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Wöchentlich «»scheinen drei Nummern. Pränumeration«-Prei« 22 j Silbergr. S PrSnumerationen werden ron jeder (j 2HIr.) vier,«IjShrli», Z Tdlr. für M Bnchd.indiung (in Berlin bei Dei, da« ganze Jahr, ohne Erhöhung. KZ D UD u. Como., ^aaerstral!« Nr. 25). s- in allen Lheilen der Preußischen /H U AP. wie von allen Königl. PoN-A-mtein. Monarchie. angenommen. für die Literatur des Auslandes. .4/ 103. Berlin, Donnerstag den 28- August 184S. Frankreich. Buffon und sein Verl-ältniß zur Naturgeschichte unserer Zeit. Obwohl die Naturwissenschaften seit Buffon Riesenschritte gemacht haben und die Ideen jenes Forschers theits aufgegeben worden find, theils durch Er. Weiterung und Umbildung vielfache Veränderungen erfahren haben, so wird Buffon dennoch in der Geschichte der Wissenschaften stets eine hervorragende Stelle einnchmen und seine Arbeiten werden einen bleibenden Werth behalten. Er ist der Erste, der eine wissenschaftliche Behandlung der Naturgeschichte, eine wissenschaftliche Beschreibung der Objekte derselben unternommen und mit Meisterschaft auSgeführt hat; namentlich wird seine Naturgeschichte der vier füßigen Thiere wegen ihrer vollendeten Darstellung immer ein klassisches Muster bleiben. Außerdem aber hat er das Verdienst, zuerst die EntstehungS- und Entwickelungsgeschichte der Erde als eine Aufgabe der Wissenschaft hinge- stellt und auf die Phänomene aufmerksam gemacht zu haben, die dabei in Untersuchung zu ziehen find. So ist sein Einfluß auf die Arbeiten seiner Nachfolger unverkennbar; ja er und Linne geben den Schlüssel zu der ganzen Entwickelung, welche die allgemeine Naturgeschichte in unseren Tagen gewonnen hat. Herr FlourenS, Professor der vergleichenden Physiologie in Paris, hat es unternommen, eine Geschichte dieses Einflusses und der Arbeiten und Ideen Buffon'S überhaupt zu schreiben"); wir versuchen es, die Resultate dieser Arbeit hier mitzutheilen, einer Arbeit, die uns an dem konkreten Beispiele eines Individuums in raschen Zügen die großen Aufgaben vorführt, welche die Naturwissenschaft überhaupt theils schon gelöst, theils noch zu lösen hat. ES ist dies nicht das erste Werk der Art von Herrn FlourenS; vor einigen Jahren schrieb er eine ähnliche Analyse der Arbeiten Georges Cuvier'S, und die Leistungen dieser beiden Forscher stehen in einer gewissen Verbindung mit einander. „Die Geschichte der Arbeiten Buffon'S", sagt Herr FlourenS, „trifft überall mit der Geschichte der Arbeiten Cuvier'S zusammen: diese großen Ar- beiten verbinden zwei Jahrhunderte mit einander. Buffon ahnt, Cuvicr be weist; die Vermuthungen des Einen werden die Entdeckungen des Anderen. Und was für Entdeckungen! Die Wcltepocheu find dadurch gefunden, die Reihefolge der Geschöpfe festgestellt, die Urzeiten aufgedeckt, die auSgcstorbeucn Bevölkerungen des Erdballs unserer erstaunten Anschauung wiedcrgegcben. Die Arbeiten Buffon'S und Cuvier'S find für den menschlichen Geist der Be- ginn einer neuen Aera." Die Naturgeschichte bietet dem Forscher zwei Hauptsciten dar. Die Einen sehen darin vorzugsweise wirkende Kräfte; sie studiren die Gesetze dieser Kräfte und den Zusammenhang der Ursachen und Wirkungen. Dies ist der phyfiolo- gische Gesichtspunkt. Die Anderen find mehr mit den Thatsachcn als mit ihren Ursachen, mehr mit den Harmoniken als mit der Genesis der Schöpfung