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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Liebentch» imd die Umgezcude». Umtsöl-rtt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 8. Freitag den 26. Januar 1872. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 25. Januar 1872. Wir erlauben uns alle Freunde des hiesigen Fraucnvcreins auf das in heutiger Nummer befindliche Inserat desselben, eine Verloofung betreffend, noch ganz besonders hinzuweisen; möge der mit dieser Verloosung verbundene edle Zweck bei allen Wils druffern recht warme Begeisterung für die Sache Hervorrufen. — Am Sonntag Vormittag wurde in Alttanneberg der Gartenauszügler Menfch gerichtlich aufgehoben; derselbe hatte seinem Leben wegen Kränklichkeit und Lebensüberdruß durchErhängen ein Ende gemacht. — In Helbigsdorf wurde vorigen Sonnabend in den Morgenstunden ein Seitengebäude des Hahn'schen Gutes ein Raub der Flammen; Entstehungsursache unbekannt. — Gestern (Mittwoch) Mittags in der zwölften Stunde wurde die Botenfrau Wachsmuth aus Helbigsdorf auf der Chaussee von Grumbach nach Kesselsdorf unmittelbar vor dem Schulzeschen Gute in Grumbach vom Schlage getroffen und getödtet. Das Königliche Ministerium des Innern hat die Ver legung des Dresdner Fastenmarktes vom Montage nach Jnvocavit auf den Montag nach Lätare genehmigt. Hiernach wird der erste Markt, welcher den Namen „Ostermarkt" führen soll, nicht in der zeit- herigeu Weise, sondern vielmehr in diesem Jahre den 11. März abgchaltcn werden. In Dresden hat sich in den letzten Tagen eine Acticngesellschaft mit 500,000 Thlr. Capital gebildet, welche das Etablissement von Daniel Beck in Döbeln als „Sächsische Lcder-Jndustrie-Gescllschast" sortführcn wird. Freiberg. Der „F. A." berichtet: Am 19. Januar, dem Jahrestage der Schlacht bei St. Quentin, ging von Sr. Majestät dem König Johann dem hiesigen Jägerbataillon, welches an dieser Schlacht so ruhmreichen Antheil gehabt, folgendes Telegramm zu: „Dem I. Jäger-Bataillon entbiete Ich Meinen Gruß zu seinem heutigen Ehrentage, dem Jahrestage von St. Quentin. Johann." Die „C. Z." berichtet: Auf Grund der während der social- demokratischen Landesversammlung gesammelten Erfahrungeu hat die Negierung die Auslosung sämmtlicher in Sachsen bestehender Internationaler Gewerks - Genossenschaften (Chemnitz, Mittweida, Criwmitzschau, Limbach, Rottluff, Altendorf, Ober- und Nieder- Nabenstein re.) verfügt. Aus Leipzig vom 20. Januar wird berichtet: Der sächsische Gemeindetag sprach sich bei Berathung des Gesetzentwurfes über Gemeindereform einstimmig dagegen aus, die Erlangung des Bürger rechtes von einem Census abhängig zu machen. Bedingung für dasselbe solle ein zweijähriger Aufenthalt in der Gemeinde, die pünktliche Entrichtung der Staats- und Gemefftdeabgaben, sowie ein Alter von 25 Ihren sein. Im weiteren Verlaufe der Sitzung be schäftigte sich der Gcmeindetag mit dem Gesetzentwürfe, betreffend die Reorganisation der Verwaltungsbehörden. Der Gemeindetag erklärte, in demselben einen Fortschritt auf der Bahn der Selbst verwaltung zu erblicken, sprach sich gegen das Institut der Friedens richter und für die Einführung größerer Bezirks-Hauptmannschaftcn aus und erklärte sich mit geringer Majorität für die Uebertragung der Polizei-Strafgerichtsbarkeit von den Gemeindebehörden auf die Gerichte. In Leisnig hat am Abend des 15. Januar der 7jährige Sohn eines dortigen Handarbeiters eine Kaffeebohne verschluckt, welche sich in der Luftröhre so eingeklemmt hatte, daß sie trotz schleunig angewandter ärztlicher Hilfe nicht entfernt werden konnte und den Erstickungstod des Knaben in der nächsten Nacht zur Folge halte. In Großenhain ist jetzt ein sehr zeitgemäßes, wichtiges In stitut, ein Schiedsgericht, in's Leben gerufen worden, das alle die Arbcitsverhältnisse betreffenden Streitfragen zwischen den Fabrik besitzern in Großenhain und Naundorf und den in den Fabriken derselben beschäftigten Arbeitern schiedsgerichtlich entscheiden und durch versöhnliche