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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120304018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912030401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912030401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-04
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Bezvg-.Prels Mr Letvite - » v.r.n» »er» >mj«e Iiigki und 6l>«d»ie,i« <!»«> <_»_jsUch «« Ha»» ««drochi » VI. »»norU <.» Vtt. »Nnettödil. V« IllUal— ». T«. neHnquL»» adacdsU » VI- «»«<ttt„ L»««. otttt»tt«U,tt. »»« «. v»«i «mnrhald v«ui>ch>and» ,»d der d»«N»»« »«tonten «t«tt»ttüdrl- »V> Vtt., monoU. ILV Vtt. a»»icht. P»ftd»It«Ua»td ^»rn»r « «»>«>»», Vanomarl. »in Danautzoai.n, Itotn», Lui«md»>L tt<l«d,kland«. dt»r» w«a«o, - Unoon, «udland. Smwrb,«. V<V°»«U « 6»«»>»n. .tn oll«» üd«g»n vloai«» »»i d>i«kt du«» di« E«tchott»v«tl» oo» Blatt«» «ttlüllttch. La» LNptteor Tag»dtatt «ttättln« r«al ti-lud. 8»n». n. >H«>«no«« »»« m«ka«n». >dona«m«»t—»nnadm« »«»««,,»«,»« 8, b« »»>«»«» traa»rn. Klttai«». <so«dil«ui»n «nd LaoadxUill««. I,«<« Poilämlrra und Bn«sttaa«ra. »»»««lserlanldpret» UI Pf. Morken-Austtabe. MpMerTagtblaü - , , f14«S2 l«»cht»«chd»» ... l l4 E MachtonIchluU LeU-Anschl. j 14 «83 Lrl.-Änschl. j 14 «93 N4894 o j 14 894 Amtsblatt des Rates ««- des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Arntiaeu-PreiS f», Sakral« au» Uno»'« und Um-«bun, di« tlpalliar lktttt*«!« DPI dt»«»Nmne. »«tl« > Mk aon aa«»arl» A>PI.«»Nom«n N2V Mr Znttrot» aon Vrdördrn tm amt. tl»«n r.U »,« P«ttl»«tt, SU Pt L«Ichüsr»an»eia«n Mil Plodvorschttsten >m vreit« «rdötzt Stada« noch larlt P«ttaa»a«dlIIir Selamt» auttaa« L Mr ° r°u,«nl> «rkl. P»ltg«dühr. ZettdeNa,« dökrr. g«ft«ttetlt» Nuittaa, idnnen nt^t rurtlck- a«i»a«n ««rd«n lillr da» Erscheinen an beirrmmten !aa«n und Pinne» wird keine lbaronli« übernommen. Aniktaen - Pnnatzm« S,danni,,ag« N, bei tainlllchrn .Zttiaten u. allen Annoncen» Eroedittonen de» 2n» und «»»lande». Lro« und Viel«, »»« gisch«, » »ürft«, 2ndaver Pau« »urpen. NedoNto» »»» NeschSst.si«»«: 2»donn>»galte 8. Pauvl-grllal, Ire«»«,: Eeestra«« «. 1 llelephon <6M, Nr. 116. les. Zsrirysng Montag, »en 4. Mär; >Sl2. Die voilltnense Ausgabe umsaßi lL Seilen. I Das Wichtigste. * Auf dem Internationalen Wett- schwimmep in Berlin und dem Nationalen schwimmen in Dresden errangen mehrere Leip ziger Teilnehmer schöne Siege. (S- Sport.) * Auch in Schanghai sind Meutereien ausge-rochen. Die Stadt soll in Flammen stehen. s§. bes. Art.) * Dis vornehmste Stadtviertel von Tientsin wurde ausgeplündert und niedergebrannt. Der Brandschaden in der Eingeborenenstadt wird auf über 8V Millionen Mark geschätzt. (S. Letzte Dep.) * Der Pilot Oelerich mugte auf seinem Rück- fluge von Altenburg nach Leipzig infolge Motor- Lefektes am Ealgenberg bei Wachau landen. sS. Sportnochr.) Die Mrwilüungslchule suk ürm Lsnüe. Ans wird geschrieben: In diesen Tagen der geistigen Kämpfe um die Schute werden religiöse, psychologische und soziale Gründe von den kämpfenden Parteien reichlich ins Treffen geführt, und namentlich tritt auch der Be griff der Arbeitsschule in Len Vordergrund. Und doch haben diejenigen nicht so unrecht, die die Zeit sür eine gründliche Reform der Elementarschule noch nicht für gekommen halten, sondern lieber da an