be- schäftigt; diese erscheint ihnen besonders als ein Ganzes von verschiedenen und doch einander coordinirten Wesen ; ihnen ist cS hauptsächlich darum zu thun, diese Coordination hervorzuheben; sie studiren mehr die Charaktere und die gegenseitigen Verhältnisse, als die wirkenden Kräfte; dies wäre der anato- mische Gesichtspunkt. Jede dieser beiden Tendenzen, welche beide einander zu ergänzen bestimmt find, hat sich auf Kosten der anderen in den gleichzeitigen Arbeiten Linne'S und Buffon'S geltend gemacht. Buffon'S Richtung verräth fich gleich im ersten Bande der „Naturgeschichte" in seinen Ansichten über die Methode. Hier machen ihn gewisse vorgefaßte Ideen nicht bloß gegen Linne ungerecht, sondern gegen jenen schönen Theil der Wissenschaft, den Linne reprä- sentirte, nämlich die Tlassification. Weil er gewisse Zusammenstellungen von Thieren, die ihm, mit Recht oder Unrecht, entfernter von einander scheinen mochten, als sie es wirklich find, nicht begreifen konnte, leugnete Buffon die Gattungen und nimmt bloß Arten an; diese beschreibt er in einer Ordnung, die aus einem ziemlich willkürlichen Prinzip beruht, auf dem Verhältniß, in welchem wir zu ihnen stehen, also erst die Hausthicre, dann die wilden Thiere. Von diesem Gesichtspunkt aus könnte man fragen, warum er nicht die zahmen Vögel mit den zahmen vierfüßigen Thieren zusammenwirft( Aber es giebt Ungehörigkeiten, die vergebens von der Logik empfohlen werden und vor denen die Verwegensten fich scheuen. Buffon hatte die Classification in einem gewissen Maße angenommen: sein gesunder Verstand machte sie ihm zum Gesetz; aber er blieb hier und in jenem Moment auf dem gemeinen Standpunkte stehen. In jenem Momente, sagen wir; denn als er in seiner Arbeit weiter vorrückte, als er zu den Affen kam, da mußte er hier eine *) Lulloo. tli-toir- «Is «ez traram et so »oo Iseei par b. kloureii». Gruppe anerkennen, deren Glieder schwer von einander zu trennen find, und in dieser größeren Gruppe wiever kleinere. Als er bann zu den Vögeln ge langte, einer Klasse, die an Arten so zahlreich ist, da sah er fich aufs neue genöthigt, diese Arten nach ihren Analogieen und Verschiedenheiten in höhere Gattungen zu gruppircn. Doch welche Modifikationen auch die ersten Lehren Buffon'S über die Methode in der Zoologie erfahren haben und wie bemer- kenswcrth auch manche Entwickelungen find, die man hierüber aus seinen Schriften ziehen könnte, nie hat er dieftr Seite der Naturgeschichte seine volle Aufmerksamkeit zugewandt, nie hat er ihren ganzen wissenschaftlichen Werth erkannt. Herr FlourenS schließt dieses Kapitel über die Methode Buffon'S mit einer Parallele zwischen den beiden großen Naturforschern des achtzehnten Jahr hunderts, Linne und Buffon, in der eS unter Anderem heißt: „Buffon und Linne stehen in einem totalen Gegensätze. Buffon hat seine Hauptkraft im Denken, Linne im Enthusiasmus; Buffon führt Alles aus fich und durch fich auf den Menschen zurück; Linne'S Seele scheint fich in die Natur zu ergießen und von der Natur fich zu Gott zu erheben; in Buffon fühlt man überall die verständige Kraft des Geistes, in Linne mehr als einmal den Schwung des Gemüths." Ohne Zoolog in Linne'S Weise zu seyn, hat Buffon doch viel für die Zoologie gethan; ohne Anatom zu seyn, Haler, von Daubenton unterstützt, die höhere Anatomie und Physiologie vorbereitet; sein Genie hat die großen