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sss lnrann ttk ne iur. §r Hk ng otme es. jt. Ascit- für 2 ^«1- Dils' Zweites Blatt ThmM, Men. Äebknlkhn Md die Umgegendtil. Imtsdlull Druck und Verlag den Martin Berger :n Firma H A. Berger ,:i WilSdrust. — VeraatworUich für die Redaktion H. A. Berger dasritst. Sonnabend, den 14. Dezember No. 148. 18S5. VS Erscheint «Schentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), ( Blk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs vNd Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreigs- fpaltene Eorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Im Jrrenhause. Roman von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Nein, ich mag Dich nicht zur Mama!" sprach das Kind, sich finster abwendend und einen ängstlichen Blick auf den Vater werfend, — dann schwammen die großen, schwarzen Augen plötz lich in Thränen und laut schluchzend rief es: „Mama, liebste Mama! Du bist gewiß nicht fortgegangen, sonst hättest Du mich mitgenommen!" Diese Thränen hätten einen Stein eher erweichen können, als die kalten Herzen dieser drei Menschen. „Albernes Geschöpf!" zürnte die Räthin, „so boshaft und trotzig zu sein, es ist in Allem ihr Ebenbild, — drum verlangt es so nach der bösen Mama, während Otto Dir ähnlich und ein braver, vernünftiger Knabe ist." „Komm', kleine Hertha!" sprach Mohrbach mit finsterem G.ficht, „Du hörst eö ja, daß Mama fortg-gangen ist, — sei art g und geh' mit Tante Juliane nach Hause, sonst werde ich die Ruthe gebrauchen." „O, schlage mich nicht, Papa, schlage mich nicht," jammert, die Kleine wie außer sich, „Mama hatte mich so lieb, und auch Dich, Papa! ganz gewiß, auch Dich, wenn Du auch immer so böse gegen sie warst, sie hatte uns Alle lieb." „Schweig. Du kleine Heuchlerin!" schalt Mohrbach zornig, anstatt von den Worten des Kmdes gerührt und erschüttert zu sein, „im Augenblick gehorchst Du oder —" r erhob die Hand, schreiend lief das Kind in einen Winkel, da es die Großmama eben so sehr fürchtete wie den Vater. Tante Juliane aber nahm es rasch unter zärtlichen Küssen in ihre Arme und trug es hinaus, um die Kinder dann nach Hause zu bringen, nach ihrem Hause, wie sie sich triumphirend Illi Stillen sagte. „Da hast Du die Frucht einer mütterlichen Erziehung," sprach die Räthin erhitzt. „Das Herz der eignen Kinder hat diese Schlange Dir abwendig gemacht und Trotz und Wider spenstigkeit hineingepflanzt.' „Ja, ja," versetzte Mohrbach, „es war die höchste Zeit, baß sie aus dem Hause kam, der Junge ist unverdorben g-blicben, aber diese kleine Kröte ist in derThat das Ebenbild der Mutter, äußerlich wie innerlich, sie besitzt keinen Zug von mir. Doch lassen wir sie jetzt, das dumme Ding wird schon zur Raison kommen, reden wir jetzt von etwas Anderm, von dem Professor Hermann, der auch Dir, Mama! den Kopf verdreht, — sosehr verdreht hat, um ihn, den Fremden, einzuladen." „Nun, was weiter, Herr Sohn?" entgegnete die Räthin, ihn gereizt anblickend, „es scheint mir, als möchtest Duden großen Dienst, den ich soeben D'r geleistet, mit Sottisen mir vergelten, die ich mir höflichst von Dir verbitte." „Ei, wir wollen uns über diesen Narren nicht entzweien, Mama!" sagte Mohrbach. „Du bist neidisch, Gustav!" höhnte die Räthin achsel zuckend, „der Ruhm dieses Mannes macht Dich kindisch und albern in Deinen Ausdrücken. Mein Haus war stets den Größen der Kunst und Wissenschaft offen." „Weißt Du, wer dieser Professor Hermann ist?" fragte Mohrbach finster. „Ein hochberühmter Mann —" „Mag sein, mann nennt ihnsogar sehrreich, ein Prädikat, bas ihm vielleicht den meisten Ruhm eingetragen. Ich kannte diesen Mann, als er noch arm, rühmlos, ja, ein mauvuis »ujel war." „Du verleumtest, Gustav!" „Pah, meine kluge Mama, ich kannte diesen Mann, als er sich noch der Verlobte meiner Braut nannte." „Gustav!" Die Mienen der Räthin hatten einen ängstlichen Aus druck angenommen, sie fürchtete offenbar um seinen Verstand. „Du hältst mich am Ende gar für verrückt." lachte Mohr bach höhnisch, „ich aber sage Dir, eS ist so, wie ich behaupte. Dieser Professor heißt Hermann Wolfgong und ist jener Mensch, den ich vor sechs Jahren bei meiner Frau verdrängte, mit ihm war sie verlobt." „Du scherzest wirklich nicht, Gustav?" versetzte die Räthin nach einer kleinen Pause etwas