setzen möchten, wo sich sehr Ersprießliches leisten läßt, ohne daß gerade ein weitgehender Radikalismus mit maßvollem Konservatismus in Kampf geraten müßte. Das ist die Fortbildungsschule. Wenn ein altes Wort sagt: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir", so sollte dies im buchstäb lichsten Sinne der Grundgedanke der Fortbildungs schule sein. Dort liegt das Gebiet, wo eine systema- t'schc Anleitung zu fruchtbringender Arbeit ihren jittigenden Einfluß ausüben kann. Hier aber liegt auch Las Eebie:, wo große nationale Ziele nicht nur ins Auge gefaßt werden können, sondern müssen. Gewiß ist die freudige gewerbliche Entwicklung unse res Vaterlandes und Volkes wohl geeignet, uns mit Srolz zu erfüllen. And wenn der Berliner Stadt schulrat Bertram bald nach dem französischen Kriege rn der Reichshauptstadt sowohl in den Volts schulen als auch in den neugegründeten Fortbil dungsschulen den Zeichenunterricht ganz be sonders förderte, so ist es sicher, daß solche Bestrebun gen nicht nur eine ästhetische Bildung der Schüler zur Folg: haben, sondern daß sie unmittelbar die ge werbliche Entwicklung dadurch förderten, daß sie Formenfinn und Gewandtheit der Hand bildeten. Aber die Volkswirtschaft wohnt ebensowenig wie Las Volk selbst nur in der Stadt, sondern auch auf dem Lande, und die innere Bedeutung eines Volks teiles und seine sittliche Beitragsfähigkeit für das Ganze läßt sich keineswegs nur durch Zahlen der Be- nölkerungsziffer ausdrücken. Wenn die Reichshaupt stadt Berlin mit ihren wenig mehr als 6 pro Mille Geburten vom übrigen, namentlich vom platten Lande abgeschnitten würde, so würde sie in wenigen Jahrzehnten zur Kleinstadt werden und endlich ganz ausstcrben. Das gleich« gilt mehr oder weniger von allen Großstädten. Man mag die Sache drehen, wie man will, man mag das Wort „Agrarier" zu einem Spott- und Schimpfnamen mißbrauchen: das platte Land bleibt die Nährmutter und das Landvolk die Hoffnung des deutschen Volkes für die Zukunft. Von diesem Grundgedanken ausgehend, sollten Staat und Gesellschaft der Landbevölkerung gegenüber eine ähn lich liebevolle Sorgfalt entwickeln wie der Bie nenstock seiner Königin gegenüber. Das neu« Volksschulgesetz sieht nun für die länd- ticken Fortbildungsschulen u. a. auch landwirtschaft- kichen Unterricht vor. Es ist aber ganz unzweifelhaft, daß hierauf das Hauptgewicht gelegt werden sollte. Schon ist es der deutschen Landwirtschaft ge lungen, fast den ganzen Bedarf an Nahrungsmitteln für unser Volk im Znlande zu schaffen, und Hand in Hand mit der Wissenschaft arbeitet die landwirtschaft liche Praxis an der vollständigen Erreichung dieses Zieles, das ganz zweifellos erreicht werden kann und wird, wenn der Abwanderung der bäuerlichen Be- völlerung in die Städte so weit moralisch Einhalt getan werden kann, wi« es die Erhaltung unserer Dolkskraft unbedingt erfordert. Und dazu würde nicht wenig ein ländliches Fortbildungsschulwesen beitraaen, in besten Mittelpunkt land- und viehwirt- schaftncher Unterricht gestellt würde. Für Millionen von Mark führen wir jährlich frisches Gemüse vom Auslande, besonders Holland, ein; diese können wir uns erhalten, dadurch, daß der Gemüsebau durch systematischen Unterricht bei uns gefördert würde, der jetzt überwiegend nur von großen gärtnerischen Unternehmungen