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autzenerD Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, deI Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemcinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga« der Handels- und Gewerbekammer zn Zittau. Erscheinungsweise: Täglich ab«d« mit Ausnahme der Soun- und Feierlage. «christleitung und Geschäftsstelle» Bautz«. Innere Laumstraß« 4. Ferusprecher: Nr. Sl. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat: Bei Abbolunq in der Geschäftsstelle —.90 .41 bei freier ZutteNnn' bis Onus 1.— .6 Anzeigenpreis: Die llgrspalten« Petitzeile oder deren Raum IS Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgespaltcne Petitzeile 50 Pfennige. Nr. 23«. Dienstag, den II. Oktober 1910, abends. 129. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. * Die Jubiläumsfestlichkeiten der Berliner Universität haben am Montag mit einem Gottesdienste im Dom und einem Fackelzuge der Studenten begonnen. Heute findet der erste Festakt statt, bei dem der Kaiser eine Rede halten wird. Der österreichisch-ungarische Minister des Neußer«» Graf Aehrenthal stattete in Wien Montag mittag dem deutschen Staatssekretär o. Kiderlen-Wächter in seinem Hotel einen längeren Besuch ab. * Nach dem „Siecle" soll der Ausschuh des E i s e n b a h n e r- syndikats fest entschlossen sein, am Tage des Wiederzusam mentritts der Kammer, also am 25. Oktober, in den Aus stand zu treten. Die Bediensteten der Nord bahn streiken bereits. * In Portugal nehmen die antiklerikalen Kundgebungen immer größeren Unifang an. Am Sonntag wurde ein allge meines Freudenfest gefeiert. König Manuel will in Eng land Wohnsitz nehmen. Neuerlich soll eine Drusenabteilung von Abdel Hamed Bei bei Kafr angegriffen worden sein. Der Kampf soll längere Leit angedauert haben. 2000 Tote und zahlreiche Verletzte bedecken angeblich das Schlachtfeld. Der Prinzregent von China hat den Staatsrat zum Be richt ausgefordert, ob der Erlaß der Verfassung schon im Jahre 1914 möglich sein werde. * Die allgemeine Einigung in der deutschen Werst industrie ist nun in letzter Stunde doch nicht zustande gekommen. * Das Luftschiff „? VI" ist gestern nachmittag 145 Uhr aus der Fahrt nach Berlin auf dem Exerzierplatz in Plauen i. V. glatt gelandet. * Die Zahl der bei den Waldbränden in Nordamerika umgekommenen Personen wird auf 400 geschätzt. Der Schaden soll 100MillionenDollars betragen. * W e t t e r a u s s i ch t für Mittwoch: Heiter, warm, nachts kalt (Nachtfrost), trocken. ' AuSsühlllchtS steh« an anderer Stell«. Die Lage i« Portugal. Der Name des künftigen Präsidenten von Brasi lien, Maschall Hermes d a F o n s e ca, ist vielfach in der Presse mit der Staatsumwälzung in Lissabon, bezw. mit den neuen republikanischen Machthabern in Verbindung ge bracht worden. Der brasilianische Marschall befand sich be kanntlich bei Ausbruch der Revolution gerade bei einem Festmahle, das ihm zu Ehren von König Manuel gegeben worden war. Infolge jener tendenziösen Ausstreuungen erklärt jetzt die brasilianische Regierung in einem Telegramm an ihre Berliner Gesandtschaft, daß die Nachricht jeder Begründung entbehre, nach welcher der Marschall da Fonseca am 5. d. M. mit dem Präsidenten der provisorischen Regierung in Portugal eine Automobilfahrt unternommen hätte. Nicht minder unwahr sei es auch, das, der Marschall diesen Herrn im Namen Brasiliens beglück wünscht haben solle. Tatsache wäre, daß Se. Exzellenz am 4. d. M. früh den auherhalb der Stadt