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Dresdner Journal : 02.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-02
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 02.05.1887
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OSS Montag, den 2. Mai, abends. 1887. v«»»U»pr«t»r I» r»L»E ! /Lürlioli: .... 1» ^MrUek: 4 «»rk K0 Lio»«Ine : 10 kk. 4a»,«rlt»ld 6« äsvttedev LsicliM tritt ko«t- uo6 8t«mp«l,u»clrI»K kiüru. LoL>aälxiu»x»x«dvIirea r ' kür 6«n Kümo eurer 8«ip»It«uso 2eils Irleiver 8et»ritt 20 Ls. voter äie 2eU« bü kk. Lei L»d«Uev- iu»6 2iS«riu»tt sottpr. Xufickl»^. Lreedeluen: l^iic^ orit ^ta«Q»t»me <1sr 8ovo- mrä keierts^s »besä». kernipreetr -^osckluti»: Ar. 1295. Dres-mrIsiirMl. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Dtto 7?r>ncf, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. Lo»»dw» ro» LotSuSl^u»^» »>«M»rt«, Letpit,: F>. Lra^tettsr, Oonrml-eioaLr 6«, vreeäirsr ^oanutt»; U«»diUH - verltt - Visa - 1^tpttU-L»»»l-Ur»,l»»-kr»»^1arr ». U.: <F ko-ter,' S«rll»-Vt«» Il»»dLrU- ». ».-: L«s«i. Oo««,' v»rt, -I«o<lo» -S«rUL -rr»Lttvrr ». N -»Nttt^»rt: Oastü« <« 6oSerUL: /neat»<ien<ta«t/ SürUti: S. ütüü«r» ^ae^/ot-er,' U»iur»vr: 6. Lcüüsrt«',' L»U» ». I.: F. Larei «F 60 L«r»u»x«der r Lvllisl. Lrxeäitioi» äse Drseäoer äouruLl», ^vreeäeo, livio^sretr. l^o. SO. kernepreck-^Leelllu«: Ar. 1Svb. Ämtlicher Teil. Dresden, 2. Mai. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Kommandeur der 6. Jnsan terie-Brigade Nr. 64, Generalmajor von Minckwitz zu Allerhöchst Seinem General L t» suite zu er nennen. Se. Majestät der König haben dem Geheimen Sekretär bei dem Ministerium deS Königlichen HauseS, Karl Hermann Münch, den Titel und Rang eines KanzleiratheS Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem literarischen Correspondenten und Redakteur bei der Buchhandlung F A. Brockhaus in Leipzig, Wilhelm Cramer; das Ritterkreuz 2. Classe vom Albrechtsorden zu verleihen. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Verordnung der Königlichen Ministerien des Innern und der Finanzen, die Staats prüfungen der Techniker betreffend, vom 24. De- cember 1851 — Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1851 Seite 483 flg. — werden Diejenigen, welche sich der gedachten Prüfung für die Periode 1887/88 in einem der nachgenannten Fächer: 1) der Geodäsie; 2) dem Jngenieurfache im engeren Sinne (Straßen-, Eisenbahn-, Brücken- und Wasser bau); 3) dem Maschinenwesen für den Straßen-, Eisenbahn-, Brücken- und Wasserbau, ingleichen für den Betrieb der Staatseisenbahnen; 4) dem Hoch- und Landbauwesen zu unterziehen beabsichtigen, hierdurch aufgefordert, bis spätestens Ende Juni laufenden JahreS sich mit einem schriftlichen Gesuche um Zulassung zur Staatsprüfung an die unterzeichnete Commission zu wenden. Diesem Gesuche ist beizufügen: 1) ein Zeugniß über die nach tz 6 der erwähnten Ministerial-Verord- nung erforderlichen technischen und wissenschaftlichen Vorkenntnisse, 2) ein Ausweis darüber, daß der Ge suchsteller mindestens drei Jahre lang denjenigen Zweig der Technik, für welchen er die Prüfung ab zulegen beabsichtigt, mit Erfolg praktisch geübt hat. (Vergleiche 8 7 der angezogenen Verordnung.) Der Ausweis unter 2 hat sich auf eine genaue Darlegung der hauptsächlichen Arbeiten, mit denen, und der Art und Weise, in welcher der PrüfungS- candidat dabei beschäftigt gewesen, unter Angabe der einzelnen Zeitabschnitte und unter specieller Bezeich nung der Bauausführungen, bei welchen er thätig ge wesen ist, sowie der von ihm gefertigten Projecte und schriftlichen Arbeiten zu erstrecken. Zugleich wird dem PrüfungScandidaten freigestellt, etwaige von ihm her rührende und durch den Druck veröffentlichte, in das Gebiet der Technik einschlagende Arbeiten beizufügen. Im Uebrigen wird auf Grund der Bekanntmachung vom 11. Juli 1857 zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß ausnahmsweise auch außerhalb der vorgeschriebenen Frist Anmeldungen von PrüfungScandidaten zur Ab legung der Staatsprüfung angenommen werden. Dresden, am 21. April 1887. Die Königliche Commission für die StaatS- Prüfungen der Techniker. von Thümmel. Müller. Nichtamtlicher Teil. Geographische Wachrichten. Wiesbaden, 2. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ) Der Komponist Ferdinand Möhring ist gestorben. Feuilleton. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 1. Mai: „Der Hüttenbesitzer". Schauspiel in vier Akten von Georg Ohnet. (Frl. Salbach vom Stadttheater in Leipzig als Gast.) Der gestrige Abend bereitete unserm Publikum zum zweiten Male den Genuß, die anmutige und sehr talentvolle erste Liebhaberin unserer Nachbarstadt Leip zig in einer Gastrolle zu sehen. Nachdem Frl. Sal bach hier kürzlich schon als Gretchen im „Faust" die günstigste Meinung über ihr« künstlerische Leistungs fähigkeit erweckt hatte, mußte man sich gleich nach den ersten Scenen ihrer überaus schwierigen Rolle „Claire" fragen, warum bei uns nicht schon früher die Vor stellungen guter oder gar klassischer Dichtungen durch ein Gastspiel der Genannten gehoben worden sind. Ein solches Gastspiel war genau so berechtigt, als viele in der Oper, denn eS fand sich dazu durch die Nähe Leipzigs nicht nur die bequemste Gelegenheit, sondern auch ost sehr dringende Veranlassung, denn wir be sahen seit einer Reihe von Jahren keine so gute Lieb haberin, wie Frl. Salbach, und mußten uns wohl oder Übel in solchen Rollen behelfen, für welche trotz des bedeutsamen und stets aufrichtig bewunderten Talentes von Frl. Ulrich doch die Jahre derselben nicht mehr passend sind. Vielleicht hätten wir durch rechtzeitige Gastspielversuche die Leipziger Schauspielerin zum Besten unseres Theaters zeitiger gewonnen, vielleicht — und das wäre ja der erwünschteste Ausgleich — könnte es noch jetzt einem Abkommen gelingen, Frl. Salbach vor dem Jahre 188S an unserer Bühne in VariS, I.Mai. (W. T. B.) Die gestern zur Emission gelangte Anleihe der Stadt Paris im Betragt von 10 Millionen ist 2V Mal gezeichnet worden. Paris, 2. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Tchnebele schrieb an den Herausgeber der „France" und ersuchte ihn, von der angeregten Subskription für ein Kreuz der Ehrenlegion mit Brillanten besetzt, Abstand zu nehmen, da er Geschenke dieser Art weder annehmen wolle noch könne. Moskau, 2. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ) Katkoff ist gestern nach St. Petersburg abgereist. Athen, 2. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Nach dem Ministerium deS Äußern zugegangenen Meldungen auS Kreta sollen bei Gelegenheit der Zusammenstöße zwischen Christen und Muselmännern in Kanea mehrere Personen auf beiden Seiten getötet worden sein. Die Konsuln seien mit Erfolg bemüht, einen Ausgleich herbei- zuführen. Dresden, 2. Mai. Der Abschluß des Zwischenfalles Schnebele. Die „Nordd. Allg. Ztg." ist in die Lage versetzt, nachstehende amtliche Mitteilung zu veröffentlichen, welche in der Angelegenheit der Verhaftung des fran zösischen Polizeikommissars Schnebele unter dem 28 April seitens der Kaiserl. Regierung an den hiesigen französischen Botschafter gerichtet worden ist: „Auf Grund der Mitteilungen, welche Se. Excellenz der Hr. Botschafter der französischen Republik in betreff der gericht lichen Festnahme des französischen Polizeikommissars Schnebele gemacht hat, sowie in Würdigung der durch den Kaiserl. Ge schäftsträger in Paris gemeldeten Mitteilungen des französischen Hrn. Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, hat der Unter zeichnete die Angelegenheit des Schnebele einer sorgfältigen Prü fung unterzogen. Zum Zwecke derselben sind von den be teiligten Gerichtsbehörden die Beweisstücke eingefordert worden, welche sich auf die Veranlassung der Verhaftung deS Schnebele und auf die begleitenden Umstände beziehen. Die wichtigsten dieser Schriftstücke, vor allem die Aussage des Schnebele nach seiner Verhaftung und die sämtlichen gericht- lick zu Protokoll genommenen Zeugenaussagen, sind dem Hrn. Botschafter der französischen Republik abschriftlich milgeteilt worden. Dieselben ergeben als zweifellos, daß die Verhaftung in ihrem stanzen Verlause ausschließlich aus deutschem Gebiet und ohne Überschreitung der französischen Grenze vor sich ge gangen ist. DaS gerichtliche Verfahren gegen Schnebele hat da- Ver brechen des Landesverrates, begangen im Gebiete deS Deutschen Reiches, zum Gegenstände und gründet sich aus vollgiltige Be weise seiner Schuld, bestehend m Geständnissen des in gleicher Sache angeklagten Reichsangehörigen Klein, und in eigenhän digen, in Metz zur Post gegebenen und von Schnebele seitdem anerkannten Briesen deS Letzteren Aus Grund der erwiesenen, und später von Schnebele selbst eingestandenen Schuld, hat das Reichsgericht besohlen, denselben zu verhaften, sobald er sich aus deutschem Gebiete würde betreten lasten. Dies ist der Fall ge wesen am 20. d. Mts. bei Gelegenheit einer zwischen Schnebele und dem deutschen Polizeikomnnssar Gautsch verabredet gewese nen geschäftlichen Zusammenkunft auf der Grenze. Die gerichtliche Verurteilung Schnebeles wird unter diesen Umständen nicht zweifelhast sein können und voraussichtlich um so strenger ausfallen, als Schnebele bei seiner strafbaren THLtig- keit das Ansehen gemißbraucht hat, welches ihm seine Stellung in dem, ein besonderes Maß von gegenseitigem Vertrauen vor aussetzenden amtlichen Grenzverkehr beider Länder verlieh. Schnebele hat das für den internationalen Verkehr unentbehr liche Vertrauen dadurch geschädigt, daß er seine amtliche Stel lung im Grenzdienste benutzte, um deutsche Reichsangehörige für Geld zu verbrecherischen Handlungen gegen ihr Vaterland zu verleiten. Durch diesen Amtsmißbrauch wird in den Augen oes Gerichtes die Strafbarkeit Schnebeles erhöht, unabhängig von der Frage, ob derselbe in höherem Auftrage gehandelt hat Der Unterzeichnete erlaubt sich diefen Gesichtspunkt für den Fall hervorzuheben, daß Schnebele nach seiner gegenwärtigen Frei lassung von neuem aus deutschem Gebiete betroffen werden sollte, ohne durch vorgängige amtliche Verabredung gegen Verhaftung gedeckt zu fein. Der Unterzeichnete stiebt sich der Hoffnung hin,,daß der Hr Botfchaster auS den nntgeteiltcn Aktenstücken die Überzeugung schöpfen werde, daß der gerichtliche Haftbefehl gegen Schnebele wohlbegründet war und daß die Ausführung desselben inner Thätigkeit zu sehen Der Erfolg würde beträchtliche Opfer bald genug übertragen. Frl. Salbach hat durch ihre elastische und doch zugleich stattliche Erscheinung, durch ihr anmutendeS, ausdrucksvolles Gesicht und durch ihre echt weiblich sympathische Erscheinung das Glück, für einen weiten Rollenkreis ausgerüstet zu sein. Daß geistiger Fond, geschmackvolle Auffassung und ein natürlicher, dem rein Menschlichen (nicht dem gesucht Theatralischen) zu- aeneigter Ausdruck der Leidenschaft vorhanden ist, hat sie in ihrer Claire ein für allemal bewiesen. Das zeigte sich sowohl im ersten Teil dieses vornehm stolzen empfindlichen und verschlossenen Charakters, wie im Wendepunkt des Stückes und endlich im siegenden Hervocbrechen der tiefsten Reue, der Liebe und Ver ehrung. Ihre klare «ohltönende Behandlung der Rede und ihr von Beseelung verstärktes Organ wirken an genehm, ja erwärmend auf den Zuschauer, der als solcher zugleich von jenem Reiz jugendlicher Frische berührt wird, welchen sowohl die Schauspielkunst wie deren poetischer Inhalt unbedingt fordert Da- zahlreiche Publikum fühlte