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Sächsische Volkszeitung : 26.07.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192007261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200726
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-07
- Tag 1920-07-26
-
Monat
1920-07
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.07.1920
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Nr.L«S t». Jahrg. Dr,«»,«»». 18^ »,tt«»»»«ch« 4« SNÄllsche Montag, 26. Jnli 1»2V g-ennspreche» »18« P»stsch,»k«nt»r Leipzig Nr. 14AN v o ifszeLmna »«sg.b. « V.4»F. In Dr-do» «n» a«, »«Mchlan» »«» H<m» «a»a«bo ^ ^ ri« «achiuch» v»lUt«Uun« »2i-«dU «» all« »»««tag« «ach«. — «pk»chftu»d« b«rft»1aMo»l 11 Ift IS llh» n«». «°«A«.«. «nnahm, »an «e,chS,t,°n,.l,«> »>, 10 llhL dm. S°mtUemm..t»m.^ II - «retl ft, »ft Vettl-ev-uftrU« 1.L0 «» «.Nam.tetl »S0 ftß. gLwUtomnielaea I.80M — Iü, wrdiutlt» gelchrt.len«. towl« durch g«nstpr.che. Luft.-.»«. «n«M,.n Um,« »i, »ft «.r-nlw-rtltcht.U ft. »I. «>chtfts.U de» 1.2.1 »'ch, w«n^m«. Wie soll das Kohlenabkommen von Spaa ausgesührt werden- Unser Vertreter im ReichswirtschastSrat schreibt uns über die dortigen Verhandlungen das folgende: Die Verhandlungen des Neichswirtschastsrates vom Samstag xn 24. Juli brachten die mit großer Spannung erwartete Aussprache ies Wirtschaftsparlamentes über die Ausführung des Abkom mens von Spaa. Denn nur um diese, nicht um eine Bewertung oes Abkommens an sich, handelt es sich beim ReichswirtschastSrat. Dieses „Werturteil" bleibt dem Reichstag Vorbehalten. Die bezeichnete Aussprache gestaltete sich überaus mannigsaltig. Den Standpunkt der Bergarbeiterschast vertrat in einer ausgezeichne- >en Rede der Führer der christlichen Bergarbeiterschaft, der Abgeord nete Jmbusch. Seine allgemeine Stellungnahme zu dem Abkom men kennzeichnele er dahin, daß sehr gewichtige Gründe sowohl für wie gegen die Entscheidung der Regierung sprechen. Damit zieht .smbusch schon den Trennungsstrich gegenüber der von Stinnes ge führten Gruppe der Großindustriellen, die das Abkommen von Spaa ohne weiteres vxrfehmen. Jmbusch hält gewiß auch das Abkommen sür im höchsten Grade unbefriedigend. Er glaubt aber doch, daß die Durchführung mög lich. aber auch nur dann möglich ist, wenn alle bei der Kohlenwirt schaft Beteiligten mit wirklich gutem Willen alles zur Erfüllung der Ausgaben daransctzen. Voraussetzung hierfür ist ihm die Belieferung Deutschlands mit mindestens 1.5 Millionen Tonnen monatlich mit oberschlesischer Kohle. Den Gegnern sagt er, sie möchten nicht libersehen, daß, je mehr sie an Kohle aus uns Herauspressen, weniger aus der anderen Seite für sie zu bekommen ist. Jmbusch beschäftigt sich des weiteren eingehend mit den vielfältigen Maßnahmen, die er forderlich sein werden um die Kohlenförderung zu steigern. Grund bedingung ist die Verbesserung der Lebenshaltung der deutschen Berg arbeiter. Um mehr Arbeitskräfte für den Bergbau zu gewinnen, muß die schwere Arbeit des Bergmannes einen Anreiz nicht nur in der Lebenshaltung, sondern auch in der Versorgung bei Unfällen und der gleichen erfahren. Wichtig ist auch, daß jede unproduktive Arbeit unterlassen wird. Dazu gehört auch, daß nicht, wie bisher, ein Dutzend Reichsstellen sich um den Bergbau bemühen, sondern daß eine einzige 'Reichsstell» für diese Frage geschaffen wird. Wenn auf diese Weise alles zusammenwirkt, hofft Jmbusch namens der von ihm vertretenen Bergarbeiter, daß wir die schwierige