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Ottendorfer Zeitung s -xk Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei ins kjaus. )u -er Äcschäftssrellc abacholl viertel jährlich 1 Mk. Linzeluc Nunnner 10 Hfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag. S N umt Anzeigeökatt Anzei-enprets: Für die «einfältige ^»rpu,-Heile »Ker deren Raum w pfg. — Im ReNemeinl für di« «einfältige Petit-Heile rs Pf. Anzeigenannahme bi» zr Uhr mittnA. veilagegebühr nach vereinbarUNH. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Vandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß-Okrilla. Nummer 2Y Mittwoch, den tt März W3 Verantwortlich für die Redaktion H. Rühle in Groß-Okrilla. f2. Jahrgang Oertliches nud Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, u. März 19,3. — Wenn die kleinen Jungen in kurzen Höschen, mit roten Backen und lustigem Lachen zu den Füßen der Ellern spielen, dann kann man aus den Vater- und Mutter augen unschwer tausend Wünsche heraus lesen, die sich mit dem zukünftigen Glücke der Kleinen beschäftigen. Schön und glän zend stehen die he ßen Elternhoffnungen am Kinderhimmel. Da kommen die Jahre und graben ihnen langsam, aber sicher das Grab. Darin versinken die schillernden Träume von Glanz und Ehre, und es bleibt in den meisten Fällen nur wenig, nur ganz wenig übrig — es ist alles so ganz anders gekommen! Die jungen Eltern werden sich stets für die Zukunft ihrer Kinder mit den kühnsten Entwürfen beschäftigen, die kein Hindernis kennen; die Alten aber geben zu, daß sie nicht imstande gewesen sind, ihre Pläne zu verwirklichen. Sie sehen es ein -- und sie wünschen, dies eher eingeiehen zu haben — die Elternliebe allein genügt nicht, um dem Kinde die Bahn zu ebnen, der werdende Knabe muß mitwerben und streben, er mnß seine Schwingen rühren, Und diese müssen die nölige Kraft haben, um den meilenweiten Flug nach den gol denen Früchten der Zukunft auszuhallen Wo die Schwungkraft fehlt, da bleibt es bei einem mühseligen Umflattern, und der Flieger sinkt zuletzt ermattet in die Ver hältnisse zurück, aus denen er hcrvorge- gangen ist — oder noch tiefer! Dann raunen sich die Leute die Bemerkung zu: „Das kommt davon! Tie Eltern wollien mit den Jungen zu hoch hinaus!" Zu hoch hinaus! Tas Streben nach einem geachteten Namen, nach Ehre und Wohl stand ist an sich natürlich. Streckt doch der Baum seine Beste auch nach jener Richtung aus, aus welcher ihm das meiste Licht ent gegenstrahlt und die größte Wärme ent- gegenguillt. Wehe aber, wenn dieses Stre- ben den Hochmut zur Wurzel hat! Dann wird es blind, schreitet über die gesunde Vernunft hinweg, verfolgt rücksichisloS seinen Weg und zertritt unbarmherzig die Wünsche der Mitmenschen. Wehe, wenn dieser Hochmut die Elternwünsche durch dringt! Dann hört man ihn auf der Gasse ruhmredig prahlen: Mein Junge soll ein Herr werden — mein Junge soll es besser haben als sein Vater, — mag's kosten, was es wolle, mein Junge muß studieren! Studieren I Das ist das Zauberwort, wel ches den Eltern ost die unsinnigsten Bilder vorgaukelt. Da steht der Vater seinen Jungen schon als Professor, die Mutter als Generalsuperintendenten und die Tanten wohl gar als Minister. Und in der frü hesten Jugend wird in dem Kleinen schon eine heiße, verzehrende Flamme angefacht und ernährt, d^e heißt Ehrgeiz. Aber die Bahn des Studiums ist gar zu steil, in der rauhen Wirklichkeit zerstiebt der künstlich genährte Ehrgeiz, und von dem zukünftigen Professor oder Minister bleibt meist weiter nichts übrig als ein armer