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Nummer 164 - 26. Jahrgang Smal wöch. vezugaprei» filr Iutt 8,00 Mk>. einschl. Sestellgeld. Anzeigenpreise: Die laesp. Petltzelle »0^. Stellengesuch« SO L. Die Petitreklamezelle. 89 Milkt, neter breit, 1 Offertengeblihren für Selbstabholer iO bei Uebersenbung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 Sonntags-Nr. SO Seschästlicher Teil: Artur Lenz in Dresden. Äöltlslsäw Donnerstag.' den 7. Jutt 1927 Falte höherer Gewalt erlischt sede Berpflichtung Erfüllung o. Anzeigenaufträgen ». Leistung v Schadenersatz. Kür undeutl. u. d. Fern, ruf ubermitt. Anzeigen Übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückportei nicht versehene Manuskripte wert,, nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» Hauptschristleiter: Dr. G. Desczyk. Dresdei,. volHzetümg GeschitfiSftkiie, Druck».»»erlag: «ermaiila. «..». flir «erlag und Druckerei,Filiale DreSde».Dresden.«. I, Poliersimtzel?. FornrnsüIOIS. Posischecktonto Dresden »70S. Bankkonto! «tadtbimk Dresden Nr. S171U Für christliche Politik und Kultur Redaktion der «a»,Ischen X»»l«S,«t»uua Dresdeu-Mlsiadi 1. Polle, strotze 17. Fernruf Mit und »IMS. Sie politische Lage in Sesterreich. (Von einem g« legen tli chen M itarb etter.) Wie«, Anfang Juli.. Seit 6 Wochen ist der neu gewählte öster re i chische Nationalrat beisammen, aber mit Ausnahme der Regierungsbildung hat sich Wesentliches nichts ereignet. Die Ausschüsse und Subkomitees sind zwar gebildet worden, aber die meisten von ihnen komme» zu keiner ge deihlichen Arbeit infolge der Schwierigkeiten, die von sozial demokratischer Seite bereitet werden. Der Zollausschuß be schäftigt sich mit der Abäiüderung des Zolltarifes; die öster reichische Landwirtschaft verlangt erhöhten Zollschutz gegen die ausländische Konkurrenz, besonders gegen die Viehein fuhr aus Ungarn und Jugoslawien. Die Sozialdemokratie nützt diese Notwendigkeiten der Regierungsparteien, um ein politisches Geschäft zu machen, das in das Gewand sozialpolitischer Forderungen gekleidet wird: Das gilt ins besondere für die Forderungen der Landarbeiter wobei sich für die Regierungsparteien (Lhristlichsoziale, großdeutsche Lolkspartei und österreichischer Landbund) di« Notwendig keit ergibt, die Forderungen der Landarbeiter nach erhöhtem sozialpolitischen Schuh mit den Verhältnissen der Landwirt schaft Oesterreichs in Einklang zu bringen. Aehnlich sind die Verhältnisse im soziapolitischen Ausschuß des Nationalrates. Auch dort haben die Sozialdemokraten eine Reihe von An trägen eingebracht, die nur dazu bestimmt sind, die Arbei ten aufzuhalten, die übereinstimmend von der gesamten Öffentlichkeit gefordert werden. Am deutlichsten aber lie gen die Verhältnisse im Verfassungsausschuß. wo derzeit die Wiedererrichtung des österreichischen Justizministeriums zur Unter dem Druck des MkerbuMommissärs Debatte steht. Unter dem Druck des Dr. Zimmermann hatte Oesterreich di« Zahl der Mi nisterien reduzieren müssen und das früher selbständige Justizministerium wurde in eine Sektion des Bundeskanz leramtes unter Führung Dt. Seipels nmgewandelt. Dieser Schritt hat sich aber als verfehlt herausgestellt. Die Arbeiten des Justizministeriums, insbesondere dieRechts- angleichung anDeutschland waren in einer Sektion nicht zu bewältigen, wozu noch die Schwierigkeit kam, daß die Eroßdeutschen in dem jetziger: Kabinette ver treten sein mußten und das selbständige Justizministerium für sich reklamierten. Die österreichische Buirdesregierung hat im Nationalrat die betreffende Vorlage eingebracht, doch im Verfassungsausschuß hindern die Sozialdemokraten ihre Beratung. Die