gelegenen Palacio de Belem verlassen und sich direkt mittels einer Barkasse des Schlachtschiffes „SaoPaulo" an Bord begeben habe. Am 8. ließ ihm dann die provisorische Regierung die Liste des neuen Ministeriums zustellen, für die der Marschall als einfacher Privatmann und mit dem Hinzufügen dankte, daß es Sache des Gesandten in Lissabon und der brasili anischen Regierung sei, von den Vorkommnissen Kenntnis zu nehmen. Am 6. statteten dann der Präsident der pro visorischen Regierung und der Minister des Innern dem Marschall einen privaten Besuch ab, bei dem sie auch als Privatleute an Bord empfangen wurden. Noch am gleichen Tage ging dann der Dreadnought nach Rio de Janeiro in See. Vorläufig hat die brasilianische Gesandtschaft den Be fehl, nur und ausschließlich zum Schutze der brasilianischen Interessen in Beziehungen zur provisorischen Regierung zu treten. Das Amtsblatt der neuen portugiesischen Regierung veröffentlicht den auf den alten portugiesischen Gesetzen be ruhenden Erlaß über die A u s t r e i b u n g der Mitglieder der „Gesellschaft Jesus" und aller Mitglieder der religiösen Kongregationen fremder Nationalität. Die portugiesischen Mitglieder der Orden, die aus diesen aus treten, werden zu ihren Familien zurücktehren; die übrigen werden Portugal verlassen. Die Feststellung, welcher Na tionalität jeder Einzelne angehört, liegt in den Händen des Ministers selbst. In Lissabon herrschte am Sonntag abend an ver schiedenen Punkten der Stadt eine gewisse Erregung über die durch den Widerstand der Klöster hervor gerufenen Zwischenfälle. In den Hauptstraßen der Stadt, auf denen Kavallerieabteilungen patrouillierten, war die Erregung besonders lebhaft. Vom Kloster Quelhas hörte man Lärm und Gesang. Hier und da fielen Gewehrschüsse. Matrosen und Zivilgardisten, die in der Nähe der Mer cedeskapelle von Schüssen empfangen wurden, drangen in die Kapelle ein, suchten aber vergebens nach den Mönchen, von denen man, wie bereits gemeldet, glaubt, daß sie durch einen unterirdischen Gang entkommen sind. Die Stadt war am Sonntag mit Fahnen geschmückt. Die Straßen waren von einer dicht gedrängten Menschenmenge erfüllt, die sich nach dem Stadthause bewegte, wo die Leichen des Ad mirals Reis und des Or. Bombarda aufgebahrt waren. Die Minister, die ebenfalls im Stadthause erschie nen, wurden lebhaft begrüßt. Die Polizei hat Vorkehrungen getroffen, um das Volk am Eindringen in die bedeutendsten Klöster und Kirchen zu hindern. Der Trupp, dem es infolge der geringen Polizeimacht gelang, in das Kloster Quelhas einzudringen, bestand aus einigen Fanatikern, welche die Möbel und die bescheidenen Eipsstatuen zertrümmerte», ferner aus Neu gierigen und einigen beutegierigen Leuten. Als Sonntag nacht Schüsse aus dem Viertel der Santos-Kirche ertönten, hieß es, sie seien von Ordensleuten abgegeben worden, die sich in der Kirche verborgen hätten. Man mußte die be waffnete Macht herbeirufen, um die Kirche und die be nachbarte französische Gesandtschaft zu schützen. In Stadt und Umgebung dauern die Verhaftungen verkleideter Or densleute, die sich auf der Flucht befinden, fort. Ein englischer Kreuzer und der amerika nische Kreuzer „DeisMoines" sind in Lissabon einge troffen. Aus Gibraltar, 10. Oktober, meldet uns Wolff- Bureau : Der italienische Kreuzer „R egina Elen a" ist hier eingetroffen und wird die Königin Maria Pia und den Herzog von Oporto an Bord nehmen, um sie nach Italien zu bringen. König Manuel und Königin Amelia haben sich entschlossen, nach