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Anton Bruckners 6. SinfonieA-Dur wurde in den Jahren 1879—1881 komponiert. Das Werk erlebte seine vollständige Uraufführung erst nach dem Tode des Komponisten in einem Philharmonischen Konzert in Wien am 26. Fe bruar 1899 unter der Leitung Gustav Mahlers, nachdem schon 1883 die beiden Mittelsätze des Werkes von den Wiener Philharmonikern unter Wilhelm Jahn erstmalig zum Klingen gebracht worden waren. Die Sinfonie, ein Lobgesang auf die Schönheit der Erde, wird gern, entsprechend Beethovens „Sechste", Bruckners „Pastorale" ge nannt. An der Spitze der Exposition des ersten Satzes (Maestoso) steht das aus dem Quintfall macht voll und männlich ausschwingende Hauptthema der Celli und Bässe, das aus dämmerndem Zwie licht des Anfangs herauswächst und im vollen Or chesterglanz „einer der strahlendsten Sonnen aufgänge der Musik" wird. Freundliche Gedan ken spricht nach elegischem Beginn auch das sangliche 2. Thema aus. Eine einsame Flöte lei tet dazu über. Charakteristisch sind besonders die spielerische Quintoie und der volksliedhafte Ausklang. Ein drittes rhythmisches Thema, von fast allen Instrumenten unisono kräftig vorge tragen, besitzt eine abschließende Haltung. Die Durchführung und Reprise werden hauptsäch lich vom Kernthema bestimmt. Das verhältnismäßig kurze, sehr feierliche F- Dur-Adagio weist eine durchführungslose Sona tenform mit wiederum drei Themengruppen auf. Es kündet von überschwenglichem Glück (zweites Thema in den Violinen), aber auch von schmerz lichem Verzicht, Liebesleid (erstes Thema in den ersten Violinen mit elegischen Klagerufen der Oboe; drittes Thema, das ernst, dunkel, im lang samen Marschschritt einer Trauerprozession er klingt, Celli und Bässe zupfen eine eintönige Begleitung). Die 3 Themen werden nacheinan der sehr stimmungsvoll verarbeitet. Der Scherzosatz ist einer der schönsten, den Bruckner geschrieben hat. Er ist kein derber, bäurischer Tanz, sondern die feingliedrige Dar stellung eines phantastischen, gespenstischen Spuks, einer impressionistischen Nachtstimmung. Das Ganze besitzt infolge ständiger Durchset zung mit Trioien etwas „geisterhaft Huschen des". Uber dem Klopfen der tiefen Streicher und einem Motiv der zweiten Violinen und Bratschen bildet sich im dritten Takt — in Holzbläsern und Violinen — das Thema des Hauptteiles. Idylli sches Gepräge besitzt das zarte Trio. Eine plastische, thematische Sprache und ein einfacher, klarer, nichtsdestoweniger imponie render Aufbau kennzeichnet das kraftvolle, sieg hafte Finale. Dem sich breit in den Violinen ent faltenden Hauptthema über dem Pizzicato der tiefen Steicher und leisem Tremolo der Brat schen folgt das zweite, strahlend aufgipfelnde Thema (zuerst in den Hörnern) und schließlich das sangliche dritte Thema in den Streichern. Choralhaftes erinnert an den religiösen Unter grund des Brucknerschen Schaffens. In wechseln den farbigen und klangprächtigen Bildern zieht der Satz vorüber und krönt mit seinem lebens freudigen, hellen Ausklang die Sinfonie, indem neben dem strahlenden zweiten Finalthema das Hauptthema des ersten Satzes in den Posaunen glanzvoll aufleuchtet. Die heutige Interpretation der „Sechsten“ von Bruckner mag daran erinnern, daß schon 1935/36 Paul van Kempen mit den Dresdner Philharmo nikern sämtliche Sinfonien des Meisters zum er sten Male in der Urfassung in Dresden musi ziert. Seitdem bilden Bruckner-Sinfonien stets einen wesentlichen Bestandteil der Programme der Dresdner Philharmonie, die mit Fug und Recht ein Bruckner-Orchester genannt worden ist. Dr. habil. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 3. Januar 1981, 20.00 Uhr (Anrecht A 1) Sonntag, den 4. Januar 1981, 20.00 Uhr (Anrecht A 2) Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig 5. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Herbert Kegel Solisten: Herbert Schneider, Dresden, Viola Karl-Heinz Schröter, Berlin, Violoncello Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Matthias Geissler Werke von Strawinsky, Strauss und Beethoven Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Spielzeit 1980 81 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna 111-25-12 ItG 80-80 EVP -.25 M 4. PHILHARMONISCHES KONZERT 1980/81