Junge. Ein armer Junge! Das ist die richtige Be zeichnung für die vielen Tausende von Knaben, denen die Natur nur einen schwachen Kopf als Mitgift gegeben hat, die aber von dem Hochmut der Ellern mit Gewalt auf den hindemisreichen Weg des L tudiums getrieben werden, Ein armer Junge! J«den Tag türmen sich Bücher und Hefte vor ihm auf» die durchaus nicht in den Kopf wollen Kaum sind einige Vokabeln gezwungen worden im Gedächtnis Platz zu nehmen, so har sich dafür eine doppelte Anzahl aus und davon gemacht. Die mathematischen Aufgabe haben sich allesamt verschworen, dem armen Jungen nicht das Geringste von ihrem Geheimnis zu offenbaren. Und nun gar die Umsätze! Die Feder 'perri sich schon beim ersten Satze wie ein wieder- spenstiges Pferd und will nicht einen Schrill weiter, wenn der Jung^ auch noch so liebe voll den Federhalter zerkaut Er kann sich onstrengen, daß er schwitzt; nirgends siehl er einen Erfolg. Die Lehrer schelten, die Mitschüler sticheln, das Zeugnis starrt ihn höhnisch an, die Bänke halten den Aerm- sten mit Eisenklammern fest. Glückselig der Jun e, dem die Naiur zum dicken Kopfe eine dicke Haut geschenkt hat! Der Furcht same und Zartbesaitete aber lebt in steter Angst. Hilflos sieht er sich nach allen Seiten um, kein Retter ist zu sehen. Da quält er sich mit Seufzen weiter, der arme Junge. Die Eltern wollen es einmal — und er muß studieren! — Eine russische Delikatesse. Die großen Samenkerne in den Zapfen der sibirischen Zirbelkiefer (Linus Lembra sibirica) haben einen feinen auromatischen Geschmack und werden in Rußland als Delikatesse genossen. Die Zirbel! efer läßt sich, wie wir dem praktischen Ratgeber im Obst- und Garten bau in Frankfurt a. O. entnehmen, auch in Deutschland anbauen. Es ist ein schöner Baum, der 19—20 Meter hoch wird, mit ansehnlichen Zapfen. Die Kerne schmecken ähnlich wie Haselnüsse — Eine Verordnung des Ministeriums über Ziegenzucht. Das Königliche Mini sterium des Innern hat zu den Grundsätzen für die Förderung der Ziegenzucht durch dre Direktorien der Landwirtschaftlichen Kreisvereine eine neue Veror dnung erlassen, in der u a ausgeführt wird: Es ist vor- gekommen, daß Ziegenbesitzer selbständig ohne Mitwirkung der zuständigen Land wirtschaftlichen Kreisvereine Ziegen aus Zuchtländertt bestellt haben und erst Nach der Einstellung der Ziegen mit dem Er suchen um Vermittelung der StaatsbeihiUe an den Kreisverein herangetreten sind. Auch haben Personen Ziegen gekauft und um Beihilfe nachgesucht, die sich vorher mit Ziegen-Zucht und -Haltung nicht befaßt haben. Die be ogenen Ziegen haben nicht immer nach Körperform und Leistung be friedigt. Es wird deshalb angeürbnel, daß Beihilfen zur Förderung der Ziegenzucht nur dann gewährt werden, wenn' darum vor dem Ankauf oder der Bestellung der Ziegen nachgesucht worden ist. Ferner wird die Bewilligung von Bei- Hilfen zum Ankäufe von Zuchtziegen noch an die Bedingung geknüpit, daß der Vor sitzende der Ziegenzuchtgenossenschaft die mit den Ziegen erzielten Zuchtergebmsse alljährlich in eine Liste nach dem vorge- schr ebenen Muster einlrägt. Diese L sie ist d.m Beamten oes Landwirtschaftlichen Kreisvereins auf Verlangen vorzu egen. Die Namen Ler Mitglieder, für die Bei Hilfen erbeten w.rden, sind dem Ministe rium bei Einreichung des Gesuches mitzu teilen usw. — Die geschlossenen Zeiten vor Ostern beginnen in diesem Jahre für Sachsen mit diesen Donnerstag, den 13. März (Don nerstag nach Judita). Sie dauern bis zu und mit dem ersten Osterfeiertage. In dieser Zeit ist die Veranstaltung