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Sächsisch e StaalsMng Staatsanzeiger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Erscheinungitage». Bezug»prei»: Monatlich 3 RM. Einzelne Nummern 1k Pf. Schriftleitg. u. GeschäfiSstelle Dre-den-A. 1. Gr. Zwingerstr. 16. Ruf 1» 571 u. 21 295. Postscheck. Konto Dre»den 2486 / Stadtgiro 140 / Staatsbank-Konto 674. den Zreiftaat Sachsen Anzeigenpreis«: 32 mm breite, 3 mm hohe Grundzeile oder deren Raum 35 Pf., 66 mm breit im amtlichen Teile 70 Pf., Reklamezeile 1 RM. Ermäßigung auf Geschäft-anzeigen, Famtliennachrichten und Stellengesuch«. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtag» - Beilage, Ziehungsliste der TtaatSschuldenverwaltung, Holzpslanzen- BerkausSliste der StaatSsorstverwaltung. Berantwortlich für die Schristleitung: I B vr, Fritz Klauber in Dresden. Dresden, Freitag, S. Mai Rr. 1OS lSSl Scharfe französische Angriffe gegen Deutschland. Die Kammerdebatte über die deutsch-Ssterreichische Zottangleichung. Pari», 8. Mai. In der Kammer begann gestern nachmittag die Debatte über die vorliegende Interpella tion zur deutsch-österreichischen Zoll angleichung. Auf der Regierungsbank waren Ministerpräsident Laval und Außenminister Briand anwesend. .. . . 7 ... Der radikale Abg. Negaro erklärte als erster Redner, man sei nicht so naiv, die-Zoll- angleichung al» ein politische- Ereignis in wirt schaftlicher Form anzusehen. Da» Zoll- angleichungSprojekt widerspreche den Verpflichtungen, die Deutschland und Österreich gegenüber den Nationen ein gegangen seien, die die Meistbegün- stigungSklausel besäßen. Im übrigen be wege sich der Warenaustausch Österreich» haupt sächlich nach dem Osten hin. Österreich habe also gar kein Interesse, seine ganz« wirtschaftliche Tätigkeit nach Deutschland zu abzustellen. Bom wirtschaftlichen Standpunkt gesehen sei der deutsch- österreichische ZoüangleichungSplan unvertretbar. Der zweite Interpellant, der Vorsitzende de- Zollau»schusseS der Kammer, Abg. Fougere, er- Uäste, die Urheber der deutsch-österreichische,» Zoll- h»tt«n sich bereit «Märt, da» Ab- kommen dem PöskerbundSrat zur Prüfung zu unterbreiten, und sie hätten auf ihren Plan nicht verzichtet. Die Handelsbilanz Frankreichs sei seit 1913 ständig zurückgegangen, während die Handelsbilanz Deutschland- sei» 1927 ständig steige. Deutschland habe eS auf den Anschluß Österreich» abgesehen. Es wolle seine Hegen,onie au-breiten, während Österreich eine rettend« Planke suche. Er fordere denAußen- Minister auf, in seinerOpposition gegen den WirtschaftSanschluß, der das ganze Werk der europäischen Zusammenarbeit zunichte machen würde, unnachgiebig zu sein. Die Europa- Union müsse auf dem guten Glauben und auf der Solidarität der Völker beruhen. Die Oppo sition Frankreich» gegen da» deutsch-österreichische Zollabkommen beruhe vor allem auf den Verträgen von Versaille» und St. Germain und auf dem Plan zur Europa-Union Deutschland und Öster reich würden, wenn sie ihren Plan aussührten, gezwungen sein, ihre sämtlichen Handel-Verträge zu kündigen. Die deutsch-österreichische Zollan gleichung würde also die ganze europäische Wirt schaft über den Haufen werfen und die französische Industrie ruinieren. Frankreich müsse eine groß zügige Politik internationaler Solidarität und der Zusammenarbeit der Völker, entsprechend der von Briand iu Senf verteidigten politischen Linie, be treiben, die auch der Ministerpräsident mit allen seinen Ministern befolgt habe. Der radikale Abgeordnete Margaine be zeichnete da- Zollabkommen zwischen Deutschland und Österreich al» ein politische- Abkommen, da» den Verträgen widerspreche. Nach ihm erklärte der der republikanischen demokratischen Bereinigung (Gruppe Marin) angehörige Abgeordnete Vbarnagarey u. a., da- Abkommen habe die schlimmsten Zeiten kaiserlich-deutscher Annexions politik in die Erinnerung gerufen. ES