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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pranumcrauon», Preis 22j Tgr. Tbkr.l vierteljährlich, g Thaler iiir das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumeriri aus diese« Beiblatt der AUg. Pr. Staars- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straffi Rr. 34); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post - Aemtern. Liter ar ur des Auslandes. Berlin, Mittwoch delr 20. November 1833 Italien. Ein neuer Roman des Verfassers der „Vlooscs äi ülonr»" *). Ler Verfasser der Nonava ai Auuru und Ler gelehrten Uiiter- suchliiigen über Tassos Uchen, Herr Giovanni Siosini, wirb in kurzem zu Pisa einen historische» Roman unter dem Titel: Luisa Strozzi ans Licht irrten lassen. Der Zweck desselben ist, den politischen und gesellschaftlichen Zustand von Florenz unter der Regierung Alexander'» von Medici darzusteUrn, welcher iw Jahre 1ä37 die Frucht des Krieges ärndlete, den Karl V. und Klemens VII. gegen die unabhängige Verwaltung Toskana « führten, und durch einen blutigen Tod die Exccffe aller Art, mit denen seine kurze Regierung befleckt war, sühnte. Schwerlich dürste man in den Annalen Italiens, von dem Wie- dererwachcn der Wissenschaften bis auf unsere Zeit, einen Gegen stand von noch höherem und durchgreifenderem Inicreffe finden, als derjenige ist, bei dem die geübte Feder verweilt hat, deren neue Schöpfung wir ankündigcn. Florenz war der strahlendste Brennpunkt der Civiittauon jenes Landes, das allen übrigen Ländern Europa s aus dieser Bahn vorlcuchicic und noch damals über alle hervorragte. Diese reiche und gcwcrbsame Stadt halte den größte» Theil To«- kana'S und mehrere bedeutende Gebiete von Lunigiana, der Romagna und selbst von Umbrien sich unterworfen. Ihr Staat war von den Besitzungen der Genueser, der Venclianer, der Herzoge von Mai land und Ferrara, des Papstes, der Herren von Urbino, Perugia, Rimini, Faenza, Piombino und Forli, der Republiken Siena, Bo- logiia und Lucca begrauzi. Durch seine Lage, seine natürliche Macht und Bevölkerung wurde Florenz der Mittelpunkt, das gemeinsame Band und das lebhafteste Triebwerk des ganzen Ilaliänischcn Völker- Bcreins. Es hielt aus der Halbinsel die Waage des politischen und miliiairischcn Einflusses, und der Präsident seiner Raths-Versamm lungen saß bei Italianischc» Kongresse» mit den Monarchen Neapels und der Lombardei aus gleicher Stufe. Dir Auszeichnung ihres GewcrbflcißcS, der Umsang und die Thäiigkcit ihrer Fabriken, die Menge des haaren Geldes und die Geschicklichkeit, mil der sie vei Bant- und Handels-Spcculaiionen davon Gchrauch machten, gaben de» Florentinern nicht weniger ent schiedene Vortheilc über die andere» Völker Italiens. Die vornehm- stcn Familien von Florenz, selbst diejenige», welche anerkannt den ersten Rang clnnahmctt, die Medici und die Strozzi, rühmte» stch des industriellen. Ursprung« ihrer Größe und vermehrten ihre Rcichthümcr, die Voruribcttc anderer Nationen verachtend, auf eben die Art, wie sie in ihren Besitz gekommen waren. Sv finden wir im I4lcn und töten Jahrhundert selbst Familien ans ritterlichem Geschlechte (nobili), wie z. B. die Bardi und Peruzzi, durch den überwiegenden Einfluß des demokratischen Element« von öffent lichen Armier» «»«geschlossen, mit Eiser der arto il<-l V'-unlün oblie gen, einer Kunst, unter der nicht« Andere« al« unser Banqnier-Ee- schäft verstanden wurde- Da« literarische Uebergewich, der Florentiner und da«jenige, wcichcS ihnen die Ausübung der schöne» Künste verschaffte, denen sie begeistert huldigten, gaben ihrem Staate noch höhere Bedeutung. Obgleich öfter eine undankbare, selbst eine grausame Mutter, nahm doch Florenz an dem Ruhme Theil, den seine auegtjtichntten Söhne in anderen Ländern rinärndtcien. Dante war vor der Bekanntma chung seiner Divina Gmnc-cliii. deren erster Gesang 130!« unter den Auspizien de« furchtbarsten Widersacher« von Flore», erschien, ver bannt worden; Petrarca ward im Ertl geboren; Leonardo da Vinci sand erst am Hose von Mailand wirksame Gönnerschaft, und doch erhoben diese drei Männer die Flcrenlinische Schule zum Gipfel ihre« Glanzes. Außerdem haben Borcaz, Polizian, Cimabue, Giotto, Gbiberli, Brunelleschi, Masaccio und eine Menge anderer eminenter Köpft, deren bloße Auszählung dicGränzcn diese« Artikels überschreiten würde, Florenz angchört, und zwar nicht bloß durch den Zufall der Geburt oder des Todes, sondern durch ein ganze« der Verschönerung und dem Ruhme ihres Vaterlandes geweihtes Leben. So war Flo renz am Ende des l3tc» Jahrhundert«, und obgleich der unbegräuftc Kredit der Medicäer die Grundfesten der republikanischen Freiheit schon untergraben batte, waren die Bewohner doch noch stolz daraus, Bürger der Mutterstadt von Toskana zu beißen. Die Invasion Italien« durch Karl VIU., und die Umwälzungen, "Kelche