aller öffent licher oder geschlossener Tanzvergnügen auch in Privathäusern oder in Räumen ge schlossener Gesellschaften unterlagt. An den drei letzten Tagen der Karwoche sind auch Konzertmusiken und andere, nament lich die mit Munkbegleitung verbundenen geräuschvollen Vergnügungen an öffent lichen Orten, sowie die Aufführung von Theaterstücken verboten, und zur Ausfüh rung von Theaterstücke^ in der Zeit 00m Palmsonnrage Ins zum M'itwo tu der Karwoche sollen nach der sächsischen Mini- sterialverordnung vom 14. Februar 1911 nur ernste Stücke gewählt werden. Da gegen ist die Veranstaltung geistlicher Mu- iken und Oratorien auch an diesen Tagen n der Karwoche zugelassen. Verboten ist Werner am Karfreitage und am ersten Oster- 'eierlage die Veranstaltung öffentlicher Ver sammlungen aller Art, doch werden an öffentlichen Veranstaltungen an diesen Tagen zugelassen Vorträge und Reden rein wissen schaftlichen Inhalts und Rezitationen so wie Deklamationen ernsten Inhalts, bei denen ein höheres Interesse der Kunst oder der Wissenschaft obwaltet. Endlich dürfen m der Karwoche auch keine Trauungen vorgenommert werden. Dresden. Erne empfindliche Siöruna >m Straßenbahnverkehr der Linien 19 und 21 entstand am Sonnabend in der 9. Abendstunde. Auf der Schandauer Straße ist gegenwärtig an der Ecke der Bergmannstraße das Pflaster eine arößere Strecke aufgerissen, weil dort die Standglerse der Linie 23 verlegt werden, während einer der aufgestellten Warnungs- poüen seinen Platz verlassen hatte, fuhr eine Automobilvroschke in die Baustelle hinein und iuhr sich fest. Die alarmierte Feuerwehr ver mochte erst nach längeren Anstrengungen das Hindernis zu beseitigen Am Sonntag abend mar die Baustelle durch Scheinwerfer erleuchtet. — Der unbekai.nle männliche Leichnam, xr, wie berichtet, am Sonnabend im Großen Ostragehege aus der Elbe gezogen wurde, wurde als der des 40 Jahre alten, seit Januar vermißten Bauarbeiters Ernst Friedrich Bierig -US Bonnewitz, die einige Tage vorher gleich falls im Großen Ostragehege gelandete Leiche als die eines Schneiders Fleger aus Groß, röhredorr ermittelt. — Ein ra'finierler Einbruch wurde ver gangene Woche in Leubnitz Neuostra bei dem K usmai n El. ausgeiüyrt. Nach Eindrücken einer Fensrericheide stieg ein bisher unbekannt gebt,ebener Dieb in den Laden, schlich sich in ie Schiatkammer, in der der Kaufmann mit se ner F au und einer dreijährigen Tochter ichliesen, und stahl unter dem Bette weg eine eirerne Geldkassette, sowie aus einer Hosen- ra'che em Porlemonnai mit Inhalt Ui 0 einen Bund Schlüssel. In der Kassette befanden sich 800 Mk. Bargeld und fünr Sparkassen bücher. Die Kassette mit den Sparkassenbüchern wurde vekichlossen am Morgen nach dem Ein- bruch im Hofroume des Grundstückes .vorge- mnvm, — AuS Eifersucht schoß in der Nacht zum Moniag gegen 2 Uhr am Elbuser unterhalb dr- Finanzministeriums ein etwa 25 jähriger Sch eideraehilie O. nach einem vorangegange- nen Streite lewer Geliebten eine Kugel in aen Kop». Tie Bei wunde e wurde nach An legung von Noiverbänden nach dem Kranken- häuse gebracht. Der flüchtige Revolverichütze konnte bald ermittelt und sestgenommen werden. Bischofswerda. Freitag voriger Woch- nachtö wurden hier in zwei Kontoren die Geld i tränke erbrochen, wobei den Dieben übe» 1400 Mk. in die Hände gefallen sind. De> Verdacht war aus 4 Männer gefallen, die mit dem Nachtzug aus Dresden hier angekowmen waren. Durch einen glücklichen Zufall ist die Vei Haltung dieser Einbrecher Donnerstag abend herbeigesührt worden. Einem hiesigen