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Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend «it Ausschluß der Feiertage. Ahonnement: Lirrteljähriich t Marl. Großenhainer MterhMnzs und AnWMM Insecakenannahme: Bis Tag- vorher spätesten früh 9 Uhr. Onseriionsßekäge von auswärts werden durch Postvorschuß erhoben. Amtsblatt der Königl. Amtshauptmannschaft, sowie der König!. Gerichtsamter und Stadträthe zu Großenhain und Radeburg. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. ROO. Donnerstag, den SU August 185-W. Bekanntmachung, Verlegung von Jahrmarktsbuden betr. Die Verkaufsstände der Hosenzeugfabrikanten und Bandhändler befinden sich von jetzt -ab wieder auf dem Hauptmarkte. Die Buden der Schnittwaaren- und Bandhändler, welche bisher auf dem Haupt markte vor Herrn Productenhändler Globig's Haus standen, sind auf den Neumarkt vor Las Königl. Gerichtsamt verlegt worden; auf deren bisherigen Stellen werden Buden von Aanellhändlern Platz erhalten. Großenhain, am 31. August 1876. Die MarkLdeputation. Franke, Bors. Freitag, den 1. September 1876, Abends halb 8 Uhr Leranstalten die hiesigen Bürgerschulen in dem Saale des Gesellschaftshauses eine Borfeier -es Sevanfeftes. 'Nach Aufführung der Jubelouverture von C. M. v. Weber durch das Stadtmusikchor und dem Vortrage eines Prologs sollen von einzelnen Schülern aller drei Bürgerschulen auf den deutsch-französischen Krieg bezügliche Gedichte und von einem zahlreichen Knaben- chore patriotische Gesänge vorgetragen werden. Hieran schließt sich eine Gesangsanfführung mit Schülern der Bürgerschulen. Zur Aufführung gelangt unter Leitung des Herrn Cantor Lösche und unter gefälliger Mitwirkung einer Anzahl Mitglieder der Liedertafel und des Lehrercollegiums „Der Bergmannsgrutz", comp. von Anacker. Zur theilweisen Deckung der Kosten muß ein kleines Entrse erhoben werden, welches für Erwachsene nicht unter LV Pfennige, und für Kinder nicht unter LV Pfennige betragen soll. Der Ueberschuß wird wohlthätigen Stiftungen hiesigen Orte- zugetheilt. Alle Aeltern unserer Schüler, sowie alle Freunde der Schule und des Gesanges werden zum Besuche dieser Vorfeier eingeladen. Großenhain, den 30. August 1876. Das Direktorium der Bürgerschulen. L. Hardtmann. Scim-Keier -er Realschule zu Großenhain. Zu der nächsten Sonnabend den 2. September Vormittags pünktlich 10 Uhr im Gesellschaftshause stattfindenden Sedan-Feier werden die hohen Behörden, sowie alle Freunde und Gönner der Realschule überhaupt ergebenst eingeladen. vr. Julius Kober, Director. Rußland und Serbien. Seit Beginn der kriegerischen Gährung in Serbien vor «unmehr einem Jahre wiesen wir darauf hin, daß Rußland In wohlberechnetem Plane seine Hand dabei im Spiele habe. Wohl ist die Gährung innerhalb des serbischen und bulga rischen Volks aus der berechtigten Unzufriedenheit mit seinem Hoose unter der türkischen Wirthschaft hervorgegangen und hat sich im selbstständigen Drange nach Befreiung in den Aufständen der Herzegowina, Bosniens und der Bulgare! Luft gemacht. Aber sobald diese Ausbrüche erfolgt waren und sich mehr oder minder lebensfähig zeigten, um wenigstens Ler Türkei zu einer kostspieligen und kriegerischen Verlegen heit zu werden, suchte die russische Politik diese Situation -auszubeuten und sie zum Sturmbock der weitgreifenden Ab sichten gegen die Türkei zu benutzen. In voller Abhängigkeit von ihr gefiel sich seit jeher Fürst Mikita von Montenegro. Er that, was ihm von Rußland Lorgeschrieben wurde, hielt während des Aufstandes in der Herzegowina an sich, um dennoch für denselben aus seinem Lande Rüstungsmagazin und Rückensicherung zu machen und rm Geheimen nach Möglichkeit, selbst durch Theilnahme von zahlreichen Montenegrinern an den Kämpfen in den Bergen der Herzegowina, die Jnsurreclion zu unterstützen. Er verband sich dann auf einmal mit Serbien zum Los schlagen und ging doch wieder seine eigenen Kriegspfade — Lies Alles sicherlich, weil es so mit Rußland geplant worden war. Währenddem schwankte Serbien zwischen einer Zurück haltung, welche ihm bei der Theilnahme des eigenen Volkes mit den Aufständischen schwer werden mußte, und einer Kriegslust, die ihre Gefahren in sich trug. Es schwankte zwischen dem österreichischen und russischen Einfluß. Mehr wnd mehr gelang es dem letzteren, sich zur Geltung und die serbische Kriegspartei an die Regierung zu bringen. Serbien