in der Nähe der Städte ausgiebig betrieben wiü. Das gleiche gilt vom Obstbau in allen seinen Verzweigungen. Leidet der Landwirt in ganz Deutschland an knappem Bargeld, so bietet nebenher betriebener Obst- und Gemüsebau für ihn eine gute Einnahmequelle, wenn er beide richtig ver steht. Was die Viehzucht betrifft, besonders die ver nünftige Regelung der Fütterung, so lasten sich große wirtschaftliche Werte erhalten und erzeugen, wenn frühzeitig in der ländlichen Jugend der Sinn dafür geweckt wird. Wenn für städtische Fortbildungs schulen im Mädchenunterricht sogar Buchführung in Aussicht genommen wird, wogegen übrigens eine Eingabe der Deutschnationalen Handlungsgehilfen an den Landtag sich auf das entschiedenste wendet, so ist gar nicht abzusehen, warum auf dem Lande der landwirtschaftliche Unterricht nicht geradezu zum Pflichtgegenstand gemacht wird. Wir halten es für wichtiger z. B., daß die Ergebnisse der Forschungen Darwins und seiner Nachfolger in ihren prak tischen Folgen für die Viehzucht den Fortbildungs schülern auseinandergesetzt werden, als die tiefsinnige theoretisch« Frage, ob wir Menschen vom Affen ab stammen oder nicht. Zeder landwirtschaftliche Unter richt ist nicht nur ein Kapitel, sondern ein ganzer Band Naturwissenschaft, in dem Botanik, Pflanzen biologie, Geologie, Chemie, Meteorologie, Zoologie, Ernäyrungskunde, Heilkunde, Maschinenkunde und eine ganze Reihe anderer Wissenschaften enthalten sind, alle von ungeheuerstem bildenden Wert. Das Land bietet aus diesem Grunde in unvergleichlich höherem Maße die Möglichkeit einer einheitlichen und charakterbildenden Arbeitsschule als die Stadt. Herrliche Gestalten wie Thaer, Justus v. Liebig, v. Eyth u. a. geben den biographischen Bildungsstoff zu einem ländlichen Plutarch. Daß durch Vertiefung der ländlichen Erziehung nicht eine Unlust an den zum Teil recht unsauberen Arbeiten des Landes erzeugt, sondern eher die Freudigkeit bei ihrer Ausführung und damit die Liebe zur Landwirtschaft befördert wird, ist sicher. Aber woher sollen die Lehrkräfte hierfür ge nommen werden? Gewiß ließe sich daran denken, daß innerhalb bestimmter Bezirke Wanderlehrer die Arbeit übernehmen; richtiger wäre aber, daßffür die Ausbildung der Landlehrer ein ganz neuer Gesichts punkt gewonnen würde. Man will ja die semi naristische Ausbildung der Lehrer jetzt zeitlich aus dehnen. Man betont mit Recht, daß dre Kenntnis der Realien praktisch und pädagogisch in den Vorder grund zu treten hat; und da sehen wir die Möglich keit und fast die Notwendigkeit, daß wenigstens die Schlußausbildung der Lehrer für Stadt und Land verschieden sein müßte. Man bilde den städtischen Lehrer zum mindesten ein Jahr lang für gewerbliche Handfertigkeit, den ländlichen sür Landbau und Vieh zucht theoretisch und soweit als möglich praktisch aus. Auf dem Lande selbst, im eigenen Garten wi« im Verkehr mit seinen bäuerlichen Nachbarn wird er dann rasch die Fähigkeit erwerben, einen frucht bringenden landwirtschaftlichen Fortbildungsunler- richt zu erteilen. Ganz sicher wird, wie schon lange die Bienenzucht, auch die landwirtschaftliche Wissen schaft von solchen Lehrern reichliche Förderung er warten können, die jedenfalls fruchtbringender ist. als das moderne Sichverlieren in psnchologischen Pro blemen. ohne deren Erörterung