Kaufmann fielen am Dresdner Hauptbahnhof verdächtige Gestalten auf, die eine Fahrkarte nach Elstra gelöst hatten. Er behielt sie bis zur Ankunft in Bischofswerda im. Auge und erstattete hier sofort Anzeige. Bei der Ver haftung im Elstraer Lokalzuge durch die hiesige Kriminalpolizei leisteten die Verbrecher erheb lichen Widerstand und trotz der Hilse des Bahn personals und der Reisenden des Zuges, ge lang SS, nur zwei ü' sicheren Gewahrsam z" ringen, während dir anderen Komplizen Üner Z - I,? nvo Handtasche fand man modernes Emvrecher- weikzeug und geladene Revolver. Offenbar beabsichtigten die Burschen einen Einbruch in Elstra. Die Verhafteten sind zwei schwer vor bestrafte Fleischergesellen, Otto Hünlich, ge bürtig aus Schmölln, und Albert Adam aus Ostpreußen. Meißen. Das Befinden des Tongruben- 'teigerö Henke, der im Saugrunde bei Kaschka iberfallen und beraubt wurde, hat sich, wie wir erfahren, soweit gebessert, daß der Ver- etzte sich schon wieder zeitweise außer Bett auszuhalten vermag. Seine völlige Genesung dürste daher wohl mit ziemlicher Sicherheit bald z» erwarten sein. Dippoldiswalde. Die städtischen Kollegien haben einem Gutachten ihres tech nischen Beraters, des Ingenieurs Direktor Fischinger in Dresden, beschlossen, wegen An- chluß an eine der benachbarten elektrischen leberlandzentralen mit diesen in Verhand- ungen zu treten. Die vorhandene Gleichstrom- zentrale soll danach stillgelegt und das Gleich- siromleitungsnetz für Mehrphasen-Wechselstrom umgebaut werden. — Vor hundert Jahren! Welche Erin nerungen stürmen bei diesem Gedenkwort auf jeden Deutschen ein! Die Welt in Waffen — Deutschlands tiefste Erniedri gung — Napoleons Zug nach Rußland — der Brand Moskaus — der Rückzug der Gioßen Armee über die Eisfelder Ruß lands — der Uebergana über die Beresina — und alle die weiteren furchtbaren Etappen des größten Todeszuges, den je die Welt- geschichte sah, — bis zur Erhebung Deutsch, lands im März 1813, die da- von einem Erdbeben erschütterte Europa wieder auf baute! Dieses beispiellose Panorama gran dioser Ereignisse lebt in packender Realistik vor uns auf bei der Lektüre des historischen Romans „18l2" von Ludwig Rellstab. Ein Roman, so reich an spannenden Er lebnissen und gewaltigen historischen Situ- ationen, wie die deutsche Literatur deren wenige aufweist! Das tragische Schicksal eines jungen Deutschen verknüpft sich mit dem des französischen Welteroberers, den auf den Eisfeldern Rußlands die Nemesis ereilt und von seinem nichts achtenden Siegeswagen für immer herabschleudert. Seit dieser Roman, dessen mächtige Schil- derungskraft und ungewöhnliche Volkstüm lichkeit erst jetzt von der deutschen Kritik voll gewürdigt wird, in seiner neuen illu strierten Ausgabe (Leipzig, F. A. Brockhaus, geb. 5 Mk.) vorliegt, also seit drei Jahren, hat er 21 neue Auflagen erlebt; soeben erschien die 27 Auflage! Wenn jemals, so ist in diesem Gedenkjahr der machtvollen Erhebung Deuschlands Rellstabs ,1812^ das aktuellste aller Bücher, und diese, durch Reproduktionen berühmter zeitgenössischer Kunstwerke trefflich illustrierte Ausgabe in wirkungsvollem Einband wendet sich nicht nur an das literarische, sondern auch an das nationale Interesse aller deutschen Leser. Mit seinem Reichtum bunt wechselnder Bilder und seiner kunstvollen Steigerung spannender Erlebnisse kann Rellstabs „1812" als ein Vorbild des Volksromans überhaupt bezeichnet und jedem Leser, auch der reiferen Jugend, nicht dringend genug empfohlen werden. „Doiken"-weisen gleich. 5sifrnf!o»-n emisÄrwek