Volltext Seite (XML)
Sonnabend —- Nr. 99. — 8. Julins 1843. tcipna. DK Zkitunq ersch, in, täglich Abends. Zu beziehen durch alle Postämter deS In- und Auslandes. Deutsche Allgemeine Zeitung. sWU «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uebervlick. Deutschland. ileipsig. Der Journalismus. Kaiern. Die Theue- rung. Äurhessen. Erklärung der Regierung in Betreff des Abgeord neten Wippermann. Vertagung des Landtags. — Ein wackerer Edel- ' mann. * Aus Holstein. Der Kampf der dortigen Parteien. Der Syndicus Klentze. — Verbot der Stroh- und Schindeldächer im Herzogthum Gotha. * Frankfurt a. M. Militairbefbrderungen. Einführung von Scharfschützen beim 8. Armeecorps. Der Getreide mangel. Rothschild. Erzherzog Stcvhan. "Frankfurt a. M. Die Theuerung. Zurückweisung ungerechter Beschuldigungen gegen das Haus Rothschild. Preußen. Verhandlungen des rheinischen Landtags über die Gemeinde ordnung. Verlängerung des Landtags. 'Aus Preussen. Eine Schrift des vr. Rupp über den Symbolzwang. Spanien. Beide Theile nähern sich zum Kampfe. Großbritannien. Oberhaus: Aberdeen und Brougham. Unterhaus: die irische Waffenbill. Concessionen für Irland. — Eine Promotion mit Protest. Frankreich. Deputirtenkammcr: die griechische Anleihe.— Bericht über die Anklage gegen Emile de Girardin. ' Paris. Die französische Po litik in Betreff Spaniens. Belgien. Der GrafBriey. Französisches Journalistenwesen in Belgien. Schweiz. 'Kern. Die Lagsatzungsinstructionen. Die Schützenfeste und Gesangvereine. Der Kommunismus. , Italien. -fRom. Gesundheitszustand des Papstes. 'Palermo. Der Duca di Majo. Eine amerikanische Corvette. Der König wird erwartet. Schweden und Norwegen. 'Christiani«. Die Witterung. Oeh lenschläger. Ole Bull. Mordgeschichte». Serbien, -f Kelgrab. Die Fürstenwahl. Die Flüchtlinge. Ostindien und China. Unerhebliche Nachrichten aus Ostindien und China. Bereinigte Staaten von Nordamerika. Die Regungen in Be treff Irlands. Die Stadt Lalahassee ist abgebrannt. 'Koston. Web sters Plan und seine Folgen für Amerika, England und Deutschland. Amerikas Reichthum und Aussichten. Brasilien, 'Kio Janeiro. Die Vermählung der Donna Francisca. Ge setzentwurf über Einbürgerung von Fremden. Handel und Industrie. 'Die Oberschlcsische Eisenbahn.— Magde burger Bahnfrequenz.— Berlin. Ankündigungen. Deutschland. *s Äipsig, 7. Jul. Was Ihr Correspondcnt „aus Mitteldeutsch land" (Nr. 96) über das Verhältniß der Literatur im Allgemeinen, besonders aber der polirischen Literatur zum Volksbcwußtscin oder zur allgemeinen, wenn auch nicht öffentlichen Meinung beibrachte, dürfte an ziemlicher Einseitigkeit leiden. Zum Beweis erlaube ich mir nur auf drei Punkte hinzuweiscn. Der eine ist von einem andern Corrc- spondenten früher schon (Nr. 61) hcrvorgchobcn worden. Ihn deutet der Gegensatz an zwischen wirklicher und öffentlicher Meinung. Er be ruht auf der Schweigsamkeit eines bedeutenden Theils politisch wirk samer, ja wirksamster Männer. Nicht selten ist etwas eine sehr verbreitete Meinung, und doch sprach noch Niemand es aus. Dies ist auch sehr leicht erklärbar. Nicht bloß anderweitige Beschäftigung und Trägheit liegen einem solchen Stillschweigen zum Grunde, die Beschränkungen, welche äußere Verhältnisse der öffentlichen Mittheilung sehen, und wol noch mehr die Rücksichten, welche durch Vorurtheile, Lebcnsbeziehun- gcn rc. geboten sind, stehen manchmal der Aeußcrung innerer Uebcr- zcugungen entgegen. Dies führt zugleich auf den zweiten Punkt, näm lich die vorzugsweise in neuerer Zeit ausgestellte Lehre, daß öffentliche Blätter nicht „unparteiisch" sein, d. h. keine Darlegung entgegcnste- hcnder Ansichten gestatten, sondern sich unbedingt einer einzelnen Rich tung anschließen und wo nicht Alles für diese thun, doch nichts gegen sie zulassen dürften. Eine entschiedenere Stabilitätstheorie als diese Grundsätze angeblich Liberaler kann es nicht geben. Wie sehr diese Richtung der Parteiorgane die wirkliche Meinung zur öffentlichen zu werden verhindert, tritt gleich ins Licht, wenn man bedenkt, daß es geistreichen Männern von umfassenderm Blicke durchaus widerwär tig sein muß, ihre gerechte Anerkennung und Würdigung auch des Gegners dem blinden: OstraciSmus solcher Blätter preiszugeben und statt durch Gegengründe widerlegt, an ihrer Veröffentlichung verhin dert zu werden. Der dritte und ärgste Grund, weshalb die Literatur und namentlich die politische Journalistik kein Ausdruck der allgemei nen Meinung ist, liegt aber weder im freiwilligen noch im erzwun genen Stillschweigen einzelner Schatlirungcn, auch nicht in dem viel