Lage meistern. Denn die deut schen Bergarbeiter hätten noch nie versagt, wenn es sich um die Lin derung der Not von Volk und Vaterland gehandelt habe. Das Ereignis des Tages ist die Rede deS Großindustriellen Hugo Stinnes. Da er außerordentlich leise spricht, scharen sich die Abgeordneten dicht um das Rednerpult. Stinnes hat seine AuS- -ührungen sorgfältig nn Manuskript vorbereitet, und liest sie sämtlich ab. Das Bild, das er entwirft, malt schwarz in schwarz. Es hat immerhin schon einiges, und unter den obwaltenden Umständen ge radezu erschütterndes Gewicht, wenn ein solcher Mann, ein Beherrschen des Großhandels der Bergbaubetriebe des Ruhrreviers rund heraus erklärt, daß das Kohlenabkommen für die deutsche Volkswirtschaft ein fach unerträglich sei. Eine Mehrförderung von Kohle aus Oberschie- iien steht nach Stinnes nicht zu erwarten. Damit würde eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Erfüllung der Verpflichtungen in Wegfall kommen. Nach dem Ausfall der Saargrube wird das Ruhrrevier die Hauptlast zu tragen haben. Stinnes erwartet von dem Versuch, das Abkommen durchzuführen. nicht nur eine schwere Erschüt- -erung des Arbeitsmarktes infolge einer außerordentlichen Arbeits losigkeit, sondern auch des gesamten deutschen Wirtschastsmarkles. Den Warenausfall infolge Minderbelieferung der Industrie mit Kohle beziffert er als mindestens 2fH Milliarden Mark, die sür die Ausfuhr in Wegfall kommen. Diesen Ausfall könne die deutsche Wirtschaft nicht ertragen. Das Volk werde verhungern und wir können zum Export von Menschen schreiten! StinneS weist unter Anführung all dessen mit Betonung auf die Verantwortung hin, di« diejenigen auf sich genommen hätten, die das Abkommen von Spaa vollzogen. Er kritisiert auch einzelne Ausführungen des WirtschastSministers Scholz und kündigt ganz offen den Kampf an die politische Reichsleitung an, mit der man sich in anderer Stelle darüber unterhalten müsse, wie eine Wiederholung von Spaa vermieden werde! Stinnes geht aber dann in Anerkennung der vollzogenen Tatsache dazu über, einen großzügigen Plan zu ent- wickeln, dessen Durchführung ihm geeignet erscheint, eine Mchrförde» rung an Kohle herbeizuführen. Der Kernpunkt dieses Planes steckt in der Förderung der Einteilung deS ganzen deutschen Reichsgebiete» in mailichst großen und mit möglichsten Freiheiten ausgestatteten Wirtschaftsgebieten. In diesen soll die Bewirtschaftung nicht nur der Stein- und Braunkohlenschätze, sondern auch der Wasserkräfte, und zwar auf eine möglichst lange Dauer hinaus — Stinnes spricht von 200 »fahren! — bewerkstelligt werden. Staatsbetriebliche Organisationen will er ausgeschaltet wissen, weil der Staatsbetrieb ideenlos sei. Man kann Stinnes in der Förderung zustimmen, daß eine Sozialisierung in der Tat nur ganz zu rechtfertigen ist, wenn sie wirtschaftlich mehr leistet, dann aber muß auch eine solche Sozialisierung durchgeführt werden. Ter Abgeordnete Jmbusch hat vorher das Problem dahin gefaßt daß mau keine Sozialisierung machen soll, die für Engel berechnet ist,'denn die Menschen von heut« sind noch keine Engel! Auf eine wesentlich gemäßigterte Linie waren die Ausführungen -es geheimen BergrateS Hilger, der für den oberschlesischen Berg- Sau das Wort ergriffen, gestimmt. Das ist um so bemerkenswerter, als Hilger auch zu denjenigen Sachverständigen gehört die in Spaa Wen das Abkommen gestimmt haben. Nach seiner Meinung würde »er oberschlesisch» Bergbau nicht wesentlich