sich von dieser be fähigten Leistung außerordentlich angezogen, nahm an dem Stück selbst wieder einen erneuten Anteil und zeichnete die fremde Künstlerin mit ungewöhnlichem und in Ermessen unserer Pcrsonalverhältnisse viel sagendem Beifall aus. O. B. Zm Urwald. Brasilianische Erzählung von B. Ri edel-Ähren«. (Fortsetzung.) Al- Martino» am nächsten Morgen im Eßzimmer erschien, wo Nanika den Kaffee serviert hatte und Alvaro halb der deutschen und ohne Verletzung französischer HoheitS- rechte stattgefunden hat Wenn der Unterzeichnete dennoch für seine Pflicht stehalten hat, den Befehl zur Freilassung Schnebeles von dem Kaiser, seinem allergiiadigften Herrn, zu erbitten, so ist er dabei von der völkerrechtlichen Auftastung geleitet worden, daß Grenzübersckreitungen, welche auf Grund dienstlicher Ver abredungen zwischen Beamten benachbarter Staaten erfolgen, jederzeit als unter der stillschweigenden Zusicherung freien Ge- leite« stehend anzufrhen seien. Es ist nicht glaublich, daß der deutsche Beamte Gautsch den Schnebele zu einer Besprechung in der Absicht aufgefordert habe, seine Verhaftung möglich zu machen , eS liegen aber Briefe vor, welche beweisen, daß Schnebele, al« er verhaftet wurde, sich an der Stelle, wo dies geschah, in folge einer mit dem diesseitigen Beamten stetroffenen Berab- retzung befand, um gemeinsame amtliche Geschäfte zu erledigen. Wenn die Grenzbeamten bei derartigen Gelegenheiten der Gefahr ««gesetzt wären, auf Grund von Anfprüchen, welche die Gerichte des Nachbarstaates an sie machen, verhaftet zu werden, fo würde in der dadurch für sie gebotenen Vorsicht eine Erschwerung der laufenden Grenzgeschäste liegen, welche mit dem Geiste und den Traditionen der heutigen internationalen Beziehungen nicht in Einklang steht Der Unterzeichnete ist daher der Meinung, daß derartige geschäftliche Zusammenkünfte jederzeit als unter dem Schutze gegenseitig zugesicherten freien Geleites stehend gedacht »erden sollten. In diesem Sinn hat er, unter voller Anerken- «ng der Berechngung des Verfahrens der diesseitigen Gerichte «d Beamten, daS Sachverhältnis bei Sr Majestät dem Kaiser «m Vortrag gebracht; Sllerhöchstdieselben haben dahin zu ent scheiden geruh!, daß in Betracht der völkerrechtlichen Motive, welche für unbedingte Sicherstellung internationaler Berhand- lungen sprechen, der p. Schnebele trotz seiner Festnahme auf deutschem Gebiet und trotz der gegen ihn vorliegenden Schuld- deweise in Freiheit zu setzen sei. Indem der Unterzeichnete dies zur Kenntnis de-Hrn. Bot- schafterS der französischen Republik bringt, fügt er hinzu, daß die erforderlichen Weisungen zur Haftentlastung des Schnebele ««gangen sind, und bittet Se Excellenz gleichzeitig die Versicher ung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung entgegen zu nehmen. (gez.) v Bismarck. Sr. Excellenz dem außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der fran zösischen Republik, Hrn. Herbettr. Schnebele ist also freigelassen und die deutsche NeichSregierung hat dadurch bekundet, daß sie im Bewußtsein ihrer Stärke großmütiger handeln durste, als e» die Franzosen nach der Sachlage erwarten konnten. Wie die französische Presse nach der Er ledigung deS Zwischenfalles denkt und schreibt, davon befinden sich in den heutigen Mitteilungen unseres Pariser Berichterstatters einige bemerkenswerte Bei spiele. Trotz dieser Madnvng zur Vorsicht erwischen die Blätter heute schon wieder einen deutschen Spion, natürlich einen Dragoneroffizier, diesmal in Bonifacio (Corsica), wo er die corsischen Befestigungen gezeichnet haben soll. Nach der Wiener (alten) „Presse" — welche er freulicherweise wie fast alle österreichischen Blätter in der Schnebele - Angelegenheit gegenüber Deutsch land eine wohlwollende Haltung einnimmt — ist der Fall Schnebele ein Zeichen einer