Mittel seinen Einstuß anwcnden soll, um alle ent stehenden Streitigkeiten beizulegen. Das Schiedsgericht besteht nach seinem, 21 Paragraphen enthaltenden Statut aus fünf Arbeitgebern und fünf Arbeitnehmern und je 2 Ersatzmännern, welche im Be hinderungsfalle der eigentlichen Schiedsrichter ciuzutreten haben, und alternirt der Vorsitz in den Sitzungen zwischen einem Fabrikbesitzer und einem Arbeiter. Berlin, 23. Januar. Der „N. Z." schreibt man von hier: Den seit gestern umlaufenden Gerüchten, wonach vr. Falk Chancen nicht mehr habe, wird mit Mißtrauen zu begegnen sein. Unsere Nachrichten, welche wir best unterrichteten Abgeordneten ver danken, gehen dahin, daß vr. Falk nach wie vor der einzige Candi- dat des Ministeriums ist und daß namentlich Bismarck uuverrückt an ihm fest hält. Agitirt wird gegen die Ernennung des Justizraths zum Cultusmiuister allerdings in jedweder Form und in einem Um fange der übergroß genannt werden muß. Es kommt unsern Muckern uud deren guten Freunden vor, als würde ganz Preußen und Deutsch land untergehen, wenn Falk Minister würde. Man hat richtige Wit terung dafür, daß, wenn Bismarck seinen Willen durchsetzt, allerdings nicht ein bloßer Personen-, sondern ein gründlicher Systemwechsel vor sich geht. Daher das Sturmlaufcn gegen Falk, das zum Lachell reizen könnte, wenn die Sache, welche in Rede steht, nicht gar zu ernst wäre. Bian sieht wieder, wie viel Gegner die Bismarck'sche Politik in hohen Kreisen haz, die von sich rühmen, sie seien ebenso einflußreich wie der Bundeskanzler und die hinter ihm stehenden Mi nister. Es wiederholt sich bei der Candidatur Falks dasselbe Scbau- spiel, welches wir schon einmal mit ansahen vor Ausbruch des Krie ges gegen Oesterreich. Parteiwünsche bekämpften das Staatsintcresse dessen Fürsprecher Herr von Bismarck war. Jetzt wird, gerade so wie damals, verkannt, was die Partei begehren darf uud was dem Staate frommt. Falk gilt für den zweiten Lutz, und der Widersacher der Jesuiten ist auch jedesmal der Widersacher der herrschsüchtigen Orthodoxie. Also fort mit Falk um jeden Preis! Wir au unserem Theile geben uns der Hoffnung hin, schließlich werde Bismarck seinen Willen doch durchsetzen. Die Nichlerneuuung Falks würde eine Nie derlage des Ministerpräsidenten sein. Der Widerstreit ist äußerst lehrreich; wir glauben, die Abgeordneten werden ihn bei Feststellung des CullusetatS zu vcrwerlhcn wissen. Berlin, 23. Januar. Durch eine vom 22. Januar datirte Cabinetsordre an das Slaatsmiuisterium ist der Geheime Obcrjustiz- ralh Falk zum Minister der geistlichen, der Unterrichts- und Medicinal- augclegenheitcu ernannt worden. Fürst Bismarck hat bereits beiden Landtagshäusern eine Abschrift der betreffenden Cabinetsordre zu- gehen lassen. — Der deutsche Ncichsanzcigcr veröffentlicht folgenden kaiserlichen Erlaß: Zur Eriuuerung an die am 18. Januar I87l erfolgte An nahme der Kaiserwürde sind Mir aus vielen Orten innerhalb und außerhalb des Reiches von Seiten deutscher Patrioten telegraphische und schriftliche Glückwünsche zugegangen. Ich habe diese wohlthuen- den Beweise von Liebe und Anhänglichkeit mit freudigem Herzen entgegen genommen uud fühle Mich gedruugeu, für dieselben"allen Bctheiiigten Meinen freundlichsten Dank zu erkennen zu geben. Ich veranlasse Sie, dies alsbald zur öffentlichen Kenntnis; zu bringen. Berlin, den 20. Januar 1870. Wilhelm. An den Reichskanzler. — In Betreff der Dotationen der Generale rc. meldet die „A. Mil.-Ztg.": „An die früher mitgetheilte Vermuthung, daß vielleicht der 18. Januar, möglicherweise aber auch erst der Geburtstag des Kaisers dazu auSerwählt werden dürfte, das kaiserliche Gnadenge schenk zur Vertheilung zu bringen, kann sich heute die ziemliche Ge wißheit reihen, daß allerdings wohl erst der 22. März der betreffende Tag sein wird. Wie verlautet, hat nämlich der Kaiser, wie steis jo auch hier vom strengsten Gerechtigkeitsgefühle geleitet, beschlossen, die ganze Angelegenheit noch vor das Forum einer Kommission von Gc-