zur Erleichterung bei- üagen können. Mit Stinnes hält auch Hilger die Verwirklichung der kinmarschdrohung der Entente für nicht von denjenigen Folgen be eilet, wie von anderer Seite geltend gemacht wurde. Hilger hält aber doch für notwendig, daß man nunmehr alles tue. um die Verpflichtungen zu erfüllen, und daß alle dazu berufenen Kräfte bei »en erforderlichen Maßnahmen hinter di« Regierung treten. Ent- Weden wendet er sich gegen Versuche, die in Spaa geschaffene schwie. uge Lage zur Erreichung wirtschaftspolitischer Vorteile zu benutzen. Einem aan, besonderen Interesse begegnet die dann folgende Me des soeben erst seitens der RekchSregiernng in den Reich-Wirt schaftsrat berufenen Dr. Walter Rathenau. Rathenau spricht vollständig frei und vollendet in der Form. Lautlos werden ferne Ausführungen in gesteigerter Spannung angehört. Rathenau kenn zeichnet die Lage in Spaa dabin. daß die Alternative nicht gelautet habe: Lieferung oder Okkupation, sondern: Lieferung mit Okkupation oder Lieferung ohne Okkupation. Die Okkupation war in jedem Falle mit im Spiele. Man hatte sich daher zu entscheiden, welche Folgen die Preisgabe deutschen Ge bietes hätte hoben müssen. Rathenau schildert zu diesem Punkte die Gründe, welche einen Teil der Sachverständigen in Spaa zur Zustim mung zu den Abmachungen bewogen habe. Der Auffassung von Stinnes und Hilger, welche die Ollupations- frage nicht als ausschlaggebend betrachte», pflichtet Rathenau nicht bei. Die Entente hätte zweifellos die ganze Kohlenförderung des Ruhr- gcbietes als ihr Eigentum betrachtet. Sie würde sicher dazu ge schritten sein, dem übrigen Deutschland die Kohle zu verkaufen, wö- nöglich nach dem Weltmarktpreis! Das hätte eine Differenz von acht Milliarden Papiermark bedeutet, und auf dies» Weise wäre der größte Teil der Reparationssrage mit erledigt worden. Die Gefahren wären aber noch weitergehende. Mit der Besitzergreifung des Ruhrgebietes hätte die Entente ihrer militärischen und politischen Hegemonie auch noch die wirtschaftliche angefügt. Die Einheit des Reiches stand in größter Gefahr und für diese, so sagt Rathenau, hätten diejenigen Sachverständigen gekämpft, die sich — wenn auch schweren Herzens, zu, Zustimmung entschlossen. Den in einer Presseerklärung von StinneS gegen diesen Teil der Sachverständigen erhobenen Vorwurf der „fremdländischen Einflüsse" weist Rathcnau zurück. Er hält aber da für, daß man diese Differenzen doch jetzt ausschalten soll«. Der Ge danke müsse durchdringen, daß man nur schweren Notwendigkeiten sich gebeugt. Rathcnau stellt mit Genugtuung fest, daß bei der Stellung nahme aller Redner im Reichswittschastsrat die Einheit der Ver pflichtung wie die Einheit des Willens, ihr gerecht zu werden, zum Ausoruck gekommen sind. Rathenau plädiert aber dafür, daß man nicht nur immer die eine Seite des Problems betrachte, sondern sich mit aller Entschiedenheit den anderseits gelegenen Ursachen der heu tigen Wirtschaftskrise zuwendet, wie sie insbesondere in der Verteue rung der Urprodukte und der Zwischcnstoffe gegeben seien, die auch ihrerseits der Beweggrund sür den heut.: wahrnehmbaren Käuferstreik seien. Ter Außenminister Simons führt die Debatte, die auf eine allgemein politische Linie geraten war. auf die wirtschasts- politische Linie zurück. Er betont insbesondere die Notwendigkeit von Maßnahmen, um den Kohlenschiebuugen nach dem Auslande zu be gegnen, gibt über die Stellung der Entente betreffs Belieferung