früher ein stärkeres Geschlecht herangezogen wurde als unser« zärtlich angefaßt« selbstmordsclige Jugend im ..Zeitalter d:s Kindes". Was wir brauchen, sind Männer und — Mütter. Der englische Mesenstreik. Die Stimmung in der Londoner Bevölkerung ist fast einstimmig gegen den Streik, und be sonders in den ärmeren Klassen herrscht große Er regung gegen die Dergwerksarbeiter. da der Preis des Kokses für sie fast unerschwinglich ist. Da die Möglichkeit besteht, daß die Transportarbeiter und Eisenbahner die Grubenarbeiter dadurch unterstützen werden, daß sie die Verladung und den Transport der Kohlen verweigern, so werden bereits allerhand Vorkehrungen getroffen, um eventuell auf andere Weise di« Kohlen heranzuschaffen. Die Folgen des Streiks. Aus London wird gemeldet: Zn den Derg- werksdistrikten herrscht augenblicklich vollkommene Ruhe. Zm Glasgower Hafen liegen zahlreiche große Handelsdampfer, die wegen Mangels an Kohlen nicht ausfahren können. 8000 Kupferschmiede in Glasgow sind gezwungen, zu feiern, da die Werke den Betrieb ein gestellt haben. Der Sonnabend bot in der englischen Hauptstadt «in «ig«nartiges, ungewohntes Bild. Während sonst dre Straßen von Tausenden von Kohlengespannen durchfahren werden, waren nur mit Kohlen beladene kleine Handkarren zu erblicken, mit denen sich eine Anzahl Geschäftsleute noch in aller Eil« «ine Er gänzung ihrer Kohlenvorräte herbeischaffen ließen. Aus Liverpool wird gemeldet, daß die dort geplante Internationale Ausstellung, die am 25. Mai eröffnet werden sollt«, wahrscheinlich infolge des Streiks nicht wird stattfinden können. Keine Einschränkung des Eisenbahnverkehrs. « London. 3. März. lk.-0.-Tel.) Die Nachricht, wonach di« Eisenbahngesellschaften nicht genügend mit Kohlenvorräten vergehen seien, wird neuerdings dementiert. Die Eisenbahngesellschaften behaupten im Gegenteil, auf sehr lange Zeit hinaus mit Kohle versorgt zu sein. Keine deutsch« Unterstützung für die englischen Berg arbeiter. Zu der Mitteilung der „Braunschweigischen Lan deszeitung", daß die sozialdemokratischen Gewerk schaften in Deutschland dem englischen Eeneralstreik- komite« «ine halb« Million Mark al» Unterstützung überwiesen haben, teilt dem „B. T." der Reichstags abgeordnete Sachse, der Vorsitzende des Ver bandes deutscher Bergarbeiter, mit, daß kein wahres Wort an dieser Meldung sei. Die Unruhen in Lhins. Die von Puanschikai bisher gespielte Doppel rolle fängt nunmehr an, ihm selbst unbehaglich zu werden. Er verlangt Schutz von den Gesandten der fremden Mächte, da er in fortwährender Furcht schwebt, ermordet zu werden. Sein« eigenen Sol daten könne er, wie er sagt, zu seinem Schutze nicht verwenden, da er zu keinem Soldaten Vertrauen habe. Der Geschäftsträger der Vereinigten Staa ten von Amerika in Peking, Calhoun, hat an Arrasmith, den Kommandanten der amerikanischen Truppen in Tientsin, eine dringende Botschaft ge sandt, in welcher er ihn aufforoert, sofort 260 Mann nach Peking zu entsenden. Am Sonnabend um Mitternacht wurde der Belagerungszustand über Peking verhängt. Diese Maßnahme scheint auf die Meuterer Eindruck gemacht zu haben, denn im Gesandtschafts viertel war bereits gegen 1 Uhr morgens alles ruhig. Nichtsdestoweniger treffen die Vertret«! der fremden Mächte alle Vorbereitungen, um gegen eine Be- lagerung gerüstet