alterirt, „irrst Dich nicht in der Person?" „Ich irre mich nicht, und erkannte ihn sogleich an der Stimme, mag eine andere Zone auch sein früher bleiches Ge sicht gebräunt haben, er ist es. so wahr ich lebe, Mutter!" „Ich kann mich trotz alledem nicht davon überzeugen," sprach die Räthin kopfschüttelnd, Deine Eitelkeit spielt Dir diesen Streich, mein Sohn! Du mußt es mir zu Gute halten, Gustav! ober unglaublich klingt es, daß Du diesen Mann aus dem Sattel gehoben, daß Louise ihn um Deinetwillen aufge geben haben sollte." „Mutter!" fuhr Mohrbach heftig auf. „Still, mein Sohn, ich nehme keine Silbe von dem, was ich gesagt, zurück," fuhr Jene mit kaltem Lächeln fort, „wenn dies wirklich doch so wäre, dann ist es mir freilich ein Beweis mehr dafür, daß Deine Frau Dich nur des Geldes halber ge- heirathet und sie sammt ihrer Mutter eine schlaue Komödie mit Dir gespielt haben." „Du willst mich rasend machen, Mutter!" knirschte Mohiboch, dessen Eitelkeit grausam verwundet wurde durch diesen Gedanken. „Ich will Dir nur etwaige Gewissenscrupel hinsichtlich Deiner Frau benehmen, mein Sohn!" »ersetzte die Räthin kalt, „Deine Eitelkeit macht Dich zum Kinde, sie wars allein, welche Dir damals mit der Heirath den schlimmsten Streich gespielt, sie beherrscht Dich noch heute. Deine Frau hat dem nach ihr Schicksal vollkommen verdient, mit der öffentlichen Meinung wirst Du Dich schon obfinden, — weil Du reich genug bist; der goldene Schlüssel schließt und öffnet Alles. Was den Professor anbetrifft, so werden wir uns in kurzer Zeit selber von seiner Person überzeugen können, ich werde theilnehmend Dein hartes Schicksal beklagen." „In wiefern?" fuhr Mohrbach zerstreut empor. „Nun, daß Du die Arme, welche Du natürlich angebetet, ins Irrenhaus hast bringen müssen. Da werden wir am leichtesten die Wahrheit erkennen und wissen, wie wir mit ihm daran sind." „Gut, gut, so mag es sein," murmelte Mohrbach, „er scheint mir ein gefährlicher Gegner zu sein." Die Räthin entfernte sich jetzt, um noch einige nothwendige Anordnungen zu treffen, und auch Mohrbach begab sich nach Hause, um Toilette zu machen und sich mit der Inspektorin zu besprechen, die den eitlen Mann, so wenig er es auch selber wissen wollte, doch vollständig beherrschte. Sie hatte die beiden Kinder, welche todtmüde gewesen, bereits zur Ruhe gebracht und geberdete sich jetzt im Hause wie die Gebieterin. Als Mohrbach kam, war er finster und unwirsch, die Unterredung mit seiner Mutter hatte ihn sichtlich verstimmt und Juliane mußte sich große Mühe geben, das Lächeln auf sein Anllitz zurückzuzaubern; sie war Meisterin in der Schmeichelei und verstand es, Vie Schwächen der Menschen zu studiren, um darauf ihre Herrschaft zu gründen. „Wen willst Du jetzt in Dein Haus nehmen, Gnstav?" fragte sie zärtlich, „wer soll in demselben repräsentiren, wer die Erziehung der Kinber leiten? — Deine Mutter wird sich schwerlich dazu verstehen." „Was ich auch selber nicht wünschen möchte," rief Mohr bach bitter, „ich liebe meine Mutter nicht zu sehr. Am liebsten möchte ich Dir dieses Amt übertragen, meine Juliane!" „Und was hindert Dich daran, theuerer Gustav?" schmei chelte diese, ihm zärtlich in die Augen schauend. „Der leidige Anstand, mein Kind!" versetzte er achsel zuckend, „die Welt würde Zeter schreien und den Stab über uns brechen, ja, auf der Stelle Parthei für meine wahnsinnige Frau ergreifen. Das müssen wir um jeden Preis verhüten und unsere Liebe mit einem Schleier des Geheimnisses um hüllen; lieber mag die öffentliche Meinung mich bemitleiden." „Dazu bist Du nicht Märtyrer oder zärtlicher Gatte ge nug gewesen," lachte Juliane spöttisch, „doch es sei so, wie Du wünschest, — mir ist die öffentliche Meinung eine Albern heit, die ich verachte." „Das höre ich nicht gern, Kind!" sprach Mohrbach kopf schüttelnd, „sie ist eine Macht, der man sich nicht ungestraft entzegenstemmen darf. Hoffentlich wird meine Frau jene Luft nicht lange athmen." „Und wenn sie widersteht?" „Dann ist sie unheilbar und eine Scheidung gesetzlich ohne jedwede Formalität gestattet." „Prächtig," flüsterte Juliane, sich an ihn schmiegend, „doch nach der Scheidung, mein Geliebter?" „Darfst Du hier walten im Hause, süßes Herz!" ver setzte er leidenschaftlich. „Dank, Dank!" flüsterte die gefährliche Schlange, der es selbst