mit oberschlesischer Kohle auf Grund des Abkommens von Spaa Auskunft, und betont, das; noch alles getan werden müsse, um die Versprechungen zu erfüllen, um das Vertraue» wieder zurückzugewinnen. Die Entente müsse sich klar darüber sein, daß das Kohlenabkoiw- men, wie der ganze Friedensvertrag, nicht gegen, sondern nur mit Deutschland durchzusiihren sei. Aus den übrigen Reden ist vornehmlich noch hervorzuheben die jenige des früheren preußischen Landwirtschastsministers Frhr. von Schorlemer, der die unbedingte Bereitschaft der Landwirtschaft zur Erfüllung der Abmachungen von Spaa erklärte, jedoch auch bestimmte Forderungen der Landwirtschaft, namentlich hinsichtlich der Zwangs wirtschaft erhob. Der sozialdemokratische Abg. Wissel benutzte seine Rede dazu, um seine frübere, als ehemaliger Reichswirtschaftsministr gehegte Idee der „Planwirtschaft" dem ReichswirtschastSrat besonders zu empfehlen. Die ausgiebige Debatte, die noch mancherlei führende Köpfe des deutschen Wirtschaftslebens ans Rednerpult brachte, fand ihren Ausklang in einer sorgfältig vorbereiteten Resolution, in der in großen Zügen die Richtlinien festgelegt werden, die für die Durchsüh rung des Kohlenabkommens von Spaa von diesem Sachverständigen kollegium sür geeignet gehalten werden. Nun heißt es: Beschlüsse in die Tat umzusetzen Das Schicksal von Reich und Land steht auf dem Spiel! Aus dem bayerischen Landtag M. Kempten, Ende Juli Wenn man heute wieder nach München kommt, hat die Stadt ein anderes Aussehen wie in den letzten zwei Jahren. Man merkt es ohne weiteres, die Elemente der Zuchthäusler und der Straße von da mals sind verschwunden und heute hat München wieder ein gesittetes und vor allein sauberes Aussehen. München bildet ein Spiegelbild unserer politischen Lage. Einst die Nevolutionsära mit Eisner au der Spitze, dann die Uebergangs- periode zur Rätezeit bis endlich wieder nach schweren und blutigen Kämpfen eine Regierung der Ordnung und des Rechtes an die Stelle von Willkür und Unrecht getreten war. Ministerpräsident Tr. von Kahr ist die Personifikation dieser neuen Lage. Die Rede, die er kurz nach seiner Wiederwahl gehalen, war die Rede eines geborenen Staatsmannes, voll tiefer Gedanken und sittlicher Grundsätze, eine Rede, wie sie der bayerisch« Landtag seit der Zeit eines Hcrtling nicht mehr gehört hat. Ms die größte Staatsnotwendigkeit bezeichnete er den Wiederaufbau von Staat und Gesellschaft und richtete vor allem an die Arbeiter als vollberechtigte, aber auch als vollverpflichtete und vollverantwortliche Glieder des Staates die dringende Mahnung, an dem Wiederaufbau des Vaterlandes mitzuarbeiten: dabei müsse dem Arbeitnehmer ein gerechter Anteil an den Früchten seiner Arbeit gesichert und die Auswüchse des Kapitalismus müßten beschnitten werden. Notwendig sei die Abkehr vom Materialismus. Ruhe, Ordnung und Sicherheit sind Voraussetzung und wer hierin unseren staatlichen Neu bau stört, ist ein Staatsffeind und mich als solcher behandelt werden. Abkehr vom Materialismus und Rückkehr zur sittlichen Erneuerung unseres Volkes sind die Hauptbedingungen Die Revolution muß ihr Ende finden und alle staatsliebcnden Machtmittel sind für dieses Ziel einzusetzen. Die friedliche Arbeit im vaterländischen Geiste war von niemand gestört und was eine Hauptfachs ist die StaatSautori- tät muß wieder hergestellt und gefestigt werden. Was im besonderen die Entwassnnngsfrage anbetrisst. so werde die bayerische Staatsregie, rung