tieferen Gründe dieses Vorgehens liegen in der innigen Verbindung der Sozialdemo kratie mit der österreichischen Freimaure rei. Die Loge will unter allen Umständen ihren Kultur kampf vorwärtsbringen und hat die sozialdemokratische Partei genötigt, die alten Kulturkampfanträge wegen Ab schaffung des Mutterschastszwanges, die Sanktionierung der Leibesfvuchtabtreio-ung, die Möglichkeit der rechtsgül tigen Wiedervervhelichung geschiedener Katholiken und die obligatorische Einführung der Zivilehe, im Nationalrat wieder einzubringen. Daß diese Anträge von seiten der Freimaurer stammen, würbe in der österreichischen katho lischen Presse wiederholt urkundlich nachgowiesen, ohne daß die sozialdemokratische Partei dagegen Widerspruch erhoben hätte. Erst vor einigen Wochen wurde am Sitze der Wiener Großloge eine Enquete abgehalten, die neuerlich die kul- turkämvferilchen Forderungen auf diesem Gebiete beraten und bekräftigt hat. Die Sozialdemokraten wollen nun die Notwendigkeit der Wiedererrichtung des Justizministeriums benützen, um als Kompensation ihre kulturkämpferischen Forderungen zu erreichen. Im Verfassungsausschuß des Nationalrates werden stundenlang vollständig zwecklos Ob struktionsreden gehalten, wobei man ganz genau weiß, was durch diese Taktik erreicht werden soll. Di» Sozialdemo kraten wollen durch ihre Taktik di« agrarischen Mitglieder der Regierungsparteien, die begreiflicherweise zu den Ernte arbeiten nach Hause wollen, nervös machen, um auf solche Art für sich Erfolge zu erreichen. Es ist anzunehmen, daß die Regierung des Bundeskanzlers Dr. Seipel auch mit dieser Taktik fertig werden wird und daß am Konferenz tisch des Bundeskanzleramtes am Dallhausplatz mit den Sozialdemokraten leichter zu reden fein wird, wie am grü nen Tisch der parlamentarischen Ausschüsse. Durch diesen Vorfall im Nationalvat ist wieder einmal gezeigt, welch unheimlichen Einfluß di« Freimaurerei in Oesterreich hat. Es ist nicht so sehr die Mitgliederstärke der österreichischen Loge, die den freimaurerischen Einfluß garantiert, wie vielmehr ihre Verbindung mit den sozialistischen Gr uppen, sowohl den Sozial demokraten wie den herrschaftslosen Sozialisten (Anar ten), zu denen besonders persönliche Verbindungen gehen, e Wiener Großloge umfaßt derzeit 20 aktive Logen in Die heutige Rümmer enwSlt Haltung und Wille u.7 »te Vellage „Unter- Um den Verfassungslag Der Antrag -es Zentrums — Die Stellungnahme -er LSn-er Berlin, 3. Juli Im Rechts« usschuß des Reichstags stellte heute vor Eintritt in die Beratung Abg. Dr. Rajen selb lSoz.) den Antrag, daß zunächst der sozialdemokratisch-demo kratische Antrag beraten werde, wonach der 11. August zum Nationalfeiertag erhoben werden solle. Filr diesen Antrag sprach dann noch Abg. Brodaus (Dem.), der ihn für den augen blicklich dringlichsten bezeichnet», und Abg. S ch u l t e - Breslau (Z-1. letzerer unter der Voraussetzung, daß der allgemeine An trag des Zentrums über den Nationalfeiertag und die Feiertage überhaupt mitberaten werde. Bei Stimmenthaltung der Kommunisten wurde nnt oen Stimmen der Sozialdemokraten, Demokraten und des Zentrums gegen die Stimmen der Deutschnationalen, der Deutschen Volks» Partei und der Bayerischen Voltspartei beschlossen, die Frage des Nationalfeiertages sofort zu behandeln. Der gemeinsame Antrag der Sozialdemokraten und der Demokraten wurde durch die Abgg. Dr. David (Soz.) und Brodaus (Dem.) begründet. Der Antrag lautet: 8 1. Nationalfeiertag des deutschen Volkes ist der 11. August als Versassungstag. Er ist Fest- oder allgemeiner Feiertag im Sinn« reichs- und landesrechtlicher Vorschriften. 