sic veranlaßt», hatten sür Florenz unglückliche Folgen.' Sar- „Die Nonne von Monza", ins Deutsche überseht von Dan- Leßmann zana fiel in die Gewalt der Genueser; die Romagna und Bologna wurden den, Kirchenstaat cinverleibt; Venedig verlor seinen Einfluß auf Mittel-Italien; die nationale Unabhängigkeit verschwand im Norden wie im Süden der Halbinsel. Das Gebiet der Florcntincr, von allrn Seiten durch den Kirchenstaat gedrängt, blieb nur noch mit schwachen Republiken oder nm Souverainelalcn in Berührung, die das Uebergcwicht der Päpstlichen und Arragouischen Waffen gc- demüthigt hatte. Furchtbare Konkurrenzen schadete» der Industrie; da« baare Geld ging allmahlig in andere Kanäle über; die Entdek- tung Indien'« und Amerika « gab dem Handel Toskana'« einen ver- hängnißvollcn Stoß. In derselben Periode wüiheie Bürgerkrieg im Lande. Die Medici wurden verjagt und dann zurückberufen; endlich saß Leo X. aus dem Päpstlichen Stuhl und übte, obschon indirekt, einen eben so großen Einfluß auf Florenz al« auf irgend einen Theil seiner eigentlichen Besitzungen. Während der Regierung kiese« Papste« erlosch der Glanz der Floreniiner, allein ec schien sich in dem de« Hause« Medici gewissermaßen wieder zu verjüngen. Dcr Papst stand an der Spitze de« ittieliekluellen Triebwerks, welchem Europa so rasche und glänzende Zonschritte verdankte, und Lorenzo, dcr Sohn seine« Bruder«, da« Haupt dcr Florcniinischen Regierung, hatte sich durch den Sturz de« Hause« Rovera bcreichctt, so daß seine Gewalt, al« Herzog von Urbino und Schutzherr von Florenz, dec Breite nach über ganz Ita lien von dem einen zum anderen Meere reichte. Der vorzeitige Tod Leo « X. vcranlaßic den Einsturz diese« Ge bäude«, da» größte» Theils aus Usurpationen gegründet war, die man durch nichtige Vorwände beschönigen wollte Urbino kam wie der an seine alten Herzoge, und Florenz, noch einmal von republi kanischem Schwindel sortgeiifft», beraubte die Medicäer ihre« Anse hen«, ihrer Güler, und eine Zeit lang sogar ihrer Freiheit. Damals floß aber da« Blut de« Cosimo, de« ziatri» zmtriae, nur noch in den Adern dreier unechter Sprößlinge seine« Stamme«, von denen der Eine den Lorenzo, Herzog von Urbino, der Andere den Iulian, Herzog von Nemours, und dcr Aclicste einen andere» Iulian, einen Bruder Lorenz des Prächtigen, zum Vater Halle. Außer dem waren noch zwei Frauen übrig: Clarizia, die Eine derselben, Tochlcr de« Pietro von Medici, war mit Filippo Strozzi vermählt; die Andere, Katharina, von dem Florcniinischcn Volke la Dudu'«»»» (die kleine Herzogin) genannt, die ihren Vater Lorenz, Herzog von Urbino, schon als Kind verlor, wurde Königin von Frankreich, als ibr Gemahl Heinrich II. an der Stelle des kinderlos verstorbenen Dau phins den Thron bestieg. Alexander, der sich Katharinens Bruder nannte, ward von Cle men« VII. dazu bestimmt, die Herrschaft seiner Familie wieder ber- zustellen. Allein die Abkunft dieses Jüngling« war nicht bloß un- vcrtilgbar befleckt, sonder» auch verdächtig dazu; seine Mutter, eine Asrikänlsche im Hause de« Herzog« von Urbino zu den niedrigsten Diensten gebrauchte Sklavin, halte ihm etwa« Ncgerblut gegeben, da« man in seinen Zügen erkannte, und sein angeblicher Vater wäre in den Augen des Gesetzes ein Fuhrmann gewesen, der diese Frau gkheiratbcl halte. Eine so unwürdige Wahl empörte die Florenliner und bestimmte sie zn noch kräftigerem Widerstand gegen die Waffen des Papstc«, dcr die Schätze der Kirche ausbet, um sein Hau« wieder zu Ebre» z:i bringen. Dcr einzige vernünftige Schritt, den die Florentiner tbun konn ten, wäre gewesen, wenn sic dir Hülfe de« Kaiser« angcflcht, dessen Par tei ergriffen und die Französische Sache verlassen hätten; denn Frankreich« edler und ritterlicher Monarch, Franz >, sah sich außer Stande, seine allen Bllndesgenossen z» beschützen. .Die Gefühle ei ner alten Waffen - Brüderschaft, vielleicht romantische Gefühle, lftßcn indessen ernste und weise Betrachtungen nicht aufkommcn. Man ciil- schloß sich, bei der Allianz mil Frankreich zu bleiben, und so mußte Florenz im Jahre löZO, nach einer beldcnmülhigcn Gegenwehr, die dcr Genin« Michel-Angelo'S verewigte, den verbündete,1 Heeren de« Papstes und des Kaisers seine Thore öffnen. Die Florcntincr halten sich jedoch erst zufolge einer Capitulatton ergeben, die ihnen ihr gan,c« Gebiet und ihre Verfassung sicherte. Die Medici und ihre Parteigänger sollten Bürgerrecht, Güter und Rang wieder erhalten; allein weder die Souverainetät der Stadt selbst, noch die Direktion dcr Ratht-versammlungen war, den Mün deln Clemens VII. versprochen. Trotz dieser seicrlichcn Ueberein kunst begründeten die Palle Schi *) ihre Herrschaft unter dem Schutze dcr Kaiserlichen Waffen, und sofort begann eiu unbarmherzige« Svstcm ", Diesen Namen erhielten die Anhänger der Medici«, weil ihre Waffen Kugeln (patte) waren