zu sein. Aus London wird weiter gemeldet: Die letzten aus Peking hier «inaetrossenen Nach richten besagen, daß die Lage in der chinesischen Haupt- stadt immer noch sehr bedrohlich ist. Die meutern den Truppen drangen in den Palast des Vaters der Kaiserin-Witwe, wo sie große Verwüstungen anrichteten und 2 Millionen Taels raubten. Die Be hörden fürchten, daß sie über den Palast des Kaisers herfallen werd«». Der stark« Wind, der in der Stadt weht, begünstigt die Feuersbrünste, die da durch immer größer« Ausdehnung annehmen. Schanghai in Flammen? Nach einer Meldung der Agentur „Montra" aus Schanghai soll auch dort eine Meuterei unter den Truppen ausgebrochen sein und durch die Meu terer ganz Schanghai in Flammen gesetzt sein. Eine Bestätigung dieser Nachricht sowie Einzelheiten stehen noch aus. Der Wshlksmpl in üer Türkei. (Von unserem Konstantinopeler Mit arbeiter.) Konstantinopel, 28. Februar. Der Wahlkampf in der Türkei ist auf dem besten Wege, Formen anzunehmen, di« von den ruhigen, ernsten und oorausschauenden Elementen leider Par teien nicht mehr gebilligt werden können und alle aufrichtigen Patrioten mit ernster Besorgnis für die Zukunft der so schwer errungenen neuen Staatsform erfüllen müssen. Auf der einen Seite geht die oppo sitionell« Agitation mit einer Rücksichtslosigkeit ins Zeug, die in ihrer beleidigenden persönlichen Schärfe peinlich wirken muß. Die Wahlredner der „Entente Liberale" tragen überdies kein Bedenken, Gedanken zu verbreiten, welche geeignet sind, die politisch nicht hinreichend oorgebildete Provinzbevölkerung irrezu leiten und die innere Ordnung wie das äußer« Prestige des Reiches zu gefährden. Auf der anderen Seite machen die Polrzeioehörden von der Waffe, die ihnen der Ausnahmezustand in die Hand gibt, «inen so ausgedehnten Gebrauch, daß in der letzten Weche kaum ein Tag verging, an dem nicht irgendein oppositioneller Führer wegen PreßvergHcns oder anderer politischer Delikte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, die ihn mindestens für die Dauer des Wahlkampfes unschädlich macht«. Nach Tahir Haireddin Bej wurde der griechische Führer Kosmidi als Herausgeber einer Zeitschrift für vier Monate eingelocht, auf die Verurteilung Dr. Risa Tewfiks folgte die Dschemil Tew'ik Btts, des Leiters der liberalen „Mukawemet". Zn Salo niki wurde der Sozialistenführer Denaroga arretiert. Er soll ausgewiesen werden, trotzdem er türkischer Untertan ist. Und Lutfi Fikri erfreut sich derzeit der Freiheit nur noch, weil man nicht wagt, ihn in Syrien festzunehmen, wo er seine stark« Gesolg'chaft zum Kampfe gegen das Komitee für Einheit und Fort schritt aufruft. Selbst hervorragende Mitglieder der „Partei für Einheit und Fortschritt" beginnen gegen dies« syste matische Unterdrückung jeder freien Aus'prache Stel lung zu nehmen. So schreibt Hussein Dschahid Bej in feinem „Tanin": „Wenigstens zur Zeit der Wahlen müßen wir den Wortführern der Liberalen gegenüber nachsichtig sein und vor ihrem Treiben ein Auge zudrückcn. Sie sollen Reden halten, solange sie nur immer wollen. Sie sollen sich versammeln können nach Herzenslust, damit man nicht sagt, das Komitee „Einheit und Fortschritt" sei ein Feind des freien Gedankens und der freien Erörterung." Das derzeitige Kabinett ist fast ausschließlich aus Führern Les Komitees