8 2. Am Nationalfeiertag sind alle öffentlicheil Ge bäude in den Reichsfarben zu beflaggen. In allen Schulen sind, für Lehrer und Schüler verbindlich, der Bedeutung des Tages entsprechend« Feiern zu veranstalte»,' fällt der Natio nalfeiertag in die Schulferien, so finden diese Gedenkfeiern bei Wiederbeginn des Unterrichts statt. Die beiden zu diesem Antrag sprechende» Abgeordneten David (Soz.) und Vrodauf (Dem.) wandten sich vor allem gegen den Zentrumsantrag, der die Feier des Verfassungstages auf den Sonntag legen will, der auf den 1l. August folgt. Eine solche Regelung würde der hervorragenden Bedeutung des 11. August nicht entsprechen und auch gegenüber dem tatsäch lichen Zustand einen Rückschritt bedeuten, weil bis jetzt bereits ohne gesetzliche Festlegung der 11. August tatsächlich als Ver fassungstag in den meisten Ländern und auch durch die Reichs behörden unter Teilnahme des Reichspräsidenten an der Ver- fassuirgsfeier des Reichstags gefeiert worden sei. Der in die Form eines Antrages gekleidete Initiativ gesetzentwurf des Zentrums hat folgenden Wortlaut: 8 1. Tag der Verfassungsfeier des deutschen Volkes (Ver- fassungstag) ist der 11. August, wenn er ein Sonntag ist, sonst der erste Sonntag nach dem 11. August. 8 2. Gedenktag für die Opfer des Krieges ist der sechste Sonntag vor Ostern. 8 3. Reichsrechtlich anerkannte Feiertage sind außer den Sonntagen 1. der Neujahrstag. 2. der Ostermontag, 3. der Himmelfahrtstag, 4. der Pfingstmontag. S. der Verfassungs tag, 0. der 1. und 2. Weihnachtstäg, ferner bleiben als reichs rechtlich anerkannte Feiertage geschützt der Karfreitag, der Fronleichnamstag, soweit diese Tage »ach dem am 11. August 1919 bestehenden Landesrechte staatlich anerkannte Feiertage waren. 8 4. Die retchsrcchtlich anerkannten Feiertage sind Fcst- oder allgemeine Feiertage im Sinne reichs- und landcsrecht- licher Vorschriften, Dieser Antrag wurde vom Abg. Bell (Zir.) begründet, der aussührte, daß ja das Zentrum in der Nationalversammlung mitschasfend an der Verfassung gewirkt habe und zwar in ent- scheidenster Weise, und dag deshalb selbstverständlich das Zen trum zur Verfassung stehe. In dieser Situation habe naturgemäß das Zentrum auch den Wunsch, daß der Versassungs tag würdig gefeiert werde. Nun sind aber gerade die Augusttage, Wien und Wiener-Neustadl und ein „Kränzchen" der Loge „Schiller" in Linz a. D. Die Mitgliederzahl dieser Gruppen beträgt etwa 1800. wobei die Loge „Humonitas mit 210 Mitgliedern di« stärkste ist. während die jüngeren Logen, von denen drei erst im Jahre 1023 gegründet wurden, ge ringere Mitgliederzahlen aufweisen. In der letzten Zeit ist man in Wien an die Gründung der Loge ..Plato gegan gen, um den Philosophen der Loge einen besonderen Wir- '.ungrkreis geben zu könne». Zu diesen 22 Bereinigungen der Wiener Großloge kommt noch di« Wiener Niederlassung der „Großen Lanidesloae der Freimaurer Deutschlands , die von rein praktischen Erwägungen aus gesehen, zum Feiern wenig geeignet, da sie die Erntearbeiten umschließen. Ans diesenk Grunde habe das Zentrum nach reiflicher Erwägung den Ent schluß gefaßt, die Feier des Versassungstages für den auf den 1t. August solgendeu Sonntag zu beantragen. Abg. Dr. Kahl (D. Vp.) stellte den Antrag, daß der 18. Ja nuar als gesetzlich geschützter Erinnerungstag an die Retchs- gründung gelten solle. Cr sührte aus, daß die Einheit der Deut schen. die im Jahre 1871 geschassen sei, ein Moment von so er habener historischer Größe sei, daß man an diesem Tage unmög lich vorllbergehen könne, wenn mau andere staatspolitische Feier tage schaffe. Für den Fall, daß mein Antrag, den 18. Januar als Erinnerungstag an die Reichsgründung zu seier», angenom men würde, könne sich Redner für seine Person auch durchaus be reit erklären, dem sozialdemokratisch-demokratischen Antrag seine Zustimmung zu geben, wonach der 11. August als Versassungstag gefeiert werden soll. Die Deutschnationalen ersuchten di« Reichsregierung, zunächst einmal dem Ausschuß Material vorzulegen. 