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Sonntag, den 2t. Oktober 1828 Ni er I a a s o e» I Dresden Anzetnrnpreise, Die Inetpaltene Bettt,«Ne !«> y. Familie» an,eigen ».Stellenflelnche üttZ. Die Betitreklnme,elie. 89mni beeil I ^ Für Sin,eigen aicherbalb des BerbretiungSgebieleS «nz die Peiitresiamezeile I.iM^.Offerlengeb.2N Z. Im Falle höherer Newa» erlisch! icde Verpflichtung ans Liesernng iowie Erfüllung v. An,eigen - Anströgen n. Leistung v. Schadeneriah. (NeichöltUcher Teil Artur Le»,, Dree-ben Nummer 242 — 27. Jahrgang Lricheim emai wöchent!. ml» den illusir. «ratiLbeilagen .Di« Veit' und .Für unsere kleinen Leute', sowie den Texibellagen ,kt. Benno-Blatt'. .Unterhaltung und Wissen'. .Die Welt der grau' .Aerztltcher Ratgeber', Da» gute Buch'. .Filmtund- schau'. Monatlicher Bezugspreis 3 Ml. elnschl. Bestellgeld, kinzelnummor 1« -s. Sonnabend- u. Sonnlagnummer SV Hauvtschrittleiter: Dr. l». TeScziik. Dresden. («eschiistSfteNe, Drnckn.Verlag, «ermania. «I^S. iör Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. Dresd en-A. l. Poliersirahet?. Fernrnksims. Postscheckkonto Dresden »703, Bankkonto Stadtbank Dresden Rr. «1719 Für christliche Politik uni» Kultur Redaktion der Sächsischen VotkSzeltung Dresden-Altstadl 1. Polierstratze 17. ^ernrin 20711 und 21012. Parker Gilbert, Poincare und Churchill beraten in Paris — Herabsetzung -er Jahresleistungen? Paris. 2«. Oktober. Der englische Schatzkanzler Winston Churchill ist gestern früh 5 Uhr unerwartet in Paris eingetrosfen. Er hatte gemeinsam mit dem Generalagenten für die Reparationszah lungen, Parker Gilbert üm Bormittag von 10 bis 11.20 Uhr eine Unterredung mit Ministerpräsident Poincar 6 über die Zusammensetzung der Finanzsachverständigenkommission, deren Bildung in Gens beschlossen worden Ist. Churchill reiste am Nachmittag wieder nach London zurück. — Wie die Agentur Havas mittcilt, wird der Meinungsaustausch In dieser Frage in den nächsten Tagen zwischen sämtlichen Interessierten Regierun gen fortgefllhrt werden. Der Besuch ist der deutschen Regierung offiziell mltgeteilt worden. Er wird In Berliner Regierungskreisen als ein Fort schritt angesehen. London, 20. Oktober. Dem überraschenden Besuch des englischen Schatzkanzlers in Paris wird in London größte Beachtung geschenkt. Obwohl die geringe verfügbare Zeit nur zu einer kurzen Er örterung der Reparationsfragen mit PoincarS ausreicht, nimmt man an, das; in den Pariser Verhandlungen die gegenwärtig schwebenden Fragen eine weitere Klärung erfahren werden. In den Ser britischen Negierung nahestehenden Kreisen glaubt man, daß auf Grund der Pariser Besprechungen die For malitäten für die Bildung eines Sachverständigenausschusses eine weitgehende Klärung erfahren. Vielleicht wird in Paris auch die Frage entschieden, welche Regierung die Initiative in diesem Punkt ergreifen und die Bildung des Ausschusses bean tragen soll. „Times" berichtet: Parker Gilbert begibt sich von London zuerst nach Paris. Man glaubt, daß seine Londoner Be sprechungen über die Ernennung eines Sachverständigen- ausschusscs befriedigend waren. Der Weg zur Bildung des Ausschusses wird allmählich vorbereitet, und es ist wahrschein lich, daß von jetzt ab die Erörterungen schnelle Fortschritt« wachen werden. In ihrem offenbar inspirierten Artikel verbreitet sich die „Times" dann über die