zusammengesetzt. Da ist es hochbedeutsam, wenn maßgebende Komiteemänner di« Verantwortung für den llebereifer der Zensurbehör den ablehnen. Tatsächlich bedarf das Komitee dieser russischen „Methoden" nicht, um sich seine Stellung in der neuen Kammer zu sichern. Za. es läuft viel eber Gefahr, die gebildeten KreUe, die sich heute zu ihm be kennen, vor den Kopf zu stoßen, wenn '«ine Regierung im Namen der verfassungsmäßigen Freiheit, die das Komitee dem Volke erkämpft, die Grundlagen jeder Konstitution außer Kurs setzt, um sich einen unbe quemen Gegner vom Hals« zu schaffen. Durch die Zwangsmaßregeln der Behörden kann der ohnehin sicher« Wahlsieg des Komitees nur an Bedeutung einbüßen, und die öffentliche Meinung Europas wird nicht mehr glauben wollen, daß die innerste Ueberzeugung eines großen Volkes in einem Wahlergebnis zum Ausdruck kommt, das man nur erreichen zu können glaubte, indem man die Freiheit von Wort und Schrift unterdrückte. Gegensätze müßen durch offene Auseinandersetzung zur Klärung gebracht werden, mischt sich die Polizei ein, so wird das wert vollste Ventil gesperrt, und di-' Gedanken, die man mit Gewalt aus dem öffentlichen Leben bannen will, wirken als schleichendes Gift im geheimen w iter. Das Komitee soll 'roh sein, daß es nicht nötig bat, Märtyrer zu schaffen. Die Haireddin, Kosmidi. Risa Tewfik werden ihm hinter Gesängnismauern mehr schaden, als sie es in der Freiheit je vermöchten. Deutsches Keich. Leipzig, f. Marz " Di« Sitzung des Landcscus-chusses des National« liberalen Landesoereins sür Las Königreich Sachsen findet nunmehr bestimmt Sonntag, 17. März, vor mittags >L12 Uhr zu Leipzig, im Saale der „Stadt Nürnberg", statt. Die Tagesordnung besteht aus folgenden Punkten: Rede des Reichstagsabge- ordneren Basse rmann über die politische Lage und die Parteiverhältnisse. Aus sprache. Jahresbericht und Rechnungsablaqe. Aen- derung der Satzungen. Antrag des Landtagsabg. Clauß. Neuwahl des Vorstairdes. Neuwahl der Vertreter des Landcsvcreins im Zentraivorsland. Zm Anschluß an die Landesausschußlitzung findet die übliche Hauptversammlung statt. Mit Rück sicht auf die allgemeine Bedeutung der Rede Basser- manns sind zum ersten Teil« der Landesausschutz- sitzung außer den gewählten Vertretern alle Partei- Mitglieder eingeladen. Zum Eintritt sind Ausweise notwendig (Einladung oder Mitgliedskarte eines Vereins). -* * Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und König Viktor Emanuel? Wie die „Preß-Centrale" aus bester Quelle erfährt, soll Ende dieses Monats eine Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm II. und König Viktor Emanuel stattfinden. Der Ort der Zu sammenkunft ist noch nicht bekannt. * Der Präsident des Kaiserlichen Patentamts Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Hauß hat. wie wir erfahren, soeben sein Entlassung?- gesuch eingereicht. Damit sind dann drei Prä sidenten st eilen bei den dem Reichsamt des Innern Nachgeordneten Behörden neu zubesetzen' das Kaiserliche Patentamt, das Statistische Amt Mi di« Reichsversicherungsanstalt für die Angestellten versicherung. Für die ersten beiden Stellen dürften die Entscheidungen voraussichtlich in allernächster Z-eit bekanntgegeben werden. Für die neue Reichs versicherungsanstalt stebt die Ernennung des Direktors im Neichsamt des Znnern. Erzelle,-z Casper, bereits fest. * „Sleipner" außer Dienst. Das ständige Begleit fahrzeug der Kaiserjacht „H o h e n z o l l c r n", das Torpedoboot „Sleipner", ist in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt worden, um einer längeren Aus besserung unterzogen zu werden. Dafür ist das neue Turbinen-Hochseetorpehoboot „6. 