1. über die Gesetzgebung der Länder bezüglich der Feiertage, 2. über die wirtschaftliche Auswirkung der Feiertage, 3. über die National feiertage in anderen Staaten. Sie stellten außerdem den Antrag, daß der 28. Juni als Tag der Unterzeichnung des Versailler Ver trages als Volkstrauertag begangen werden soll, solange der Versailler Vertrag in Kraft ist. Die össentlichen Gebäude sollen an diesem Tage Halbstocks-Flaggen und in den Lehranstalten ist auf die Bedeutung des Tages hinzuweiseu. Di« Kommunisten beantragten, de» l. Mai als gesetzlichen Feiertag einzufllhren. Als Vertreter Bayerns sührte Gesandter o. Preg er fol gendes ans: Z-m Jahre 1922 habe bereits der Reichsrat ein Ge setz bezüglich des Nationalfeiertags, das ihm damals vorlag und das dem jetzigen Zentrumsantrag ähnelte, als versassuugs- ändernd erklärt. Aus diesem Standpunkt stehe die Bayerische Regierung auch heute noch. Irgend welche Zuständigkeit in der Rcichsversassung sei nicht gegeben, weder im Artikel 9 Nr. 2, noch im Artikel 139. Ohne solche Zustandigkeitsbestimmung könne aber vom Reich nur auf dem Wege der Verfassungsänderung in die Zuständigkeiten ei »gegriffen werden, die bisher die Länder ausgeäbt hätten. Ministerialrat Dr. Bandmann gab namens der preußi schen Staatsregierung folgende Erklärung ab: „Die Preußische Staatsregierung hat seit seher alle Be strebungen unterstützt, die auf eine feierliche Begehung des 11. August als Verfassungstag abzielteu. Sie hat seit Jahren ständig durch Venvaltungsanordnungen, insbesondere durch die Anordnung der Beslaggung sämtlicher staatlichen und kom munalen Dienstgebäude in den Reichs- und Landesfarben, dafür Sorge getragen, daß dieser Tag seiner Bedeutung entsprechend im ganzen Lande gefeiert werde. Sie begrüßt daher ausdrück lich den Gedanken, den Versassungstag durch ein besonderes Reichsgesetz zum Nationalfeiertag zu erklären, zumal da nach den bisherigen Erfahrungen bloße Verwaltungsmaßnahmen sich als nicht ausreichend zur würdigen Ausgestaltung des Tages erwiesen haben, Die von Bayern zur Erörterung gestellte Frage, ob die reichsgesetzliche Anerkennung des 11. August als Natio nalfeiertag ein verfassungsünderndes Reichsgesetz bedinge, ist von der preußischen Regierung erneut geprüft und in lieber- einstimmung mit ihrer früheren Stellungnahme dahin beant- 'wartet worden, daß ein« Verfassungsänderung nicht in Frag, komme, auch wenn die reichsgesetzliche Regelung sich nicht uw mittelbar auf Art. 139 oder Art. 9 Nr. 2 der Reichsvcrfassung stützen könne, ein Standpunkt, den im übrigen früher auch die Reichsregierung vertreten hat. Die Wciterberatung wurde auf Donnerstag, den 7. Juli, vertagt. in Wien 2 Logen mit etwa 140 Mitgliedern und in Wiener Neustadt das .Kränzchen" „Es werde Licht" unterhalt. Daneben haben sich aber die österreichischen Freimaurer eine Reihe von Organisationen geschaffen, die sie leiten und die über ziemlich Der „proletarische ansehnliche Mitgliederzahlen verfügen. Freidenkerbund für Oesterreich" steht unter der Leitung von Freimaurern und hat eine Mitglie derzahl von 75 000 erreicht. Von dieser Organisation aus wird die Klrchenaustrittsbewogung geleitet und organi siert. in deren Dienste sich leider auch einige abgefallene katholische Priester ««stellt haben. Der Bund aeaen den