Rheinlandfrage und die Re« parationsfrage, die nach Ansicht der Alliierten mitein ander in Verbindung stehen, und erklärt, die jetzt erösfneten Be sprechungen hätten zum Ziel, die der deutschen Souveränität auferlegten Einschränkungen zu liquidieren. Das Blatt sagt dann: In der Frage der Ernennung des in Aussicht genom menen Sachverständigenausschusses sind bereits gute Vor arbeiten geleistet worden, u. a. hat V aldwin während seiner Rückreise von Aix-les-Bains in Paris wichtige Unterredungen mit Poincarö und Parker Gilbert gehabt. Inzwischen tst noch eine diplomatische Frage zu regeln, nämlich welche Regierung die Initiative ergreifen und offiziell die Bildung des Sach« ocrständigenausschusses beantragen soll. Der Standpunkt der britischen Regierung ist der. dah sie sich, solange feststeht, daß dem britischen Steuerzahler keine neuen Lasten auferlegt wür den, nicht von irgendeinem Versuch fernhalten wird, die end gültige Regelung der Reparationsfrage zu beschleunigen. Diese Regelung erscheint als wesentli-be Vorbedingung für diejenige Verbesserung der Beziehungen zwischen Frankreich und Deutsch land, für die die britischen Staatsmänner während so vieler Jahre gearbeitet haben. Die Ansicht der Sachverständigen des Schatzamts über die Möglichkeit einer Regelung inn-rhalb der nächsten sechs Monate ist nicht so optimistisch wie die ihrer französischen, ihrer deutschen und sogar ihrer amerikanischen Kollegen. Aber die empfangenen Anregungen werden aufmerk sam geprüft, um festzustellen, wie weit sie angenommen werden können, ohne das oben erwähnte wesentliche Prinzip zu gefähr den. Die Hauptfrage ist, ob es angebracht ist, die Festsetzung der deutschen Reparattonssumme im gegenwärtigen Augenblick zu erörtern. Par ker Gilbert glaubt es, und Poincarü, viele deutsche Staats männer und eine grosse Anzahl einfluhreicher Amerikaner teilen seine Auffassung. Die französische Regierung, die das Mellon- Verenger-Abkommen nicht ratifiziert hat, sieht sich noch immer der Notwendigkeit gegenüber, 40V Millionen Dollars für ameri kanische Kriegsanleihe im August nächsten Jahres zu bezahlen und wünscht dringend eine Regelung, die den Weg zur Kom merzialisierung der deutschen Schuld dadurch eröffnen würde, daß in nicht allzu langer Zeit die deutschen bahn- und Jndustrteoongarr»n>-tt uns den Markt gebracht werden. Und die deutsche Regierung tst sicher lebhaft an einer Negelunu Interessiert, die nicht nur ihre Verpflichtungen genau bezeichnen, sondern sie auch von der lästigen Kontrolle des Dawesplanes befreien würde. Neuyork» 19. Oktober. „New Port Limes" veröffentlicht an hervorragender Stelle ein Telegramm aus London, ln dem behauptet wird, datz zwischen dem Generalagenten für die Reparationszahlung. Parker Gilbert» Premierminister Bald min »nd Schatzkanzler Churchill eine Verständigung über die Bildung einer neuen Daweskommissio» zustandegckommen sei, deren Ausgabe cs fei» soll, die Rcparationsfumme endgültig festzulegen. Gleich zeitig verössentlicht das Blatt eine Meldung aus Paris, in der es als wahrscheinlich bezeichnet wird, datz selbst ohne die Mit wirkung Amerikas die deutschen Jahreszahlungen auf zwei Milliarden Mark herabgesetzt werden könnten. Falls jedoch Amerika einen ausreichenden Betrag an deutschen Obligationen unterbringen könnte, werde man auf eine entsprechende Erleichterung rechnen