sei die erste Herausforderung der Sieger durch die Be siegten gewesen. Auch sei e» erstaunlich, daß die französischen Botschafter in Berlin und in Wien ihre Regierung nicht unterrichtet hätten. Wie komme e», daß sie noch auf ihrem Posten und noch nicht abberufen seien? Deutschland sei nicht gute» Glaubens, wenn e» behaupte, daß seine Politik der europäischen Union entspreche. Ybarnagarey brachte seine Enttäuschung dar über zum Ausdruck, daß England und Italien sich angesicht» de- deutsch- österreichischen Zollangleichung-Pro jekte- durchaus kühl verhalten und sich Frankreichs Haltung nicht angeschlossrn hätten. Er machte Briand zum Vorwurf, daß er die Haltung beider Staaten und insbesondere die de- englischen Außenministers Henderson allzu günstig interpretiett habe. Bor einigen Jahren habe Italien noch erklärt, daß der Anschluß den Krieg bedeuten würde, jetzt aber schweige «ü Deutschland fordere für jede» ihm gemachte Zu geständnis ein neue». Gestern habe e- noch da- Saargebiet und Malmedy gefordert, und heute verlange eS den Anschluß. Morgen werde e- Danzig und die Revision de» KoungplaneS ver langen. Man müsse gegenüber Deutsch land eine entschlossene Politik etn- schlagen in enger Einiigkeit mit den Freun den Frankreichs in Osteuropa. Dia Sicherheit Frankreich» verlange, daß e» keine weiteren Zu- geständnifle mache- Hier griff vria«d in die Debatte ein und erklärte, der englische «nßenminister -e«» derso« hnd« in Pari» verlangt, daß die ganze Angelegenheit dar de» Völker- dnnd gebracht werden falle, -n dieser Kor- dernng setze er weder eine »nsrenndltchr Geste »ach de« ««»sch England», mit Kra»kreich zn brechen. Italien tzabr den Zusammentritt de» 1»22 eingesetzten Finanz' kontrallausschusses verlangt. Fn alle« diese« Krage« herrsch« völlige Eivigkett ««d ma« müsse feststellen, daß die übrige« Alitierte« um Krank- reich ei«e« enge« krei» der Galida^tüt geschlosst« Hütte«. *a« werde <rke»»e», daß Frankreich leineSweg» «solÖtVIBafleHe Berlin, 8. Mai. DaS Schwurgericht HI in Moabit hatte heute seinen ganz großen Tag. AuS der an und sür sich nicht bedeutungsvollen Verhandlung gegen den nationalsozialistischen Haus diener Stief, den Kaufmann Berlich, den Maurer Liebscher und den Mechaniker Wese mann, die angeNagt sind, den Überfall auf die kommunistischen Sporileute im Tanzpalast „Eden" verübt zu haben, wobei drei Angehörige der KPD. durch Schüsse verletzt wurden, hat sich ein großer politischer Prozeß entwickelt. Da» Verfahren hatte mehrfach Unterbrechungen er leiden müssen, weil einer der Angeklagten infolge d«S „Genüsse-" von 15 Veronal tabletten er krankt war und dann, weil plötzlich der Verteidiger der Angeklagten den Antrag gestellt hatte, Adols Hitler al» Zeugen darüber z« hören, ob da» Waffenverbot in der NSDAP, ernst gemeint gewesen sei. Der Vertreter der drei al» Nebenkläger zugelassenen verletzten Kommunisten, Rechtsanwalt vr. Litten, schloß sich dem Antrag an, verlangte aber darüber Hinau die Ladung de» P oltzeihauptmann» a. D. StenneS und seine- Parteigänger- Wetzel zum Beweise dafür, daß in der SA. besondere Rollkommando» be standen hätten, deren Aufgabe eS ge wesen sei, politische Gegner zu be seitigen. DaS Gericht hatte beiden Anträgen stattgegeben. Adolf Hitler wurde al» erster Zeuge vernom men. Hitler äußerte sich zu den Behauptungen, daß der Sturm 33, dem die Angeklagten ange hören, ein sogenanntes Rollkommando gewesen sei, daß die Tat, die hier zur Verhandlung steht, vor her geplant war mit dem Ziel, Menschen vorsätz lich zu töten, und daß dieser Plan ihm vorher zu Ohren gekommen und von ihm gebilligt worden sei. „Ich Halle e- für ausgeschlossen, daß in Berlin ein Sturm mit solchen Aufgaben betraut werden könnte oder sich selbst solch« Aufgaben vornehmen würde. Die SA. in der National sozialistischen Partei kennt überhaupt keine Rollkommando». Die Pattei hat die