hochgradigen elektrischen Spannung zwischen dem deutschen und dem französischen Volke. „So lange diese nicht ge schwunden, ist man vor einer plötzlichen Entladung unter Sturm und Blitz nicht sicher. Dies ist der Eindruck, welchen der glücklicherweise nun abge schlossene Zwischenfall von der lothringer Grenze mit all' den Nebenumständen, die ihn begleitet haben, her vorgerufen hat und der vielleicht länger dauern wird, als die Erinnerung an das erfolgreiche Bemühen der beiden beteiligten Kabinette, ihn schnell und im fried lichsten Sinne auszutragen." Un- gilt daS Verhalten der öffentlichen Meinung in Frankreich anläßlich des Falls Schnebele nur als ein Zeichen der zunehmenden Entsittlichung. ES be weist dieses z. B. die „France", welche eine Samm lung behufs Anfchaffung eines mit Diamanten besetz ten Ehrenlegionskreuzes für den nun in Ruhestand tretenden Geheimpolizisten eröffnet. Dieses erinnert uns an einen ähnlichen aber anders verlaufenen Fall, der sich unter Napoleon l. zutrug. Der Kaiser hatte einen genialen Spion, Monsieur Charles, der sich bereits wartete, erzählte er freudestrahlend, seine Tochter habe eine sehr gute Nacht gehabt und fühle sich bedeutend wohler. „Ja, ja", fuhr er im Laufe des Gespräches fort, während er von Zeit zu Zeit aus seiner Tasse trank, „eS ist auch notwendig, daß die Kleine gesund werde, in vier Wochen feiern wir ihre Hochzeit! DaS Mäd chen hat Glück gehabt und macht eine ausgezeichnete Partie." Alvaro erblaßte nach diesen Worten bis in die Lippen aber er suchte seine innere Bewegung zu be- meistern, um dem leicht erregbaren Temperament des Mineiro nicht die leiseste Anregung zum Mißtrauen zu geben. „Dona Serena ist verlobt?" brachte er mit An strengung in gleichstiltigem Tone hervor, „schon so jung? mir erschien sie wie ein Kind!" „Sie ist unlängst siebzehn geworden, das ist ge wiß nicht zu früh", entgegnete Martinos. „Außerdem bin ich herzlich froh, denn wenn keine Frau im Hause, ist eS für den Vater eine unangenehme und schwie rige Sache, die Tochter zu hüten. Die Weiber sind nun einmal ein schwaches Volk, müssen stets unter strenger Zucht gehalten werden, weil sie sich immer wie ein schwaches Rohr im Winde zu leicht zum Guten oder Bösen verleiten lassen. Was wollen sie denn anders, als heiraten und nochmals heiraten, da ist'- allemal besser, ein Mädchen kommt zeitig unter den Schutz eines vernünftigen Mannes! Und nun gar einer wie mein zukünftiger Schwiegersohn, der Vizcnte Barroso, jung, reich, hübsch und von gutem Ruf, der einzige Sohn eines Grundbesitzers aus der Umgebung." auch als kühner Parteigänger große Verdienste er warb. Er war ein Deutscher und hieß mit seinem wirklichen Namen Karl Ludwig Schulmeister. Al- Schulmeister einst in unmittelbarer Nähe de- Kaisers durch eine Kartätschenkugel am Fuß verwundet wurde, sprach der Kaiser: „Charles, bitte Dir eine Gnade aus". Charles deutete auf fein Knopfloch. „Fordere eine Million", sprach der Kaiser, „Du sollst sie haben, aber das Kreuz der Ehrenlegion niemals!" Angesichts der Gehässigkeit, mit welcher die fran zösische und zum Teil auch die russische Presse an die Beurteilung der Angelegenheit „des Mannes mit dem zärtlichen Namen" herantritt, muß die unumwun dene, der deutschen Reichsregierung durch die große Londoner Tagespresse gespendete Anerkennung um so herzlichere Freude in Deutschland erregen. Frankreich steht vereinsamt in Europa und es wird ihm fnicht gelingen, den Frieden zu trüben. Lagesgeschichte. * Berlin, 1. Mai. Se. Majestät der Kaiser hörte am gestrigen Vormittag den Vortrag des Ober- Hof- und HauSmarschalls Grafen Perponcher, em pfing den aus Straßburg hier eingetroffenen Kom mandeur der 33. Division, Generalmajor und General ä la suite v. Derenthall, und arbeitete mittag- längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinetts Gene ral der Kavallerie und Generaladjutanten v. Albe- dyll. Um Ul Uhr hatte Se. Majestät eine längere Konferenz mit dem StaatSminister v. Boetticher und unternahm darauf in Begleitung des Generallieute nants und Generaladjutanten Fürsten Anton Radzi will, eine Spazierfahrt durch den Tieraarten. Nach der Rückkehr speisten die Kaiserl. Majestäten im Königl. Palais allein. Ihre Majestät die Kaiserin wird sich mehrfachen Meldungen zufolge am 14 d. nach Baden-Baden be geben. Wie aus dem „Reichs- und Staatsanz." von gestern zu ersehen, hat Se. Majestät der König daS neue kirchenpolitische Gesetz am 29. v. M. vollzogen. Gestern waren verschiedene Bundesratsmitglieder bei dem Reichskanzler Fürsten Bismarck zur Tafel eingeladen Der chinesische Gesandte Hsä-Ching-Lhöna ist gestern nach Köln abgereist, um von da zunächst in dem unweit gelegenen Sieg die Heidemannsche Pulver fabrik, deren braunprismatifches GeschützpulvererzeugniS in China bei den neuen Geschützen versucht werden soll, zu besichtigen. In Begleitung des Gesandten be finden sich die Gesandlschaftssekretäre Tchu-tchun-tchean und Dr. Kreyer. Letzterer ist von einer einmonatigen Erholungsreise in Italien erst vor vier Tagen zurück- gekehrt. Nach Besichtigung der erwähnten Pulver fabrik setzte der Gesandte allein die Reise nach Paris fort, während die beiden ihn begleitenden Sekretäre zum Besuch der Kruppschen Fabrik nach Essen gehen und alsdann nach Berlin zurückkehren. In Paris wird Hsü-Ching-Cheng mit dem Washingtoner chine sischen Gesandten Tchang zusammentreffen. Der Aufenthalt des Gesandten Hsü-Ching Cheng in Paris ist nur auf mehrere Tage vorausgesehen. Hierauf er folgt die Rückkehr nach Berlin. Der Bundesrat hat heute Mittag 12 Uhr eine Plenarsitzung abgehalten und die Branntweinsteuer- Vorlage nach den Anträgen der Ausschüsse ange nommen. Die letzteren hatten gestern ihre Bera tungen abgeschlossen und noch mehrere Abänderungen beantragt. Im Reichstag wird, wie man annimmt, die Branntweinsteuervorlage bereits am künftigen Freitag auf die Tagesordnung gesetzt werden. Das Herrenhaus genehmigte in seiner gestrigen Sitzung mehrere kleinere Vorlagen fast ohne Debatte Alvaros zartfühlendes Innere stimmte durchaus nicht mit der Art und Weise überein, in welcher sein Wirt diesen Gegenstand behandelte. Er hatte eine edlere und ungleich höhere Meinung von dem weib lichen Geschlechte und fand die Sitte seiner Heimat, die Frauen deS Haufes in strenger Zurückgezogenheit, sern von jeglicher Berührung mit den Fremden oder etwaigen Gästen, zu halten, als dem Zeitgeist nicht mehr entsprechend und ihrer unwürdig. Zugleich aber wußte er auch, daß man hier im Innern der Provinz mit viel zäherer Ausdauer und eigensinnigerem Fest halten auf den durch das Alter geheiligten Gebräuche bestand. „Ist denn Dona Serena mit dieser Bestimmung zufrieden?" konnte er sich nicht enthalten zu fragen. Martinos warf mit rascher Bewegung den Kopf zurück und fah den jungen Arzt erstaunt an. „Nun", antwortete er mit überlegenem Lächeln, welcher seinen energischen Zügen in diesem Augen blicke den Ausdruck einer gewissen Härte verlieh, „ich sollte denken, mir würde e- nicht anstehen, meine Tochter um Rat zu fragen in einer Sache, da doch lediglich nur meine Entscheidung und mein Wille maßgebend fein können! So ist's von jeher gewesen, so wird eS bleiben, denn wa» weiß überhaupt ein Kind davon, war ihm frommt oder nicht, da- muß den Eltern überlassen bleiben." „Der junge Barroso kam auf seinem Weye nach Santa Anna, wo er Pferde kaufen wollte, hier vor über und verweilte einen Tag bei mir. Er hatte Serena zufällig gesehen, bei seiner Rückkehr au» dem Städtchen sprach er wieder vor und bat mich um die Hand de» Mädchen». Natürlich sprach ich ihm die-
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