnstlerznnft". Heute noch hat sie in der Anima ihr Heim, ebenso wie der 1870 entstandene „deutsche Leseverein" und der schon 1864 gegründete „Katholische Gesellen- verei n", dessen Leitung der Tradition gemäß ein Kaplan Hrilistertvrrehrang und Poesie des Alltags. In seinem vielgelesencn „Glücks"büchlein (l s1901j 199) rühmt Hilty dem Katholizismus nach, daß er wegen seines festen Glaubens an eine sittliche Weltordnung seinen Bekennern eine gewisse Fröhlichkeit und Heiterkeit des Ge- urütes verleihe, wie es zum Beispiel der Protestantismus nicht vermöge. Für die weitere Verfolgung dieses Gedankens liefert ein reckst interessantes Material das Studium der Heiligen verehrung insbesondere nach der Richtung, inwieweit diese in das harte Alltagsleben hineindrang und dieses mit einem Schimmer von Poesie verklärte, wie es niemals in unserer heutigen Maschinen- und Schicßpulverkultur der Fall ist. Wir meinen die Verbindung der menschlichen Berufs arbeit mit der Heiligenverehrung, wie sie in den Patro naten der Heiligen für die verschiedensten Berufszweige in die Erscheinung tritt. Da ist keine menschliche Tätigkeit, keine irdische Berufs- arbeit, die nicht einen Heiligen als „Patron" hat und da durch nicht zugleich den Adel eines gottwohlgcfälligen Wer kes aufgedrückt erhielt. Man lese beispielshalber die systematische alphabetische Zusaimnenstellung dieser Patronate nur über Handwerk und Gewerbe, wie sie Keller in seinem inhaltsreichen Buche „Die Patronate der Heiligen". Ulm 1905, S. 493 bis 495, gibt und von dem wir nur die ersten Buchstaben des Alpha- betes folgen lassen, wobei wir den Namen deS Patrons in Klammern einfügcn. „Aicher (Nikolaus von Bari), Almosenbentelmacher (Briokus), Ammen (Tryphäna), Ammenverdingerinnen (Katharina von Alexandrien), Apotheker (Nikolaus von Bari), Arbeiter (Bonaventnra, Jakobns der Aeltere, Thar- sitius, neuere Zeit: Joseph), Auslader (Nikolaus von Bari), Ausrufer (Ndartin von Tours), Bäcker (Paulus von Ver dun), Backsteinmacher (Vinccntius von Saragossa), Bade diener (Thrason), Bader (Michael), Bandagisten (Lambert von Maastricht), Bandwirker (Mariä Reinigung), Barbiere (Kosmas und Damian, Katharina von Alexandrien, Lud wig IX. der Heilige), Bauarbeiter (Blasius von Sebaste), Bauhütten (die vier Gekrönten), Banschreiner (Matthias), Bergknappen (Raffael), Bergleute (Aminonins), Berg werke (Anna), Besenbinder (Anna), Beutelmacher (Brio- kns), Bienenzüchter (Vernliard von Clairvaux), Bierbrauer (Amandus, Arnold von Metz, Arnulf von Soissons, Au gustinus. Dorothea, Medardns, Nikolaus von Bari), Vil- derhändler (Lazarus), Blechschmiede (Eligius), Bleigießer (Petri Kettenfeier), Bleistiftmacher (Thomas von Aquin), Blnmengärtner (Dorothea von Caesarea), Blumenhändler (Fiacrius, Honoratns), Bortenwirker (Theresia), Boten (Adrian von Nicomcdien), Böttcher (Johannes der Täufer), Branntweinbrenner (Amandus), Brettschneider (Ehristopho- rns, Mariä Verkündigung), Brillenfabrikanten (Claims von Vexin), Brotverivalter (Petrus), Brunnenreinigcr (Claims), Buchbinder (Lukas, Ludwig IX., Petrus Cöleftinns), Buch drucker (Augustinus, Johannes Ev., Katharina von Alexan drien), Buchhändler (Johannes Ev., Johannes von Gott, Thoinas voii Aquin), Büchsenmacher (Antonius der Große, Barbara), Büglerinnen (Clara), Bürger (HomobonuZ), Bürstenbinder (Sebastian), Bürstenhändler (Sebastian), Butterhändler (Leonhardt von Limoges), Copisten (Johan nes Ev., Christi Himmelfahrt, Julianus Hospitator, Rapliael, Vinecnz Ferreri), Tackidecker (Barbara), Tecken- inacher (Ludwig IX., Destillateure (der heilige Geist sllj, Mariä Geburt), Dicler (Elegius von Noyon, die Schiffs diesel-: Nikolaus von Dari), Drechsler (Erasiirus von Anti ochien, Hubert von Lüttich, Ivo, Michael), Drogisten (Ja- tobus der Aeltere)." Nebenbei bemerkt bilden diese Heiligenpatronate für die verschiedensten Arbeitsbrancknm eine böchst merkwürdige Illustration zu dem törichten Gerede, daß die katholische Kirche die irdisck>e Berufsarbeit verachte oder kein Verständ nis dafür habe, sie nicht als Cbristenpfliclst und Christenanf- gabe betrachte, sondern eben mit ihr als notwendigem liebet sich abfinde. Jedenfalls gab diese Verbindung von Arbeit und Religion dem Arbeiter das Bewußtsein, daß er mehr sei als ein Arbeitsmechanismns, wie man in der modernen, an Idealen verarmten Gegemvart so oft bören kann. Kerler lxtt recht, wenn er im Schlußwort seiner in der Beilage zur „Allg. Ztg." (1906 Nr. 23 und 24) gegebenen Uebersickst über diese Patronate meint: „Der Eindruck wird geblieben sein, daß wir eine un endlich reiche Gemütswelt verlassen lxiben. Ja, „wie ganz anders N>ar es da", wenn wir uns ans unser seelenloses Ma- schinenzeitalter besinnen, wo in dumpfen Fabriken der Mensch znm Mcckxmismus zu verkommen in Gefahr ist und wo höchstens der zweifelhafte 'siniber sozialdemokratischer Zukniiftdichtttng die Gemüter erhebt. Poesie des Alltages ist die Forderung, die nicht oft und nachdrücklich genug ge stellt werden kann. Des Mittelalter, trotz aller Barbarei, war verklärt vom Geiste der Volksdickstnng. Es hat darin ein genstsses Aequivalent gegenüber unseren modernen Gütern der Erkenntnis und der äußeren Zivilisation."
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