SA. nicht geschaffen, um gegen politische Gegner mit Gift oder Dolch vorzugehen. Die SA. hat vielmehr die große Aufgabe, die Partei zu stützen und sie gegen Angriffe von link» zu schützen, sowie propagan distisch zu wirken durch da» Auf treten großer disziplinierter Masse«. Die SA. war die Organisation, .die zum erstenmal da» Recht der Diraßenpropaganda auch Tagesordnung Aougere. Pari», 8. Mai. Die heutige Kammerdebatte dürfte etwa» leb hafter verlaufen al» die gestrige. ES werden sprechen al» Interpellanten Franklin Bouillon, der der Magjnotsraktion angehörende linke Abgeordnete Scapini, dem der erst vor kurzem gewählte und bei den Sozialrepublikanern eingeschriebene linke Abgeordnete Thibault folgen wird. Auch Loui- Marin dürfte im Verlauf der Debatte da- Wort ergreifen, jedensall- auch Herriot. Briands Rede wird gegen 17 Uhr erwartet. Man glaub», daß eine Nachtsitzung notwendig sein wird. Der offiziöse „Petit Parisien" erklärte heute wieder, schon jetzt steh« fest, daß sich eine be deutende Mehrheit sür die Regierungs politik, d. h. für die Politik Briands, zu sammenfinden werde. Um diese Mehrheit zu er reichen, versuche man, so berichtet „Matin", eine Tage-ordnung einzubringen, und zwar gebe sich hierzu der Lyoner Industrielle Fougere, der Vor sitzende deS Kammerau-schusse- für Zoll- und HandelSsragen, her. In seiner Tagesordnung werde formell erklärt, daß man jede Initia tive verurteile, die gegen die Bestim mungen der Verträge verstoße, ganzbe- soud<r- aber den Anschluß. Für diese Tagest ordnung würde fast einstimmig auch die Marin" gruppe eintreten. sür sich in Anspruch nahm gegenüber der Ansicht der Linksparteien, daß nur sie das Recht auf die Straße hätten. Die Bildung eine» Roll kommandos bei einer Sturmabteilung oder in der Berliner SA. halte ich für unmöglich; denn eine solche Einrichtung wäre bestimmt den Vertretern der Behörden nicht ver borgen geblieben, außerdem hätten die Führer dieser Sturmabteilungen ab solut gegen die von der Parteileitung ausgehenden Richtlinien verstoßen. Unsere SA-, so erklärte Hitler weiter, hat da- strengste Gebot, sich von An griffen gegen Ander-denkende fern zuhalten. Wenn diese- verbot ver letzt wird, dann werden die Führer oder Unterführer oder auch die ^be treffenden Mannschaften zur Verant wortung gezogen. ES kann natürlich einmal sein, daß im Notfall der einzelne SA.-Mann, der ja ein gehetzte- Wild ist, die Grenze zwischen An griff und Notwehr einmal verletzt. Jeden Abend fast erleben wir eS ja, daß SA.-Leuten von roten Mördern aufgelauert wird. ES kann dann natür- lich vorkommen, daß au» innerer Verbitterung oder aber auch au- Tode-angst diese Grenze ein mal überschritten wird. Aber wenn e» geschieht, dann ist da» nicht der Wille der Partei und auch nicht der Wille de» einzelnen SA.-Manne». Wäre e» der Wille der SA., dann würde e» heute vielleicht keinen kommunisti schen Tenor mehr geben." Vorsitzender: Der Ausdruck Rollkommando be zieht sich also aus die Tätigkeit de- Herrn Stenne» vor dem Eintritt in die Par- t ei? Hitler: Jawohl, er kommandierte ja damals die Hundertschaft, z. B. V., und Formationen in der Schwarzen Reich-wehr. Vorsitzender: Also mit dem Sturm 33 hat dieser Au-druck nicht» zu tun? Hitler: Gar nicht». Vor sitzender: Wissen Sie, ob ein solcher llber- sallplan, wie er hier zur Verhandlung steht, bestanden hat? Hitler: DaS weiß ich nicht, ich halte e» aber für ausgeschlossen. — Auf die Frage de- Rechtsanwalt- Litten: „Können Sie uns versichern, daß Sie niemals Nachrichten über Bildung von Rollkommando- in der SA. erhalten haben?" antwortet Hitler: „Rein, nie." Weiter erklärte Hitler: „Soweit e- im Ver mögen eine- Parteiführer- steht, habe ich alle- astgeordnet, um unsere Legalität zu verankern und praklisch tätig werden zu lassen. Ich habe überall, wo Bewaffnung der SA- Der Überfall im Tanzpalafi „Eden". Adolf Hitler und