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Dienstag. Rr. N5. 3. December 1872. Weißerrh-Zeitung. Amts-Msatt Mr die Kerichts-Aemter und StadträMe zu Dippoldiswalde ««d Iraumstein. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchenllich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Monats - Bericht. In frischer Erinnerung sind noch die Jubelfesttage des 9.—11 November, welche eine nicht gewöhnliche, über die Grenzen unseres SachsenlandeS hinausgehende politische Be deutung durch die Theilnahme des Kaiserhauses und fast sämmtlicher deutscher Fürsten enthielten und so einen augen fälligen Beweis des guten freundschaftlichen Einvernehmens der deutschen Fürsten lieferten. Aber auch die Liebe des Volkes zu dem angestammten Herrscherhause fand einen be redten Ausdruck in den zahllosen Deputationen, Adressen und Geschenken, welche dem Königl. Jubelpaare zu Theil wurden. Die parlamentarischen Versammlungen, welche in verschiedenen deutschen Staaten während des Monats No vember tagten, beschäftigten sich durchgängig mit inneren, das allgemeine Interesse weniger iu Anspruch nehmenden Fragen. In Preußen stand in dem Vordergründe des parlamenta rischen Lebens der abermals vorgelegte Entwurf der Kreis ordnung, sowie die Ernennung einer Anzahl neuer Mitglieder des Herrenhauses zu dem Zwecke, jenen Gesetzentwurf als weitere gesetzgeberische Schritte der Regierung zu unterstützen. In Sachsen berieth die erste Kammer den Entwurf des Volksschulgesetzes, und ist nach den gefaßten Beschlüssen die Aussicht auf eine Vereinbarung mit der zweiten Kammer nicht bedeutend. Die letztere berieth die Steuerfrage, ohne zu einem bestimmten Resultate zu gelangen. Die Nationalversammlung von Frankreich hat sich ebenfalls meist mit inneren Fragen beschäftigt. Von allge meinem Interesse war nur die Botschaft des Präsidenten ThierS, welche zu einer Niedersetzung einer Commission und Berathung der dringendsten VerfassungSsragen, namentlich der Wahl eines Vicepräsidenten, Erneuerung der National versammlung rc. Anlaß gegeben hat. ES ist in den letzten Tagen hierüber zu lebhaften Verhandlungen in der Versamm lung gekommen, jedoch Herr ThierS wiederum als Sieger aus der parlamentarischen Schlacht hervorgegangen. In deutschem Interesse kann dies nur erwünscht sein, da Thiers zeither unleugbar bemüht gewesen ist, den Verpflichtungen gegen Deutschland nachzukommen. Noch besser würde es freilich sein, wenn die Nationalversammlung sich endlich über eine Verfassungs- und Regierungssorm schlüssig machte, damit der jetzige Schwebezustand sein Ende erreichte. In Spanien haben wieder einmal verschiedene revo lutionäre Bewegungen gespukt, ohne daß eS zu einem ent scheidenden Schlage gekommen wäre. Besser gestalten sich die Verhältnisse in Italien. Die dortige Regierung ist seit einiger Zeit in diplomatische Verwickelungen mit der griechischen Regierung gekommen. Ursache dazu ist folgender Vorfall gewesen. Eine Gesellschaft von Italienern und Franzosen hatte alte Bergwerke im Lauriongebirge in Griechenland ge ¬ kauft und mit Erfolg betrieben. (S. Nr. 85 d. Bl.) Später war in Griechenland ein Gesetz und zwar mit rückwirkender Kraft erlassen worden, welches die Metalle für StaatSeigenthum er klärt. .Da hierdurch die ausländischen Bergbaugesellschaften aus deren Besitz gesetzt werden, haben dieselben bei ihren Regierungen Beschwerde geführt, und dies ist der Anlaß zu einem Notenwechsel zwischen der griechischen und italienischen und französischen Regierung geworden. Es läßt sich erwarten, daß diese, wesentlich finanzielle Interessen berührende Differenz im friedlichen Wege, nach Befinden durch ein Schiedsgericht, gelöst werden wird. —r. Tagesgeschichte^ Dippoldiswalde. Die Bemühungen unsere« Schieß- hauswirtheS Hrn. Hofmann, den Stabstrompeter und Trom- petinen-Virtuos Wagner aus Dresden mit seinem Chor zu einem Concert im hiesigen Schießhaussaale zu vermögen, sind von Erfolg gewesen. Das Concert wird bereits nächsten Freitag, 6. Decbr., stattfinden, und machen wir darauf die hiesigen wie auswärtigen Musikfreunde besonders auf merksam. Das Programm ist im Jnseratentheile enthalten. Dresden. Im Landtage beschäftigte sich die 1. Kammer mit dem Gesetzentwürfe über die Neugestaltung der Verwaltungsbehörden. Staatsminister v. Nostitz- Wallwitz vertheidigte die Vorlage der Regierung nicht energisch genug, um großen Eindruck aus die Gegner zu machen. In der 1. Sitzung kam es zu lebhaften Erörterungen zwischen Bürgermeister Koch, der für die Vorlage sprach, und v. Erd- mannSdorf, der gegen dieselbe war; ersterer hatte der Kammer zugerufen: sie möge sich so viel stemmen, wie sie wolle — sie werde die Weltgeschichte doch nicht aufhalten. Nach dem Schlüsse der Berathungen (am 29. Novbr.) ward die End abstimmung über das ganze Gesetz, wie eS sich nach den ge faßten Beschiüssen gestaltete, noch ausgesetzt. — In Ostritz (Oberlausitz) ist am letzten Dienstag das mit Hülfe einiger Liebesgaben, namentlich von Seiten der Gustav-Adolph-Vereine, erbaute evangelische Bek und Schulhaus eingeweiht, der erste evangelische Geist liche ordinirt und somit eine evangelische Kirchengemeinde begründet worden. Berlin. Mit großer Spannung sieht alle Welt der Entscheidung der HaupttageSfrage entgegen, die zur Zeit noch nicht zuni Abschluß gelangte. Man spricht bereits von einer Ministerkrisis. Die Liste der liberalen Mitglieder, welche in das Herrenhaus berufen werden sollen, ist ausgestellt, doch soll eine Beschlußfassung an allerhöchster Stelle noch nicht erfolgt sein, da beim Könige diejenigen Einflüsse sich geltend gemacht haben sollen, welche vorgeben, daß auch ohne