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Bischofswerda, Etolpeu und Umgegend A^mtsblatt des Königlichen, Gerichtsamtes und des Ktydfrq»l,e«i zn Kischofswerda. vftk Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mirtwocks und Lonuabeiids, und kostet einschließlsch der Sonn« atzend« «rschkinenden „belletristischen Beilage^' vierteljährlich 12'j, Rg>. Inserate werden bi- Dienstags und Freitag« i früh v Uhr angenommen und kostet die gespaltene Corpuszcile oder deren Raum 8 Pfennige. M97 I I «8711 Mittwoch, den 6. December. Politische Umschau. Die Verhandlungen des.Reichstags wurden am 1. Decembcr geschlossen. Aus den letzten Gerathungs- gegenständen heben wir nochmals den bairischen An trag wegen Amtsmißbrauchs der Geist lichen hervor, nicht um auf die Debatte selbst zurück- zükommen, die bekanntlich auch in letzter Lesung mit Annahme des Antrags schloß, sondern um die Stellung der königl. sächsischen Regierung zu diesem neuen Strafgesetz-Paragraphen zu constatiren. Es machte nämlich gerechtes Aufsehen, als durch die Zeitungen die Nachricht lief, die Negierung unseres protestantischen Landes habe im Bnndesrathe gegen den bairischen Antrag gestimmt. Dies ist allerdings richtig, denn Sachsen und Mecklenburg oppouirteu; Sachsen jedoch nur, um dem Anträge folgende allgemeinere Fassung zu geben: „Wer öffentlich die Verfassung des deutschen Reiches, oder eine« Bundesstaates, oder LtaatS- einrichtungen, oder die RcchtLinstitutionen der Ehe, der Familie, oder des Eigenthums beschimpft, wird mit Gefängniß bis zu 3 Jahren oder mit Geld buße bis zu 300 Thalcrn böskaft." Zur Motivirnng erklärte der sächsische Bevollmächtigte:' Die Regierung würde bereitwillig für ein allgemein gehaltenes Gesetz gestimmt haben, durch welches öffent liche Schmähungen und Beschimpfung derBerfässungcn, der Gesetze des deutschen Reichs und Pep einzelnen, Bmchesstqaten,' s-wie Versuche,^djeMvAicheLÄ)hM»K', und Ruhe durch aufregende Aeußerungen zu stören, im Allgemeinen mit Strafe bedroht würden. Die Hcrausgreifung einer einzelnen Classe der Geistlichen und Religionsdiener, um gegen sie und sie allein die Strafgesetze in dieser Richtung zu verschärfen, scheint ihr dagegen nicht empfchlcnswerth; eine solche ein seitige Behandlung der Geistlichen, die doch nur in einzelnen Gegenden Deutschlands durch die Verhält nisse erklärlich werden dürfte, erscheint ihr weder dem Princip der Gerechtigkeit entsprechend, noch politisch unbedenklich. Wenn man auf der einen Seite die Beschimpfungen und Angriffe der Socialdemo- kraten gegen die Verfassung und.die Gesetze, hie täglich in öffentlichen Versammlungen lind in der Presse vorkommen, hinnimmt, We deswegen eine, Aendernng der Strafgesetze ZU verlangen, ans der anderen Seite aber die Geistlichen bestrafen, will wegen eines Verhaltens, welches den öffentlichen Frieden zu stören geeignet erscheint, also ohne Unterschied, ob eine solche Störung in der Ab sicht gelegen, oder ob sie wirklich erfolgt ist oder nicht, so ist zu befürchten, daß die Betroffenen dadurch tief verletzt werde» und die hier und da schon vor handene Erbitterung nur noch mehr gesteigert werden möchte. Kommen dann infolge dessen erneute Ueber- griffe vor und ist mau genöthigt, deshalb Strafen zu erkennen, so können leicht Verhältnisse eintreten, die man gewiß, nicht beabsichtigt hat. Da die sächsische Regierung schon aus diesen allgemeinen Erwägungen sich genöthigt steht, gegen das Gesetz zu stimmen, so kann sie- die erheblichen juristischen Bedenken gegen die Fassung des Entwurfs nicht unerwähnt lassen. Dieselbe hat jedoch die Abgabe dieser Erklärung für nöthig erachtet, um außer Zweifel zu setzen, daß sie nur aus diesen allgemeinen Gründen gegen den Antrag stimmt, daß sie sich aber in Bezug aus ^>ie Verurthcilung und Mißbilligung derartiger Ueber- schreitungen Seitens der Geistlichen in vollstän diger Uebereinstimmnng mit ihren hohen Bundesgenossen befindet. ? Diesen Gründen der sächsischen Regierung gegen über möchten wir doch den Ausführungen des Abg. Gneist beipflichten, daß es recht eigentlich Aufgabe der Gesetzgebung sei, zur Bewahrung des Land friedens jede Sanctionirung und Einräumung von Freiheiten und Schützwchrcn gegen den Mißbrauch aüszustätten. Die Einbringung des bairischen An trages sei nicht wunderbar, wohl aber, daß erst jetzt ein solches Gesetz vorgelegt werde, nachdem der Staat schon vor 23 Jahren der katholischen Kirche volle Freiheit eingeräumt habe. Der Staat hole nur ein schweres Versäumniß des Jahres 1848 nach und es sei ein Beweis des ungeheuren Hoch- muthes, welcher die- Vertreter der katholischen Kirche beherrsche, daß sie sich weigerten, gegen sich die ge wöhnlichen Rechtsgarantien zur Erhaltung des staat lichen Friedens gelten zu lassen. Die definitive Annahme dieses Gesetzes erfolgte in der Sitzung vom 27. v. M. Darauf wurde in erster und zweiter Lesung der Gesetzentwurf, betreffend den Ersatz der von den Communalverbänden zur, U.ntersiützu ng der Reservisten - und Land wehr-Familien gemachtem Aufwendungen ge- Sechtundjwanzigster Jahrgang.