ihre vaterländische Pflicht wohl zu erfüllen wissen. Der Preis- abbau auf allen Gebieten sei eine der allerdringlichsten Fordeningen, für die sich die Staatsregierung einletzen werde. Wucher- und Schie- . bertuni werden mit den allerschärfsten Maßnahmen geahndet. Nachdrück- lichst betonte der Ministerpräsident, daß an der Einheit des Reiche» nach wie vor sestgehalten werden soll. Wir wollen sein und bleiben ein einiges deutsches Volk und wollen unser großes deutsches Vater land in seiner schwersten Not erst recht in Liebe und Treue umfassen. Wir wünschen keinen extrem - uuitaristischcn. sondern einen födera listischen Ausbau. Ter Ministerpräsident schloß seine hochbedeutsame Rede mit einem Ausblick auf Ae Verhandlungen in Spaa und führte aus: Wie lange auch dieie niederdrückenden Ver hältnisse dauern mögen, welche Erschwernisse wir in der Gestaltung unseres Wirtschaftslebens noch auf Jahre hinaus erfahren müssen, in keinem Augenblick können sie unS irre machen, die ganze Kraft cin- zusetzen für unser deutsches Vaterland, mit dem wir die stolz« Ver gangenheit geteilt haben und nut dem wir treu und unverbrüchlich auch in schweren Tagen Zusammenarbeiten wollen zur Wiederherbcisührung einer, wenn auch noch fe>nliegenden, so doch sicher zu erhoffenden besseren Zukunft. Nun wird man endlich auch dort das Verhältnis Bayerns zum Reiche richtig verstehen, wo man es bisher nicht verstehen wollte, und wo man Tag für Tag Zweifel an der Neichstreue der Bayern hegen zu dürfen glaubt«. Wenn dann Ministerpräsident Kahr auch die Be merkung einfließen ließ: eine Einflußnahme von dritter Seite auf die Gestaltung unseres Verhältnisses vom Reiche können wir ebensowenig zugostehen, wie eine solche, die unsere inneren staatlichen Angelegen heiten, so wird man diese Wendung an den Stellen, an deren Adresse sie gerichtet ist, wohl verstehen. In der darauffolgenden sogenannten politischen Aussprache sprach der ehemals königliche Kultusminister von Knilling im Namen der bayerischen Volkspartei. Seine Worte deckten sich inhaltlich mit denen des Ministerpräsidenten, dem er das volle Vertrauen entgegen brachte. Sehr bemerkenswerte Ausführungen aber machte Herr von Knilling über die Vorgänge in Spaa: daß es soweit mit Deutsch land gekommen ist, daran ist das deutsche Volk zum guten Teil selbst schuld. Hätte in den schicksalsschweren Tagen des November 191S Deutschland sich nicht in den Strudel der Revolution gestürzt, dann hätte die Möglichkeit bestanden, einigermaßen annehmbare Waffen- stillstands- und Friedensbedingungen zu erlangen. Diese Tatsachen können dem deutschen Volke nicht oft genug vorgehalten werden. Daß der sozialdemokratische Redner T i m m der neuen Negierung kein Ver trauen entgegenbringen kann, haben wir von vornherein gewußt; daß er aber dem neuen Justizminister Dr. Roth den Vorwurf machte, e» bringe die objektive Jnstizpslege in Gefahr, ist ein so ungeheuerliche- Vorgehen, daß wir es gar nicht weiter qualifizieren können. Darüber, ob die Sozialdemokraten bereit sind, in praktischen Fragen mit der Regierung zusammen zu arbeiten, wie sie es in Aussicht gestellt hatten, hat sich Herr Timm gänzlich ausgeschwiegen. Der Unabhängige Blumtritt machte seiner Partei alle Ehre und mit großem Pathos wandte er sich vor allem gegen die Nichtauslösung der bayerischen Ein wohnerwehr. Charakteristisch sür die Kampfcsweise der Unabhängigen ist ihr Antrag auf Freilassung der in den Landtag gewählten Führer und