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nach Paris, wo er auch seine ersten Violinsonaten veröffentlichte. Rasch wurde Leclair als Geiger und Komponist berühmt. Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete er eine angesehene Kupferstecherin, Luise-Catherine Roussel, die seine sämtlichen Werke ab op. 2 gestochen hat. Violine hatte er in Turin bei dem Corelli- Schüler J. B. Somis studiert und Komposition bei Andre Cheron in Paris. Nachdem er in Paris mit großem Erfolg in den Concerts Spirituels aufgetreten war, wurde er Mitglied der königlichen Hofkapelle und Kammermusik. Schon 1736 schied er in folge eines Streites mit einem Rivalen, der gleich ihm nach dem Konzertmeister posten strebte, aus und begab sich nach Holland. In Amsterdam soll er im Jahre 1741 den berühmten italienischen Komponisten Pietro Locatelli getroffen haben. Einige Zeit später stand Leclair in den Diensten des Infanten Don Philippe in Chambery. Am 14. Oktober 1746 wurde in Paris mit besten Sängern seine einzige Oper „Scylla et Glaucus“ uraufgeführt. Nunmehr ließ sich der Komponist als Pri vatlehrer in Paris nieder und wirkte auch als Violinist des Herzogs von Gramont. Gegen Ende seines Lebens - seine Frau hatte er verlassen - wurde Leclair Haus besitzer in einem verrufenen Stadtviertel von Paris, wo er auch ermordet wurde. Leclairs musikgeschichtliche Bedeutung gründet sich auf die Tatsachen, daß er ein mal zu den besten Violinisten seiner Zeit gehörte und zum anderen der führende Violinkomponist im damaligen Frankreich war. Er legte das Fundament für eine spezifisch französische Violinschule, sein Augenmerk vor allem auf die Verbreitung und Steigerung einer virtuosen Spieltechnik (Doppelgriffe!) richtend. Seine ins gesamt 49 drei- bis viersätzigen Violinsonaten mit Generalbaß stehen harmonisch und kontrapunktisch in der Nähe ähnlicher Werke seiner großen deutschen Zeit genossen Bach und Händel, die er selbst wahrscheinlich gar nicht gekannt hat. Diese Violinsonaten, in Kammermusikstunden mit Werken alter Meister noch heute gelegentlich erklingend, sind zweifellos die bedeutendsten Schöpfungen die ses französischen Komponisten, der von dem Musikschriftsteller Friedrich Wilhelm Marpurg (1718-1795) übrigens auf eine Stufe mit Händel, Telemann, den Brüdern Graun und den Vertretern der Familie Bach gestellt wurde. Leclairs 12 Violin konzerte op.7 (um 1737 entstanden) und op. 10 (1745 oder 1744), zumeist von beträcht licher Länge und mit Verzierungen überreich ausgestattet, sind nach italienischem Muster (Dreisätzigkeit Allegro - Adagio - Allegro) angelegt, stellen aber originelle französische Gegenstücke zu der damals führenden italienischen Violinkonzert produktion dar. Der typisch ausgedehnte Dialog zwischen Solovioline und dem gesamten Orchester weist schon auf die Mozartschen Konzerte voraus, obwohl Leclair noch fest in barocker Tradition wurzelt. Victor Antoine Eduard Lalö, ein französischer Komponist spanischer Herkunft, wurde in Lille (Flandern) geboren. Am Konservatorium dieser Stadt trieb er frühe musikalische Studien, ehe er am Pariser Konservatorium Schüler des berühmten Geigers und Dirigenten Francois Habeneck wurde. Lalö entwickelte sich bald zu einem glänzenden Geigenvirtuosen und Bratschisten. In letzterer Eigenschaft wirkte er im angesehenen Armigaud-Quartctt mit. Als vielseitiger Komponist rang Eduard Lalö häufig genug vergebens um Anerkennung. Nur seine Oper „Der König von Ys“ hatte am 7. Mai 1888 einen triumphalen, durchschlagenden Erfolg. Noch heute gilt das Werk als ein Gipfelpunkt im damaligen französischen Opernschaffen. Zu Lalös gelungensten Kompositionen rechnet ferner das Ballett „Namouna“. Dar aus wurden auch drei Orchestersuiten bekannt. Während der Arbeit an seiner letzten Oper „Der Bauernaufstand“ starb der Komponist an einem Herzleiden in Paris. Lalö hat neben Saint-Saens das große Verdienst, zur Erneuerung der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verflachten französischen sinfonischen Musik beigetragen zu haben. Ja, Guy Ferchauit vertritt sogar die Ansicht, daß Lalö als Pionier der Bewegung betrachtet werden darf, die beim Anbruch des 20. Jahrhun derts in den drei großen Namen Faure, Debussy und Ravel endigte. Diese Ein schätzung der Persönlichkeit Lalös rechtfertigen nicht zuletzt seine Orchesterwerke, von denen die vier Violinkonzerte hervorgehoben seien: darunter die Sinfonie espagnole (Spanische Sinfonie), die Fantasie norvegienne (Norwegische Fantasie) und das Concerto russe (Russisches Konzert). Aber auch das Violoncellokonzert, die Sinfonie g-Moll und ein Divertissement verdienen genannt zu werden. Die virtuose Sinfonie espagnole für Violine und Orchester, op. 21, aus dem Jahre 1873, seinem Freunde Pablo de Sarasate gewidmet, ist das volkstümlichste Werk des französischen Meisters geworden; es erfreut sich bei Solisten und Publikum gleicher maßen großer Beliebtheit. Und wirklich ist es ein glänzendes, virtuos-schillerndes Werk, das dem Solisten alle Gelegenheit gibt, sein technisches und geistiges Ge staltungsvermögen zu beweisen. Den Hörer besticht die Sinfonie espagnole nicht nur durch die Brillanz des Technischen, sondern auch durch die zündende Thematik und Farbigkeit der Instrumentation. Lalös spanische Herkunft und seine Liebe zur spanischen Folklore ist deutlich an den fünf Sätzen (Allegro non troppo - Scher- zando - Intermezzo - Andante - Rondo) des suitenhaft angelegten Konzerts zu spüren. Die personalstilistischen Eigentümlichkeiten Lalös bestimmen vorteilhaft das Profil dieser Musik: Eleganz, urtümliche, kraftvolle, aber auch zarte Gefühls- haftigkeit, Strenge der Form, Brillanz, Dramatik, melodischer Einfallsreichtum, Unterhaltsamkeit im besten Wortsinn, sichere Beherrschung des Handwerks, wohl klingende Harmonik. Dieter Härtwig LITERATURHINWEISE: Scrauky: G. Fr. Händel, Sein Leben, sein Werk, Leipzig 1956 Leclair und Lalö in „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ Band 8, Kassel VORANKÜNDIGUNG: 3., 4. April 1962, jeweils 19.30 Uhr 12. Außerordentliches Konzert Dirigent: Siegfried Geißler Solistin: Halina Czerny-Stefanska, Krakow Werke von: C. M. v. Weber - E. Grieg - F. Chopin Freier Kartenverkauf! 11. Außerordentliches Konzert 6058 Ra III-9-5 362 1,5 ItG