schlug los, weil es von Rußland dazu ermuntert und bestimmt worden war. Unzweifelhaft sind ihm im «Geheimen Bürgschaften gegen einen unglücklichen Ausgang der kriegerischen Unternehmung gegeben, aus denen im Großen und Ganzen ein Hehl zu machen Rußland sogar zücht begehrte. Es stellte sich im Rücken von Serbien auf, wie Montenegro zuvor zur Deckung des Herzegowiner Auf standes gedient hatte; es machte die eilig mobil gemachte serbische Milizarmee zur Vorhut der seinigen und setzte sogar «einen russischen General an deren Spitze. Man wird sich des Manifestes von Tschernajeff beim Vormarsch seiner Armee erinnern. Er verkündete offen, daß Rußland als Schützer Serbiens anzusehen sei, daß die russischen Brüder rm Nothfall ihren slavischen Glaubensgenossen in Liefern Türkenkriege zu Hilfe kommen würden. Als ein russischer Offizier in serbischen Diensten hätte er in seiner hohen Stellung eine solche Erklärung gewiß nicht abgegeben, wenn er dazu nicht ermächtigt und berechtigt gewesen; auch ist diese officielle Proclamirung der russischen Allianz niemals von russischer Seite abgewiesen worden. Im Gegentheil trat Rußland offen genug als der Verbündete Serbiens in dem begonnenen Kriege auf, so offen, daß es eben nur der Selbstverleugnung der Türkei möglich wurde, trotzdem noch äußerlich in diplomatischem Verkehr mit dem russischen Staat zu bleiben. Sie wollte kluger Weise nicht sehen, daß sie indirect bereits mit Rußland im Kriege war und hoffte durch ein schnelles Niederwerfen der serbischen Truppen mit den besten der ihrigen die Gefahr noch beschwören zu können. Inzwischen erhielt Serbien aus Rußland sowohl Waffen als Geld; es begannen die Zuzüge voll russischen Offizieren nach Belgrad und in die serbischen Armeen im Felde. In Rußland selbst ging eine planmäßige Agitation vor, um die Geister für die Sache der Serben, eigentlich für einen Krieg mit den Türken, zu erhitzen, und ohne Billigung, ja Anregung von Oben wäre dies nicht möglich gewesen und hätten auch die öffentlich betriebenen Sammlungen in Petersburg und Moskau, die Monatsbeiträge der Ministerial- beamten nicht stattfinden können. Mit Grund kann man auch annehmen, daß nach den erlittenen Schlappen am Timok der russische Einfluß in Belgrad sich noch einmal mit dem österreichischen messen mußte, um den etwas klein- müthigen (auf österreichisch: besonnenen) Fürsten Milan vor übereilter Friedensneigung zu bewahren und den Krieg noch so lange auf eigene Faust fortzuführen, bis Rußland entweder durch Friedens- oder Kriegs-Intervention die Sache, wie es will, in seine Hände nimmt. Auch mag man den Passus der Anrede des Czaren an seine Garde- Offiziere von Krasnoe-Selo, der auf baldige Möglichkeit eines Krieges deutete, nicht als so unschuldig auffassen, sondern als an eine Adresse gerichtet erachten, die ihn wohl verstehen wird. Genug, wir sind trotz aller jetzigen Betheuerungen über Fürst Milan'S Friedenssehnsucht überzeugt, daß in Serbien heute Rußland steht, daß es durch Serbien gegen die Türkei kämpft und daß über Serbien und selbst über den jetzigen Krieg desselben nicht anders entschieden werden wird, als wie es die russischenPläne beabsichtigen. Der serbische Krieg ist also nicht eine einzelne Episode, die ohne Folgen für das übrige Europa verlaufen wird. Und, dessen eingedenk, vermögen wir auch an einen baldigen Frieden nicht zu glauben — es sei denn, daß Rußland auf seine Pläne verzichte. Diese Selbstverleugnung, ja dieser mora lische Selbstmord steht im russischen Lexikon nicht. Tagesnachrichten. Großenhain. Wiederum haben wir über zwei Un- glücksfälle zu berichten. Als am 27. August Abends der Fabrikarbeiter Nickel auf dem Heimwege aus einer Gesell schaft begriffen war, hat derselbe den sogenannten hohen Steg verfehlt und ist in die Röder gefallen. Nachdem man ihm wieder herausgeholfen, hatte sich derselbe, ganz durch näßt, sogleich nach seiner Wohnung begeben, ist aber, ver- muthlich in Folge eines Schlaganfalls, auf der Treppe umgefallen und — kopfüber dieselbe herabgestürzt. Später heimkehrende Hausbewohner sanden denselben in der Haus flur als Leiche vor. — Bei dem am Montag Abends halb 10 Uhr von hier nach Pristewitz abgegangenen Zuge vermißte man bei der Ankunft daselbst den Schaffner Kiesnick. Sofort wurde das Absuchen der Bahnstrecke angeordnet und fand man den Vermißten in der Nähe der nach Strießen