können. Gilbert» Leiter -es Kaufes Morgan? Basel, 19. Oktober. Der Berliner Korrespondent der Baseler Nachrichten will aus „ausgezeichneter Quelle" erfahren haben, das; dem Reparationsagcnten Parker Gilbert die Lei tung des Hauses Morgan übertragen worden sei, und das; Gilbert noch vor dem Antritt dieser Stellung gern in Europa geordnete Verhältnisse schassen möchte. Hiermit hingen in ge wisser Beziehung auch die Besprechungen zusammen, die Gilbert gegenwärtig zur Lösung der Reparationsfrage im Aus lande führe. Erkener bei Coolidge Washington, 20. Oktober. Dr. Eckener ist gestern früh bei strahlendem Sonnenschein hier eingetroffen und wurde von einer großen Polizeieskorte aus Motorrädern zum Hotel geleitet. Er folgte dann mit den Offizieren des „Graf Zeppelin" der Einladung Coolidges zum Frühstück im Weißen Haus. Von amerikanischer Seite nahmen außer einigen Regierungsvertretern der Marinesekretär Wil- bur, Innensekretür West und Unterstaatssekretär Clark teil. Das Frühstück dauerte etwa dreiviertel Stunden. Nach dem Frühstück im Weißen Hause begab sich Dr. Eckener in die Privatwohnung des Präsidentschaftskandidaten Hoover und von dort aus in das Marineministerium. Außerdem stattete er dem Staatssekretär Davis und dem Handelsministerium einen Besuch ab. Bei einem Empfang der Pressevertreter teilte Dr. Ecke- n er mit. daß er hoffe, die an dem „Graf Zeppelin" notwendigen Reparaturen bis Dienstag zu beenden und Mittwoch in aller Frühe zu seinem Rundslug über West- und Rittelamfrlka aus» zusteigen. Hierbei wird er wahrscheinlich mit Henry Ford und einigen anderen Gästen an Bord Chikago überfliegen. In der Nacht zum Donnerstag wird das Luftschiff in der Halle von East St. Louis bleiben und Donnerstag abend wieder in Lake- hurst sein. Nach Beendigung der letzten Vorbereitungen be absichtigt Dr. Eckener. am Sonnabend die Rückfahrt nach Europa anzutreten. Heute fährt Dr. Eckener nach Akron (Ohioj zu Besprechungen mit den Goodyear-Werkcn und Montag mit seinem Sohn Knud und den Navigationsoffizier Schiller nach Chikago. Die Opfer -es Pariser Einsturz-Unglücks Bisher 12 Tote. Paris, 20. Oktober. An der Einsturzstelle in Vincennes wurden bis gestern abend insgesamt elf Leichen gesunden. Einer der Verletzten ist im Krankenhaus gestorben. Damit er höht sich die Zahl der Toten auf zwölf. Aus den Trümmern wurde ein weiterer Schwerverwundeter geborgen und ins Krankenhaus geschasst, wo bereits vier Verwundete sind. Sieben oder acht Arbeiter sollen noch unter den Trümmern liegen. Begleitmusik In Berlin finden Verhandlungen zwischen den Par teiführern über die Umbildung der Regierung in Preußen und im Reich statt. Diese Besprechungen sind vertraulich, die Presse ist auf Vermutungen angewiesen. Umso freieren Spielraum hat die Phantasie, und so er- schallt denn non links und rechts aus dem Blätterwalde gar liebliche Begleitmusik, die das Berhandinngswerk be einflussen oder stören soll. Die meisten dieser Darbietun gen sind dem Zentrum gewidmet, das wieder einmal im Mittelpunkt des Interesses steht. Zunächst hat die deutschnatianaie und liberale Presse wieder einmal die Entdeckung gemacht, das; das Zentrum in einer Krise steht. Diese Behauptung kehrt ja von Zeit zu Zeit so sicher wie der Mondwechsel wieder. Man könnte ja fragen, ob nicht die Sozialdemokraten wegen des Panzerkreuzers, die Kommunisten