Häuptlinge der unseligen Rätezeit. Vier Unabhängige sind es, die zurzeit 2—10 Jahre verbüßen und vor sechs Wochen in den Land tag gewählt worden sind. Alle wegen politischer Straftaten verurteilten Personen, insbesondere all diejenigen, die wegen der Räterepublik vom Äpril/Mai 1919 verurteilt worden sind, sollen in vollem Umfange amnestiert und sreigelassen werden. So verlangt es der Antrag der Unabhängigen, der im Landtag zur Verhandlung stand. Aus der an deren Seite aber sollen solche Straftaten, die mittelbar oder unmittelbar dem Kapp-Putich dienten, von dem Amnestiegesetz nusgestblossen sein. Eine echt unabhängige Logik! Die politischen Verbrecher der Räte- zcit. die das größte Unglück über unser Land gebracht, fotzen frank und' frei sein, aber die Kapp-Anhänger, bei denen es nur bei dem Versuch eines Umsturzes geblieben ist, soweit in Bauern überhaupt von einem Kapp-Putsch gesprochen werden kann, die sollten selbstverständlich wci- terverfolgt und eingesperrt werden. Einstimmig waren die bürger lichen Parteien gegen ein solches Ansinnen. Daraus fanden in Mün chen öffentliche Versammlungen statt, in welchen die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert ward. Die Unabhängigen gehen also auf die Straße. Was sie im Landtage nickst erreiche» können, glauben sie durch die Straße fertig zu bringen. Es wird ihnen aber nicht ge lingen. Herr von Kahr hat es oiien ausgeivrockien. die Staalsautori- tät muß vor allem gestützt werden, wenn wir wieder gesunde» Zustän den cntgegengehen wollen. Die neue Wirtschaftsordnung Von der Internationalen Vereinigung der Goßweileraner wird uns geschrieben: Als Hauptaufgabe des Neichswirtschastsrates hat der Präsident desselben, Edler von Braun, die Schaffung eines neue» Wirlfchasls- organisnius bezeichnet, innerhalb dessen Arbeiter und Unternehmer ihre Kräfte gemeinsam auf das Ziel höchster Steigerung der Betriebsergeb nisse richten, der Arbeiter sich nicht ferner als Ausbeutungsobjelt des Kapitals fühlt dem Unternehmer aber die Möglichkeit freier Initia tive erhalten bleibt. Dafür sei eine ganz neue Form erforderlich, wlcher weder die bisherige Foim des Kapitalismus, noch diejenige des Parteiprogramms der Sozialisten entspräche. — Auch der von der Deutschen Delegation in Spaa vorgelegte Plan lür die Sachleistungen siebt eine^ umfassende Organisation der gesamten Industrie einschließ lich des Handwerks vor, um die Durchführung der geforderten Liefe rungen sicherzustellen. Das erinnert an den Wirschaflsplan des ehe maligen Reichswirtschastsministcrs Rudolf Wissel zur Schaffung von Wirtfcbastsbünden und Wirtschastsfachverbändeu unter einheitlicher Leitung von Vertretern der Produltionsbcteiligtcu in paritätischem Verhältnis zwecks rationeller Produktion, gerechtem Ausgleich, sozialer Gegensätze und Ausbringung sozialer Lasten. Im Anschluß an die. Reichstagsrede des Finanzministcrs Dr. Wirth, welche uns über die traurige Finanzlage unterrichtet, äußert sich G. Bernhard in der Voffiichen Zeitung: „Die Jahresbudgct» summe von 75 Milliarden Papicrmark ist in Geldrechnung überhaupt nicht auszunehmen, sie bedeutet den vollkommenen Bankrott des Deutschen Reiches, wenn nicht von Grund ans neue Formen sür die Einnabmebeschaffung gebaut werden." Als dafür geeignete Einnahme quellen betrachtet er die Bildung von zPoduzenlengemeinschaften, denen Lieferungsabgaben aufzuerlegen sind, „Eine neue Form von
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