Volltext Seite (XML)
Geschäftsstelle und Reduktion, Dresden «A. 16, Holbeinstrahe 46 Nr. 8« LT. Jahrg. Donnerstag den 13. April 1916 In Dresden und Haus 2.52 gnn. Deutsch, m Oesterreich Brzug-Pret», AsSaade X mit tklustr. Beilage viertcljShrltch 2.1« In Dresden und gnn, Deutsch- !and frei 4.4» li. 1.8« In ganz Deutschland frei Hau« 2.22 «n Oesterreich 4.«7 X. kinzel-Nummer I« ^ Die KSchfische Volks,eitung erscheint an allen Wochentagen nachmittags. «»«gab» « vtertelfSbrlich Dresden und ganz Deuts Sächsische Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 Anzeigen! Annalime don BeschiistSan,eigen bis I«Uhr von Familienanzcigen'diS I I Uhr vorm. PretS für die Pelit-Spallzeile 2« ^ im Rekla- meleil «« Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern sprecher ausgrgebcne Anzeigen können wir dte Verantwortlichkeit sür die Richtigkeit deS Teile« nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: I I—12 Uhr vorm. Organ der Ientrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Deutschland an Amerika Ein Feldgottesdienst des Kardinals von Hartmann Der „K. V." wird aus dem Felde am 9. April ge- »hriebeu: Die. Schatten der Nacht umfingen die Erde noch, als eie. ersten unserer Krieger sich schon ans den Weg machten. Am heutigen Sonntag sollte ja wahr werden, was man seit einigen Tagen sich im Korpsbereich erzählt hatte: Kar dinal v. Hartmann, der Erzbischof, von Köln, wird seinen Rheinländern und den Westfalen einen Feldgottesdienst halten. Tie ständig wechselnde Witterung ließ cs geraten erscheinen, von einer Feier im Freien abznsehen. Eine genügend geräumige Kirche wurde bald gefunden, und so zogen denn heute früh zu Fuß und mit der Bahn Abord nungen aller Regimenter des . . Korps nach dem kleinen T e m p l e. n v e bei Lille, wo ans !> Uhr der Feldgottes dienst angesetzt war. Dem stillen Beobachter war es ein herrliches Bild, dieser Aufmarsch zum Kirchgang. Da und dort lösen sich ticine Gruppen aus dem dämmerigen und nebeligen Mor gen, immer größer, immer länger werden die Kolonnen, um endlich wie ein einziger großer Wallfahrerzng der Kirche znznstreben. Infanteristen und Artillerie, Kavallerie und Pioniere, Train und alles was wir sonst noch haben, alles nur einem Ziele zu. Alle-. Altersklassen des wehr fähigen Deutschlands sind vertreten: junge bartlose Ge fickter, den ersten Flaum auf der Lippe, mit lebhaft drein- hlickenden Angen - Deutschlands stolze Jugend, gesetzte Laudwehrmänner, ernst und gelassen — Familienväter meistens, die schon seit Monaten Heim und Familie ver lassen und hier draußen kämpfen. Heute aber ist Erwar tung und Freude ans ihrer aller Züge, ausgeprägt. Tie Kirche ist rasch besetzt. Im Mittelschiff, in den Seitengängen, auf der Orgelempore, im Chor, kurzum, wo noch ein Plätzchen, da stehen oder sitzeu Feldgraue. Im Chor vor allem dir -Offiziere und die Feldgeistlichen, an ihrer Spitze der Kommandierende General v. Fr., bei dem Kardinal v. Hartmann Sonnabendabend zu Gaste ge laden war. Kurz nach 9 Uhr kommt Se. Eminenz im Kölner Kapellenanto Nr. 3 vor der Kirche angefahren. Am Portal von Generalvikar Tr. Leinz und Prälat Dr. Middendorf eiuvfangen, hält der deutsche Kardinal seinen Einzug in das französische Gotteshaus. Das Herz schlug uns höher vor innerer Freude, als wir hier draußen, fern der Hei mat, den Kirchenfürsten, dessen langwallende purpurne Schleppe von einem Feldgrauen getragen wird, so nnter »ns sahen. Ter liebe Gott vergelte es ihm tausendfach, daß er, die Last und die Mühen nicht scheuend, zu uns heransgekommen ist. Es beginnt die hl. Messe. Von der nahen Front tönt das dumpfe Grollen der schweren Geschütze. Bei uns aber wird es überbraust durch die mächtige Gewalt des Gesanges aus Tausenden von Soldatenkehlen. Hier liegt vor deiner Majestät eröffnet die Reihe. Und dann folgen sie, die herr lichen Lieder, die wir im Frieden so oft gesungen daheim im trauten Kirchlein: O Haupt voll Blut und Wunden, Jesus, dir leb' ich, Maria zu lieben, und wie sie alle heißen, die gemütvollen Gesänge, wuchtig begleitet von einer Mili tärkapelle. Ja, was das Soldatenherz hier draußen be wegt. was Gottesliebe und Heimatsehnen ihm eingeben, in den Liedern kam's zum Ausdruck, bet Offizieren und Mannschaften. Das war ein Stück deutscher Heimat auf französischem Boden — und diese Empfindung packte uns