Gteanes als Zeugen. Leute festge stellt wurde, durch - gegriffen und nötigenfalls Führer und SA. -Leute entlassen Wo ist denn die Partei, die einen Mann, von dem feststeht, daß er eine Waffe besitzt, au- ihren Reihen auSstößt? Sollte ich irgendwo feststellen, daß ein« unserer Organisationen Waffen besitzt, so würde ich diese sofort der Behörde zur Verfügung stellen. Ich muß aber betonen, daß ich zu einer solchen Einstellung nur au- einer rein realen nüchternen Erkenntnis gekommen bin. Deutschland steht unter einem System, einer Geistesverfassung, di« umgewandelt werden muß, nicht mit Handgranaten und Pistolen, sondern durch die geistige Eroberung der Massen. Da- ist die Aufgabe der NSDAP., Aufgabe der SA. ist die propagandistische Erfassung der Jugend, ihre Zusammenhaltung und für diese SA. ver lange ich die Zubilligung der Notwehr." (Der Prozeß geht weiter.) Aeichstavinett und Revifionsfrage. Berlin. 8. Mai. Zu den verschiedenen umlaufenden Meldungen über die RevisionSfrage erfahren wir von unter richteter Seite, daß ein endgültige» Urteil de» ReichSkabinettS, wann und in welcher Form die Reparationsfrage angeschnitten werden soll, nicht vorliegt. Besprechung über die Einsparungen am Aetchseiat. Berlin, 8-Rai. Unter dem Vorsitz de- Reichskanzler- fand gestern eine längere Besprechung statt, die sich mit den erforderlichen Einsparungen am Etat be schäftigt«. Außer dem Reichsfinanz- und dem ReichSarbeitSminister nahmen auch die Staats sekretäre und die zuständigen Abteilungsleiter der beiden Ministerien an der Konferenz teil. Die Besprechungen müssen natürlich noch weilergesührt werden. Tas Kabinett wird morgen zusammen- treten, sich aber nur mit der Vorbereitung der Genfer Verhandlung« n befassen. Sin« Klärung der hiermit zusammenhängenden Fragen ist jetzt notwendig, da die Delegation bereit» am Mittwoch der kommenden Woche au- Berlin ab reisen muß, um zu der am Freitag, den 15. Mai, beginnenden Tagung de» Europäischen Studien- komiteeS in Genf anwesend zu sein. Die eigent liche VölkerbundSratStagung beginnt bekanntlich am darauffolgenden Montag. Reichsemnahruen und ausgaben im März 1931. Berlin, 8. Mai. Nach Mitteilung des ReichSfinanzministerium» betrugen im März 1931 (Angaben in Millionen Reichsmark) im ordentlichen Haushalt die Einnahmen 715,6 und für die Zeit vom 1. April 1980 bi» Ende März d. I., d. h. also im Rech nungsjahre 1930/31 insgesamt 10263,2, während sich die Ausgaben auf 820,4 bzw. 11251,8 stellten. E» ergibt sich mithin sür März eine Mehrausgabe von 104,8 und sür da» Rech nungsjahr von 988,6. Im außerordentlichen Hau»halt be liefen sich die Einnahmen im März auf 116,3 und im ganzen Rechnungsjahr auf 961,9, während sich die Ausgaben auf 165,2 bzw. 451,2 stellten. Hierin ist-der Zuschuß an den ordentlichen Haus halt auS dem Verkauf von Vorzugsaktien der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft mit 150,0 mit enthalten. Für den Monat März ergibt sich also eine Mehrausgabe von 48,9 und für da- ganze Rechnungsjahr eine Mehreinnahme von 510,7. Der Abschluß stell» sich wie solgt: Für den ordentlichen Haushalt ergibt sich unter Berücksichtigung des Fehlbetrages auS den Vor jahren von 465,0 nach Abzug der außer ordentlichen Tilgung der schwebenden Schuld von gleichfalls 465,0 bei der erwähnten Mehr ausgabe de- Rechnungsjahres 1930/31 ein Fehl betrag von 988,6. Für den außerordent lichen Hau-Halt stellt sich nach Verrechnung deS Fehlbetrages au- dem Vorjahr von 771,7 der Fehlbetrag Ende März aus 261,0. Insgesamt ergibt sich mithin ein Fehlbetrag von 1249,6 gegen 1095,9 Ende Februar 1931. Der Kassen sollbestand betrug am 31. März 1690, wovon 1611 verwendet worden sind, so daß ein Rest bestand bei der Reich-Hauptkasse und den Außen- kassen von 79 vorhanden war gegen 25 Ende Februar 1931. Die schwebende Schuld ha» sich auf 1709,5 (Ende de« Vormonat» 1580,4) erhöht.