führenden Ueber- brückung, wo derselbe, im Begriff, die Oberwagenlaternen für die Rückfahrt des Zuges nach Großenhain zu wechseln, jedenfalls angestoßen und heruntergestürzt ist. Mit dem rückkehrenden Zuge, den man dort halten ließ, brachte man den innerlich und äußerlich schwer Verletzten auf hiesigen Bahnhof, von wo derselbe auf Anordnung und in Be gleitung des Herrn Bezirksarztes lw. Gruner in das städtische Krankenhaus getragen wurde. Dem Vernehmen nach hat derselbe bis heute, Mittwoch, Nachmittag ohne Besinnung gelegen; sein Aufkommen ist zweifelhaft. Eine Verschuldung fällt der Bahnverwaltunz in keiner Weise zur Last. Sachsen. Se. Majestät der König trafen am 27. August Abends Vs!0 Uhr wohlbehalten in Leipzig ein und nahmen im königl. Palais daselbst Wohnung. Am 28. früh fuhren Se. Majestät nach Grimma und am 29. nach Borna, um den dort stattfindenden Manövern beizuwohnen, und kehrten hierauf jedesmal wieder nach Leipzig zurück. Die Riesaer Jnterimsbrücke soll, wie das „Elbeblatt" hört, bis 1. October betriebsfähig gestellt werden. Die Arbeiten werden rasch gefördert. Die Abtragung des alten Strompfeilers war in wenig Tagen beendet; schon sind einige Schichten der neuen Ausmauerung sichtbar, ebenso an dem linksufrigen Pfeiler. Sämmtliche Strompfeiler werden, was früher nicht der Fall war, ummauert. Die „L. N." schreiben aus Leipzig unterm 30. August: Am gestrigen Nachmittage ist hier leider ein schweres Ver brechen verübt worden. In der 5. Stunde fand man nämlich den Gehülfen des hiesigen Uhrmachers Rudolf, dessen Ge schäftslocal sich im Hause Nr. 17 am Neumarkte befindet, einen gewissen Carl Schröer, im Laden in seinem Blute liegend auf. Offenbar ist ein Raubanfall gegen den armen Menschen ausgeübt worden, und hat der Unbekannte, der sich dieses Verbrechens schuldig gemacht, sich eines in ein Taschentuch eingebundenen großen Steines bedient, um sein Opfer durch Schläge auf den Kopf unschädlich zu machen, dann aber eine Anzahl goldne und silberne Uhren mit fort genommen. An dem Wiederaufkommen des Verletzten wird gezweifelt. Die criminalpolizeilichen Recherchen nach dem Verbrecher sind im Gange. Am letzten Sonntage ereignete sich in der Kirche zu Bischdorf bei Löbau der traurige Fall, daß der Pfarrer ziemlich am Schluffe seiner Predigt vom Schlage getroffen wurde und infolge dessen alsbald verschied. In Kamenz stürzte am 27. Aug. ein zweijähriger Knabe, welcher mit einem vierjährigen Geschwister kurze Zeit allein in der Stube gewesen war, aus der ersten Etage auf die Straße herab und erlitt so bedeutende Verletzungen am Kopfe, daß er nach einigen Stunden starb. Deutsche- Reich. Se. Majestät der Kaiser wird sich am Nachmittag des 5. September von Berlin nach Leipzig begeben, um am 6. auf der Ebene von Pulgar die große Parade über das 12. (königl. sächs.) Armeecorps abzunehmen und am 7. Septbr. dem Corpsmanöver bei Magdeborn an der Gösselbach beizuwohnen. Am Abend des letzteren Tages begiebt sich der Kaiser von Leipzig, wo derselbe Gast des Königs von Sachsen ist, nach Merseburg und nimmt dort am 8. die große Parade über das 4. Armeecorps ab. Am 9. Septbr. wird südlich Kötschau das Corpsmanöver ab gehalten, während am 11. und 12. September zwischen Altranstädt, Merseburg, Querfurt und Weißenfels die die Felomanöver des 4. und 12. (kgl. sächs.) Armeecorps stattfinden. Nach nochmaligem Feldmanöver am 13. Sept, früh kehrt Se. Majestät Nachmittags von Merseburg nach Berlin zurück. Von verschiedenen Seiten sind in letzter Zeit Stimmen laut geworden, welche die Erledigung einzelner Theile der großen Arbeiterfrage wünschen; theilS beziehen sich die An träge auf die Arbeit der Frauen und Kinder in den Fabriken, theils auf Regelung der Lehrlingßfrage rc. Dem gegenüber erfährt jetzt die „Nat.-Ztg." daß zu der beabsichtigten gesummten legislatorischen Regelung der Arbeiterverhältniffe nach wie vor eifrige Vorkehrungen getroffen werden, daß aber die Regierung keineswegs gesonnen ist, einen einzelnen Theil der hierbei in Betracht kommenden Interessen heraus zugreifen. Bayern. Das Kriegsministerium hat die Frage, ob bei Ergänzung der Bestände an Handfeuerwaffen für die bayerfche Infanterie fortan das Mauser Gewehr zur An schaffung gelangen solle, in bejahendem Sinne zu Gunsten dieses Systems entschieden. Die Einheitswaffe für die ge- sammte deutsche Infanterie ist dadurch angebahnt.