leicht überstürzenden und aufdringlichen Reden anderer, sondern darin, daß die Handwcrksthätigkeit, deren die Journalistik so wenig wie ir gend ein anderes Geschäft entbehren kann, überreizt wird und wuchert. Handwcrksthätigkeit nenne ich dasjenige Treiben, was ohne eigne Theil- nahme, ohne inneres Interesse für die Ereignisse aus dem Correspon- diren darüber ein Gewerbe macht. Die Mannichfaltigkcit und Zer- thcilthcit der politischen Kreise und ihrer Organe hat diesem Gewerbe besonders in Deutschland zu großer Blüte verhalfen. Ein solcher hand werksmäßiger Mitarbeiter an einem Dutzend der verschiedenartigsten Blätter wird aber schon durch diese Stellung, noch mehr durch die Indiskretion und Rücksichtlosigkeit, zu der sie verleitet, nothwcndig von bedeutendem Beziehungen ausgeschlossen und isolirt. Auf diese Weise führt sein Gewerbe von selbst zum Mangel an Stoff und zu dem Versuch, ihn durch Erdichtungen zu ergänzen. Dies ist ein Hauptgrund, weshalb die Journalistik kein Ausdruck der allgemeinen, ja kaum ein Ausdruck der öffentlichen Meinung ist. Es gibt Fabrikanten, die den Großhandlungen der Literatur regelmäßig eine bestimmte Quantität an Waaren zu liefern haben und sich aus Mangel an Kcnntniß der That- sachcn auf die Anfertigung von Gerüchten verlegen, Absichten unterschie ben, Zwecke zuschreibcn, die weder in der Wirklichkeit noch in der Mei nung irgendwo vorhanden sind, ja in ihrem eignen Kopfe nicht existi- rcn, sondern nur bestimmt sind -- verkauft 'zu werden! — Dem Nürnberger Korrespondenten wird von München, I.Jul., geschrieben: „Den fast ausschlicßcndcn Gegenstand aller Unterhaltung bildet die Sorge vor einem Mi srathcn aller Früchte in Folge des noch immer anhaltenden Reqenwctters, und in der That sind die au ßerordentlich hohen Preise für alle Lebensmittel nicht geeignet, dieselbe zu mindern. Daß diese Preise aber mehr dem Wucher als wirklich drohendem oder schon vorhandenem Mangel beizumcsscn seien, darüber herrscht ebenfalls nur Eine Stimme. Unsere Localblätter beginnen dagegen kräftig M eifern, und gestern erschien im Tageblatte sogar eine wol halbofficiclle Anzeige, in welcher «zur nothwcndigen Vorbeugung von Wucherei» Getreidekäufern bekannt gegeben wird, «cs sei im hie sigen Getrcidehaus ein so großer Vorrath vorhanden, daß man sich eines dergleichen seit Jahren nicht zu erinnern wisse». Möchten nur dergleichen öffentliche Mahnungen wirksamer sein, als cs den heutigen Schranne- und sonstigen Marktpreisen nach der Fall zu sein scheint! Inzwischen hat der Himmel selbst und besser geholfen, als alle mensch lichen Veranstaltungen vermocht hätten." Kassel, 2. Jul. In der gestrigen Nachmittagssitzung der Stände verlas der Landtagscommiffar cin Schreiben der Slaatsre- aierung, als Antwort auf das Auskunftsersuchen der Stände über die Gründe der Ausschließung des Abg. Wippermann von den Geschäften der General-Brandversichcrungscommission, des Inhalts, „daß der Wahl desselben zum Mitgliedc der General-Brandversichcrungscommis- sion die dem Landeßhcrrn auf den Grund des geltenden Staatsrcchts und der bestehenden Staalspraxis zukommcndc Bestätigung deshalb versagt worden sei, weil derselbe während seines langjährigen öffentli chen Berufs regelmäßig Ansichten und Gesinnungen ausgesprochen und befolgt habe, welche die Wirksamkeit der Regierung zu erschweren suchten und ihren begründeten Befugnissen und wohlmeinenden Absich ten und Willenserklärungen zum Theil aufs äußerste entgcgcntraten, daher nur erwartet werden könne, daß derselbe als Mitglied der ge nannten öffentlichen Behörde mehr hindernd als nützlich sein werde." (Abg. Wippermann bat ums Wort.) Der Landtagscommiffar theilte weiter den Beschluß des Finanzministeriums mit, wodurch eröffnet wird, „daß der sowol bei den Renten und Passivzinscn, wie bei dcmFinanz- gcsetze ständischerseitS gemachte Vorbehalt, daß den erhobenen Ansprü chen in Betreff der Domanialicn der ehemals Rotcnburger Quart überab nichts vergeben werden soll, als nicht vorhanden angesehen werde." Sodann verlas derselbe ein höchstes Rescript vom 30. Jun., wonach die Stände unter Versicherung landesfürstlichcr Huld und Gnade bis zum I. Oct. d. I. vertagt werden, und erklärte hierauf kraft höchster Vollmacht die Versammlung für entlassen, worauf die Mitglieder alsbald den Saal verließen. (Kass. Ztg.) — Der in Schönberg restdirende Graf von Grbach-Schönberg ließ, der Noth wegen, sein Getreide blos an dürftige Familien viertel- malterwcise versteigern und setzte das Malter von 13 und 14 Fl. zu ihren Gunsten auf S Fl. herab. Das war adelig! (Rh.-u-M.Z.)