Fragen angeregt, welche für die Geschichte des Lebens und der lebenden Wesen von so großer Bedeutung find. Doch dies find Fragen, auf die wir hier nicht eingehen können, da ihre Erörterung die umfassendsten Forschungen in Anspruch nimmt. Wir wenden uns daher lieber zu der anderen Klaffe von Buffon'S Arbeiten, seinen kosmischen und geologischen Forschungen. Er beginnt die- selben mit der „Theorie der Erde", die im Jahre 1749 erschien und großes Aufsehen machte. Dreißig Jahre später, 1778, ließ er die „Epochen der Natur" erscheinen ; dies war sein wissenschaftliches und literarisches Testament. „Von allen Werken des achtzehnten Jahrhunderts", sagt Herr FlourenS, „ist dies vielleicht dasjenige, das den Menschen die erhabensten Anschauungen lieferte." Als die „Theorie der Erde" erschien, war die Geschichte des Erdballs, wie der Erdball selbst in der Urzeit, ein verworrener Haufen von Materialien; die wahren und die angenommenen Thatsachcn bildeten ein wahres ChaoS; man stellte mit gleicher Sicherheit eine Hypothese und eine Theorie auf. Doch dürfen wir auch nicht vergessen, daß schon im Jahre 1880 Palissy sehr richtige Ideen über die Fossilien ausgestellt und schon erkannt hatte, daß ihr Ursprung in verschiedene Zeiten falle, und daß Steno» im Jahre 1669 glückliche Vergleichungen zwischen den Fossilien und den gegenwärtigen Wesen angestellt und mit vielem Takt von den Schichten des Bodens, von ih,rer anfangs hori zontalen, dann mehr oder weniger veränderten Lage und von dem abwcchscln- den Ueberfluthen und Zurücktreten des Meeres gesprochen hat. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts machte, abgesehen von Leibnitz, dessen Werk Prologes neben seinen Hypothesen mehr als Eine Wahrheit enthielt, der Eng. länder Hooke eine merkwürdige Aeußerung, die auf die Wichtigkeit der Geologie hinwieS: „So trivial gewissen Personen ein Ding wie eine versteinerte Muschelschale erscheinen mag, so sind doch solche Denkmäler der Natur viel authentischere Zeugnisse des Alterthums, als Münzen oder Medaillen, indem diese letzteren, so gut wie Bücher, Manuskripte und Inschriften, durch Kunst und Zeichnung nachgeahmt werden können, was, wie eS allen Gelehrten jetzt bekannt, ost geschehen ist. Andererseits muß man gestehen, daß das Studium der Archive der Natur und die Arbeiten, die erforderlich find, um aus den selben eine Chronologie zu gewinnen und die Perioden festzustellen, während deren gewisse Veränderungen und Katastrophen stattgcfunben, eine Ausgabe bilden, die zwar nicht unlösbar, aber doch sehr schwierig ist." Endlich haben im I8ten Jahrhunderte mehrere Gelehrte, besonders in Italien, mit großem Scharfblick hierüber geschrieben und Thcorieen ausgestellt, die fich noch heute behaupten; so unter Anderen Vallisncri und Moro, eifrige Gegner der ultra-biblischen und gezwungenen Spekulationen von Burnet, Woodward u. s. w. Moro erkannte, wie wichtig die vulkanischen Erscheinungen für die Erklärung vieler Thatsachen werden könnten; doch führte er diese plutonische Tendenz zu weit, wie Buffon seinerseits in seiner Theorie der Erde den NeptunismuS zu weit trieb. Buffon beginnt seine Untersuchungen über die Revolutionen der Erdober fläche mit folgenden schönen Betrachtungen: „Dieser große Erdball zeigt uns auf seiner Oberfläche Höhen, Tiefen, Ebenen, Meere, Sümpfe, Flüsse, Höhlen, Abgründe, Vulkane, und beim ersten