um Thälmanns wil. len und die Deutschnationalen bei dem Streit um die Nachfolge Westarps in Krisen geraten sind, von denen weit eher zu reden wäre. Aber just weil die Deutsch- nationalen eben dabei sind, den Parteivorsitzenden zu wechseln, machen sie die Entdeckung, dah auch der Partei- Vorsitzende des Zentrums, Reichskanzler o. T. Dr. Morx. Rücktrittsabsichten hat. Und die „Rassische Zeitung" weih das dahin zu ergänzen, daß Marx, zum Rücktritt gezwun gen sei, weil er sich kür Zurückhaltung gegenüber. dem Kabinett Müller-Stresemann eingesetzt habe. Man muk sich, wenn man solche Weisheilen liest, wirklich fragen: Sind diese Leute tatsächlich so dumm oder wollen sie nur die >»,rnrn machon? Wir glauben eher das letztere. Die Deutschnationalcn^ sf,,f. merkrsamkeit ablenken von ihren eigene,, Nisten und' die Liberalen, die leider nur zu gut wissen. ^ ^ ^ Zentrumsanhängerschaft weite Kreise giln nichr ^ katholische, sondern die liberale Presse hai'wn. Haffen ffir eine enge Bindung des Zentrums an das Kabinett Mül ler Stimmung zu machen. Da werden sich die Herren frei lich täuschen. Denn tatsächlich kann von vs ^ Krise im Zentrum keine Rede sein. Die Schmerzen sn- denen sich die anderen Parteien gegenwärtig winden 'bc^ das Zentrum längst überwunden. Ter Entschluß d * Reichskanzlers a. D. Marx, das Amt de- Vorb^'-oen in die Hände des nächsten Parteitages zu,-stch,.uegen. ist schon vor der letzten Reichstagswahl gefgsi, worden als Dr. Marz: einen schweren gesundheitlicher Zusammen bruch erlitt. Die Frage der Regierungsumbildung exi stierte damals überhaupt noch nicht Der Entschluß,, den Dr. Marx gefaßt hat. ist nur ein Zeugnis für sein Hobes politisches Verantwortungsgefühl, das es ihm unmöglich macht, ein Amt weiter,zuführen, dem seine geschwächte Gesundheit nicht mehr gewachsen ist. Sc haben schau andere Zentrumsführer vor Marx gehandelt Der Partei tag im Dezember wird über die Nachfolge zu entscheiden haben; wir vermuten, daß dort die Namen Icos und Stegerwald im Vordergründe der Erörterung steken werden. Jedenfalls ist uns wegen dieser Nachfolge gar nicht bange; der Rat und die Mitarbeit van Dr Marx wird seinem Nachfolger die wertvollste Hilfe sein. Den eigentlichen Zweck dieser Krisenmeldungen er kennt man, wenn man das erbitterte Beschimpf hört, das dem in Preußen „drohenden" Konkordat gewidmet wird. Auch diese Artikel sind Begleitmusik zur Regie rungsbildung. denn die Konkordatsfrage dürste in diesen Verhandlungen eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen. Am wütendsten gebärdet sich in Sachsen die sozialdemo kratische Presse, aber wir glauben zu wissen, daß von sozialistischer Seite in Preußen am wenigsten Schwierig, keiten zu erwarten sind. Eher schon von den Demokraten, die sich hinter ihren Finanzminister Höpker-Aschoss stecken und von den riesigen Kosten säbeln, die das Konkordat angeblich verursachen wird. Am vorsichtigsten wird man gegenüber der Deutschen Volkspartei sein müssen, deren Sport es bekanntlich ist, die kulturpolitischen Wünsche des Zentrums zu durchkreuzen. Aber diese Partei hat die Hilfe des Zentrums nötig, um in Preußen in die Regie rung zu kommen. Diese Partei wünscht ferner im Reiche eine feste Koalition, um nicht allein mit Demokraten und Keule r Die Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen Filmrundschau Turnen. Sport und Spiel