alle. Nicht weit von mir entfernt stand eine Gruppe junger Leutnants, die mit einer Begeisterung sangen, daß mir das Herz vor Freude zitterte. Trüben aber von der Wand grüßte ein Wandbild der Jungfrau von Orleans — ihren Willen vollstreckcn wir jetzt! Als die hl. Messe beendet ist, besteigt der Kardinal, die Mitra aus dem Haupte, den Bischofsstab in der Linken, die Kanzel, um zu seinen „lieben Freunden" zu sprechen. Und wie er dann die Grüße und den Dank der Heimat über mittelte, wie er es aussprach, daß er heute im Kreise der rheinischen Söhne und derjenigen der roten Erde sich freue wie ein Vater, der wieder zu seinen Kindern komme, wie er dankte für den tapferen und opfermutigen Schutz der deutschen Heimat, wie er bat, all die Landsleute, die heute hier nicht anwesend sein konnten, aufs herzlichste zu grüßen vom Oberhirten der rheinischen Erzdiözese — da ließen die Herzen sich nicht länger meistern. Leuchtenden Blickes, un verwandt schauten die Tausende hinauf zu dem bischöflichen Redner. In den Augen aber glänzten die Tränen, auf die hochgeröteten Wangen perlten sie herab. Hcimatklänge, Heimatgrüße, ausgesprochen vom Oberhirtcn der rhei- ^ Das Neueste vom Tage Dkl «W SkllW MMU (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 13. April 1916: Westlicher Kriegsschauplatz Im allgemeinen konnte sich bei den meist ungünstigen Bcobachtungsverhältnissen des gestrigen Tages keine be deutendere Gefechtstätigkeit entwickeln. Jedoch blieben beiderseits der Maas, in der Woevre-Ebene und ans der Cote südöstlich von Verdun die Artillerien lebhaft tätig. Südöstlich von Albert nahm eine deutsche Patrouille im englischen Graben 17 Mann gefangen. Ein französischer Gasangriff in Gegend von Pnisa- leine (nordöstlich von Compiegne) blieb ergebnislos. Oestlicher Kriegsschauplatz Südlich des Narocz-Sees verstärkte sich das russische Artilleriefeuer gestern nachmittag merklich. Oestlich von Baranowitschi wurden Vorstöße feind licher Abteilungen von unseren Vorposten zurückgewiesen. Balkan-Kriegsschauplatz Keine wesentlichen Ereignisse. Oberste Heeresleitung. Z» der deutschen Antwort auf die Anfragen der Vereinigten Staate» wegen der Versenkung von fünf Schiffen schreibt Kapitän z. S. L. Persins im „Berliner Tageblatt": Keine Darstellung sei geeigneter, die außerordentlich schwierige Lage, in der sich jetzt oft unsere Unterseeboot-Komman danten befinden, wirkungsvoller zu skizzieren, als der in der deutschen Note besprochene „Sussex"-Fall. Leicht sei es, nur grünen Tische mit gerunzelter Stirn über ungerecht- fertigste Torpedierung zu urteilen, weit schwerer über haupt, ein Schiff zu torpedieren, und nur eine völlig ein wandfreie Torpedierung auszuführen, dazu gehöre nahezu ein Uebermensch. Die „Vossische Zeitnn g" äußert, die Note sei klar, rückhaltlos und bei aller Entschiedenheit in der Wahrnehmung der deutschen Interessen, entgegenkommend. Sie habe die Aufklärung gegeben, die sie geben konnte und zugleich die Hand geboten zu jeder möglichen Feststellung des Sachverhalts. Die „G e r in a n i a" meint : Tie deutsche Antwort werde die zahlreichen Leute bitter enttäuschen, die ans eine neue Auflage der deutsch-amerikanischen Spannung gehofft hatten. Im „Berliner L o k a l a n z e i g e r" wird geschrie ben: Schon jetzt müsse man in Amerika zugeben, daß von einer Verletzung der der Union gegebenen Zusagen eben sowenig die Rede sein kann, wie von irgend welchen Ver stößen gegen die Gebote der Menschlichkeit. Man solle sich nur überall das korrekte und humane Verhalten unserer U-Boots-Kommandanten zum Muster nehmen, statt sofort munter darauf los zu schimpfen. Der Kaiser a» die katljol. Militärgeistlichen Auf ein Telegramm der zu einer Konferenz an der Westfront vereinigten katholischen Militärgeistlichen hat der Kaiser antworten lassen, er danke für das treue Gelöb nis herzlich und sende ihnen allen, besonders Sr. Eminenz Kardinal v. Hartmann kaiserliche Grüße. Die Landung auf Kreta Wie verschiedenen Morgenblättern gemeldet wird, kann eine Landung der Alliierten auf Kreta als unmittelbar bevorstehend angesehen werden. nischen Erzdiözese. Und dir Helden, die seit Monaten todesmutig und unverzagt dem englischen Feinde getrotzt — der bischöfliche Tank und Gruß aus der geliebten Heimat hat sie weich und mild gestimmt. Seid treu dem heil. Kreuze, habt