Eng land zu gehen. Ueber die Vermögensverhältnisse bezw. die Schuldenlast des Königshauses werden folgende An gaben in den Zeitungen gemacht: Das Königshaus schul det dem Lande an Vorschüssen, die ihm entgegen den Bestimmungen der Verfassung vom 23. November 1859 von gefälligen Ministern bewilligt worden sind, die Summe von 27 557 000 Francs. Von dieser Summe entfallen 9 100 000 Francs in die Regierungszeit des Königs Luis, des Groß vaters des jetzigen Souveräns, der am 19. Oktober 1889 starb. Der Rest von 18 475 000 Francs stellt die Verpflich tungen dar, die von König Carlos, Dom Manuels Vater, der am 1. Februar 1908 von Mörderhand fiel, eingegangen wurden. König Carlos scheint kaum daran gedacht zu haben, seine Schulden und die seines Vorgängers zu tilgen, denn noch drei Monate vor seinem Tode wußte er den Dik tator Franco zu bewegen, ihm eine Summe von einer Million Francs als Vorschuß zu gewähren. Als „Herrscher von Portugal und Algarbien, Herr von Guinea, von Aethi- opien Arabien, Persien und Indien" bezog der König die ungeheure Zivilliste von 18 250 000 Francs, das heißt 50 000 Francs pro Tag. Der Versuch, die Schulden der Zi villiste dadurch zu tilgen, daß 10 Prozent der Summe zur Amortisation verwendet würden, ist an dem Wider stand der zur Regelung der Angelegenheit eingesetzten Kom mission, sowie verschiedener Ministerien gescheitert. Zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse der neugebackenen Republik ist folgende Lissaboner Draht meldung von großer Bedeutung: Der portugiesische Groß industrielle und Warenhausbesitzer Francesko Er an bei la stellte der neuen Republik seinen gesamten Besitzim Werte von 30 Millionen Francs zur Verfügung als Sicherheit für eine vielleicht notwendige Anleihe.— Ein großherziges Anerbieten, das auch für die ausländi schen Gläubiger Portugals von Interesse ist. Was nun Deutschlands Stellung zur portugiesi schen Republik anbelangt, so erhielt der deutsche Gesandte in Lissabon, Freiherr v. Bodmann, der augenblicklich auf Urlaub in Deutschland weilt, vom Auswärtigen Amt Order, sich möglichst schnellaufseinenPosten zu begeben. Der Gesandte ist beauftragt, niit der Regie rung in Lissabon zur Wahrung der deutschen Interessen und zur Erledigung der laufenden Geschäfte halbamtlich in Verbindung zu treten. Als eine Anerkennung der neuen Republik ist dieser Akt nicht zu betrachten. Die andern Regierungen haben ihren diplomatischen Regierungen in Lissabon gleiche Instruktionen erteilt. * * * Wir reihen hieran die Nachrichten des Tages: Lissabon, 10. Oktober. Die neue Regierung hat das Geheimarchiv der früheren Regierung unter Siegel gelegt. In dem Bureau des früheren Mi nisterpräsidenten wurde der von dem König Manuel be reits unterzeichnete Staatsakt gefunden, wonach am 10. Oktober dasParlament gewaltsam geschlossen, die Verfassung aufgehoben und das Land bis zur Wieder herstellung der Ruhe unter die Herrschaft einer Militär diktatur des Generals Pedro Costa gestellt werden sollte. Das Dokument soll zur Rechtfertigung des Vor gehens der Republikaner veröffentlicht werden. Der I u st i z m i n i st e r erklärte in einer Unter redung, die Jesuiten würden alle als Vaterlandsver räter betrachtet und für immer aus Portugal ausgewiesen werden. Auch die anderen Kongregationen werden ge zwungen werden, sich aufzulösen. Die Güter der Jesuiten werden beschlagnahmt und von den Gütern der anderen Orden wird eine Inventur ausgenommen werden. Ferner werde eine Untersuchung über