gelungen, diesen Egoisten so fest zu umstricken, „bist Du heute Abend bei Deiner Mutter, mein Gustav?" fuhr sie schmeichelnd fort. „Ja, hat sie Dich nicht eingeladen?" „Sie hat es versäumt, — kommt viel Besuch?" „Der Herr Professor wird erscheinen —" „Ah, wirklich?" rief Juliane überrascht, „wie gern möchte ich Dich begleiten, mein Gustav!" „Um des Professors willen —" „O, nicht doch, was kümmert m'ch der Geck, ich möchte nur beobachten, wie ihr Beide, Du und jener Professor, der Dich wahrscheinlich noch tödtlich haßt, mit einander verkehren werdet." „Wie es der Anstand erfordert, mein Kind! Du kannst ja ebenfalls kommen, meine Mutter wird Dich nicht Hinausweisen." „Ich möchte sie nicht erzürnen —' „Pah, bist ja schon ibr Gast gewesen und als solcher stets willkommen; meine Mutter ist sehr gastfrei, Du scheinst ihr zu gefallen, was mich freut, drum magst Du immerhin auch ungeladen erscheinen. Doch lieber nach mir, es ist unter den jetzigen Verhältnissen gerathener, öffentlich so wenig als möglich mit einander zu verkehren." „Ich werde auch erst Toilette machen müssen, auf Wieder sehen mein Theurer!" Sic warf ihm Küsse zu und verschwand. „Die Mutter wird auch gegen diese Einwendungen machen," murmelte Mohrbach, „aber sie wird trotz alledem meine zweite Frau!" Zehnles Kapitel. Eine Soiree und ihre Folgen. Ein kleiner gewählter Kreis hatte sich an diesem Abend in dem Salon der Räthin Mohrbach versammelt, Künstler und Gelehrte, Schöngeister und Geldmenschen bunt durch einander, obgleich von letzterer Sorte nur der Anklang von einem unumgänglichen Commerzienrath. Die Räthin hatte selt samerweise nur wenige Damen und dabei sehr würdige Matronen geladen, um der Koketterie wahrscheinlich jeden Spielraum ab zuschneiden. Wie unwillig erstaunt mußte sie deshalb über daS Er scheinen der Inspektorin Büsching sein, deren zweideutige Stellung zu ihrem Sohne dieselbe keineswegs für einen solchen Kreis qualificirte und deren Gegenwart den Ruf ihrer fast berühmten Soireen ernstlich geführten konnte. Und doch mußte sie den Aerger niederkämpfen und die Unwillkommene mit lächelnder Miene begrüßen und vorstellen, wie viel lieber hätte sie sie m't Entrüstung hinausgewiesen. Ja, zwiefach grollte sie ihr in diesem Augenblicke, wo ibr bei dem berühmten Gaste, der noch nicht erschienen, eine so kokette und also gefährliche Rivalin in dieser verführerischen Frau er wachsen war. Doch war die Räthin eine zu vornehme Dame, um nicht unter allen Umständen Herrin ihrer selbst zu bleiben und die Maske der Liebenswürdigkeit auch gegen den Feind zu be wahren; nur ihrem Sohne warf sie einen zornigen Blick zu, den dieser, von seltsamer Unruhe erfüllt, nicht zu empfinden schien. Alle ohne Ausnahme erwarteten den säumigen Gast, der im Grunde etwas ungebührlich auf sich warten ließ, mit wirk licher Spannung und Ungeduld, worüber Mohrbach sich einige harmlos spöttische Bemerkungen erlaubte. Endlich erschien der Ersehnte, welcher eine allgemeine Er hebung und langweilige Vorstellung erst durchzumachen hatte, bevor er zur Ruhe gelangte. War es Absicht oder Zufall, daß die Räthin bei der Vor stellung jedes Anwesenden die Inspektorin übersah und ihre Name somit nicht zum zweiten Male in diesem Salon erklang? Sie preßte die Lippen zornig aufeinander, die schöne Juliane Büsching, und lachte hämisch im Stillen über die Eifersucht dieser alten Kokett-, an welcher sie diese Stunde zu rächen schwur. Als die Räthin ihren Sohn vorstelltc, schauten sich die beiden Männer einige Sekunden scharf an, des Professors Antlitz war undurchdringlich, nur in den Augen loderte etwas wie ein sengender Blitz auf, während Mohrbachs Blick den Ausdruck des Haffes und der Verachtung zeigte. Dann ver beugten sie sich schweigend, — als fürchteten sie, durch das gleichgültigste Wort den Zustand ihres Innern zu offenbaren. Die Unterhaltung war bald allgemein, die Gelehrten hatten den Professor in ihre Mitte genommen und dieser schon nach wenigen Minuten Alles in seinen Brennpunkt gezogen. Mohrbach wüthete innerlich, er tobte auf seine Mutter, welche ihm, so meinte er, geflissentlich diese Niederlage bereitet hatte, und mit einem wahren Fanatismus suchte er einen kleinen Kreis um sich zu bilden, dem Triumphe des Feindes die Spitze abzubrechen. (Fortsetzung stehe letzte Seite dieses Plattes.)