lieb das heil. Kreuz, im Kreuze leben, kämp fen und sterben, — das behandelte sodann der Kardinal in einer Soldatrnpredigt von innerer Kraft und äußerer Wucht, die jeden in ihren Bann zogen. Der bischöfliche Segen, vom Altäre aus erteilt, und der ambrosianisch? Lobgesang beschlossen den Gottesdienst. In feierlichem Zuge verläßt der Kardinal die .Kirche und besteigt mit seiner Begleitung das bereitstehende Auto, das ihn weiter der Front entlang führen soll. Schnell leert sich die Kirche, denn jeder einzelne möchte den Oberhirten noch einmal sehen. Der Kardinal grüßt noch einmal freu dig nach allen Seiten, das Auto fährt durch die Reihen der Soldaten, begleitet von de» tausendfachen Tankgefühlen der Zurückbleibenden. Die trotz des Sonntages auf den Feldern und in den Werkstätten arbeitenden Franzosen blicken erstaunt ans ob des für sie so ungewohnten Vor ganges. lins aber wird der Besuch des Kardinals zeit lebens unvergeßlich sein. „Die polnische Frage" Zu der Rede des Reichskanzlers im Reichstage am 7>. d. M. schreibt der „Dziennik Slaski" in Nr. 82 vom !>. April unter obiger Ueberschrift folgendes: „Die Rede des Reichskanzlers v. Bethinanu Hollweg am G April stellt bezüglich der polnischen Frage ein Axiom mit dem gehörigen Nachdruck fest und das ist, daß sowohl daS Königreich Polen als auch alle Länder von der Bal tischen See bis zu den Wolhynischen Sümpfen unter die russische Herrschaft nicht mehr zurückkehren werden. Die Zeutralinächte werden die durch ihre siegreichen Heere er oberten Gebiete gutwillig nickst mehr an Rußland zurück gebe». Diese Erklärung deS Reichskanzlers setzt allen jenen Kombinationen ein Ziel, deren Tendenz sich nach Rußland zu bewegte, — Kombinationen, denen man hier und da in der polnischen Gesellschaft als auch außerhalb derselben und besonders im deutschen Volke begegnen konnte. Soweit also der Kriog mit einem Siege der Zentralmächte endet, was ja keinem Zweifel unterliegt, werden die von Rußland eroberten Gebiete und insbesondere die polnischen Länder nicht mehr an Rußland zurückfallen, wie schließlich auch die Friedensbedingungen ausfallen sollten. So wird das söge nannte russische Okkupationsgebiet Polens nach dem Friedensschluß formell aufhöreu, wie es ja materiell schon jetzt nickst mehr besteht. Polen scheidet also ans dem poli tischen Gesichtskreise Rußlands aus und enstviudet sich so der Knechtschaft, durch die es erdrosselt werde» sollte. Der Hauptteil des polnische» Volkes, das von den Fesseln be freit ist, die es an Leib und Seele zusammenschnürten, kehrt zur Welt des Abendlandes zurück, zu jener Zivilisation und Kultur, welche das historische Polen durch Jahrhunderte seiner politischen Selbständigkeit durchlebte und deren Pfleger und Schirmherr es durch Jahrhunderte gegenüber der Welt des Ostens war. Das zweite Axiom, das sich aus der Rede des Reichs kanzlers ergibt, ist, daß Deutschland und Oesterreich- Ungarn „die polnische Frage lösen müssen und lösen wer den". Das will also besagen: nicht Deutschland und auch nicht Oesterreich-Ungarn allein werden sich mit ihrer Lösung befassen, sondern beide Mächte zngleick>. Da der Reichskanzler sich hierzu nicht näher ausließ, wäre es zweck los, über die Einzelheiten Vermutungen anzustellen. Doch haben wir jetzt nach den Worten des Reichskanzlers die Ge wißheit, daß die polnische Frage gelöst wird. Ans seinen früheren Reden wissen wir, daß das polnische Volk nach dem Kriege nnter Verhältnissen leben wird, die ihm -eine freie nationale Entwickelung garantieren. Den Wor ten des österreichisch-ungarischen Ministers Bunan können wir ebenfalls entnehmen, daß die Möglichkeiten einer freien nationalen Entwickelung der Polen ganz bedeutend ver mehrt werden. Das alles deutet darauf hin, daß die seitens Deutschlands und OesterreichUlngarns beabsichtigte Lösung der polnischen Frage weder sclumiatisch noch kleingeistig er folgen wird, sie nicht bloß eine das Interesse beider Mächte znni Ziele habende Regulierung, sondern eine wirkliche Lösung dieser Frage sein wird, und das in einer Weise, wobei Polen die Möglichkeit einer freien, nationalen Ent wickelung garantiert wird, und die Interessen beider Mächte Labei nicht ohne Vorteile bleiben werden. Steht es fest, daß nur ein zufriedenes und glückliches Polen ein zuverlässiger Verbündeter beider Mächte gegen Rußland