die Herkunft der Güter ein geleitet. Cadix, 10. Oktober. Hier sind an Bord eines Dampfers vier portugiesische Mönche eingetroffen, denen die spanische Legation in Lissabon zur Flucht ver-- holfen hat. Sie erklärten, in Lissabon seien 31 Mönche er mordet worden. * * * Letzte Meldungen. Lissabon, 11. Oktober. (Wolff-Bureau.) Ganz Portu gal hat am 9. Oktober (Sonntag) in begeisterten Demon strationen die Gründung der Republik gefeiert. Es herrscht vollkommene Ruhe. Der Handelsverkehr wickelt sich in normalen Grenzen ab. Akan hat beschlossen, ein D e n k m a l für die Opfer der Revolution zu errichten. Lissabon, 11. Oktober. Die Regierung beabsichtigt, sämtliche unterirdischen Gänge in Lissabon zu blockieren und die Jesuiten auf diese Weise gefangen zu nehmen. Der Diktator Franco soll in einem Automo bil nach Spanien entkommen sein, um seiner Verhaftung zu entgehen. Badajoz, 11. Oktober. Noch immer treffen Ordens brüder und -Schwestern zu Schiff aus Portugal hier ein. Heute sind 30 Personen angekommen. Unter ihnen befand sich auch der Unter st aatssekretär der Ma rine im früheren portugiesischen Kabinett. Paris, 11. Oktober. Ueber London kommt die Mel dung nach Paris, ein englisches Kriegsschiff habe über Lissabon am Sonntag abend eine große Rauch wolke wahrgenommen. Man glaubt, daß entweder Klöster und Kirchen in Brand gesetzt wurden oder daß neue Straßenkämpfe stattgefunden und bei einem Bombarde ment Häuser in Brand geraten sind. (Vielleicht waren es nur die Rauchwolken der Freudenfeuer, Illumination rc. dieses Tages.) London, 11. Oktober. Wie das Reuterbureau aus Lissabon meldet, hat König Manuel vor dem Verlassen eines Landes dem Ministerpräsidenten einen ngenhändigen Brief geschickt, in dem er erklärt, daß er ich nichts vorzuwerfen habe. Er habe immer seine Pflicht zetan und würde stets Portugiese bleiben. Von ganzem yerzen hoffe er, sein Land werde ihm Gerechtigkeit wider- ahren lassen. Seine Abreise stelle keineswegs einen Akt der Abdankung dar. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Zum Tode des Abg. Dürr. Das „Leipziger Tageblatt" berichtet zu dem traurigen Ende dieses verdienten Parla mentariers noch folgendes: In unterrichteten Kreisen war es schon längere Zeit bekannt, daß der allseitig geachtete Mann seit Jahren an hochgradiger Nervosität litt. Die aufreibende Tätigkeit in geschäftlicher und po litischer Beziehung war an ihm nicht spurlos vorüber- gegangen, um so weniger, als er sich trotz der Bitten seiner Angehörigen nicht die so dringend nötige Erholung und Schonung in ausreichendem Maße gönnte. In der letzten Zeit hat sich dieser bedauerliche Zustand nervöser Ueber- reizung derartig verschlimmert, daß Dürr am Sonntag morgen in seiner Villa in Gaschwitz seinem Leben selbst ein Ende bereitete. Dürr hat nur ein Alter von knapp 43 Jahren erreicht. Er entstammt einer hochangesehenen Leipziger Vuchhändlerfamilie und wurde am 20. November 1867 in Leipzig geboren. Seit dem am 12. Januar 1905 erfolgten Tode seines Vaters Otto Dürr war er alleiniger Inhaber der Dürrschen Buchhandlung in Leipzig, die in ihren Anfängen bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zuriickreicht. Fortschrittliche Bolkspartei in Sachsen. Der Vorstand des Landesverbandes der fortschrittlichen Volkspartei im Königreich Sachsen tagte am Sonntag im Palmengarten zu Dresden unter Vorsitz des Reichtags- und Landtags abgeordneten Günther (Plauen i. V.). Es wurde be schlossen, eine Korrespondenz der Fortschrittlichen Volks-