175" in Wilhelms haven unter dem Besetz! des bisherigen „Sleipner". Kommandanten, Kapitänleutnants Mann, zur In dienststellung gelangt. Das Doot wird voraussichtlich während der bevorstehenden Mittelmeerreiie des Kaisers als Begleitboot der „Hohenzollerw' Ver wendung finden. „6. 175" ist im Zahre 1909/10 auf der Germaniawerst in Kiel erbaut und mit Grrma- niaturbinen ausgerüstet „Sleipner" wird bis auf weiteres einer Halbflotillc zugeleilt. * Einberufung des Gesamtwasserstraßenbeirats zur Beratung des Gesetzentwurfs für das Schlepp monopol aus dem Rhein-Weser-Kanal. Wie unr hören, bat der preußische Minister der öffentlichen Alberten zum 12. März den Gesamt-Waßerstraßen- beirat zu einer Sitzung einberufen, um zu dem von der Regierung aufgestellten Entwurf eines Gesetzes betreffend das Schleppmonopol auf dem Rhein- Weser-Kanal und dem Lippe-Kanal Stellung zu nehmen. Die am meisten umstrittene Frage bei dem ganzen Gesetzentwurf ist die über den Geltungs bereich des Monopols, insbesondere die Frage, rn- wieweit der alte und der neue Verkehr auf dem Dortmund-Ems-Kanal unter das Schleppmonopol fallen soll. * Kommandantenwechsel in der Südser. Aus dem Kreuzer „Corrn oran" sand im Mai v. 2. ein Wechsel im Kommando statt, indem an die Stelle des Korvetten-Kapitäns Siemens der Korvetten- Kaprtän Ebert trat. 2m Dezember erfolgte dann ern Kommandanienwechjel an Bord des Vermessunas- schiffes „Planet". Korvetten - Kapitän Habenicht kehrte in die Heimat zurück und wurde vom Kor- vet.en-Kapirän Re.chardt abgelöst. In nächster Zeit wird nunmehr auch das dritte in der Südjee statio nierte deutsche Kriegsschiff, Kreuzer „Condor", einen neuen Kommandanten erhalten. Koroetten-Kapitän Mommsen hat sich in Neapel dem am 14. Februar mit dem Dampfer „Enerjenau" abgegangenen Ab lösungstransport angeschlossen, um den bisherigen Kommandanten, Korvelten-Kapitän Bene, abrulißen Der Besatzungs- und Kommandantenwechsel ersolgt Ansang April in Sydney, wohin sich der Kreuzer demnächst begeben wrrd. * Etatsnotgesetze. Sowohl im Reichstage als im preußischen Abgeordnetenhaus« werden, wie die „Deutsche Tgsztg." schreibt, von der Regierung Etat», notgesetze vorgelegt werden, die den Regierungen di« Vollmacht erteilen, sür di« Monate April und Mai ohne vorherige Genehmigung des Parlaments die im Etat veranschlagten Ausgaben zu machen. Es liegt auf der Hand, daß weder der Reichstag noch der preu ßische Landtag den Etat bis zum 1. April verabschie den können. * Richtbesördcrung unvorjchristsmähig beschriebe» »er Postkarten. Die Reichspostverwaltung macht dar» auf aufmerksam, daß in letzter Zeit mehrfach Post« karten bei den Aemtern eingingen, deren unterer Teil der Vorderseite zu Mitteilungen iir Anspruch genommen war. Da dies« Karten zunächst nicht von der Behörde beanstandet wurden, so ging «in Antrag — Veachten Sie bi« kleinen Inserat« in» „tekal»Anzeiger" be» Abend»A«»gab«. '
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